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hier sitzen! Nimm dich in acht, sonst wirst du es bereuen!«

      Der Bey wandte sich in vollkommenster Ruhe an den Offizier:

      »Oberstleutnant, wer ist dieser Verrückte?«

      Der Gefragte machte eine erschrockene Gebärde.

      »Wahre deine Zunge, Ali Bey! Dieser Effendi ist der Makredsch von Mossul!«

      »Du scherzest! Ein Makredsch muß im Besitze seiner Besinnung sein. Der Makredsch von Mossul hat den Mutessarif zu dem Kriegszuge gegen mich beredet; er würde, wenn er nicht verrückt ist, es nie wagen, zu mir zu kommen; denn er muß wissen, was in diesem Falle seiner wartet!«

      »Ich scherze nicht. Er ist es wirklich.«

      »Ich sehe, daß du weder träumst, noch betrunken bist; darum muß ich dir glauben. Aber bedenke, daß ich nur dich allein zu mir gefordert habe!«

      »Er ist mit mir gegangen als Vertreter und Abgesandter des Mutessarif.«

      »Das ist möglich, denn du sagest es; aber kannst du mir es beweisen?«

      »Ich sage und bezeuge es!«

      »Das darf hier nichts gelten. Ich vertraue dir; aber ein jeder andere, der in einer solchen oder in einer ähnlichen Angelegenheit zu mir kommt, muß beweisen können, daß er das Recht und den Auftrag hat, mit mir zu verhandeln; sonst läuft er Gefahr, daß ich ihn so behandle, wie ihr meinen ersten Boten behandelt habt.«

      »Ein Makredsch kann niemals in eine solche Gefahr kommen!«

      »Ich werde dir das Gegenteil beweisen!«

      Er klatschte in die Hände, und sogleich trat der Dschesidi ein, welcher den Kaimakam geholt hatte.

      »Hast du dem Kaimakam ein sicheres Geleite versprochen?«

      »Ja, Herr.«

      »Wem noch?«

      »Keinem. «

      »Den drei Soldaten nicht, welche draußen stehen?«

      »Nein, und dem Makredsch auch nicht.«

      »Die drei werden abgeführt; sie sind gefangen; und diesen Mann, welcher sich für den Makredsch von Mossul ausgibt, nimmst du auch mit. Er ist schuld an allem, auch an der Ermordung meines Parlamentärs.«

      »Ich protestiere!« rief der Kaimakam.

      »Ich werde mich zu verteidigen und auch zu rächen wissen,« drohte der Makredsch, indem er einen Dolch zog, den er im Gürtel stecken hatte.

      In demselben Augenblick aber hatte sich Ali Bey empor geschnellt und schlug ihm die Faust mit solcher Gewalt in das Gesicht, daß der Getroffene rückwärts niederstürzte.

      »Hund, wagst du es, in meinem Zelte die Waffe gegen mich zu ziehen! Fort, hinaus mit ihm!«

      »Halt!« gebot der Kaimakam. »Wir sind gekommen, zu unterhandeln; es darf uns nichts geschehen!«

      »Auch mein Bote kam zu euch, um zu unterhandeln, und dennoch habt ihr ihn ermordet, habt ihn als einen Verräter hingerichtet. Hinaus mit diesem Menschen!«

      Der anwesende Dschesidi faßte den Makredsch und schaffte ihn fort.

      »So werde auch ich gehen!« drohte der Kaimakam.

      »So gehe! Du wirst die Deinen unverletzt erreichen; aber ehe du zu ihnen kommst, werden ihrer viele getötet sein. Emir Kara Ben Nemsi, tritt hinaus auf den Felsen, und erhebe die Rechte. Es ist das Zeichen, daß die Kanonade beginnen soll! «

      »Bleib!« wandte sich der Kaimakam schnell zu mir. »Ihr dürft nicht schießen.«

      »Warum nicht?« fragte Ali Bey.

