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»Wie gelang es dir doch damals, Ratiz, mit deiner Heldenfahrt, als du auszogst auf die Freite, um ein Weib der Thüringe zu gewinnen? Die Dorfknaben überfielen den Hof, in dem du lagertest, und als sie mit Schwertern die Hütte durchsuchten, entfloh deine Schar, du selbst aber bargst dich bedrängt in dem Backtrog, den die Weiber über dich stürzten, und Weizenteig hing in deinem Barte, als du schwertlos entrannst. Gern erzählen unsere Mägde am Herde von deinem harten Lager unter dem gehöhlten Holz.«

      Finster packte Ratiz seinen Becher und stampfte ihn auf den Tisch. »Nützlicher war mir das gelungene Entrinnen als deinen Gesellen das fruchtlose Suchen.« – Er drückte seinen Grimm eine Weile schweigend hinab, dann rief er höhnend: »Höre dafür, was die Wila, die Schicksalsfrau der Sorben, mir einstmals sang.« Und er begann nach der Weise seines Volkes zu singen: »Alles wird dir wohlgelingen auf dem Felde, bei dem Trinkkrug, doch die allergrößte Freude sollst du haben, wenn ein fremder ungeschlachter Hüne in dein Lager dringt. Grob sind seine Worte und Gebärden, als ein armer Schlucker kommt er ungeladen und er bettelt um ein Weib für seinen Herdsitz. Doch du wirst ihn wohl empfangen, höflich zu dem Becher laden, aber enge ist sein Schädel, Starkes kann er nicht vertragen. Hast du ihn in Met berauscht, bind ihm klug das Bein mit Seilen, scher ihm dann das Haar vom Haupte, setz‘ ihn vor die Tür der Halle, daß die Weiber seiner lachen und die Kinder ihn bewerfen.«

      Ingram versetzte finster: »Ich aber hörte eine Sage erzählen von Däumling, dem ruhmvollen Helden, den sie Gernegroß nannten. In dem Sandhaufen höhlte er sich mit den Händen seine Burg und deckte die Feste mit Stroh, das er von der Tenne mauste. Er sah von seiner Halle über die Maulwurfshügel und rühmte sich: alles ist mein, soweit mein Auge reicht, keinen stattlicheren Helden kenne ich auf Erden, nur eines fehlt mir zu meinem Glück, ich sende die Boten zum Hofe des Königs, daß ich Herzog werde über die Maulwürfe und Mäuse des Feldes. Da kam ein Bauer, und mit hartem Fuß zertrat er unversehens die Burg, und Held Däumling entfloh in ein Rattenloch und wand die Hände in Kummer.«

      Der Sorbe fuhr mit der Hand nach der Schwertseite und griff heftig umher, als er die Waffe nicht fand; Ingram aber lachte laut über das vergebliche Suchen.

      Wieder und wieder füllte der Alte. Dem Ratiz schwammen die Augen, und seine Hand wurde unsicher, wenn sie den Becher faßte. Er merkte die Gefahr und dachte schlau darauf, den Gegner zu verwirren. »Lustig sitzen wir hier im Gefecht der Zungen, lieblicher schlürft sich der Met, wenn wir mit unseren Augen auf das Weib schauen, welches der Preis des Siegers sein wird. Führt das Frankenweib her, daß wir uns am Anblick ergötzen.« Zwei seiner Genossen sprangen auf und eilten der Tür zu.

      Ingram schlug auf den Tisch. »Unbillig störst du das Spiel, denn traurig ist es mir, die Tochter eines werten Mannes als Sklavin unter den Feinden zu schauen.«

      »Lösen willst du sie doch, du starker Zecher, hast du Kraft, so erweise sie jetzt. Umbindet ihr nicht die Hände mit den Weiden, damit der Gast sie ohne Kränkung der Seele betrachte.«

      Ingram sah finster vor sich nieder und schwer wurde ihm das Haupt; die Männer schritten hinaus und führten das Mädchen in die Halle der Schweigenden. Walburg blieb an der Tür stehen, und ihr Blick umwölkte sich, als sie auf Ingram sah, auf die Trinker und die gleichen Becher. »Tritt näher, Frankenkind,« begann Ratiz, »denn um dich geht der Streit, ohne Schwertkampf der Helden sollen die Götter entscheiden. Im Maserholz schwenken wir deine Lose, ob du heimziehst mit Held Ingram, oder ob ich dir eine Hütte baue und ein Lager darin breite für dich und mich, wie ich hoffe.«

      Empört rief das Mädchen dem Thüring zu: »Einen besseren Helfer habe ich mir erkoren, schmachvoll wäre mir die Lösung durch den Trinkkrug. Denke nicht, Ingram, dir ein Weib durch Met zu gewinnen, übe den Heidenbrauch um Sorbenmädchen, nicht um mich.« Sie wandte ihm den Rücken, trat in die Ecke, in welcher Gottfried saß, kniete an seiner Seite nieder und verbarg das Gesicht mit den Händen. Heiße Röte stieg in das Gesicht Ingrams, da sich das Weib verachtend von ihm wandte, undeutlich merkte er das höhnende Lachen der Slawen, er erhob sich vom Stuhl und rief in ausbrechendem Zorn: »Falsch war das Spiel und verflucht sei der Becher, den ich noch trinke.« Er schleuderte den Becher auf den Boden und zugleich mit dem Holze sank er selbst in schwerem Fall. Wilder Jubelschrei der Sorben durchtönte die Halle, sein Helfer, welcher das Schwert gehalten, trat zu ihm und gebot: »Tragt ihn unter mein Dach, damit ich ihm meine Treue erweise und ihn bei seiner Waffe bewahre.«

