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und war mit einem Wort ein strammer Mensch. Und siehe: in diesen beiden Gefäßen gärte der bittere Trank, den wir trinken mußten.

      VIERTES KAPITEL

      Die Brücke, die wir auf sieben Granitjochen bauten, war schon weit über das Wasser hinausgewachsen, und im Sommer des vierten Jahres begannen wir die eisernen Ketten über die Pfeiler zu spannen. Da wurden wir aber in unserer Arbeit etwas aufgehalten: als wir die Kettenglieder nach ihrer Größe aneinander paßten und mit stählernen Nieten zusammenfügten, zeigte es sich, daß viele Bolzen zu lang waren und daß man sie abschneiden mußte. Aber jeder dieser Bolzen war eine englische Stahlstange und in England hergestellt, aus härtestem Stahl gegossen und stark wie der Arm eines erwachsenen Mannes. Man konnte diese Bolzen nicht glühen, weil der Stahl darunter gelitten hätte, und kein Instrument griff den Stahl an. Da fand plötzlich unser Schmied Maroi ein Mittel: er verklebte den Bolzen, an der Stelle, wo man ihn abschneiden mußte, mit dickem Wagenteer, den er mit Sand bedeckte, steckte dann das ganze Stück in den Schnee, streute Salz herum und drehte und wendete es. Dann zog er es mit einem Ruck heraus, glühte es, und wenn er dann mit dem Hammer draufschlug, sprang es auseinander, wie man eine Wachskerze mit der Schere durchschneidet. Alle die Engländer und Deutschen kamen, um die schlaue Erfindung unseres Marois zu sehen; sie schauen und schauen, plötzlich lachen sie, sprechen zuerst untereinander in ihrer Sprache und sagen dann in unserer Sprache:

      »So, Ruß; bist ein tüchtiger Kerl. Verstehst gut Physik.«

      Aber was für eine »Physik« konnte unser Maroi kennen! Er hatte ja von der Wissenschaft keine Ahnung und tat nur, wie ihn Gott erleuchtete. Aber unser Pimen Iwanow brüstete sich damit. So war es nach beiden Seiten schlecht: die einen glaubten an die Wissenschaft, von der unser Maroi nicht das geringste wußte, und die anderen sagten, daß Gottes Segen über uns sichtbar Wunder wirke, von denen wir niemals etwas sahen. Und das letzte war für uns schlimmer als das erste. Ich erklärte Ihnen eben, daß Pimen Iwanow ein schwacher Mensch und ein Prahler war, und jetzt muß ich erklären, weshalb wir ihn doch in unserer Gesellschaft duldeten. Er fuhr für uns in die Stadt, um Lebensmittel zu holen, und besorgte die notwendigen Einkäufe; wir schickten ihn auf die Post, um Geld und die Pässe heimzuschicken und die neuen Pässe wieder abzuholen. Er erledigte alle solche Angelegenheiten und war uns, die Wahrheit zu sagen, in dieser Beziehung sogar sehr nützlich. Ein wirklich würdiger Altgläubiger meidet natürlich diese Eitelkeiten und flieht den Verkehr mit den Beamten, von denen wir außer Ärger nichts hatten; Pimen aber freute sich über diese Eitelkeiten und hatte in der Stadt auf dem anderen Ufer eine sehr ausgebreitete Bekanntschaft. Händler, Herrschaften, mit denen er in unseren Geschäften in Berührung kam, alle kannten ihn und hielten ihn für den Ersten bei uns. Natürlich lachten wir darüber, aber er liebte es sehr, mit den Herrschaften Tee zu trinken und groß daherzureden. Sie nennen ihn unseren Ältesten, und er lächelt nur, und in seinem Innersten schmeichelt es ihm. Mit einem Wort: Hohlheit! So kam unser Pimen auch zu einer nicht unwichtigen Persönlichkeit, die eine Frau aus unserer Gegend hatte. Sie war ebenfalls redselig und hatte irgendwelche neue Bücher über uns gelesen, in denen, wir wissen nicht was alles über uns geschrieben stand. Auf einmal erklärte sie, ich weiß nicht, wie es ihr in den Sinn kam, daß sie die Altgläubigen sehr liebe. Das war eine ganz wundersame Sache. Nun sie liebt uns halt, und so oft Pimen wegen irgendetwas zu ihrem Manne kommt, läßt sie ihn sofort sich niedersetzen, traktiert ihn mit Tee, und er freut sich darüber und setzt ihr seine Geschichten vor.

      Bei solchem Weibergeschwätz erzählt er ihr, was wir Altgläubige für Menschen wären; wir seien wie die Heiligen, rechtschaffen und gesegnet, und unser Großsprecher schlägt die Augen nieder, legt den Kopf auf die Seite, streicht sich den Bart und sagt süßlich:

      »Ja, Gnädige, wir halten eben das väterliche Gesetz und sind so, daß wir das Herkommen beobachten und einer für den anderen über die Reinheit der Sitten wacht.« Mit einem Wort, er sagt ihr lauter Dinge, die durchaus nicht zum Gespräch mit einer weltlichen Frau gehören. Aber denken Sie sich nur: sie interessiert sich dafür.

