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rief er. »Einigt oder veruneinigt Euch, wie Ihr wollt, aber laßt mich aus dem Spiel. Ich will nicht mehr der Zwischenträger sein und Eure Gegenbefehle empfangen und von beiden Teilen beschimpft werden. Euch würden die Ohren klingen, wüßtet Ihr, was ich von dieser ganzen Hannöverschen Affäre halte!«

      Aber Sheriff Erskine hatte seine Ruhe bewahrt und griff jetzt beschwichtigend ein. »Inzwischen, glaube ich, können wir Mr. Balfour versichern, daß er seine Reputation als unerschrockener Kavalier hinreichend begründet hat. Er mag sich in Ruhe schlafen legen. Bis zu dem Tage, den er vorhin freundlichst erwähnte, wird sein Mut auf keine weitere Probe gestellt werden.« Seine kühle Sicherheit brachte die anderen zur Besinnung, und alle beeilten sich, mich höflich aufgeregt aus dem Hause zu entfernen.

      Als ich an jenem Vormittage Prestongrange verließ, war ich zum ersten Male ernstlich erzürnt. Der Staatsanwalt hatte mich zum Narren gehalten. Er hatte mir vorgeheuchelt, man würde mein Zeugnis entgegennehmen und meine Person respektieren, und nicht genug, daß Simon in gleicher Stunde durch die Hand eines Hochlandoffiziers einen Anschlag gegen mein Leben machte, nein, auch Prestongrange führte (wie aus seinen eigenen Worten hervorging) irgend etwas gegen mich im Schilde. Ich überzählte meine Feinde: Prestongrange, gestützt auf die volle Autorität des Königs; der Herzog und die gesamte Macht des weltlichen Hochlandes; ihnen zur Seite die Lovat-Interessen, die beiden das Schwergewicht des Nordens und den ganzen Clan alter jakobitischer Spione und Dunkelmänner zuführten. Als mir außerdem noch James More und der rothaarige Sohn Duncans, Neil vom Tom, einfielen, glaubte ich, daß vielleicht noch ein vierter in ihrem Bunde wäre und daß auch die Überbleibsel von Rob Roys alter Bande von Hochlanddesperados gegen mich verschworen wären. Das eine war jedenfalls klar: ich brauchte irgendeinen mächtigen Freund und weisen Ratgeber. Es mußte deren genug im Lande geben, willens und imstande, mich zu stützen, sonst hätten Lovat und der Herzog und Prestongrange nicht wie die Spürhunde nach einen Ausweg gesucht; und bei dem Gedanken, daß ich jederzeit auf der Straße an meinen Beschützern vorübergehen könnte, ohne sie zu kennen, hätte ich außer mir geraten mögen. Im nämlichen Augenblick, gleichsam als Antwort auf meine Grübeleien, streifte ich einen Gentleman, der mir im Vorübergehen einen bedeutsamen Blick zuwarf und in einen Hof einbog. Ich hatte ihn sofort erkannt – es war Stuart, der Anwalt; und meinem Glücksstern dankend, ging ich ihm nach. Kaum hatte ich den Hof betreten, als ich Stuart am Ende einer Treppe entdeckte, von wo aus er mir ein Zeichen machte und eilig verschwand. Da, im siebenten Stock, stand er wieder vor einer Wohnungstür, die er hinter uns abschloß. Die Wohnung war völlig ausgelöst und kein einziges Möbelstück vorhanden; in der Tat war es ein Logis, dessen Vermietung Stuart oblag. »Wir müssen auf dem Boden Platz nehmen«, sagte er; »aber hier sind wir wenigstens vorübergehend sicher, und ich hab's nicht erwarten können, Euch wiederzusehen, Mr. Balfour.«

      »Wie geht es Alan?« fragte ich.

      »Ausgezeichnet«, lautete die Antwort. »Andie nimmt ihn morgen, Mittwoch, in Gillane Sands an Bord. Alan wollte Euch durchaus Lebewohl sagen, aber wie die Dinge liegen, meinte ich, Ihr wäret beide getrennt besser aufgehoben. Und das bringt mich auf die Hauptsache: wie steht's mit Eurem Vorhaben?« »Ja,« sagte ich, »erst heute morgen wurde mir mitgeteilt, mein Zeugnis wäre angenommen und ich dürfte mit keinem Geringeren als dem Lord Staatsanwalt selbst nach Inverary reisen.«

      »Pah, pah!« rief Stuart, »ich glaub's im Leben nicht.« »Ich habe auch so allerhand Zweifel,« entgegnete ich, »doch zuvor würde ich recht gern Eure Gründe erfahren.«

      »Na, ich sag's Euch rund heraus, ich bin fuchsteufelswild«, rief Stuart. »Könnt ich mit dieser meiner Hand ihrer Regierung ein Ende machen – ich risse sie herunter, wie einen faulen Apfel. Ich bin der Sachwalter Appins und meines Vetters James von der Schlucht und natürlich ist es meine Pflicht, meines Verwandten Leben zu verteidigen. Hört also, wie die Sache steht und urteilt selbst. Vor allem ist ihnen darum zu tun, sich Alans zu entledigen. Sie können nicht den unschuldigen James packen, ehe sie nicht den Hauptdelinquenten, Alan, beim Wickel haben; das ist unantastbarer Rechtsgrundsatz; sie können nicht das Pferd beim Schwanz aufzäumen.« »Und wie wollen sie Alan beim Wickel kriegen, wenn sie ihn nicht fangen können?« fragte ich.

