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ja. Du sagst, du willst nicht mehr in die Wohnung, und bei mir ist es auch nicht so angenehm, wolltest du ja auch nicht.“

      Ida hatte ihr massivstes Problem geregelt und sah keinen Grund mehr zu planen. Sie rollte sich auf ihrem Bett ein und murmelte nur „Ja, ich glaube, wir brauchen ein Haus.“

      „Wenn wir die Stadtwohnung verkaufen, geht sich ein schönes Haus aus.“

      „Ich will die Wohnung nicht verkaufen. Ich will nur nicht drin wohnen.“

      Esther musste Ida zwingen, das mit den Finanzen für sie sichtbarer zu machen, überblickbarer. Sie würde alles bezahlen müssen, Kostenvoranschläge einholen. Sie brauchte Unterschriften, Berechtigung für das Konto.

      VORMITTAG, ZWEI WOCHEN SPÄTER

      In Ezras Taschen klimperten Brillantohrringe aus der Kaiserzeit und ein Armband, von dem er nicht genau wusste, was es war - hatte er im Badezimmer in der Schüssel mit den kleinen Schwämmen gefunden, unten drunter. Es hatte sich also doch gelohnt, jedes Schüsselchen und jedes Döschen zu inspizieren. Waren es wirklich Brillanten oder nur Glas, oder vielleicht irgendein Bergkristall?

      Seine Finger fühlten sich seit Tagen staubig an. Hubert hatte gestern tatsächlich die Mumie eines Hundes in einem Glaskasten gefunden. Ida musste wissen, was das zu bedeuten hatte.

      Vieles wäre angenehmer, wenn Wolfgang mit von der Partie wäre, praktischer. Wolfgang, sein Kumpel aus der Volkschule, Begleiter seiner Lebensstationen bis zu diesem Tag, war ein Genie der kurzen Wege, aber leider keine Option, wenn es um Wertsachen ging. Wertsachen, die einfach irgendwo und überall auftauchen konnten, waren für Wolfgang eine Versuchung. In dieser unübersichtlichen Landschaft der Wohnung würden sie spurlos verschwinden. Edmund, Hubert und Hille musste er auch still und vorsichtig im Auge behalten. Aber die drei waren eher verlässlich und schließlich war er ziemlich sicher, dass er erkannte, wenn sie etwas gefunden hatten. Das wäre bei Wolfgang sicher nicht der Fall. Wolfgang war in jeder Hinsicht ein Profi. Ezra hätte ständig das Gefühl gehabt, dass gerade etwas in Wolfgangs Taschen gewandert war. Das kleine Plastiksäckchen mit Schmuck wäre deutlich dünner. Seine Konzentration, seine Fantasie, seine Beobachtung wären schnell überfordert, und die Wahrscheinlichkeit gering, dass er ihn erwischt hätte. Wolfgang war nicht leicht zu händeln, obwohl er die Sachen meist wieder hergab, wenn Ezra ihn direkt ansprach.

      Den halben Vorraum und eine Wand im Bad hatte er mit Hille und Hubert geschafft. Edmund kam ja dann auch noch, obwohl er mehr Dichter als Arbeiter war, und der fröhliche Jörg war dann auch frei und half. Dann waren sie fünf und mussten die Herkules-Arbeit schaffen, den Augias-Stall. Es würde noch Wochen dauern.

      Warum mussten Menschen so viele Kästen in einem hallenartigen Vorraum haben? Kästen, die bis an die Decke reichten. Papas Wintermäntel und Mamas Wintermäntel und Omas Wintermäntel und Wintermäntel von Personen, die es längst nicht mehr gab. Und in jede einzelne Tasche musste geschaut werden. Dann viele Koffer, noch Koffer und noch Koffer und alle voll. Ezra war gereizt und fühlte sich schimmlig, denn er hatte einige uralte Lederkoffermonster entfernt, mit einer dünnen, grünen Schicht. Job war Job, aber er mochte keine dünnen, grünen Schichten auf dickem, uraltem Leder. Die Versuchung war groß, gar nicht erst hineinzuschauen und das Ganze in die Mulde zu kippen, aber Esther hatte ihn gewarnt vor seltsamen Verstecken, Sie hatte ihm von den Einbrechern erzählt und dem Gewöhnungseffekt. Es fehlte noch einiges, auch ein Aquamarinring. Esther nannte ihn immer ihren Zauberring – und der konnte überall sein, wirklich überall.

      Ezra schaute mit Abscheu auf die mächtige Küchenkredenz. Wegen der Einbrecher fehlte wohl der Schlüssel. War wahrscheinlich an einem sicheren Ort. An welchem sicheren Ort? Der Kasten war aus massiver Eiche und es ging nur das Mittelfach auf. Dort steckte ein Schlüssel, und er hatte leichtfertig angenommen, dass der auch Meister der anderen Messingschlösser war. War er nicht.