      Ratiz aber erhob sich siegreich in trunkenem Mut und schritt auf das Frankenmädchen zu. »Mein bist du, doppelt gewonnen ist die rundliche Wange, und mein sollst du bleiben, nicht denke ich mit der Vermählung zu säumen. Auf, führt sie zur Hütte und ladet den Sänger, daß er das Brautlied spiele.«

      Dicht vor ihm erhob sich von den Knien die Jungfrau, bleich war ihr Gesicht und hart der Blick, den sie auf den Häuptling warf. »Niemand vermöchte dich zu retten vor meiner Hand,« rief sie, »du Untier, das kaum den Vater gefällt hat und jetzt Unehre über die Tochter bringen will. Danke deinem Glück, daß ein Heiliger neben mir steht. Du rühmst meine glatte Wange, sieh her, ob sie dir noch gefällt.« Blitzschnell fuhr sie mit dem Messer aus dem Gewande, hielt es ihm entgegen, daß er zurückfuhr, schnitt mit dem Stahl sich eine klaffende Wunde in die Wange, daß ihr Blut herunter strömte, und hob den Stahl wieder gegen sich selbst. Da sprang Gottfried herzu und entriß ihr die Waffe. Ratiz stieß einen schweren Fluch aus und packte den Metkrug, um ihn gegen das Weib zu werfen, aber auch er taumelte und stürzte zu Boden, übermannt vom Met und vom Zorn. Die Sorben sammelten sich um ihren Häuptling und Gottfried führte mit Hilfe des Weißbarts die wunde Jungfrau nach ihrer Hütte, dort suchte er das strömende Blut zu stillen und mit dem Sorbenweibe die klaffende Wunde zu binden.

      In der Hütte des Miros saß spät am nächsten Morgen Ingram, das Haupt in der Hand, und seine Gedanken wirbelten wild durcheinander. Auf dem Schoß hielt er das Schwert, welches sein Gastfreund ihm in die Hände zurückgelegt hatte. Miros stand vor ihm und erzählte von dem letzten Ausgang des Gelages und von der Wunde des Weibes. »Sie hätte den Faden ihres Lebens durchschnitten, denn ihr Sinn war wild, als der fremde Bote ihr das Messer entwand. Unnütz war die Mühe, das Messer wäre ihr rühmlicher gewesen, als die Keule des Ratiz sein wird.«

      Ingram zuckte und griff nach seinem Schwert. »Was würdest du tun, wenn dir ein gefangenes Weib mit dem Messer drohte?« fragte Miros. Ingram nickte bestätigend mit dem Kopf. »Wäre sie tot durch rühmliche Tat, die sie selbst an sich vollbracht, und wäre der Ratiz durch mein Schwert erlegt, dann wäre ich wieder frei und könnte lachen«, murmelte er. »Jetzt aber bedrängt mich der Zauber, den die unholden Christenmänner durch ihren Gesang und durch ihr Silber auf meinen Weg geworfen haben. Darum hat mir der Gott, der des Trinkhorns mächtig waltet, seine Hilfe versagt. Auch ihn höhnten die Riesen durch ihre Wunder und ruhmlose Kämpfe mußte er ausfechten. Mir ist das Leben verleidet und die Heimkehr begehre ich wenig.«

      »Bleibe bei uns,« riet der Sorbe teilnehmend, »und gewöhne dich an unseren Brauch, dann baut dir Herr Ratiz eine Hütte, und wenn du das Weib mit der zerrissenen Wange noch begehrst, so ist möglich, daß er dir sie schenkt, damit sie deinen Mühlstein drehe.«

      Ingram lachte: »Könntet ihr vergessen, daß ich eure Krieger erschlug? Würde doch mein Schwert aus der Scheide springen, wenn es neben einer Sorbenkeule hinge. Wie kann Friede dauern zwischen euch und mir? Nein, Miros, anders raten mir die Schicksalsfrauen. Und du meinst, daß er sie töten wird?«

      »Wie kann er anders?«

      »So sage ihm, daß ich ihn zum Kampf fordere auf der Heide zwischen eurer und unserer Mark auf den sechsten Tag von heut.«

      »Sage selbst solche Botschaft, wenn du Lust hast aus dem Sonnenlicht zu scheiden, auch du stehst unter seiner Hand, und wenn er dich entläßt, so weiß er, daß ein Todfeind frei von ihm reitet. Denke vor allem an das eigene Heil!«

      »Du sprichst verständig, friedlich will ich von euch gehen oder gar nicht. Die Götter mögen auch mir das Los werfen. Der Becherkunst ist dein Herr mächtig, wie ich sehe, laß ihn versuchen, ob er auch das Würfelspiel versteht, sein Schicksal gegen das meine. Geh, mein Wirt, und trage ihm eine Botschaft, die er annehmen mag oder nicht nach seinem Gefallen. Noch einmal messen wir uns in friedlichem Kampf, wie der Würfel fällt, den unsere Hände gleiten lassen, um alles oder nichts; er setzt in das Spiel das Weib und mein Roß,

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