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Weisen noch nicht gefunden ist und das Diktat der Instinkte auch im Bereich der Gewichtskontrolle nach wie vor gilt.

      Das Befolgen dieser Befehle aus den Tiefen des zentralen Nervensystems begleitet unser ganzes Leben, ja bestimmt es möglicherweise sogar zu großen Teilen.

      Da die Erforschung derartiger Prozesse erst ganz am Anfang steht, kann man noch nicht sagen, wie viel Prozent und welche Art der Entscheidungen dergestalt ablaufen. Dass zumindest ein Teil unserer Handlungen instinktgesteuert abläuft, steht jedoch außer Frage. Und weil unser wacher Verstand das nicht immer akzeptieren will, liefert er manchmal einfach eine Begründung, warum die Anweisung aus dem Unterbewusstsein in Wahrheit doch seine Entscheidung wäre. So zum Beispiel, weshalb man sich trotz gewichtsreduzierender Ernährung nun doch zwischendurch ein Stück Schokolade gönnen darf (obwohl man insgeheim weiß, dass dies kontraproduktiv ist). Der Verstand liefert hier eigentlich nur noch eine Entschuldigung für unser leicht kränkbares Ego, welches sich, dermaßen bestätigt, jederzeit als uneingeschränkter Herr der Lage fühlt.

      Die Verhaltenssteuerung über Instinkte ist also selbst bei der Krone der Schöpfung, dem Menschen, etwas ganz Alltägliches. Kein Wunder, gehört er doch, biologisch gesehen, zu den Tieren, und diese greifen alle auf solche Mechanismen zurück. Nicht nur der sprichwörtliche Raubtierinstinkt, der beispielsweise bei der Flucht potenzieller Beutetiere ausgelöst wird (und im übertragenen Sinn etwa bei knallharten Geschäftsleuten vermutet wird), nein, das ganze tierische Leben ist davon geprägt. Und genau hier haben wir unser erstes Glied in der Kette der Beweise.

      Noch einmal zur Zusammenfassung: Aktives Handeln kann nur durch freie Entscheidung mithilfe von intelligentem Nachdenken und daraus folgenden Entschlüssen eingeleitet werden oder aber durch Instinkte, vorprogrammierte Handlungsanweisungen des Unterbewusstseins, für die es keinerlei Abwägungen bedarf. Wenn wir den Tieren keine Intelligenz, keinen Verstand zugestehen, so muss ihr Handeln zwangsläufig rein instinktgeprägt sein. Und die Sprache des Unterbewusstseins sind nun einmal die Gefühle.

      Primitiv oder anspruchsvoll?

      Kommen wir zu der eingangs erwähnten Zweiteilung der Gefühle zurück: dem Fühlen im Sinne von Sensibilität und von Emotionen. Diese Zweiteilung ermöglicht der Wissenschaft eine Differenzierung in Klassen, in primitiv und anspruchsvoll.

      Sie meinen, den Tieren würde seitens der Wissenschaft die niedrigere Kategorie, also lediglich die der Sensibilität, die bloßes Fühlen mit Sinnesorganen beinhaltet, zugestanden? Furcht, Glück, Freude oder Trauer als Königsdisziplinen der Gefühle blieben dem Menschen vorbehalten? Leider gefehlt! Noch nicht einmal Schmerz als eine der primitivsten Äußerungen des Unbewussten wird den Mitgeschöpfen vorbehaltlos eingeräumt. Und bevor wir auf die sonnigeren Aspekte tierischen Gefühlslebens eingehen, müssen wir uns daher dieser unangenehmen Seite zuwenden, denn zur Klärung der Frage, ob Tiere wirklich fühlen können, eignet sich Schmerz am besten.

      Schmerz ist eines der ursprünglichsten Signale, welches nach neuestem Stand der Kenntnis sogar Pflanzen kennen. Wird noch nicht einmal dieses anerkannt, so spricht man den Tieren schlichtweg ihre Funktionsfähigkeit ab. Denn der Erhalt des Körpers hat oberste Priorität im Wettrennen der Evolution um die Sicherung der eigenen Gene und deren Weitergabe an die nächste Generation. Wenn etwas wehtut, so bedeutet dies nichts anderes, als dass der Organismus in Mitleidenschaft gezogen wird – sei es durch Stiche in die Haut, durch Knochenbrüche oder Verletzungen innerer Organe. Je stärker der Schmerz, desto weniger fallen andere Bedürfnisse wie etwa Hunger ins Gewicht.

