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die Comantschen doch nicht blind. Sie haben die Fährte vor Augen und würden das Versteck leicht und schnell entdecken; es ist ja heller Tag. Ihr habt so kopflos, so leichtsinnig und unverantwortlich gehandelt, daß es gar keine Entschuldigung für Euch geben kann. Wehe dem armen Menschen, der sich einem solchen Führer, wie Ihr seid, anvertraut! Wißt Ihr denn nicht, daß ein Scout sein Leben ohne alles Zögern daran zu setzen hat, wenn es die Sicherheit derjenigen gilt, die sich in seinen Schutz begeben haben! Ihr habt Euch rechtfertigen wollen, aber grad das Gegenteil erreicht. Ein Pferdedieb ist eben ein Dieb, doch kann man immerhin einen gewissen Respekt vor seinem Mute, seiner Kühnheit haben; aber einen Scout, der so feig handelt wie Ihr, den muß man verachten. Wir sollen sehen, ob Rettung vielleicht noch möglich ist, und den Roten schnell folgen. Ihr seid doch mit dabei, Mr. Jim?«

      »Wie könnt Ihr nur so fragen! Die beiden Snuffles sind stets und gern dabei, wenn es gilt, einen Menschen, welcher in der Patsche steckt, herauszuholen. Meinst du nicht auch, alter Tim?«

      »Yes,« nickte dieser. »Müssen uns beeilen!«

      »Allerdings. Fünf Weiße, von denen drei keine Westmänner sind, gegen siebzig Rote, welche sich auf dem Kriegspfade befinden, das ist keineswegs das höchste der Gefühle. Aber, Mr. Shatterhand, sagt mir einmal, ob Ihr das für wahr haltet, was dieser Perkins und sogenannte Scout jetzt vorgebracht hat!«

      »Ich denke, daß wir es glauben können, denn hätte er abermals gelogen, so wäre es um ihn geschehen. Wir haben es nach seiner Angabe mit einem Fremden, seinen zwei Dienern und zwei Westmännern zu thun. Wenn man nur wüßte, was diese beiden letzteren für Kerle sind.«

      »Es sind tüchtige Leute, Sir, sehr tüchtige Leute,« versicherte Perkins.

      »Wenn sie gerade so tüchtig sind, wie Ihr seid, so mag Gott ihnen und den drei Fremden gnädig sein! Also vorwärts! Wir haben hier schon zu viel Zeit versäumt.«

      Wir stiegen auf und folgten der nach Westen, also flußaufwärts führenden Fährte. Man sagt, es pflege bei jedem Unglück auch ein Glück zu sein, und dieses Wort konnten wir hier auch in Anwendung bringen. Daß der Fremde, wie ich die Ueberzeugung hegte, von den Roten eingeholt und überfallen werden würde, das war ein Unglück für ihn; ein Glück war es dagegen zu nennen, daß die Indianer den feigen Scout nicht gesehen hatten, denn sie glaubten infolgedessen hinter sich alles in Sicherheit und ahnten nicht, daß Leute ihnen folgten, welche sich der Bedrohten annehmen wollten.

      Ich glaubte, daß Perkins zuletzt die Wahrheit gesagt hatte; Beweise hatte ich freilich nicht dafür, denn die Spuren der Weißen waren am Lagerplatze so von den Indsmen zertreten worden, daß sie gar nicht mehr unterschieden werden konnten; ich hoffte aber, unterwegs auf deutlichere Zeichen zu treffen. Diese Erwartung ging schon nach einiger Zeit in Erfüllung, als wir eine Stelle erreichten, an welcher die Roten halten geblieben waren. Wir zügelten unsere Pferde auch, und Jim Snuffle sagte:

      »Hier scheint ihnen etwas ein- oder aufgefallen zu sein, denn sie haben sich beraten. Wenn man nur wüßte, worüber!«

      »Ich weiß es,« erklärte ich.

      »Nun?«

      »Ueber die Zahl der Weißen, denen sie folgten.«

      »Meint Ihr? Warum?«

      »Sie sind bisher in der Spur der Weißen geritten; hier aber haben sie dieselbe verlassen, und zwei von ihnen sind abgestiegen, um sie zu untersuchen. Es scheint, daß sie unterwegs verschiedener Meinung geworden sind und hier haben sehen wollen, wer die richtige hat. Da sie sich an dieser Stelle in acht genommen haben, die Fährte der Bleichgesichter zu verderben, so ist dieselbe auch für uns noch deutlich zu erkennen, und ich will schauen, was wir von Perkins' Aussagen zu halten haben.«

      »Ja, schaut nach, Sir!« forderte mich der gefangene Scout auf. »Ihr werdet finden, daß alles genau so ist, wie ich gesagt habe.«

