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sehr, Herr Oberst! Befehl ist Befehl! Ich bin seit vierzig Jahren gewohnt, Befehle genau nach Vorschrift zu befolgen! Ich bin….“

      „Des Teufels sind Sie, Herr! Danke, Herr Hauptmann!“

      Tonidandel verbiß das Lachen und griff nach der Türklinke. Da trat der zornige Oberst an Tonidandel heran und zischte ihm ins Ohr: „Und was ich Ihnen nie vergeben werde, ist, daß ich das arme Opfer Ihrer Bosheit entschädigen mußte! Mit hundert Gulden! Scheußlich!“

      „Das freut mich….“

      „Was? Auch das noch!“

      „… für den Prota, der ein bettelarmer Mann ist und die hundert Gulden als Wohltat empfanden wird! Ich werde ihm fünfzig Gulden schenken! Gehorsamst guten Tag, Herr Oberst!“ Damit drückte sich Tonidandel zur Tür hinaus und lachte ein stilles, beseligendes, göttliches Lachen der reinsten Schadenfreude….

      Auf die Rache des Regimentschefs, der mit der Sendung des „Pfaffen in der Kiste“ so schön verulkt worden war, harrte Attilius Tonidandel gleich nach seiner Ankunft in S. Aber der erwartete Gegenstreich erfolgte nicht. Sogar die Regimentsbefehle blieben aus. Diese Tatsache bestärkte Tonidandels Überzeugung, daß sich die Institution der Militärgrenze bereits überlebt habe und reif zur Aufhebung geworden sei. Mit dieser Auffassung eilte der Kommandant, was er nicht wissen konnte, den Ereignissen um reichlich vierzig Jahre voraus.

      Tag für Tag brachte die Militärpost von Karlstadt die leere Tasche aus der Regimentskanzlei. Darob wurde Hauptmann Tonidandel nun doch stutzig und nachdenklich. Und je mehr er grübelte, desto mehr kräftigte sich die Überzeugung, daß der reingelegte Oberst diese stille Zeit zur Ausbrütung eines besonderen Racheplanes benützen werde.

      Furcht kannte Tonidandel als alter „Haudegen“ nicht; er war bereit, jeden Stoß des ihm aufsässigen Chefs kräftig aufzufangen und tüchtig zu erwidern. Umkehren den Spieß im richtigen Augenblick und zustoßen, auf daß der Oberst abermals in den Sand fliegt. Mißlich konnte die „Vergeltung“ des Chefs nur dann werden, wenn sie in die Winterszeit fallen würde. Den schrecklichen Winter in der Lika mit fürchterlichen Stürmen und ungeheurem Schneefall kannte der Kommandant seit Jahren und genauer, als ihm lieb war.

      Eines trüben Tages, da schüchterne Schneeflocken zaghaft in die blaugraue Korana fielen, brachte die Militärpost endlich einen Regimentsbefehl aus Karlstadt an den Kommandanten der Kompagnie. In größter Spannung las Tonidandel sehr aufmerksam das Dienstschreiben Wort für Wort, lauernd wie ein Luchs, erwartungsvoll wie nie im Dienstleben an der Militärgrenze. Doch nichts von „Revanche“ war zu finden, keine „Falle“ zu entdecken. Nicht einmal ein Schreibfehler ähnlich Pfaffen = Waffen.

      Geradezu harmlos war der Auftrag, einen Dorfpopen im Bezirke wegen ungenügender Führung der Tauf-, Ehe- und Sterberegister zur Verantwortung zu ziehen, Ordnung zu schaffen und über das Ergebnis der Untersuchung sowie Strafantrag an das Regimentskommando erschöpfend zu berichten. Der zweite Teil des Dienstschreibens enthielt den Befehl zur Aufstellung von Detachements in mehreren, eigens benannten Dörfern, von sogenannten Räuberkommandos zur Unterdrückung von Räubereien.

      Diesen Befehl las Tonidandel immer wieder, wobei er sich an den Kopf griff. Der Zweck dieses Befehles war unfaßlich, denn seit Jahrzehnten gab es in der Lika keine Räuber mehr; Leute, auch Graničari, die „sich etwas verschaffen“ bei guter Gelegenheit, genug, aber keine Räuber. Sinn und Zweck soll aber ein Befehl haben!

      Tonidandel fragte sich, ob in diesem Teile des Befehls vielleicht die „Revanche“ stecke, ob in der Aufstellung von Räuberkommandos die Rache des Regimentschefs zu suchen sei. Nichts war zu entdecken, der Befehl im ersten Teile harmlos, in der anderen Hälfte unsinnig und zwecklos, da es keine Räuber gab. „Aber Befehl ist Befehl!“

      Vorsichtig wollte Tonidandel vorgehen, mißtrauisch, ohne Fehler, ohne Übergriffe.

