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Freund«, hat er wieder angefangen. »Frag ihn.«

      »Werd ich machen, aber erst sagst du mir, wo du hinwillst.«

      »Nach Hause.«

      »Und wo ist das?«

      »Gleich um die Ecke, in der Pension.«

      »Und warum bist du von der anderen Seite gekommen, hm? Ich glaube, du bist ein Posten der Sackgesichter.«

      »Ich habe Hausaufgaben gemacht«, hat er gesagt, »eine Gruppenarbeit, der Klassenkamerad, mit dem ich die Aufgabe machen soll, wohnt da. Wenn du willst, zeige ich sie dir.«

      Er hat seinen Rucksack abgenommen, den Reißverschluss geöffnet und mir die Hefte, Bücher und den anderen Schulkram gezeigt. Und noch eine Tüte Chips.

      »Dein Kumpel ist nicht von den Sackgesichtern?«, hab ich gefragt.

      »Ich war nur wegen der Hausaufgaben da. Wirklich, frag Yoni, er kennt mich gut, er kennt meine Familie.«

      »Okay, mach ich.«

      Er wollte schon seinen Rucksack zumachen, aber ich hab ihn aufgehalten.

      »Gib mir die Chips«, hab ich gesagt.

      Ich hab mir die Tüte geschnappt und Yoni auf dem Handy angerufen. Als er ranging, konnte ich den Fernseher im Hintergrund hören, wahrscheinlich hat er gerade einen Film mit seiner Kleinen geschaut.

      »Yoni, ich hab hier ein kleines Problem«, hab ich gesagt. »Hörst du mich?«

      Yoni muss auf Pause gedrückt haben, denn der Krach von dem Film war plötzlich weg.

      »Schnell, was gibt’s?«, hat er gesagt. »Ich bin beschäftigt.«

      »Hier ist einer, der von den Sackgesichtern rübergekommen ist und sagt, dass er dich kennt.«

      »Wie heißt er?«

      Ich hab den Fettsack, der sich wieder den Schweiß von der Stirn und vom Hals wischte, nach seinem Namen gefragt.

      »Santiago«, hat er geantwortet, »sag ihm, dass meiner Oma der Laden da drüben in der Pension gehört.«

      Ich hab Yoni wiederholt, was er mir gesagt hatte.

      »Bring ihn her«, hat Yoni gesagt, dann hat er aufgelegt.

      »Yoni will dir guten Tag sagen«, hab ich zu dem Fettsack gesagt.

      Dann hab ihn am Arm gepackt und bin losgegangen. Er hat sich gewehrt, und weil er so dick war, war es schwer, ihn zu zwingen.

      »Meine Oma wartet auf mich«, hat er gesagt. »Ich muss ihr im Laden helfen.«

      »Das kannst du Yoni erzählen«, hab ich gesagt. »Und jetzt beweg deinen fetten Arsch, oder es knallt. Als wüsstest du nicht, wo wir hier sind.«

      Ich hab die Pistole gezückt und sie ihm vor die Nase gehalten. Er hat so getan, als würde er sie nicht sehen, ist aber sofort losgegangen. Auf dem Weg zu Yoni hab ich die Chips gefuttert. Ich war halb tot vor Hunger, weil ich die ganze Zeit Wache halten musste, seit zwölf, und jetzt war es schon fast fünf.

      Yoni schaute mit seiner Kleinen den Film, den er auf Pause gestellt hatte, und sie haben Pupusas4 gegessen. Ich kannte den Film schon, es ging um einen Jungen, der mit den Toten spricht. Als Yoni uns sah, hat er wieder auf Pause gedrückt, und der Fettsack hat sofort angefangen, mich zu beschuldigen.

      »Der will mir Angst machen«, hat er zu Yoni gesagt. »Ich hab nur Hausaufgaben gemacht, was kann ich dafür, wenn die Lehrerin mich mit einem Klassenkameraden zusammensteckt, der drüben bei den Buchstaben5 wohnt.«

      »Er hat gesagt, er ist ein Kumpel von dir, Yoni«, hab ich gesagt, »aber er ist direkt von der Seite der Sackgesichter gekommen, ich hab es selbst gesehen.«

      »Seinem Opa hat die Pension gehört«, hat Yoni zu seinem Mädchen gesagt, »hier gleich um die Ecke. Einmal hat mein Alter da ein Zimmer gemietet, aber jetzt vermieten sie keine mehr, oder?«, hat er den Fettsack gefragt.

