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zu ersetzen fähig wäre. Bildung, Reichtum, Einfluss, angeborene Vorzüge – nichts kommt ihr gleich.

      Entschlossene Ausdauer ist das Merkmal aller der Menschen, die etwas Großes geleistet haben. Sie haben vielleicht allerlei Mängel und Fehler, Eigenheiten und Schwächen, aber diese eine Eigenschaft ist ihnen allen gemein. Die einförmigste Arbeit schreckt sie so wenig ab wie die größte Mühsal: sie halten durch, was auch kommt, denn das gehört eben zum Wesen der Größe.

      Viele von den Leuten, die im Leben Erfolg gehabt haben, verdanken ihn mehr der entschlossenen Ausdauer, als großen Geldmitteln: entschlossene Ausdauer hat schon oft die äußerste Armut überwunden und trotz krankem Körper sich durchgesetzt.

      Eine der Ursachen, durch die Amerika so schnell in die Höhe gekommen ist, liegt darin, dass der Amerikaner sich durch keinen Misserfolg abschrecken lässt und sich in die Sache, die er durchführen will, mit der größten Begeisterung stürzt, ohne an die Möglichkeit des Misslingens auch nur zu denken: misslingt es aber wirklich, so geht er mit noch entschlossenerer Energie aufs neue ans Werk und ruht nicht, bis er’s durchsetzt.

      Für manche Menschen ist ein Misserfolg so viel wie ein endgültig verlorener Krieg. Nicht so für den Mann mit entschlossener Ausdauer, mit dem Willen zum zähen Durchhalten, der Niederlagen überhaupt nicht gelten lässt. Wer sich zum endgültigen Sieg bestimmt fühlt, der nimmt von keiner Niederlage an, dass sie endgültig sein könne, sondern seine Kraft und Ausdauer wächst noch durch Missgeschick, bis sie sich durch alle Hindernisse Bahn bricht.

      Hast du schon solche Menschen gesehen, die gar keine Vorstellung vom Zurückweichen haben, die halb lachend, halb grimmig sich erst recht ins Zeug legen, wenn etwas schief gegangen ist, die das Wort „unmöglich“ und den Satz „ich kann nicht“ ganz und gar aus ihrem Wörterbuch ausgestrichen haben, die durch kein Unglück sich den frischen Mut rauben lassen? Wenn du einen solchen gesehen hast, dann kannst du sagen, du hast einen wirklichen Mann, einen Eroberer, einen Herrscher gesehen!

      Ohne Furchtlosigkeit und Kühnheit hat noch kein Mensch etwas Großes geleistet. Wer sich freilich fürchtet, alles aufs Spiel zu setzen, wer keine Opfer bringen und keine unnötigen Wünsche zurückstellen kann, der wird nichts Großes erreichen.

      Wenn du die Versuchung fühlst, vor irgendetwas zurückzuweichen, weil es dir zu schwer dünkt, dann pass ja gut auf: das ist der gefährlichste, entscheidende Augenblick in deinem Leben. Alles Große, was in der Geschichte geleistet worden ist, haben die Männer geleistet, die da noch angriffen wo die übrigen zurückscheuten.

      Fast jede große Erfindung ist nur durch alles bezwingende entschlossene Ausdauer möglich geworden. Die großartigsten Beispiele jahrelanger vergeblicher und verspotteter Arbeit und endlichen, ewig ruhmwürdigen Sieges sind die Lebenswerke so mancher Erfinder. Wie viele erinnern sich heute noch an die Zeiten, wo man ihn einen wahnwitzigen Narren und einen verbrecherischen Verschwender schalt!

      Wie viel angefangene Unternehmungen dagegen sind halbvollendet aufgegeben worden, weil der anfänglichen Begeisterung nicht die entschlossene Ausdauer zur Seite stand. Wie leicht ist es, im Feuer der Begeisterung etwas Großes anzufangen: dazu gehört gar nicht sehr viel und wir dürfen niemand etwa nach der Zahl der Dinge einschätzen, die er angefangen hat. Ein Rennpferd wird nicht nach seiner Anfangsgeschwindigkeit gewertet, sondern nach der Art, wie es durchs Ziel geht.

      Der Prüfstein für den Charakter eines Menschen ist seine Fähigkeit, in seinen Unternehmungen durchzuhalten bis zur letzten Vollendung. Diese Tugend ist aber leider nicht allzu häufig in der Welt. Es gibt genug, die im geschlossenen Zug mit marschieren, die rüstig vorwärts schreiten, solang sie noch die Musik hören, aber wenn einmal fast alles zurückbleibt und es drauf ankommt, allein standzuhalten, dann sieht die Sache anders aus: dann gilt bloß noch Entschlossenheit und Ausdauer.

      Das Leben stellt an dich die eine Hauptfrage: Bist du entschlossen, auch gegen die entmutigendsten Hindernisse durchzuhalten?

