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Fährten liefen, möglich doch, daß ihm sein gutes Glück – er stampfte mit dem Fuß als er die Worte sprach – den Thäter gerade in den Weg führte.

      Er fand nichts – den ganzen Tag durchkreuzte er den Wald, und als er Abends müd' und matt in die Ansiedlung zurückkehrte, mußte er noch ertragen daß man ihn bemitleidete und sich, anscheinend theilnehmend, in der That aber nur neugierig, nach den näheren Umständen erkundigte; ja Metcamp erbot sich sogar höchst freundlich wieder mit ihm zu gehen und die Spur noch einmal aufzunehmen, – er hätte, wie er selber den alten Sutton dabei versicherte – eine ungeheuere Uebung in Fährtefolgen, und war überzeugt, er könne ihr nachgehen. Ben Holik aber hielt sich, was den Wald betraf, für einen eben so guten Mann wie irgend einer dessen Füße je in Moccasins staken, und lehnte das Anerbieten artig wohl, aber rund ab.

      Dieser Metcamp hatte für ihn etwas Unheimliches in Blick und Ton. War er selber so parteiisch oder eifersüchtig, ohne allen sonstigen Grund den Menschen zu hassen, und wäre es nicht –

      »Verzeih mir Gott die Sünde!« unterbrach Ben selber seine Gedanken als er wieder zum Walde zurückschritt, denn Betsy konnte und wollte er in diesem Zustand von Aufregung und getäuschter Hoffnung nicht vor die Augen kommen – »verzeih mir Gott die Sünde daß ich von einem Menschen, der mir bis jetzt wissentlich noch kein Leid gethan hat, Unrechtes denke, aber dieser Metcamp kommt mir immer vor wie mein böser Geist und wenn es einen Menschen in der weiten Gotteswelt gäbe, dem ich den Bubenstreich zutrauen möchte – so ist es Der. Aber wart! mein Bursche, bist Du's gewesen, so hast Du ein Paar so scharfe Augen auf Deiner Fährte, wie sie in der Ansiedlung nur zu finden sind, und wer weiß dann, ob wir nicht noch einmal ein Paar Worte im Vertrauen reden!«

      Ben war ein seelensguter, herzlicher und schwer zu kränkender Mann – wie es fast alle recht kräftig kernige Naturen von so riesigem Körperbau sind, aber leichenbleich färbte ihm doch der Zorn die Wangen als er den Ort wieder erreichte, wo er das Ziel seiner Wünsche, nach dem er Wochenlang gestrebt, endlich gefangen gehalten, und dann ihm eine tückische Hand den Becher, den er gerade zum Munde führen wollte, entrissen und zu Boden geschleudert hatte.

      Was aber half ihm der ohnmächtige Zorn – er fand keine weiteren Anzeichen; die Spuren des Geflohenen waren so schlau verdeckt daß er anfing es dem geschniegelten Städter nicht einmal mehr zuzutrauen, und seinen Verdacht von Einem zum Andern der jungen Leute unter seinen Bekannten schweifen ließ, die, wie er recht gut wußte, ihn um sein Glück bei Betsy beneideten und ihn dadurch vielleicht abhalten wollten ihre Hand zu erringen. Es blieb aber auch immer nur wieder bei dem Verdacht; eine Gewißheit konnte er auf keiner Seite erlangen.

      Das Schlimmste bei der Sache war übrigens auch das noch, daß ihm diese, seine beste Falle dadurch für eine geraume Zeit unbrauchbar geworden, denn in die ging, wenigstens nicht eher als bis einmal ein Wolkenbruch jedes Zeichen der gefangen gewesenen Bestie abgewaschen, kein Wolf wieder hinein – und welche Falle lag so vortrefflich wie gerade diese!

      Wolfs Ben war übrigens nicht der Mann, der sich durch eine ihm in den Weg geworfene Schwierigkeit so leicht hätte abschrecken lassen; noch standen ihm drei andere Fallen und selbst in dieser Schlucht konnte er, wenigstens weiter oben, eine neue anlegen. Mit unermüdlichem Fleiß arbeitete er also auf's Neue, lag Tag und Nacht draußen und hielt von jetzt an eine so scharfe Wacht in seinem gewöhnlichen Jagdrevier, daß kein Kaninchen, viel weniger denn ein Menschenkind unbeachtet durchschlüpfen konnte. Voll neuer Hoffnung dachte er nun mit jedem Morgen den Fang eines zweiten Wolfes begrüßen zu können – aber vergebens. Was er auch that blieb fruchtlos, und Ben wurde zuletzt so schwermüthig und menschenscheu, daß er gar nicht mehr aus seinem Wald heraus mochte, sondern jetzt, mit dem einen und einzigen Ziel vor Augen, fast nichts anderes dachte, als einen Wolf lebendig zu fangen.

      Die Ansiedlung besuchte er gar nicht mehr, oder doch nur bei Nacht, wo er nicht zu fürchten brauchte, daß Betsy's Blick auf ihn fiel – denn nachgerade fing er an sich zu schämen ein so »schlechter Jäger« zu sein und er meinte, die Leute müßten ihm das Alle an den Augen ansehen.

      Drei Wochen waren solcher Art verflossen und wenn Ben's Herz auch wohl immer und unverändert dasselbe geblieben war, so hatten doch die Sachen in der Ansiedlung indessen eine ganz andere Wendung genommen.

