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das große Glück gehabt, einen fetten Maulwurf bei seiner wühlerischen Tätigkeit zu verhaften und in das Gefängnis seines Bauches für lebenslängliche Haft einzusperren, als das tobende Gekläff des Hofhundes plötzlich abbrach und in ein klagendes, flehendes Jaulen überging: Der Herr des Hundes hatte, von einem Nachbarnbesuch verspätet heimkehrend, soeben den heimatlichen Hof betreten. »Asta!« hatte er gerufen. »Willst du verfluchter Köter endlich stille sein?!«

      Beim Klang der menschlichen Stimme hatten die beiden Dachschen rasch und leise bei ihrer Mutter Schutz gesucht, und Friedesinchen war mit ihnen in das dichte Gewirre von Schoten und Reisern geflüchtet. Die Hündin Asta aber, weit entfernt davon, stille zu sein, war ihrem Herrn, so weit es die Kette nur erlaubte, entgegengelaufen, hatte ihm dann die Vorderpfoten auf die Schulter gelegt und ihn flehend angejachtert, sie doch frei zu machen, damit sie die unverschämten Gartendiebe erlege.

      Der Herr, der die Hundesprache nicht verstand, hatte die Asta gestreichelt und gesagt: »Was hast du nur, Asta? Sei doch vernünftig, mein Hund! Sicher ist es wieder nur ein Igel, und du weißt doch, Asta, diese nützlichen Mäuse- und Schlangenjäger mußt du mir am Leben lassen, sonst setzt es Hiebe!«

      Der Hund aber hörte nicht auf zu jaulen und damit zu bitten, der Herr möge ihn doch losmachen von der Kette, diesmal sei es etwas ganz anderes als ein Igel. Der Herr möge doch nur gefälligst einmal seine Nase gebrauchen, das röche ja ganz anders als Igel … Der Herr, der wie alle Menschen nur eine dumme Nase hatte, die bloß das Allerdeutlichste roch, aber nie einen Igel oder einen Dachs und am allerwenigsten den Unterschied zwischen beiden – der Herr ließ sich von dem Betteln seines Hundes schließlich erweichen und machte ihn von der Kette los.

      Asta schoß in die Dunkelheit hinein, auf den Garten zu; der Herr folgte ihr brummend, weil er sich schon ärgerte, daß er ihr den Willen getan hatte und nun in der dunklen Nacht hinter ihr dreinstolpern mußte, statt schön in sein weiches, warmes Bett zu gehen. Asta, eine sehr große, gelbschwarze Schäferhündin, war am Gartenzaun beschäftigt, sich ein Loch zu graben. Da sie aber lange nicht so schöne Grabkrallen hatte wie ein Dachs und da sie in ihrem wilden Eifer sich nicht eine schöne weiche Stelle ausgesucht hatte, sondern den harten Weg aufscharren wollte, so kam sie nur langsam voran. Die Dachse saßen unterdes ganz still bei ihrer Mutter im Erbsenbusch.

      Der Herr kam dazu, wie die Asta am Gartenzaun grub, und sagte ärgerlich: »Das habe ich mir doch gleich gedacht, daß du nur wieder in den Garten willst auf Igeljagd! Gleich kommst du her, Asta!«

      Aber die Schäferhündin, endlich frei und vom Jagdeifer verwildert, dachte nicht daran, jetzt noch von ihrem Vorhaben abzustehen; sie lief nur ein Stück weiter und fing wieder zu graben an.

      »Verflixte Asta!« rief der Herr wütend und rannte dem Hund im Dunkeln nach. Denn der Herr hatte wieder eine Herrin, nämlich seine Frau, und die konnte sehr böse werden, wenn der Hund in den Garten geriet und die sorgfältig geglätteten Beete zertrampelte und die zarten Pflänzchen mit seinen groben Pfoten zerstörte. »Willst du gleich herkommen?!« rief der Herr zornig.

      Aber ehe er den Hund im Nachtdunkel gefunden und gefaßt hatte, war der durch das rasch gegrabene Loch im Zaun gekrochen und raste nun wild auf der vielfältigen Spur der Dachse im Garten hin und wider. Mutter Friedesinchen aber, als sie merkte, der Hund würde in den Garten kommen, hatte ihre Kinder schnell durch ihr Einschlupfloch aus dem Garten und in einen dichten Schlehenbusch an der Scheune geführt, der ihnen einige Deckung bot.

      »Warte, du verflixter Köter!« hatte der Herr gerufen und war durch die Pforte in den Garten geeilt, seinen Hund jagend. Der Hund, die Dachse jagend, hatte indessen gewittert, daß sie nicht mehr im Garten waren, und schoß durch die offene Pforte hinaus, dem Schlehdorn zu, wobei er beinahe dem eigenen Herrn die Beine unter dem Leib fortgelaufen hätte. Friedesinchen jedoch, leise und sachte, hatte ihre Kinder wieder in den Garten zurückgeführt, in den deckenden Erbsenbusch.

      So ging die wilde Jagd hin und her: rin in den Garten, raus aus dem Garten! So rasch der Hund war, diesmal waren ihm die Dachse über, weil er immer den weiten Umweg durch die Pforte machen mußte, während die Dachse ihre kleinen Schlupflöcher unter dem Zaun benutzen konnten.