      Ich sprang ab und betrachtete die Eindrücke auf das sorgfältigste. Es war schwer, sehr schwer, zur Gewißheit zu kommen, denn die Stelle, an welcher die Roten die Fährte geschont hatten, war gar nicht lang, und es kam mir sehr darauf an, die verkehrte Spur eines Pferdehufes zu entdecken; aber nach längerem Messen und Vergleichen gelangte ich doch zu dem gewünschten Resultate. Um noch sicherer zu sein, trat ich zu dem Pferde, welches der Scout jetzt ritt, und untersuchte einen Hufstapfen desselben. Jim Snuffle schüttelte darüber verwundert den Kopf und fragte:

      »Warum denn das, Sir! Wir haben es doch nicht mit diesem Pferde zu thun?«

      »Sogar sehr,« antwortete ich. »Ich will doch wissen, ob Perkins die Wahrheit gesagt hat.«

      »Könnt Ihr das denn am Hufe seines Pferdes ablesen?«

      »Ja.«

      »Alle Wetter! Das brächte der Sohn meines Vaters nicht fertig. Wie fangt Ihr es nur an?«

      »Sehr einfach. Es sind wirklich sechs Weiße hier geritten, und einer von ihnen ist zurückgekehrt.«

      »Sagt Euch das die Fährte?«

      »Ja.«

      »Das ist gefährlich, Sir!«

      »Warum?«

      »Weil die Indsmen die Eindrücke hier auch untersucht haben; sie mußten da ebenso wie Ihr sehen, daß jemand zurückgeritten ist; also wissen sie, daß er sich hinter ihnen befindet und werden ihm einen Hinterhalt legen, in den wir leicht fallen können.«

      »Habt keine Sorge! Sie haben nichts bemerkt. Es ist nur der Eindruck eines einzigen Hufes da, und der ist so leicht und undeutlich, daß nur ich ihn entdecken konnte, weil ich wußte, daß Perkins behauptet, umgekehrt zu sein. Er hat die Wahrheit gesagt. Ich sah einen umgekehrten Stapfen, welcher vom linken Hinterfuße seines Pferdes stammt.«

      »Well! Aber wenn die Indsmen gerade diesen einzigen Stapfen auch bemerkt hätten?«

      »Dann würden sie nicht weit von hier eine Falle gestellt haben, die mir sicher nicht entgehen würde. Ich werde scharf achtgeben. Reiten wir weiter!«

      Wir setzten den unterbrochenen Ritt fort, und als ich selbst nach einer halben Stunde nichts davon entdeckt hatte, daß ein Hinterhalt gelegt worden sei, waren die Snuffles überzeugt, daß ich recht gehabt hatte.

      Nach einiger Zeit kamen wir an die Stelle, wo Perkins umgekehrt war; seine Gefährten hatten nicht auf ihn warten, sondern langsam weiterreiten wollen; die Entscheidung lag also nicht hier, sondern weiter vorn. Darauf sahen wir, daß zwei Indianer die Spur verlassen hatten, der eine nach der rechten und der andere nach der linken Seite.

      »Ob die etwa als Späher fortgeritten sind?« fragte Jim Snuffle.

      »Jedenfalls. Der Anführer hat aus der Spur ersehen, daß er den Weißen nahe war, und diese Kundschafter vorangeschickt, um Gewißheit zu erhalten. Es wird sich bald zeigen, wo sie wieder zu dem Trupp gestoßen sind.«

      Ungefähr eine Viertelstunde später kehrte erst die Spur des einen und dann auch diejenige des andern zu der Hauptfährte zurück, und wir konnten nun erwarten, in nicht langer Zeit den Ort des Ueberfalles zu erreichen. Da die Roten sich sehr leicht noch dort befinden konnten, war die äußerste Vorsicht nötig, wenn wir nicht riskieren wollten, ganz unerwartet auf sie zu stoßen. Darum ritt ich eine Strecke voran, jeden Augenblick bereit, von ihnen bemerkt oder gar angegriffen zu werden.

      Glücklicherweise ging diese Befürchtung nicht in Erfüllung, obgleich das Terrain für mich gefährlich war. Es gab nämlich zerstreutes Strauchwerk, und ich konnte hinter jedem Busche einen oder auch mehrere Feinde erwarten. Da hatte das Gesträuch plötzlich ein Ende, und ich sah auf dem vor mir liegenden Plane, höchstens drei Minuten von mir entfernt, die Indsmen lagern. Hätte mein Pferd nur vier oder fünf Schritte weiter gethan, so wäre ich sehr wahrscheinlich von ihnen bemerkt worden.

      Ihre Tiere, welche freigegeben worden waren, tummelten sich nach Belieben herum; sie selbst bildeten einen Kreis, in dessen Innern eine wichtige Verhandlung geführt zu werden schien. Er war aber so dicht, daß der Blick nicht zwischen den einzelnen Personen hindurchdringen konnte. Ich ritt eine kleine Strecke zurück, stieg ab, band mein Pferd an und forderte die Snuffles,

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