      »Ah, es gibt eine Möglichkeit, die Verhaftung zu umgehen,« antwortete er, »die obendrein juristisch unanfechtbar ist! Das wäre eine schöne Sache, wenn der eine Übeltäter uns entränne und der andere dadurch auch ungestraft davonkäme. Der Ausweg besteht darin, daß man den Hauptschuldigen vorlädt und bei Nichterscheinen für vogelfrei erklärt. Nun kann eine Person an vier verschiedenen Stellen aufgerufen werden: an ihrem Wohnort; an einem Ort, wo sie sich vierzig Tage aufgehalten hat; in der Hauptstadt der Grafschaft, in der sie sich gewöhnlich aufhält und schließlich (falls Grund zur Vermutung besteht, daß sie sich außerhalb Schottlands befindet) am Kreuze von Edinburg und an der Mole sowie am Ufer des Leith, und zwar sechzig Tage hintereinander. Der Zweck dieser letzten Verordnung ist vollkommen eindeutig; man will den ausfahrenden Schiffern Zeit lassen, die Nachricht weiterzutragen und so verhindern, daß jener Schritt zu einer leeren Form wird. Nehmen wir nun den Fall Alans. Er besitzt meines Wissens nach überhaupt kein Domizil; ich möchte den Menschen sehen, der mir einen Ort nachweist, an dem Alan seit '45 vierzig Tage hintereinander gewohnt hat; in keiner Grafschaft ist er dauernd oder auch nur vorübergehend seßhaft geworden; ist er überhaupt irgendwo zuständig, was ich bezweifle, dann nur bei seinem Regiment in Frankreich; und selbst wenn er zur Zeit noch in Schottland weilt (was, wie wir ja wissen und die andern erraten, der Fall ist) so vermutet doch selbst der Dümmste, was er vorhat. Ich frage Euch daher, wo und auf welche Weise soll er aufgerufen werden? Ich frage Euch, einen Laien!« »Ihr habt mir die Worte soeben in den Mund gelegt«, erwiderte ich. »Hier am Kreuze von Edinburg sowie an der Mole und am Ufer des Leith, und zwar sechzig Tage hintereinander.«

      »Ihr seid ein besserer Jurist als Prestongrange!« rief der Anwalt. »Er hat Alan ein einziges Mal aufgerufen; das war am 25., am Tage, als wir uns kennenlernten. Einmal und nicht wieder! Und wo? Wo sonst als am Kreuze von Inverary, in der Hochburg der Campbells! Ein Wort in Euer Ohr, Mr. Balfour, – sie sind gar nicht hinter Alan her.«

      »Was wollt Ihr damit sagen!« rief ich. »Sie sind nicht hinter ihm her?« »Soweit ich ersehen kann«, entgegnete er. »Sie wollen ihn gar nicht greifen, das ist meine bescheidene Meinung. Sie glauben vielleicht, er würde sich überzeugend verteidigen können, und James, hinter dem sie wirklich her sind, könnte das als Krücke benutzen, um ihnen durch die Lappen zu gehen. Das hier, müßt Ihr wissen, ist kein Rechtsfall, sondern eine Verschwörung.« »Und doch hat sich Prestongrange eingehend nach Alan erkundigt, glaubt mir«, antwortete ich, »obwohl es mir scheint, nun Ihr mich darauf aufmerksam macht, daß er sich recht leicht abweisen ließ.«

      »Seht Ihr?« rief Stuart. »Da habt Ihr's! Jedoch, Recht oder Unrecht, das sind nur Vermutungen. Kehren wir zu den Tatsachen zurück. Mir war zu Ohren gekommen, daß James und die Zeugen – die Zeugen, Mr. Balfour! – sicher im Gefängnis lägen, in Ketten obendrein, – und zwar im Militärgefängnis zu Fort William. Keiner hat zu ihnen Zutritt und sie dürfen auch niemandem schreiben. Die Zeugen, Mr. Balfour! Habt Ihr schon je dergleichen gehört? Ich versichere Euch, keiner der ehemalig so skrupellosen Stuart-Bande hat je derart dem Gesetz ins Gesicht geschlagen. Es steht in direktem Widerspruch zu dem Parlamentsakt von Anno 1700, ›betreffend unrechtmäßige Gefangensetzung‹. Kaum hatte ich das gehört, als ich bei dem Lord Oberrichter Beschwerde einlegte. Heute hab ich die Antwort erhalten. Da seht! Das ist nun unsere saubere Justiz und unsere Gerechtigkeit!«

      Er drückte mir ein Papier in die Hand, den gleichen feigen, gleisnerischen Schriftsatz, der seither in einem Pamphlet, verfaßt »von einem Beobachter«, abgedruckt worden ist, »zugunsten von James Stuarts armer Witwe und seinen fünf Kindern«, wie es im Titel heißt.

      »Seht her,« fuhr Stuart fort, »er durfte nicht wagen, mir den Zutritt zu meinem Klienten zu verweigern, daher empfiehlt er dem Kommandanten, mich einzulassen! Empfiehlt! Der Lord Oberrichter von Schottland empfiehlt! Ist der Zweck einer derartigen Sprache nicht klar? Sie hoffen, der Offizier könnte so dumm – oder so sehr das Gegenteil von dumm – sein, die Empfehlung nicht zu beherzigen. Ich würde alsdann vom Fort William nach Edinburg zurückkehren müssen. Das bedeutete wiederum einen Aufschub,

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