      12. Das allbeherrschende Ziel

      Wenn Wasser Dampf bilden soll, so muss es erst auf hundert Grad erhitzt sein. Neunzig Grad genügen nicht, auch nicht neunundneunzig – genau hundert müssen es sein. Das Wasser muss sieden, wenn es Dampf erzeugen soll, der eine Maschine treibt oder einen Eisenbahnzug in Bewegung setzt. Wasser, das noch nicht siedet, laues Wasser, setzt überhaupt nichts in Bewegung.

      Es gibt nur zu viele Menschen, die den Eisenbahnzug ihres Lebens mit lauwarmem Wasser in Bewegung setzen wollen, oder mit Wasser, das „beinahe“ siedet – und sich dann wundern, warum es nicht vorwärts geht. Sie versuchen, den Kolben einer Maschine mit Wasser von neunzig oder neunundneunzig Grad zu bewegen, und begreifen nicht, warum das nicht gehen will.

      Wenn ein Mensch lau in seiner Arbeit ist, so kann es nicht wohl anders gehen, als wenn das Wasser im Kessel der Maschine lau ist. Du kannst unmöglich glauben, dass du etwas Großes in der Welt vollbringen wirst, wenn du nicht mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft bei der Sache bist.

      Es ist nicht genug, wenn man bloß wünscht, etwas Rechtes zu werden. Es gibt nur einen Weg, dies zu erreichen: wenn man mit der ganzen Kraft, die man aufwenden kann, danach ringt. Wünschen kann jeder, auch der Schwächling, aber nur ein kraftvoller Wille mit energischer Zielsetzung erreicht etwas.

      Jedes kraftvolle Leben muss ein allbeherrschendes Ziel haben, das allem andern vorgeht und sich so gebieterisch in den Vordergrund aller Bestrebungen stellt, dass nichts neben ihm aufkommt. Wo das fehlt, da erreicht das Wasser der Energie nirgends den Siedepunkt und der Zug des Lebens bewegt sich nicht von der Stelle.

      Ein Mensch mit einer solchen Zielstrebigkeit ist eine schaffende und aufbauende Kraft. Niemand kann eigenartig, erfinderisch oder schöpferisch sein ohne starke innere Sammlung; aber seinen Geist mit gesammelter Kraft auf einen Punkt lenken kann nur der, der ein festes Ziel für sein Leben vor Augen hat. Wir können unsern Geist nicht auf einen Gegenstand sammeln, für den wir keinen inneren Anteil und keine Begeisterung haben.

      Wie gehst du an eine Schwierigkeit heran? Zögernd, zaudernd, aufschiebend, furchtsam? Mit den Worten: „ich will’s versuchen“, „ich will tun, was ich kann“? Oder entschlossen, sie zu bezwingen, und mit größter Siegesgewissheit.

      Es liegt eine ungeheure Kraft in einem festen, ohne jeden Vorbehalt gefassten Entschluss, mit dem man alle Brücken hinter sich abbricht, alle Hindernisse aus dem Weg räumt und ans Ziel gelangen will, wie lang auch der Weg und wie groß auch die Opfer seien.

      In jeder Gemeinschaft wirkt ein Mann mit solcher Entschlusskräftigkeit förmlich elektrisierend, und jeder fühlt, dass hier der Spaß aufhört und der Ernst beginnt, vor dem alle Hindernisse weichen.

      Ein solches allbeherrschendes Ziel ist für einen jungen Menschen ein wahrer Schatz fürs Leben und ein köstlicher Schutz vor tausend Versuchungen. Wenn du einen jungen Menschen siehst, der in solcher Weise entschlossen ist, komme was will, ohne Wenn und Aber seinen Willen durchzusetzen, so darfst du überzeugt sein, der ist aus Kernholz geschnitzt. So etwas wirkt stärkend und kräftigend auf den ganzen Charakter und gibt die beruhigende Gewissheit, hier wird etwas Tüchtiges geleistet.

      Wenn ein neuer kraftvoller Entschluss in einem Menschen geboren ist, so wird er ein ganz neues Geschöpf und sieht alles in neuem Licht. Der Zweifel, die Furcht, die Gleichgültigkeit, alles, was gestern noch seinen Schritt aufhielt, schwindet wie durch Zauber, weggeblasen von dem Sturm, der ihn durchweht. Was vorher verworren und hässlich aussah, erscheint jetzt wundervoll geordnet. Alle seine schlummernden Kräfte erwachen zu neuer Tätigkeit.

      Wenn es etwas in der Welt gibt, das des Kampfes wert ist für uns, so ist es die Freiheit, unsern eigenen Idealen nachzuleben, denn auf diesem Weg allein ist es uns möglich, unser eigenes Selbst auszuwirken und alles zu entfalten, was in uns angelegt ist; hier haben wir die einzige Möglichkeit, unser Leben zu einem reichen und vollen Ganzen zu machen und das auszuführen, was gerade uns im Unterschied von andern aufgetragen ist.

      Wenn wir aber unserm Ideal nicht nachstreben und unser allbeherrschendes Ziel aus den Augen verlieren, dann ist unser Leben im Wesentlichen verfehlt, wenn wir auch sonst noch Pflichtgefühl und Widerstandskraft

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