      Der »Stadtherr«, wie ihn die übrigen Jäger gewöhnlich nannten, bekam Briefe aus Alabama, die seine Rückreise dorthin so rasch als möglich verlangten. Sein Onkel war plötzlich gestorben – er zum Universalerben eingesetzt, und jetzt natürlich genöthigt die dortigen Verhältnisse, die durch eine bedeutende Sklavenzucht noch weit mehr Aufmerksamkeit erforderten, selber zu ordnen. Er mußte also ohne weiteres Zögern zurück, und seine im Anfang langsam genug eingeleitete Werbung um die liebliche Waldblume, des alten Suttons Töchterlein, wurde nun zum raschen Heirathsantrag. Mr. Metcamp hielt noch an dem nämlichen Tag um des Mädchens Hand an, und wenn auch Betsy unbedingt nein sagte, sprach doch der Vater, dem der jetzt um so reichere Schwiegersohn desto mehr zu behagen schien, ein um so entschiedeneres Ja, versicherte seinen künftigen Eidam »das Mädchen ziere sich nur, wolle erst angegangen sein, und bat ihn sich um das keine Sorge weiter zu machen.«

      Metcamp hätte allerdings lieber eine freundlichere Antwort der Tochter, wenigstens keine so ganz bestimmt abgeneigte gehabt; da es aber nun einmal nicht anders ging, schien er sich auch hineinzufinden, hoffte durch Freundlichkeit zuerst ihr Wohlwollen, dann vielleicht ihre Liebe zu gewinnen – wenigstens sagte er das dem Vater, – und beschloß jeden Falls an demselben Abend an dem er den Brief erhalten, eine Art Fest zu geben, wozu sämmtliche Bewohner der Ansiedlung eingeladen wurden, und was er dadurch zu einer Art Verlobungsfest zu stempeln gedachte.

      Der Abend kam heran und das Gerichtshaus (ein leer stehendes und aus Stämmen roh aufgeführtes Gebäude, das in früherer Zeit einmal zu einer Gerichtssitzung gedient, und davon den Namen, und später auch noch das Versprechen erhalten hatte, bei nächster Gelegenheit zu einer Schule benutzt zu werden, jetzt aber nur zur Aufbewahrung des Mais diente), war zu dieser Begebenheit gar festlich und brillant hergerichtet. Viele Pfund Wachslichter – aus dem rohen gelben Wachs gegossen, wie es die Jäger den gefällten Bienenbäumen entnehmen – erleuchteten den ziemlich großen Raum, der Boden war von allen Maishülsen gereinigt und rings herum Bänke gestellt für die Damen, wie auch ein Tisch mit einem Stuhl oben darauf in die Ecke geschoben, auf dem der einzige Musikant – ein Violinspieler – seinen Sitz nehmen sollte. Kurz, es war Alles nur Mögliche angewandt, den Raum so behaglich als möglich zu machen, und wer am späten Abend die Fröhlichkeit der äußerst zahlreich versammelten Gäste gesehen hätte, wäre gewiß mit dem Resultat zufrieden gewesen.

      Nur Betsy war traurig – sie dachte an ihren armen Ben, der jetzt wahrscheinlich draußen allein im Walde herumirrte, und wollte nicht Theil nehmen an Tanz und Lustbarkeit. Nur mit Mühe wurde sie in den Tanzsaal selber gebracht, dort aber wies sie jede Aufforderung auf das entschiedenste zurück, und blieb ruhig, dem fröhlichen Treiben zuschauend, auf ihrem gleich im Anfang eingenommenen Platz.

      Benjamin Holik war aber nicht draußen im Wald, wie sein armes, hier in der lustigen Schaar nur um so viel betrübteres Liebchen in ihrem Schmerz geglaubt. Der alte Sutton hatte ihn sogar, wie sich das übrigens von selbst verstand, da man Niemanden ausschloß, noch besonders dazu eingeladen, Ben jedoch die Einladung abgelehnt.

      In der Nähe mußte er aber doch weilen – geschäftige Freunde brachten ihm bald die Nachricht daß es ein Verlobungsfest sein werde, was man hier feiern wolle, und er gedachte erst doch noch einmal zu sehen, mit eignen leiblichen Augen zu sehen daß ihn Betsy – seine Betsy auch wirklich ganz und gar vergessen habe und dann – ei dann zog er nach Texas. – Onkel Sam warb gerade für den beginnenden Krieg, und solche Leute wie er war – Ben brauchte keinen Spiegel sich das selber zu sagen – fanden rasche und freudige Aufnahme im Dienst.

      Scheu und furchtsam, daß ihn Niemand erkenne und seinen Schmerz errathe, umschlich er wohl eine Stunde lang das Haus und horchte den munteren, kreischenden Tönen der Violine. Näher hinan zu gehen daß er einen Blick hineinwerfen konnte, mochte er nicht. Da kamen endlich ein Paar seiner Bekannten aus dem Haus heraus, blieben vor der Thür stehen und schritten dann zusammen dicht an dem Orte vorüber wo sich Ben versteckt hielt, ihren Wohnungen zu.

      Ben drückte sich, so gut das gehen wollte, hinter den Stamm eines dort stehenden Hickory und

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