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hier.“

      Während ich hier sitze und schreibe, läuft der Fernseher, vor dem einige der jungen Leute ihr selbst hergestelltes Essen verzehren und dabei den Sketchen im TV Programm zusehen.

      Morgen soll es weiter in Richtung Mildura gehen. Da die Strecke für mich für einen Tag zu lang ist, werde ich in der Mitte den in der Karte eingezeichneten Campingplatz anrollen und dort schlafen. Es soll Wasser vorhanden sein.

      Vom vielen Herumlaufen im Ort werde ich richtig müde, packe aber noch meine Packtaschen, hole meine dünne Fahrradgarderobe heraus und stecke die dickere von gestern in die Tasche.

      25.01.2013: Renmark – Lake Cullulleraine: 87 km

      Um 5.00 Uhr halte ich es nicht mehr im Bett aus. Um die beiden Mädchen aus Korea nicht zu wecken, hebe ich ganz vorsichtig und leise meine gestern schon hingestellte Waschtüte samt meiner Lenkertasche hoch und verschwinde im Bad. Als ich gerade beim Abtrocknen bin, betreten die anderen Mädchen den Raum und wollen sich für die Arbeit fertig machen. Sie duschen morgens nicht, sondern putzten sich nur die Zähne und waschen sich das Gesicht und die Hände. Jeder, wie er will.

      In der Küche komme ich mit einem jungen Holländer, Nick, ins Gespräch, der jedes Jahr im Mai bei der KIELER WOCHE als Skipper eines Traditionsseglers in Kiel weilt. Er spricht perfekt Deutsch. Ich bitte ihn, wenn er im nächsten Jahr wieder in Kiel weilt, sich bitte bei mir zu melden.

      Ein junger Chinese, Mason aus Hongkong, wünscht mir eine gute Fahrt mit meinem Rad. Auch der junge Engländer mit den goldenen Haaren sagt mir ganz nett Lebewohl und wünscht mir eine erfolgreiche Fahrradtour hier in Australien.

      Als ich starten möchte, sitzen gerade noch zwei junge Mädchen draußen am Tisch. Ich frage, ob mich eine von ihnen bitte beim Start fotografieren kann. Das tut die eine, während die andere mir auch eine gute Fahrt wünscht.

      Die jungen Leute, die hier wohnen, arbeiteten noch lange nicht alle in derselben Gruppe. Ken, der alles befehligt, hat hier jedes Jahr Arbeitswillige, für die er ein ganzes Jahr Arbeit vermittelt. Sie arbeiten in verschiedenen Gruppen oder allein irgendwo, werden aber dann dorthin gefahren und wieder abgeholt.

      So starte ich und komme kurz darauf am Caravan Park vorbei, den ich bei meiner Ankunft verschmähte, weil ich dachte, er läge total aus meiner Richtung, in die ich weiterfahren wollte. Dem ist aber nicht so. Aber es sollte wohl so sein, dass ich die jungen und sehr fleißig im Akkord arbeitenden Leute kennenlernen sollte und mich mit ihnen auch unterhalten durfte. Es war für mich sehr lehrreich.

      Der Wind wird fast Sturm mit Windstärke von mindestens 6 und dann von vorn. Aber so gut ausgeruht wie ich bin und noch früh am Morgen mit 18°C, radelt es sich ganz gut. Die Trucks und Road Trains können mich noch nicht so sehr erschüttern. Das folgt erst im Laufe des Vormittags. Wenn ich einen kommen höre, dann geht das so bei mir:

      Zähne aufeinander beißen, Luft anhalten, den Lenker mit den Händen sehr fest halten, die Arme steif machen und ordentlich pedalieren. Dann rauscht er mit einem Höllenlärm an mir vorüber – eigentlich immer mit einem Sicherheitsabstand – und läßt mich mit meinem Rad dann mit seiner Windhose im Sturm tanzen, dass mir meine weiße Fahrradbluse am Rücken hochgesogen wird. Das wiederholt sich oft und immer öfter. Später kommen die meisten Road Trains und Trucks von vorn auf der anderen Seite. Als der Wind noch von vorn und dann von Süden bläst, erreicht mich ihre Windhose auch immer, aber lange nicht so stark wie die derjenigen, die mich direkt in meiner Richtung überholen.

      V I C T O R I A

      Ich erreiche bald den Staat Victoria. Und was dann kommt – der Highway ist sehr schön und daneben für mich ein guter und glatter Fahrradstreifen -, das ist der Gestank der an der Seite verwesenden Känguru-Kadaver. Die Landschaft besteht aus uralter Natur, einem Naturpark. Als ich später weiter in die Nähe von Lake Cullulleraine komme, sehe ich auch wieder Stoppelfelder.

