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haben ergeben, daß ein großer, eleganter Wagen auf der North Road beobachtet wurde, und zwar dicht in der Nähe der Stelle, an der sich die Gefangene verborgen hielt. Es sind bereits Nachforschungen im Gange, den Eigentümer dieses Wagens festzustellen.«

      Das war allerdings gefährlich. Wenn die Nummer des Autos bekannt wurde – und vielleicht hatte irgend jemand sie gesehen –, dann war sie verraten. Man würde den Eigentümer feststellen können, und wenn bekannt war, daß John Sands den Wagen gesteuert hatte, würde auch sie entdeckt werden.

      Aber nach dem ersten Schrecken erholte sie sich wieder und dachte ruhiger. Wenn die Nummer des Wagens tatsächlich bekannt wäre, würde die Polizei längst hergekommen sein und das Haus durchsucht haben. Sie wartete ungeduldig auf die Rückkehr der Aufwartefrau, die ihr die neuen Kleider bringen sollte. Unruhig ging sie im Zimmer auf und ab und sah nervös durch das Fenster auf die Straße.

      Nur langsam vergingen die Minuten. Aber endlich kam die Frau zurück. Sie war zu Fuß gegangen; sicherlich wollte sie das Geld für den Wagen für sich behalten.

      Als Margaret dann aber die Kleider in Augenschein nehmen konnte, vergaß sie ihren Ärger. Ein Kostüm von graugrünem Ton kleidete sie vorzüglich, auch wenn es nicht nach ihren Maßen angefertigt war. Dann probierte sie einen einfachen Hut auf, der in der Farbe dazu paßte, und zog noch einen Regenmantel an. Als sie sich in dem großen Spiegel betrachtete, fühlte sie sich sicher. Ihr Aussehen hatte sich so verändert, daß niemand in ihr die entsprungene Gefangene erkennen würde. Sie suchte auf dem Frisiertisch von John Sands und fand auch Puder und sonstige Toilettengegenstände, die sie brauchte. Erst dann erinnerte sie sich daran, daß die Aufwartefrau ihr das auch alles mitgebracht hatte. Aber sie mußte doch lächeln, daß sie John Sands richtig beurteilt hatte. Als sie die schön geschwungenen Augenbrauen nachgezogen hatte, war sie fest davon überzeugt, daß sie das Gefängnistor passieren könnte, ohne von den Wärtern erkannt zu werden. Und als John Sands eintraf und sie ihm entgegentrat, hatte sie ihre ruhige Haltung und ihr Selbstbewusstsein vollkommen wiedererlangt.

      »Sie sehen glänzend aus«, sagte er, und seine Augen leuchteten bewundernd auf. »Gestern machten Sie schon einen sehr guten Eindruck, aber das war nichts im Vergleich zu Ihrem heutigen Aussehen. Was haben Sie denn in der Hand?« fragte er.

      Sie reichte ihm die Zeitungsmeldung, die sie ausgeschnitten hatte. Er las sie sorgfältig durch und schüttelte dann den Kopf.

      »Als ich gestern Abend mit Ihnen hierher zurückkehrte, bin ich noch einmal nach draußen gegangen und habe mir die Nummer des Wagens genau angesehen. Das Schild war derartig mit Schmutz bedeckt, daß man es unmöglich lesen konnte. Übrigens war es nahezu dunkel, als ich Sie unter dem Baum fand.«

      »Dann ist das also nicht gefährlich?« erwiderte sie und atmete auf.

      »Ich bin meiner Sache ganz sicher. Und jetzt werde ich Sie auch gleich zum Essen mitnehmen und mich mit Ihnen in der Öffentlichkeit zeigen, und zwar in einem der elegantesten Restaurants der Stadt.«

      Draußen wartete das Auto; sie stieg ein, und er fuhr sie zum Piccadilly Circus. Er hatte das Verdeck zurückgeklappt, denn es regnete nicht mehr. Als sie langsam durch die Wimpole Street fuhren, nahm er einmal den Hut ab. Sie sah schnell zur Seite und bemerkte, wen er so liebenswürdig grüßte. Es war eine hübsche junge Dame in Begleitung eines jüngeren Herrn, die auf dem Gehsteig entlanggingen.

      »Sehen Sie sich die Dame genauer an, drehen Sie sich aber nicht nach ihr um. Das ist Ihre zukünftige Nichte.«

      Er mußte über seinen eigenen Witz lachen.

      Faith Leman sah dem Wagen interessiert nach.

      »Mir kommt dieser Herr sehr bekannt vor«, sagte ihr Begleiter.

      »Er ist ein Freund meines Onkels, ein gewisser Mr. John Sands.«

      »Ja, jetzt erinnere ich mich«, entgegnete er. »John Sands, ein Mann aus New York, der sich in London aufhält und ein richtiger Engländer geworden ist.«

      »Das könnte man ebensogut von meinem Onkel sagen.«

      Er schüttelte den Kopf.

