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La San Felice. Александр Дюма
Читать онлайн.Название La San Felice
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Ein einziger Schriftsteller spricht von ihm, als habe er ihn persönlich gekannt. Dieser Schriftsteller ist Cuoco. Die anderen wiederholen blos, was dieser über ihn sagt.
»Mammone Gaëtano, anfangs Müller, später Oberbefehlshaber der Insurgenten von Sora, war ein blutdürstiges Ungeheuer, mit dessen Barbarei es unmöglich ist etwas zu vergleichen. Binnen zwei Monaten ließ er innerhalb eines kleinen Gebiets dreihundertundfünfzig Unglückliche erschießen, während ziemlich doppelt so viel von seinen Spießgesellen gemordet wurden.
»Ich spreche nicht von dem Gemetzel, von den Gewaltthaten, von den Brandlegungen, ich spreche nicht von den entsetzlichen Gräbern, in welche er die Unglücklichen werfen ließ, die ihm in die Hände fielen, noch von den neuen Todesarten, die seine Grausamkeit erfand.
»Seine Gier nach Blut war so groß, daß er das trank, welches aus den Wunden der Unglücklichen floß, die er ermordete oder ermorden ließ.
»Der, welcher diese Zeilen schreibt, hat gesehen, wie er sein eigenes Blut trank, nachdem ihm zur Ader gelassen worden und wie er mit Begier in der Stube eines Barbiers das Blut derer aufsuchte, welchen man vor ihm zur Ader gelassen. Er speiste fast stets, während auf seinem Tische ein abgeschnittener Kopf stand, und trank aus einem Menschenschädel.
»Dieses Ungeheuer war es, an welches Ferdinand von Sicilien schrieb: »Mein General und mein Freund!«
Was unsere anderen Personen – wir sprechen immer noch von den historischen – betrifft, so gehören sie der Menschheit ein wenig mehr an. Dieselben sind die Königin Marie Caroline, von der wir hier eine vorläufige Skizze zu entwerfen suchen würden, wenn dies nicht schön in einer vom Prinzen Napoleon in dem Senat gehaltenen glänzenden Rede geschehen wäre – Nelson, dessen Biographie Lamartine geschrieben; – Emma Lyonna, von welcher die kaiserliche Bibliothek zwanzig Porträts besitzt; – Championnet, dessen Name einen ehrenvollen Platz in den ersten Blättern unserer Revolutionsgeschichte einnimmt, und welcher, wie Marceau, wie Hoche, wie Kleber, wie Defaix, wie mein Vater, so glücklich war, die Herrschaft der Freiheit nicht zu überleben.
Es sind mit einem Worte einige jener großen poetischen Gestalten, die bei politischen Umgestaltungen auftauchen, die in Frankreich Danton, Camille Desmulins, Biron, Bailly, Madame Roland und in Neapel Hector Caraffa, Manthonnet, Schipani, Cirillo, Cimarosa, Eleonore Pimentel heißen.
Was die Heldin betrifft, welche unserem Buche ihren Namen leiht, so wollen wir ein Wort, nicht über sie selbst, sondern über ihren Namen »die San Felice« sagen.
In Frankreich sagt man, wenn man von einer noblen oder auch nur einfach distinguierten Frau spricht, Madame, in England sagt man Mylady oder Mistreß; in Italien, dem Lande der Vertraulichkeit, sagt man: die Soundso.
Bei uns würde man eine solche Ausdrucksweise sehr übelnehmen, in Italien dagegen, ganz besonders in Neapel, ist sie beinahe ein Adelstitel.
Wenn man in Neapel von dieser armen Frau spricht, welche durch das Uebermaß ihres Unglücks historisch geworden ist, würde es keinem Menschen einfallen zu sagen: Madame San Felice oder die Chevalière San Felice.
Man sagt vielmehr einfach: Die San Felice.
Ich habe daher auch dem Buche den Titel, den es von seiner Heldin entlehnt, ohne Abänderung beibehalten zu müssen geglaubt.
Nachdem ich Dir, lieber Leser, nun gesagt, was ich Dir zu sagen hatte, wollen wir, wenn es Dir gefällig ist, auf die Sache selbst eingehen.
Die San Felice
Erstes Capitel
Die Galeere Capitane
Zwischen dem Felsen, welchem Virgil den Namen des Vorgebirgs von Milena gibt, und dem Cap Campanella, welches auf einem seiner Abhänge den Erfinder des Compasses geboren werden und auf der andern den Dichter des »befreiten Jerusalem« als Geächteten umherirren sah, öffnet sich der prachtvolle Meerbusen von Neapel.