       Auf der Suche nach dem scheuen Reh

      Große dunkle Augen, ein sympathisches Gesicht, dazu ein schlanker Hals und dünne Beine: Rehe sind anmutige Tiere. Mit der Leichtigkeit von Gazellen hüpfen sie durchs Unterholz und überspringen Zäune bis 1,50 Meter Höhe. Dabei können wir sie allerdings nicht allzu oft beobachten, denn sie meiden Menschen. Schon unsere Vorfahren jagten die kleinen Pflanzenfresser, und aktuell werden pro Jahr allein in Deutschland über eine Million geschossen. Kein Wunder, dass sie ihre Aktivität in die Nacht verlagert haben und am Tage auf Distanz bleiben. Dabei wirken sie aber nicht so ängstlich wie Hasen, und das liegt an ihrem besonderen Fluchtverhalten. Rehe halten keine langen Strecken bei vollem Tempo durch. Das brauchen sie in ihrem ursprünglichen Lebensraum, dem Waldrand, auch nicht. Bei verdächtigen Bewegungen oder Geräuschen sprinten sie zunächst rund 100 Meter weit, um dann wieder stehen zu bleiben und sich erst einmal umzusehen. Manchmal rufen sie dabei hundeartig (das wird »Schrecken« genannt). Werden sie nicht verfolgt, setzen sie ihren Weg dann in ruhigem Trab oder gar im Schritt fort. Mit der wilden, hakenschlagenden Hasenflucht hat das wenig zu tun – wobei: Geradlinig ist der Weg in solchen Situationen auch nicht. In einem großen Bogen, der langsam und oft mehr als eine Stunde Zeit in Anspruch nimmt, bewegen sich die Rehe wieder auf ihren ursprünglichen Standort zu. Der Grund ist ihr Revier: Hier haben sie sich gegenüber Artgenossen behauptet, hier sind sie zuhause. Und wird ein Reh doch einmal von einem Hund verfolgt, so kreuzt es mehrfach seine eigene Spur, sodass der nach der Nase jagende Hund den roten Faden verliert. Daher kann er ein gesundes Reh im Wald auch nicht fangen.

      Als typische Einzelgänger schließen sich Rehe nicht dem Menschen an. Auch wenn sie in unsere Vorgärten kommen (dort wird schließlich nicht gejagt) und dort ein wenig ihre Scheu vor uns ablegen – ein Rest davon bleibt.

      Tiere, die kein Schmerzempfinden hätten, würden von der gnadenlosen Natur sofort aussortiert. Wird beispielsweise ein verletztes Bein nicht geschont, sondern rücksichtslos weiter belastet, so fällt es schließlich ganz aus – und der Besitzer wird ein leichtes Opfer von Raubtieren. Ein trauriges Beispiel für die Wichtigkeit dieses Signals bei uns Menschen lieferte ein pakistanischer Junge, auf den Forscher aufmerksam wurden. Er trat als Straßenkünstler auf, lief über glühende Kohlen und bohrte sich Messerklingen in die Arme. Kein Wunder, stellten die Wissenschaftler doch einen Gendefekt fest, der jedes Schmerzempfinden unmöglich machte. Sechs weitere Kinder mit gleichen Erbschäden wurden in der Verwandtschaft des Jungen entdeckt, alle mit zahlreichen blauen Flecken, Schnittwunden, Quetschungen und Knochenbrüchen. Das Leben des Jungen endete wenig später während eines Auftritts mit einem Sturz vom Dach.

      Ohne Schmerz ist das Überleben für uns kaum möglich. Täglich würden wir uns verletzen und aus diesen Verletzungen wenig lernen. Unangenehme Erinnerungen an die auslösenden Situationen gäbe es ja nicht, von dem abstoßenden Anblick einmal abgesehen. Warum sollte das für Tiere anders sein? Wie, wenn nicht durch Schmerz, könnten sie sofort Verletzungen feststellen, sich außer Gefahr bringen und diese künftig meiden?

      Selbst primitivste Arten müssen demnach über Gefühle verfügen. Angenommen, Fliegen hätten kein Bewusstsein (was sich, wie später noch erwähnt wird, als Irrtum erweisen könnte). Fühlte sich dann Schmerz für die Winzlinge trotzdem ähnlich an wie für uns? Wäre es nicht möglich, dass Schmerz in diesem Fall nur ein biochemischer Auslösereiz ist, der eine Kettenreaktion von Reflexen in Gang setzt? Der keine Qualen auslöst, sondern nur einen Schalter eines Bioroboters darstellt? Wäre es so, so würden Fliegen aus unangenehmen Erfahrungen nichts lernen. Sie würden wieder und wieder dieselben Fehler machen, wenn Schmerz nichts Abschreckendes hätte. Dass sie ihr Verhalten ändern, können Sie beispielsweise beim Fliegenfangen sehen: Die kleinen Flieger werden mit jedem Versuch, mit jedem Erschrecken vorsichtiger, starten bereits, wenn sich Ihre Hand nur nähert. Es muss also selbst bei winzigen Insekten positive und negative Gefühle geben, Belohnungen und Bestrafungen für Handlungen, die einen Lernerfolg zum Ziel haben.

      Das Bewusstsein, so vorhanden, lässt das Individuum höchstens zum Beobachter eines kaum beeinflussbaren Prozesses werden. Denken wir an uns selbst und die Herdplatte. Ist das Bewusstsein hier nicht vollkommen überflüssig? Die Hand zieht sich auch ohne Denkprozesse rasch zurück, und unsere Wahrnehmung erhöht nur die Qual, weil wir den Schmerz in allen Facetten auskosten müssten. Das Bewusstsein als unbeteiligter Beobachter könnte höchstens die Rolle eines Verstärkers übernehmen, der die negativen Gefühle fester verankert und so Fehler konsequenter

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