      Ach ja, das eine Känguru drüben an der anderen Straßenseite, ein ganz fahles, sieht von weitem aus, als läge dort ein totes Pferd. Ich sehe von meinem Blickwinkel aus nur das tote Tier ab der Schulter. Das ist ein riesiges Känguru. Die Autofahrer leben hier gefährlich. Und die Fahrradfahrer müssen dauernd die Stinkluft vom Aas einatmen.

      Da ich mit starkem Schiebewind dahinrase, überlege ich mir, ob ich nicht doch gleich bis Mildura weiterfahren soll. Aber meine Beine und mein Popöchen sind entschieden dagegen. Und so viel Wasser, wie ich heute auf dieser Tagestour trank, habe ich auf keiner meiner anderen Etappen getrunken.

      Die Abzweigung auf diesen Caravan Park ist befestigt. Deshalb fahre ich überhaupt dorthin. Aber dann ist es damit zu Ende. Der befestigte Weg führt direkt an den See. So steige ich ab und schiebe mein Rad die letzten 300 m. Bei der Anmeldung brauche ich nur $10 für eine Nacht zu bezahlen. Das hebt dann die hohen Kosten von Renmark wieder ein wenig auf.

      Und was bei solch kostengünstigen Caravan Plätzen üblich ist, das ist, dass es hier keinen gekühlten Raum gibt, weder die Toiletten noch die Laundry. So schwitze ich also so vor mich hin. Das überlebe ich auch noch.

      Ich glaube, bei einer Temperatur von 26°C erreichte ich den Caravan Park. Nun, da ich schon zwei Stunden hier in der Laundry sitze und schreibe, ist die Temperatur auf 35°C angestiegen. Dabei sollte es doch kühler werden. Naja, morgen ist ja auch noch ein Tag.

      Nun möchte ich mich mit kühlem Wasser duschen und in mein Zelt krabbeln. Wenn mir wieder zu heiß werden sollte, dann dusche ich eben wieder mit kühlem Wasser. Dafür habe ich ja schon bezahlt. Und Trinkwasser darf jederzeit aus dem Wasserhahn der großen Wassertanks, die bei den sanitären Anlagen stehen, gezapft werden. Dann kann ich also nicht verdursten. Hoffentlich ist es morgen früh wieder schön kühl.

      Für die kühle Nacht besitze ich ja nun meine kleine Fleece-Decke mit aufgedruckter australischer Fahne. Bin ja gespannt, ob ich sie heute Nacht einsetzen muss.

      26. Januar 2013: Lake Cullulleraine – Mildura: 60 km

      Habe die neue Decke gebraucht. Aber sie wärmt nicht genug. Nun muss ich unbedingt etwas ändern. So geht es nicht weiter. Nachts brauche ich meinen Erholungsschlaf. Also: in Mildura einen neuen Schlafsack kaufen.

      Im Baum über mir sitzt ein grünes Papageien-Pärchen, kleine Papageien. Beim Abbauen meines Zeltes, kommt die junge Mutter einer Familie mit ihren drei kleinen Kindern zu mir und unterhält sich mit mir. Ihre kleine Tochter Emmely und ihr kleiner Bruder Thommy stehen mit ihrem Kinderfahrrad bei ihr. Dass ich mit dem Fahrrad unterwegs bin, imponiert auch den Kindern. Diese radeln hier barfuß auf ihren Rädern herum und sind sagenhaft glücklich.

      Die Zufahrt vom Highway bis hier herunter an den See ist nicht geteert. Deshalb schiebe ich hinauf. Es wird schon wieder recht warm.

      Als ich über eine neue Kreuzung fahre, umfliegt mich ganz dicht – ich in rosafarbener Windbluse – ein großer Schwarm der rosa Gallah Kakadus. Sie setzen sich sogar auf den Seitenstreifen und gucken mich an. Sehen sie in mir einen ihresgleichen aufgrund meiner rosa Windbluse? Und die Sonne strahlt auf meinen Sturzhelm, dass er weiß leuchtet? Drollig! Ich spreche sie an. Das löst ihren Bann. Sie fliegen weg.

      Bei Gegenwind und wenig Autoverkehr radle ich gen Osten. Von hier aus sehe ich überwiegend auf einer Seite Stoppelfelder. Das ist wohl der Grund dafür, dass hier nur ein einziges verwesendes Känguru an der Straßenseite liegt und stinkt. Weinplantagen kommen auch wieder in Sicht. Aber überwiegend handelt es sich hier um Stoppelfelder.

      10 km vor Mildura steht links ein Roadhouse mit dem roten Schild Post. Heute möchte ich meinen kleinen Daunenschlafsack und die neue Fleece-Decke nach Hause schicken, natürlich mit anderen hier zu verschmerzenden kleinen Gegenständen. Aber diese Post beinhaltet Post der hier wohnenden Menschen mit ihrer Post-Office-Box-Nummern. Die Leute holen sich hier also ihre Post allein ab. Wenn das die deutsche Post zu wissen bekommt, müssen wir das in Zukunft

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