      »Ich habe gehört,« sagt sie, »daß sich Gottes Segen sichtbar bei euch offenbart.«

      Und er bestätigt es ihr sofort:

      »Nun ja, Mütterchen,« antwortet er, »er offenbart sich; ganz sichtlich offenbart er sich.«

      »Sichtlich?«

      »Sichtlich,« sagt er, »Gnädige, sichtlich. Gerade dieser Tage hat einer unserer Leute den mächtigen Stahl wie ein Spinngewebe durchschnitten.«

      Die Gnädige klatscht vor Überraschung in die Hände.

      »Ach,« sagt sie, »wie interessant! Ich glaube an Wunder und liebe sie schrecklich! Wissen Sie, sagen Sie bitte Ihren Altgläubigen, sie möchten beten, daß Gott mir eine Tochter schenke. Ich habe zwei Söhne und möchte unbedingt eine Tochter. Ist das möglich?«

      »Ja, das ist möglich,« antwortet Pimen, »warum nicht? Es ist sehr wohl möglich! Nur ist es in solchen Fällen notwendig, daß Sie für die Öllämpchen opfern.«

      Zu seiner großen Befriedigung gibt sie ihm zehn Rubel für Öl, er steckt das Geld in die Tasche und sagt:

      »Schön, seien Sie guten Mutes, ich werde es ausrichten.«

      Pimen erzählte uns natürlich davon nichts, aber der Gnädigen wurde eine Tochter geboren.

      Nun war sie vor Freude außer sich und ließ gleich nach der Geburt unseren Hohlkopf rufen; sie feiert ihn, als ob er selbst der Wundertäter wäre, und er nimmt das alles hin. So leichtfertig wird ein Mensch, sein Verstand verdunkelt sich, und sein Gefühl erstarrt. Nach einem Jahr hat die Herrin wieder eine Bitte an unseren Gott, daß nämlich ihr Mann ihr ein Landhaus mieten solle, – und wieder geht es nach ihrem Wunsch, und Pimen verwendet das Geld, das sie für Kerzen und Öl spendete, wie er es für zweckmäßig hält; zu uns gelangte aber nichts. Und tatsächlich ereigneten sich unerklärliche Wunder. Der älteste Sohn der Gnädigen war in der Schule der größte Taugenichts und ein fauler Schlingel, der nichts lernen wollte; als es zum Examen kam, ging sie zu Pimen und beauftragte ihn, zu beten, daß ihr Sohn in die andere Klasse versetzt werde. Pimen sagte:

      »Das ist eine schwere Sache. Ich muß alle meine Leute die ganze Nacht beim Gebet zusammenhalten, damit sie bei Kerzen bis zum Morgen flehen.«

      Aber sie besteht auf ihren Willen und händigt ihm dreißig Rubel ein: »Betet nur!« Und was denken Sie? Ihr nichtsnutziger Sohn hat solches Glück, daß man ihn in die nächste Klasse versetzt. Die Gnädige kommt fast von Sinnen darüber, daß Gott ihr solche Gefälligkeiten erweist. Sie gibt Pimen Auftrag auf Auftrag, und er hat schon bei Gott für sie Gesundheit erwirkt, eine Erbschaft, einen hohen Rang für ihren Mann und so viele Orden, daß sie auf seiner Brust keinen Platz mehr finden und er einen, wie man sagt, in der Tasche trägt. Es war einfach ein Wunder, aber wir erfuhren nichts davon. Es kam jedoch die Zeit, wo alles offenbar wurde und ein Wunder die anderen ablöste.

      FÜNFTES KAPITEL

      In einer jüdischen Stadt des Gouvernements war bei den Juden im Handel eine schmutzige Geschichte passiert. Ich kann Ihnen nicht genau sagen, ob sie falsches Geld gehabt oder ein unredliches Geschäft gemacht hatten, jedenfalls mußte die Obrigkeit die Sache aufdecken und hatte eine bedeutende Belohnung dafür ausgesetzt. Die Gnädige ging also zu unserem Pimen und sagte:

      »Pimen Iwanowitsch, hier gebe ich Ihnen zwanzig Rubel für Kerzen und Öl. Befehlen Sie den Ihrigen, so eifrig wie möglich zu beten, daß man meinen Mann mit dieser Sache beauftragt.«

      Das machte ihm wenig Kummer! Er hatte schon Geschmack an diesen Opfergaben gefunden und antwortete:

      »Gut, Gnädige, ich werde es befehlen.«

      »Aber daß sie auch tüchtig beten, die Sache ist für mich sehr wichtig.«

      »Die werden sich nicht unterstehen, schlecht zu beten, wenn ich es befehle,« beruhigt Pimen, »ich werde ihnen Fasten auferlegen, bis sie es erfleht haben.« Er nahm das Geld und ließ es dabei bewenden, ihr Gemahl aber erhielt noch in derselben Nacht den von ihr gewünschten Auftrag. Bei diesem Segen genügte ihr aber unser Gebet nicht mehr, und sie wollte unbedingt selber unserem Heiligtum ihre Lobpreisung darbringen. Sie sagte es Pimen, und er bekam Angst, weil

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