      »Das wäre Mord, denn wir können uns nicht wehren.«

      »Das wäre kein Mord, sondern Strafe und Vergeltung. Ihr wolltet uns überfallen, ohne daß wir eine Ahnung davon hatten; ihr kamt mit Säbeln, Flinten und Kanonen, um uns niederzuhauen, niederzukartätschen. Nun aber eure Kanonen sich in unseren Händen befinden, nun ihr von uns gebührenderweise empfangen worden seid, sagt ihr, derjenige, welcher schießt, sei ein Mörder! Kaimakam, lasse dir zürnen, aber lasse dich nicht verlachen!«

      »Du wirst den Makredsch freigeben!«

      »Er ist Repressalie für den gemordeten Parlamentär!«

      »Du wirst ihn töten?«

      »Vielleicht. Es kommt ganz darauf an, ob wir beide uns verständigen.«

      »Was verlangst du von mir?«

      »Ich bin bereit, deine Zugeständnisse zu vernehmen.«

      »Zugeständnisse? Wir sind gekommen, um Forderungen zu machen!«

      »Ich habe dich bereits gebeten, dich nicht auslachen zu lassen! Sage mir zunächst, aus welchem Grunde ihr uns überfallen habt!«

      »Es sind Mörder unter euch.«

      »Ich weiß, welchen Fall du meinst, aber ich sage dir, daß du falsch unterrichtet bist: nicht zwei von den Unserigen haben einen der Eurigen, sondern drei der Eurigen haben zwei der Unserigen ermordet. Ich habe bereits dafür gesorgt, euch dies beweisen zu können; denn der Kiajah[14] des Ortes, wo die Tat geschehen ist, wird in kurzer Zeit mit den Angehörigen der Ermordeten hier sein.«

      »Vielleicht ist dies ein anderer Fall!«

      »Es ist nur der nämliche, aber der Makredsch hat ihn verdreht. Er wird es nicht wieder tun. Und wenn es so wäre, wie du sagst, so ist dies ganz und gar kein Grund, mit bewaffneter Macht unser Gebiet zu überfallen.«

      »Wir haben noch einen zweiten Grund.«

      »Welchen?«

      »Ihr habt den Haradsch nicht bezahlt.«

      »Wir haben ihn bezahlt. Was nennst du überhaupt Haradsch? Wir sind freie Kurden; was wir zahlen, das zahlen wir freiwillig. Wir haben die Kopfsteuer bezahlt, welche jeder, der nicht ein Moslem ist, für seine Befreiung vom Militärdienste zu entrichten hat. Nun wollt ihr auch den Haradsch, und doch ist dieser nichts anderes als diese bereits entrichtete Kopfsteuer! Und wenn ihr in eurem Rechte wäret, und wenn wir dem Mutessarif eine Steuer schuldig geblieben wären, ist dies eine genügende Veranlassung, uns zu überfallen? Muß er da just Scheik Adi überfallen, wo jetzt Tausende von Menschen sind, die nicht nach Mossul gehören, und die ihm auf keinen Fall etwas schuldig sind? Kaimakam, du und ich, wir beide wissen sehr genau, was es eigentlich ist, was der Gouverneur von uns will: Geld und Beute. Es ist ihm nicht gelungen, uns zu berauben, und so wollen wir also nicht weiter über seine Gründe sprechen. Du bist weder ein Jurist noch ein Steuereinnehmer; du bist Offizier, und darum habe ich mit dir nur das zu besprechen, was deine militärische Aufgabe betrifft. Du sollst reden, und ich werde hören!«

      »Ich habe von dir den Haradsch und die Mörder zu verlangen, sonst muß ich auf Befehl des Mutessarif Scheik Adi und alle Ortschaften der Dschesidi zerstören und einen jeden töten, der mir Widerstand leistet.«

      »Und alles mit dir nehmen, was die Dschesidi besitzen?«

      »Alles!«

      »So lautet der Befehl des Gouverneurs?«

      »So lautet er.«

      »Und du wirst ihn erfüllen?«

      »Mit allen Kräften.«

      »Tue es!«

      Er erhob sich, zum Zeichen, daß die Unterredung beendet sei. Der Kaimakam machte eine Bewegung, ihn zurückzuhalten.

      »Was wirst du beginnen, Bey?«

      »Du wirst die Dörfer der Dschesidi zerstören und die Einwohner derselben berauben, und ich, das Oberhaupt der Dschesidi, werde meine Untertanen zu beschützen wissen. Ihr seid ohne vorherige Anmeldung bei mir eingebrochen; ihr verteidigt das mit Gründen, welche Lügen sind; ihr wollt sengen und brennen, rauben und morden; ihr habt sogar meinen Boten getötet, eine Tat, welche ganz und gar gegen das Recht der Völker ist. Daraus folgt, daß ich euch nicht als Krieger betrachten kann, sondern als Räuber behandeln muß; Räuber aber schießt man einfach über den Haufen. Wir

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<p>14</p>

Vorsteher.