      Schließlich gelang es dem Herrn, die Asta einzufangen, und damit nahm freilich die ganze Jagd ein plötzliches, klägliches Ende. Während sich die Dachse friedlich und leise dem Walde zutrollten, hörten sie noch lange das klägliche Geheul der Asta, die für ihren guten Willen böse Hiebe vom Herrn erhielt. Am bösesten freilich war am nächsten Morgen die Herrin, die Frau des Herrn, als sie ihren so völlig verwüsteten Garten sah. Der Herr bekam zwar keine Hiebe wie die Asta, aber viele böse Worte mußte er hören, eine sehr böse Miene mußte er sehen, und sehr üppig war das Mittagessen auch nicht, das er in den nächsten Tagen bekam. Bei den Dachsen aber war es mit den Ausflügen in Feld und Garten für lange Zeit vorbei: Mutter Friedesinchen war gar nicht für solche Aufregungen, und ihre Kinder waren als echte Dachse genauso gesinnt.

      Allmählich wuchs das Jahr in den Sommer hinein, und mit all dem Wachsen und Reifen in Wald und Flur war die Tafel der Dachse immer reichlicher bestellt. Sie brauchten nachts keine langen Expeditionen mehr zu machen, überall gab es Nahrung in Hülle und Fülle. Schnell war der Hunger gestillt, und rasch ging es wieder heim in die Höhle, die bald zu eng wurde für die drei. Viel wurde geschlafen, die Lieblingsbeschäftigung bei Dachsens, und wenn sie bei hellem Sonnenschein ausfuhren aus dem Bau, gab es keine kindlichen Spiele mehr. Fridolin und Friederike waren jetzt fast ausgewachsen, die fröhlichen Kinderspieltage waren vorbei; wie Mutter Friedesinchen lagen sie wortlos in der Sonne und ließen sich mal den Rücken, mal den Bauch braten.

      Überkam Fridolin wirklich noch einmal der alte Jugendübermut, stieß er die Friederike mit dem Rüssel an und forderte sie dadurch auf, mit ihm Totstellen oder Wettgraben zu spielen, so verwiesen ihm die beiden Frauen strenge solch undächsisches Benehmen, schnaufelten verächtlich durch die Nase und ließen sich stumm weiter rösten. Bei solchen Gelegenheiten war es besonders die Schwester Friederike, die sich durch Griesgrämigkeit und Übellaunigkeit hervortat, sie übertraf überhaupt in diesen von den Dachsen so geschätzten Eigenschaften noch bei weitem die Mutter. Sie war manchmal so einsiedlerisch gesinnt, daß sie nicht einmal Mutter und Bruder einen Schlafplatz in dem ihnen doch allen gemeinsam gehörigen Kessel gönnen wollte. Dann schliefte sie heimlich als erste ein, setzte sich in die Mooshöhle an den Eingang der Röhre und zeigte der nachfahrenden Mutter fauchend die Zähne, ihr Alleinrecht auf den guten Schlafplatz behauptend. Friedesinchen fauchte und fletschte dagegen, und manchmal kam es schon zu kleinen Beißereien, kurz, der Friede, von dem sie alle doch ihren Namen trugen, war völlig aus dem kleinen Heim gewichen.

      Aber noch war die Mutter die Stärkere, oft beutelte sie die heranwachsende Tochter kräftig durch und zeigte deutlich, wieviel lieber ihr der stets sanfte Sohn war. Nun begann Friederike, den zu verfolgen, versetzte ihm häufig kleine Bisse, nahm ihm bei den nächtlichen Fahrten die eben erjagte Beute aus dem Maule fort, bedrängte ihn ständig auf seinem Schlafplatz, daß er keine Ruhe bekam und sich nicht richtig ausstrecken konnte.

      Da hätte Fridolin wohl manche bittere Träne geweint, wenn Dachse nur weinen könnten, aber auch ohne Tränen war er oft traurig und mißmutig, und der schöne Sommer freute ihn gar nicht mehr. Er bedachte auch, wie lästig es doch ist, wenn mehrere zusammenleben, und in seinen Träumen sah er sich immer ganz allein in einer wundervoll mit Moos gepolsterten Höhle, nebenan eine Vorratskammer, die schön mit Möhren gefüllt war, und das alles lag fern allen Menschen, allen Hunden, allen Dachsen.

      Oft tröstete ihn seine Mutter Friedesinchen mit weisen Worten. »Söhner«, sprach sie, »verzweifele nicht und gib den Mut nicht auf. Deine Schwester kommt in die Monate, da sie sich nach einem eigenen Hausstand sehnt – sie weiß nur selber noch nicht, was sie will. Aber eines Tages wird ihr ein Licht aufgehen, und wir werden Ruhe vor ihr haben!«

      Und so kam es wirklich. Eines Nachts machten die drei einen weiteren Ausflug in eine Gegend, in der sie noch nie gewesen waren. Auf einem sandigen Abhang standen vereinzelte Buchen als letzte Ausläufer des Hullerbuschwaldes. Sie waren untermischt mit uralten, vom Winde zerwehten Kiefern, deren dicke Wurzeln sich wie Schlangen über den Sandboden ringelten. In dem Hang gab es viele Löcher von Kaninchenbauten, und von seinem Fuß an streckten sich, so weit das Auge reichte,

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