      »Nein, Onkel Harry ist durchaus nicht Engländer, abgesehen von seinen schlechten Manieren.«

      Sie drohte mit dem Finger.

      »Ich habe meinem Onkel gesagt, daß Sie heute abfahren würden. Kehren Sie wirklich morgen nach Amerika zurück?«

      Er nickte.

      »Ich wünschte, ich könnte mit Ihnen fahren«, meinte sie nachdenklich. »Ich habe so große Sehnsucht, meine Mutter einmal wiederzusehen.«

      »Warum bitten Sie Mr. Leman nicht, Sie einmal nach New York zu schicken? Ich kenne mehrere Damen, die in nächster Zeit nach drüben fahren. Denen würde es eine große Freude machen, wenn sie sich Ihrer auf der Reise annehmen könnten.«

      »Es hat keinen Zweck, meinen Onkel um etwas zu bitten«, sagte sie traurig. »Allein die Tatsache, daß ich etwas gern haben möchte, genügt für ihn, es mir abzuschlagen.«

      »Warum gehen Sie nicht von ihm fort?« drängte sie der junge Mann. »Ich weiß wohl, daß mich die Sache nichts angeht. Andererseits ist mir allerdings auch bekannt, daß Sie die große Erbschaft von acht Millionen Dollar ausschlagen, wenn Sie das tun.«

      »Darüber brauche ich mir keine grauen Haare wachsen zu lassen. Mit der Millionenerbschaft habe ich nie gerechnet«, unterbrach sie ihn. »Für mich ist das Geld niemals bestimmt gewesen. Aber es geht leider aus anderen Gründen nicht. Mein Onkel ist immer sehr gut zu meiner Mutter gewesen, und –«

      »Ich verstehe vollkommen«, erwiderte er ruhig. »Sie müssen bei ihm bleiben. Vermutlich fesselt Sie der alte Mann dadurch an sich, daß er Ihre Mutter unterstützt.«

      Sie antwortete nicht, aber was er sagte, entsprach den Tatsachen. Sie konnte es nicht in Abrede stellen.

      »Aber wie steht es denn bei Ihnen?« lenkte sie ab. »Sind Sie mit Ihrem Besuch in London zufrieden? Haben Sie genügend Material gesammelt, das Sie für Zeitungsartikel verwerten können?«

      »Ich habe viel erreicht. Sie wissen doch, daß kurze Geschichten und Witze über Harry Leman in Amerika glänzend weggehen. Natürlich hat unser Vertreter hier in London sich auch darum bemüht und viele Geschichten nach New York geschickt, die von Harry Leman handeln, aber in letzter Zeit ging ihm anscheinend der Stoff aus. Deshalb beauftragte mich Holland Brown, die Sache ein wenig in Schwung zu bringen. Zuletzt waren die Sachen, die unser Mann von hier einsandte, zu trocken. Wir brauchen aber etwas Romantik, damit die Leute das Interesse nicht verlieren. Ich habe auch ein paar zugkräftige Geschichten, die sicher gern gelesen werden. Zum Beispiel den Witz, wie er in der Oxford Street beinahe ein Paar neue Schuhe gekauft hätte, ihm nachher aber der Preis für die beiden zu hoch war und er zunächst nur einen kaufen wollte!«

      Sie sah ihn vorwurfsvoll an.

      »Aber Miss Faith, was haben Sie denn dagegen? Wenn Ihr Onkel so etwas liest, freut er sich halbtot. Ich habe Ihnen übrigens noch nicht die Geschichte erzählt, die uns mit ihm passiert ist. Als wir eines Samstags einmal in unserem Feuilleton schrieben, daß John Rockbetter der geizigste Millionär wäre, erhielten wir von Harry Leman mit der nächsten Post einen Brief, in dem er furchtbar schimpfte. Die Nachricht von seiner Heirat stammt übrigens nicht von mir. Sie sind doch sicher, daß nichts Wahres an dem Gerücht ist?«

      Sie zögerte.

      »Ja, ich bin meiner Sache ganz sicher«, erwiderte sie dann. »Mein Onkel sagt zwar immer, daß er sich verheiraten will, aber ich glaube, das tut er nur, um mich zu ärgern und mir alle Hoffnungen zu nehmen, daß ich einmal sein Vermögen erben könnte. Und dabei will ich sein Geld doch gar nicht!« fügte sie bitter hinzu. »Ich habe nur den einen Wunsch, nicht mehr mit ihm im selben Haus zusammenleben zu müssen. Sie können sich nicht vorstellen, wie schwer mir das fällt, Mr. Cassidy.«

      »Das kann ich mir schon denken – und ich fahre nicht gern mit dieser unangenehmen Erinnerung nach Amerika zurück.«

      Er wollte noch mehr sagen, aber er unterließ es. Es

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