      »Nein«, hat der Fettsack gesagt. »Als mein Opa gestorben ist, hat meine Oma beschlossen, dass das Haus nur noch für die Familie da ist.«

      »Und wer wohnt sonst noch da?«

      »Meine Urgroßmutter, meine Tante, meine Onkel und meine Cousins.«

      »Hattest du nicht einen Bruder?«

      »Ja.«

      »Wie alt ist er? Daniel, oder?«

      »Zehn.«

      »Und du?«

      »Fünfzehn.«

      »Ist deine Mama noch in den USA?«, hat Yoni gefragt.

      Der Fettsack hat ja gesagt und wieder das Taschentuch aus der Hose gezogen und sich den Schweiß vom Hals, von der Stirn und aus dem Gesicht gewischt. Yoni hat ihn angeschaut, als würde er sich über ihn lustig machen, und die Hand von seiner Kleinen gedrückt, damit sie ihn auch anschaut.

      »Die Leute im Viertel mögen deine Oma«, hat er zu ihm gesagt. »Alle haben Respekt vor ihr, aber damit solltest du nicht kommen, wenn du nicht willst, dass die Leute dich für eine Schwuchtel halten.«

      Die Kleine hat sich totgelacht. Ich mich auch. Der Fettsack hat sein Taschentuch zusammengeknüllt und in die Hosentasche gesteckt.

      »Ich bin krank, Yoni, ich hab was am Herzen, ich war beim Arzt, weil ich immer so erschöpft bin und anfange zu schwitzen.«

      »Ernsthaft?«

      »Ja, mein Herz ist zu groß, größer als normal.«

      »Setz dich, nicht dass du noch umkippst«, hat Yoni zu ihm gesagt und auf einen Stuhl gezeigt.

      »Ich hab’s eilig«, hat der Fettsack gesagt, »meine Oma wartet auf mich, ich muss nachmittags im Laden helfen, und ich bin schon spät dran, weil die Hausaufgaben so schwer waren und weil ich jetzt hier bin.«

      Yoni ist aus dem Sessel aufgestanden, in dem er gesessen hatte, hat den Teller mit den Pasteten auf den Tisch gestellt, ist zum Fettsack gegangen und hat ihn auf den Stuhl gestoßen.

      »Haben dich die Sackgesichter kontrolliert?«, hat er ihn gefragt.

      »Die kontrollieren alle«, hat er geantwortet und dabei fast geheult.

      »Und was hast du gesagt?«

      »Nichts.«

      Yoni hat mit der Zunge geschnalzt, man hat gemerkt, dass er genervt war.

      »Fängst du jetzt an zu flennen?«

      Der Fettsack hat geschnieft, aber so nach innen, als würde er Rotz schlucken.

      »Was hast du ihnen gesagt?«, hat Yoni noch mal gefragt.

      »Sie wollten wissen, wo ich hinwill, und haben mich zum Haus meines Klassenkameraden begleitet. Als sie gesehen haben, dass ich wirklich Hausaufgaben machen will, sind sie gegangen.«

      »Du erzählst mir doch keinen Scheiß, oder?«, hat Yoni gefragt.

      »Nein.«

      »Erinnerst du dich an Marco?«, hat Yoni zu ihm gesagt. »Wir haben ihn geschnappt, weil er bei den Sackgesichtern rumgehangen hat, und du weißt ja, was mit ihm passiert ist.«

      In dem Moment hat Yonis Handy geklingelt, und er ist in ein anderes Zimmer gegangen, damit keiner mithören konnte. Der Fettsack hat die Zeit genutzt, um sich die Stirn mit dem Taschentuch abzuwischen. Er war so fett, dass sein Hintern gar nicht auf den Stuhl passte. Dann ist Yoni zurückgekommen.

      »Du musst etwas für mich in der Pension aufbewahren.«

      »Das geht nicht«, hat der Fettsack geantwortet.

      »In einem der vielen Zimmer wirst du schon eine Ecke finden.«

      Der Fettsack hat nichts gesagt, er hat Yoni nicht mal angeschaut, während er mit ihm geredet hat, und die ganze Zeit nur

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