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      »Das Fahrgeld wird hier sehr drolliger, aber ganz bezeichnender Weise Schui-kio genannt; das heißt wörtlich ›Wasserbeine‹. Die Geldstücke, welche man bezahlt, sind die Beine, mit denen man über das Wasser läuft. Der Mann verlangte pro Person nur einen Dollar bis Kanton. Auf dem Dampfer hätten wir das Vierfache zahlen müssen.«

      »So segeln wir. Speisung ist nicht dabei?«

      »Nein. Man hat hier eben für alles zu sorgen, auch für die Betten.«

      »Brauche ich nicht. Schlafe so, wie ich es finde. Soll ich, wenn ich nach China will, etwa vorher zweihundert böhmische Gänse und ebensoviele Gänseriche rupfen und monatelang Federn schleißen, um dann hier von Gänseleberpastete nur träumen zu können, ohne sie wirklich verspeisen zu können. Das – – –«

      »Oh!« unterbrach ihn der Holländer, indem et seufzend die Hände auf die Gegend seines Magens legte. »Eene knusperene gebraden gans of eend is klein, maar goed – eine knusperige gebratene Gans oder Ente ist zwar klein, aber gut!«

      »Da haben Sie recht!« stimmte der Methusalem bei. »Leider haben wir es jetzt mit einer Dschunke, nicht aber mit einer gebratenen Martinsgans zu thun. Die Schui-heu ist das einzige Schiff, welches morgen aufwärts geht. Es fragt sich, ob wir es benutzen wollen. Der Superkargo gefiel mir nicht, aber ich füge mich den andern Stimmen.«

      »Wir fahren,« sagte der Kapitän. »Hoffentlich ist Gottfried nicht dagegen?«

      »Ich bin dabei,« meinte der Genannte. »Warum sollen wir hier hocken bleiben. Je eher wir abjondeln, desto eher werfen wir um, und dat ist doch auch eine jewisse Art von Vergnüjen.«

      »Ja, Onkel Methusalem,« bat Richard. »Wollen hier nicht unsre Zeit verschwenden. Ich möchte gern sobald wie möglich am Ziele sein.«

      »Gut, so werde ich nachher gehen, um die Passage fest zu machen und Lebensmittel einzukaufen, mit denen wir bis Kanton reichen.«

      »Das ist meine Sache.« fiel Turnerstick ein. »Sie sind ja hier noch meine Gäste, und ich habe noch siebzehnhundert Li, ein wahres Vermögen für die hiesige Gegend.«

      Der Methusalem lachte heimlich in sich hinein und. antwortete: »Wenn Sie darauf bestehen, so müssen wir uns freilich fügen.«

      »Natürlich stehe ich fest auf meinem Willen.«

      »Ohne Rücktritt?«

      »Ohne zurückzutreten. Den Anfang will ich jetzt machen. Also wir logieren bis morgen hier im Hotel?«

      »Ja, denn es ist das einzige anständige. Die andern Gasthäuser sind nur Spelunken.«

      »Gut, es wird hier geblieben! Und damit der Wirt sogleich bemerkt, daß er feine Gäste hat, will ich jetzt das Bier bezahlen. Wir haben dreißig Flaschen.«

      Auf den Tisch klopfend und sich nach dem Wirte umdrehend rief er: »Heda, Hoteliering, ich will bezahleng. Was kostang dreißing Flaschong?«

      Der Wirt kam langsam herbei. Er hatte Turnerstick nicht verstanden, verbeugte sich tief und fragte: »What bid you, Sir – was befehlen Sie, Sir?«

      »Bezahleng!«

      »I can not understand.«

      »Was? Sie könning mich nicht versteheng?« rief Turnerstick zornig. »Das ist mir unbegreifling! Ich drücküng mich doch deutling aus. Passeng Sie nur richting auf! Ich will bezahling!«

      Der Wirt schüttelte verlegen den Kopf. Da sprang der Kapitän vom Stuhle auf und schrie erbost: »Habing Sie keine Ohreng? Ich will bezahlang, bezahleng, bezahling, bezahlong und bezahlung!«

      Der Wirt fuhr erschrocken zurück. Sein Gesicht verriet, daß er ratlos sei; darum belehrte ihn der Methusalem in halblautem Tone: »He will to pay.«

      »Ja, to pay, to payeng will ich, payeng, verstandung?« rief Turnerstick. »Aber Li, lauter Li will ich geben.«

      Bei diesen Worten zeigte er auf die Geldschnuren, welche um seinen Hals hingen. Im Gesichte des Methusalem war der Ausdruck lustiger Spannung zu bemerken. Der Wirt verstand den Kapitän jetzt; er gab sich Mühe, ein Lächeln zu unterdrücken, und sagte sehr höflich: »Thirty bottles, Sir? I beg, ten thousand Li!«

      Turnerstick prallte zurück, als ob er einen Hieb in das Gesicht erhalten habe.