      Küchenkredenzen sind aber besonders verdächtige Möbel, vor allem die Gefäße im obersten Regal. Wolfgang hatte ihm immer erzählt, dass jeder Einbrecher dort zuerst seine Hände darüber gleiten ließe. Münzen, kleine Wertsachen, Schlüssel von Bankschließfächern mit einem Zettelchen mit der Nummer, alles da.

      Da kam Hille mit tief gefurchter Stirne ums Eck. „Wir haben einen Fischeranzug gefunden, und in seiner Tasche war das da.“ Er hielt Ezra ein Stück Papier hin, feines Papier. Drauf stand in großen, wackeligen Lettern: Ich weiß, dass Schluss sein muss. Keiner kann das anders regeln. Ich habe vieles versucht, vielleicht nicht alles. Aber alles ist es wohl nie. Irgendetwas bleibt immer offen. Abschied von allem, weil es sein muss, nicht weil man es so gewünscht hat.

      War das ein Brief zu einem Selbstmord? Ein Abschied? Eine Drohung oder vielleicht nur eine Erklärung, bevor irgendjemand nach Amerika fuhr? Wer hatte das geschrieben?

      Ezra überlegte kurz und meinte dann: „Danke Hille, ich werde es Ida zeigen.“

      Verdammt noch einmal, was hatte der wirklich gefunden? Normalerweise war Hille einfach und gradlinig. Nichts Hintergründiges an Hille, aber jetzt hatte er etwas bei Seite gebracht. Er würde dann in Hilles Taschen schauen müssen beim Duschen.

      Der Brief war seltsam beunruhigend, auch wenn er eigentlich nichts damit tun konnte. Papier mit einer Drohung? Ein Brief voll Bedauern, aber auch voll Wut. Papier war in diesem Haushalt das Lebendige. Es wuchs, wurde feucht, wieder trocken, wellte sich und wurde vielleicht auch einmal verwendet. Es war die lebendige Seele in diesen Räumen.

      Zurück zur Kredenz.

      Wo würde jemand wohl einen Schlüssel verstecken?

      Auf jeden Fall in Reichweite.

      Man kann nicht jedes Mal durch die ganze Wohnung laufen, wenn man in die Küchenkredenz muss.

      Ezra blickte um sich und sah drei Stellagen und ein großes, breites weißes Ding, von dem er keinen Namen wusste. Nicht zu vergessen Tisch und Herd. Beide verfügten über eine Lade. Würde die alte Ida etwas in die untere Herdlade geräumt haben? Die gingen meist schlecht auf und waren sehr unbequem, so weit unten. Aber vielleicht wollte sie es den Einbrechern schwer machen?

      Auf jeden Fall war weder in der Herdlade noch in der Tischlade ein Schlüssel. Die Stellagen schienen ihm zu offen, zu zugängig. Schlüssel wurden nicht in Freiheit gehalten. Sie mussten tief drin in Laden und in Gefäße gesteckt werden, ganz sicher, mit festen Türen. Frischluft wäre für versteckte Schlüssel sehr gefährlich. Also machte er sich an das große, breite, weiße Ding. Es war aus solidem Holz, musste mehrere Hundert Kilo haben. Etwa wie ein kleiner Eisenbahnwaggon. Beim Hineinsehen entpuppte es sich als eine alte Spüle. Man konnte die obere Platte aufklappen, und da gab es zwei Gusseisenkessel. Ezra klappte die Platte hoch, aber das war Schwerarbeit. Die alte Ida konnte das nicht mehr gestemmt haben. Er holte seine Taschenlampe und lugte hinein, da war auch nichts zu sehen. Er öffnete die Türen unten. Natürlich konnte ein so schöner Raum in diesem Haushalt nicht unverwendet bleiben. Am Boden unter den Kesseln hatte sich Papier angesammelt. Viel Papier. Erfahrung mit den anderen Räumen hatte ihm gelehrt, keine mögliche Ablage außer Acht zu lassen. Seine Hand tastete vorsichtig an dem Eisengrat entlang, der neben den Kesseln lief. Da lag ein Schlüssel. Es lag da aber noch etwas in einem Säckchen. Darin war eine Perlenkette, dazu passende Perlenohrringe und ein Brief. Es war ein alter Brief. Das Papier hatte Flecken der Zeit. `-rücksichtslos. Dieses Geschenk soll dir Tränen bringen. Vielleicht bringt dich das dazu, einmal wahrzunehmen, wer die Menschen sind, mit denen du lebst. Einzigartige Möglichkeit zu einer Pause der Herrschaft, und dann erfährst du das, was du immer schon hättest wissen sollen´……. Ein seltsames Geschenk? Eine Verwünschung? Wer sollte eine Pause der Herrschaft machen? Wer verlangte das von wem?

      MITTAG

      Esther und Ida sahen gerade das zwanzigste Haus an.

      Ida wünschte sich jetzt dringend ein Haus. Sie fand immer neue Gründe, warum ihr dieses oder jenes Haus wert schien, gekauft zu werden. Die Butzenscheiben in der Türe zum Hof. Der schöne Nussbaum vor

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