      Ungewöhnlich konnte der Auftrag zur Kontrolle der Amtsführung eines Dorfpfarrers nicht genannt werden; denn der Militärverwaltung in der Militärgrenze war alles unterstellt: Männer, Frauen und Kinder, alle Stände, Klerus, Stadtbürger und Landvolk. Demnach war das Regimentskommando nicht nur „kompetent“, sondern auch verpflichtet, die Dienstgeschäfte der Pfarrer zu überwachen, Ordnung zu schaffen, besonders dann, wenn Beschwerden eingelaufen waren.

      Tonidandel vermutete, daß just über den im Befehle genannten Popen namens Vid (Veit) Denunziationen in Karlstadt eingelaufen sein dürften, und daß dieser Pope möglicherweise kein ordnungsgemäß geprüfter Priester von normaler Ausbildung, sondern nur ein Protektionskind ohne Fachbildung sein werde.

      In diesem Falle war besondere Vorsicht angezeigt, um nicht gegen den – Protektor zu verstoßen.

      Tonidandel ersah aus der Bezirkskarte, daß die „Inspektions“reise zum Amtssitz des Popen Vid mindestens drei Tage beanspruchen werde. Er übertrug daher die Dienstgeschäfte der Kompagniekommandantur dem Hauptmann Pegan und trat dann mit üblicher Bedeckung die Reise zu Pferd an.

      Ein erbärmliches Nest war das Dorf; die Holzhäuser tief im Boden steckend, meist nur ein Gelaß enthaltend, mit Stroh oder Dünger gedeckt. Der Fürsorge der Militärverwaltung entsprachen nur die Kirche und die steingefügten Häuser für den Popen und für die Schule.

      Der langhaarige und bärtige Pope Vid sprang wie ein gehetzter Hirsch herbei, als Hauptmann Tonidandel mit sechs Soldaten am Pfarrhause hielt. Überschwenglich und untertänig begrüßte der Pope den „erlauchten“ und gnädigen Herrn, völlig nach Domestikenart, unterwürfig und kriechend.

      Barsch fragte Tonidandel in dem üblichen Gemisch von Militärdeutsch und Likaner Kroatisch, ob der Pope Vid heiße und der Pfarrer dieses Dorfes sei.

      „Gehorsamst aufzuwarten, gnädiger Herr! Ich bin der Pope dieses Dorfes auf Empfehlung des hochwürdigsten Archimandriten durch die Gnade des erlauchten Chefs des Likaner Regiments, des gnädigsten Herrn Oberst K. in Karlstadt! Womit kann ich Euer Hochwohlgeboren dienen! Ich bitte um die hohe Ehre, die Schwelle meines Hauses überschreiten zu wollen!“

      Den Hinweis auf die Ernennung zum Popen durch den Regimentschef K. hielt Tonidandel einstweilen für eitel Prahlsucht. Sein Pferd und die Bedeckungsmannschaft schickte der Offizier in das Dorfgasthaus. Und sofort machte sich Tonidandel an die Erledigung der Dienstgeschäfte, die für einen Offizier ebenso seltsam wie lästig waren.

      Der Forderung, die Register (Pfarrmatrikel) vorzulegen, suchte sich der Pope zu entziehen mit dem Hinweise, daß er – kein Freund von Schreibereien sei und um keinen Preis der Welt den gnädigen Herrn Kommandanten belästigen wolle.

      Scharf bestand Tonidandel auf der Vorlage der Pfarregister. Der Pope wand und krümmte sich. Und er jammerte: „Halten zu Gnaden, erlauchter Herr Hauptmann! Die Matrikel, so Euer Herrlichkeit wünschen, ist ganz überflüssig, also nicht vorhanden!“

      „Waaas? Wieso?“

      „Halten zu Gnaden, Erlaucht! Li ja baš tako!8 Ganz überflüssig! Wird ein Kind geboren, so taufe ich es, das Kind ist da, braucht also nicht aufgeschrieben werden, weil es da ist! Stirbt einer in meiner Gemeinde, so ist er weg; den Toten schreibe ich nicht auf, weil er eben weg ist!“

      „Prachtvoll!“ höhnte Tonidandel.

      „Danke gehorsamst für diese Anerkennung Euer Erlaucht! Sie freut mich sehr!“

      „Und die Hochzeiten! Werden diese auch nicht aufgeschrieben?“

      „Nur die Namen, von wegen der Gebühren, wenn die Paare nicht gleich bezahlen! Die Zahlung ist die Hauptsache! Wovon soll ein armer Pop leben?“

      „Eine interessante Wirtschaft in einem Pfarramt!“

      „Ich danke untertänigst! Aber interessant ist bei mir nichts, das Einkommen schlecht!“

      „Wo hat Er denn studiert?“

      „Gehorsamst aufzuwarten, beim Archimandriten!“

      „Wie? Unbegreiflich! Zeig' Er mir seinen Lehrbrief!“

      „Halten zu Gnaden, Herrlichkeit! Ich besitze ein solches Dokument nicht!“

      „Tod und Teufel! Also

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<p>8</p>

„Es ist wirklich so!“