Dieser stets lachende, stets von Tausenden von Fahrzeugen durchfurchte, stets von den Tönen musikalischer Instrumente und dem Gesang der Lustwandler und Luftfahrer wiederhallende Golf war am 22. September 1798 noch geräuschvoller und freudiger belebt, als er gewöhnlich zu sein pflegt.
Der Monat September ist in Neapel herrlich, denn er liegt zwischen der verzehrenden Hitze des Sommers und der launenhaften Regenzeit des Herbstes.
Der Tag, von welchem wir die ersten Blätter unserer Geschichte datieren, war einer der herrlichsten Tage des genannten Monats.
Die Sonne strömte gleichsam in goldenen Fluten auf dieses ungeheure Amphitheater von Hügeln, welches einen seiner Arme bis Nifida und den andern bis Portici auszustrecken scheint, um die glückliche Stadt gegen die Flanken des Berges St. Elmo zu drücken, welcher gleich einer der Stirn der modernen Parthenope aufgesetzten Mauerkrone die alte Festung überragt.
Der Golf, diese unermeßliche Azurfläche, die einem mit Goldflimmerchen bedeckten Teppich glich, zitterte unter dem Hauch eines leichten balsamischen, wohlduftenden Morgenwindes. Derselbe war so sanft, daß er den Gesichtern, welche er liebkoste, ein unbeschreibliches Lächeln entlockte, und so belebend, daß in der von ihm geschwellten Brust sich sofort jene unermeßliche Sehnsucht nach dem Unendlichen erweckte, welche den Menschen stolzerweise glauben läßt, daß er ein Gott ist, oder wenigstens einer werden kann, und daß diese Welt weiter nichts ist als eine an der Straße nach dem Himmel erbaute Herberge für einen Tag.
Auf der Kirche San Ferdinando, welche die Ecke der Toledostraße und des Platzes San Fernando bildet, schlug es acht Uhr.
Das letzte Summen des Schlages, welcher die Zeit mißt, war kaum im Raume verhallt, als die tausend »Glocken der dreihundert Kirchen von Neapel lustig und geräuschvoll durch die Oeffnungen ihrer Thürme heraussprangen und die Kanonen des Fort Uovo, Castel Nuovo und del Carmine mit donnerähnlichem Gekrach das Geläute der Glocken übertäuben zu wollen schienen, während sie zugleich die Stadt in einen Rauchgürtel hüllten und das Fort St. Elmo, flammend und umwölkt wie ein speiender Krater, angesichts des alten stummen Vulcans einen neuen Vesuv improvisierte.
Glocken und Kanonen begrüßten mit ihrer ehernen Stimme eine prachtvolle Galeere, welche sich in diesem Augenblick von dem Kai ablöste, den Kriegshafen durchschnitt und unter dem Doppeldruck der Ruder und des Segels majestätisch der hohen See entgegenglitt, gefolgt von zehn oder zwölf kleineren Barken, die aber eben so prächtig geschmückt waren als ihre Capitane, welche es an Reichthum mit dem Bucentaurus aufnehmen konnte, welcher sonst den Doge zu seiner Vermählung mit dem adriatischen Meere führte.
Diese Galeere war von einem Officier commandiert, welcher sechs- bis siebenundvierzig Jahre zählen mochte und die kostbare Admiralsuniform der neapolitanischen Marine trug.
Sein männliches Gesicht von strenger, gebieterischer Schönheit war von Wind und Sonne gebräunt. Obschon er zum Zeichen der Ehrfurcht das Haupt entblößt hatte, so trug er doch die mit ergrauendem Haar, durch welches mehr als einmal der scharfe Hauch des Windes gegangen war, bedeckte Stirn hoch, und man errieth gleich auf den ersten Blick, daß, wer auch die vornehmen Personen, die er an Bord hatte, sein mochten, doch er es war, von welchem das Commando ausgegangen.
Das an seiner rechten Hand hängende rothe Sprachrohr wäre das sichtbare Zeichen dieses Commandos gewesen, wenn nicht schon die Natur Sorge getragen hätte, dieses Zeichen auf eine noch weit unauslöschlichere Weise ihm durch den Blitz des Auges und den Ton der Stimme aufzudrücken.
Er hieß Franz Caracciolo und gehörte jener Familie der Fürsten Caraccioli an, welche gewohnt war, den Königen Gesandte und den Königinnen Liebhaber zu liefern.
Er stand auf seiner Quartierbank, wie er am Tage eines Kampfes gethan haben würde.
Das ganze Verdeck der Galeere war mit einem purpurnen Zeltdach versehen, auf welchem das Wappen der beiden Sicilien strahlte