      Wa–a–a–a–s?« fragte er. »Zehntausend Li?«

      »Jawohl, zehntausend Li!« bestätigte der Methusalem.

      »Das ist doch nur ein dummer Witz!«

      »O nein, Kapitän, es ist Ernst.«

      »Unmöglich! Bedenken Sie, zehntausend Li! Das ist ja unbegreiflich!«

      »Es ist im Gegenteile leicht erklärlich. Zehntausend Li sind nach deutschem Gelde ungefähr sechzig Mark.«

      »Also die Flasche zwei Mark?«

      »Ja.«

      »Die daheim fünfzehn Pfennige kostet!«

      »Wir sind nicht daheim. Wir haben deutsches Bier getrunken, irre ich mich nicht, aus der Waldschlößchenbrauerei zu Dresden. Dieses Bier muß den Aequator zweimal passieren. Haben Sie denn noch nie so fern von der Heimat unser Bier gekostet?«

      »Nein.«

      »Nun, dann ist es eben kein großes Wunder, daß Sie sich um die betreffenden Preise nicht bekümmert haben.«

      »Wußten Sie es denn?«

      »Ja.«

      »Und da verlangen Sie vierundzwanzig Flaschen! Das sind achtundvierzig Mark, die in noch nicht fünf Minuten durch die Gurgel gelaufen sind! Ihr Hund allein hat acht Mark vertrunken; das sind zwei Thaler zwanzig Groschen. Welche Verschwendung, da Sie den Preis gekannt haben!«

      Der gute Turnerstick war eigentlich ein sparsamer Mann, wenn auch kein Filz. Sechzig Mark, sage zehntausend Li für Bier, das war ihm doch zu viel; darüber hatte ihn der Zorn ergriffen. Der Methusalem berücksichtigte das, indem er in ruhigem Tone meinte: »Meine Mittel erlauben mir das. Uebrigens war es ein Willkommentrunk, den ich nicht zu wiederholen beabsichtige, und ich konnte nicht wissen, daß Sie diese Zeche auf sich nehmen wollten. Jetzt denke ich, daß Sie die Absicht, zu bezahlen, aufgeben werden?«

      Der Kapitän antwortete nicht. Er hatte behauptet, nicht zurücktreten zu wollen, aber die Summe war ihm doch zu hoch. Mijnheer van Aardappelenbosch war der Scene mit großem Interesse gefolgt. Seine Kenntnis der deutschen Sprache ermöglichte es ihm, jedes Wort zu verstehen. Um dem Kapitän, welcher vorher den großen Mund gehabt hatte und nun mit der Bezahlung zögerte, einen kleinen Hieb zu geben, sagte er zu dem Kellner, welcher ihn bedient hatte: »Oppasser, ik zull mijn gelag betalen, maar in Li – Kellner, ich will meine Zeche bezahlen, aber in Li!«

      »Drie duizend en vijf hondert Li,« antwortete der Markeur.

      »Zijn vijf Dollars, twintig Mark en tachtig feningen – sind fünf Dollars, zwanzig Mark und achtzig Pfennige.«

      Er griff in die Tasche, zog die fünf Dollars und noch ein Trinkgeld heraus und gab es ihm. Turnerstick hatte alles verstanden. da die holländischen Zahlwörter den deutschen und englischen ähnlich klingen.

      »Fast einundzwanzig Mark!« sagte er. »Das nenne ich Preise!«

      »Ik heb goed ontbeten en goed gedronken; ik heb mij goed vermaakt en will dus ook gaarne goed betalen – ich habe gut gefrühstückt und gut getrunken; ich habe mich gut amüsiert und will also auch gern gut bezahlen,« antwortete der Dicke.

      Turnerstick merkte den Stich. Er fühlte sich an der Ehre gepackt, zog seinen Beutel und sagte in spitzem Tone: »Das will ich auch, obgleich ich gar nicht gegessen und nur einige Schlucke Lagerbier getrunken habe. Hier sind fünfzehn Dollars! Das macht sogar noch mehr als die Zeche. Der Ueberschuß mag Trinkgeld sein. Ein chinesischer Mandarin läßt sich nicht lumpen.«

      »Ganz recht!« lachte der Methusalem. »Wie lange haben wir uns noch als Ihre

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