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- und die müsse er befriedigen. Ob er auch richtige Liebe empfinden könne? Und was war mit ihr selbst? War das, was sie für Bernd empfand, Liebe? Sie brauchte ihn nur zu sehen und anzufassen, dann war sie ihm nach wie vor verfallen, aber nicht gänzlich hörig. Und gab es geistige Gemeinsamkeiten? Eigentlich nicht, zumindest hatte sie nichts entdecken können, für was sich Bernd interessieren könnte. Und was waren ihre Interessen? Jura und die Kinder - aber war das genug? Würde das reichen für eine Zweisamkeit mit Bernd?

      Charlotte kam im August 1987 zur Welt. Wie bei Heinrich war sie rechtzeitig ins Krankenhaus gegangen, und nur zwei Tage später war sie mit dem kleinen Bündel wieder zu Hause. Neugeborene sehen sich ähnlich? Weder Helene noch Gerlinde konnten das bestätigen. Gewiss, es gab Ähnlichkeiten, aber Charlotte sah - mit den Augen der beiden Frauen gesehen - ganz anders aus als Heinrich ausgesehen hatte. Für Ralf war das nicht so offensichtlich, auch nicht für Otto, der eine Woche später die Kleine "begutachtete". Da sei alles dran, meinte er trocken, und dann ging er zum Bettchen von Heinrich, der ihn ruhig anlächelte. Mit dem Jungen konnte er, zumindest jetzt, mehr anfangen, denn er hatte, wie Otto meinte, seine eigene Identität, und er könne sich ausdrücken. Charlotte war, so sah er es, ein rosarotes Bündel, und eine eigene Identität war für ihn noch nicht feststellbar.

      11. Kapitel

      Otto war erschrocken über das Aussehen von Ralf. Als er sich allein mit Helene in der Küche befand, sagte er:

      "Ralf muss ins Krankenhaus!"

      Helene stimmte zu, sie entgegnete: "Es wird mit ihm immer schlimmer, aber er will nicht auf mich hören. Ich habe auf dich gewartet - vielleicht kannst du etwas tun." Und sie sagte noch: "Ich hatte mit seinem Hausarzt gesprochen, und als Ralf das erfuhr, war er richtig böse."

      Otto ging hinüber ins Arbeitszimmer von Ralf, wo er an seinem Schreibtisch saß - was er tat, war nicht erkennbar. Otto schaute ihn eine ganze Weile an, dann begann er zu sprechen. Er drängte seinen Freund, ins Krankenhaus zu gehen, was übrigens auch der Hausarzt dringend empfohlen hatte. Der Hausarzt hatte eine Überweisung geschrieben, aber die lag unbeachtet auf Ralfs Schreibtisch.

      "Und warum gehst du nicht ins Krankenhaus?", fragte Otto. Die beiden Freunde waren allein im Arbeitszimmer von Ralf, die Tür war geschlossen. Ralf zuckte nur mit den Schultern. Dann entgegnete er resigniert:

      "Weißt du, ich denke mal, dass es mit mir zu Ende geht."

      Otto schaute Ralf eine ganze Weile schweigend an. Ja, sein Freund mochte recht haben, aber so einfach sollte man sich nicht aufgeben.

      "Das kann ja sein, aber du bist dir selbst nicht sicher." Otto schaute Ralf an. Dann fuhr er fort: "Du wirst auch nicht damit fertig, dass ein anderer die Filiale bekommen hat, die du eigentlich hattest bekommen sollen. Ich glaube, dass dich das auch bedrückt."

      "Woher weißt du die Sache mit der Filiale?", fragte Ralf, aber er war nicht besonders überrascht. Er wusste inzwischen, dass Otto eine Menge von dem wusste, was in der Wirtschaft passierte, und diese Filialkette gehörte nun zu den bekannten Unternehmen.

      "Ich weiß es eben, und ich habe angefangen, mir darüber auch Gedanken zu machen. Aber das hat nichts damit zu tun, dass du ins Krankenhaus gehen solltest. Dort kann man genau herausfinden, was dir fehlt, und dann kannst du entscheiden, wie du damit umgehen sollst."

      Es brauchte noch einige Überredung, um Ralf tatsächlich ins Krankenhaus zu bringen. Auch Helene schloss sich Ottos Meinung an, und sie meinte, ihr Vater - Stiefvater - dürfe sie nicht allein lassen. Er werde gebraucht, und das wisse er ja auch. Sie und Otto arrangierten dann die Aufnahme im Altonaer Krankenhaus, und es war Otto, der auch ein Einzelzimmer durchsetzte. Auf Helenes Frage, ob denn die Versicherung das Einzelzimmer bezahlen würde, entgegnete Otto:

      "Ich kümmere mich um die Finanzen." Und dann lachte er und fuhr fort: "Mach du dir keine Sorgen."

      Sie machte sich doch Sorgen. Sie wusste nicht genau, wie viel Geld Ralf verdient hatte. Aber die Wohnung und das Leben mit ihr, mit den Kindern, mit Gerlinde und der Putzfrau - das kostete Geld, was erst einmal verdient werden musste. Ja, sie wusste, dass Onkel Otto ihrem Vater ab und an mit Geld ausgeholfen hatte. Aber woher Onkel Otto das Geld hatte, ahnte sie nicht. Immerhin wusste Helene, dass Onkel Otto in Harvesterhude wohnte. Er hatte dort, wie sie einmal von Ralf erfuhr, in einem Mietshaus eine ganze Etage mit zwei Wohnungen gemietet, in der einen Wohnung wohnte er auch, die zweite Wohnung diente als sein Büro, er hatte die große Wohnung entsprechend umgebaut. Helene war nie dort gewesen, warum auch.

      Die Untersuchungen im Krankenhaus ergaben bald, dass Ralf unheilbar an Krebs erkrankt war. Schlimmer noch, der Chefarzt sprach Klartext mit Helene. Es könne sich um drei oder vier Wochen handeln, mehr aber nicht. Ob ihr Vater noch einmal nach Hause kommen könne, wollte sie wissen. Der Arzt riet davon ab. Er meinte, dass man versuchen solle, Ralf schmerzfrei zu halten. Gegen den Krebs, der weiter wuchere, könne man nichts machen, auch eine Operation würde nicht mehr helfen.

      Helene rief Onkel Otto an. Ein Herr Roggers meldete sich und fragte, was er für sie tun könne. Ja, sie wolle in privater Angelegenheit mit Herrn Mundt reden.

      "Sie sind Frau Wolf?", fragte Herr Roggers. Helene bestätigte das.

      "Ich kann Herrn Mundt innerhalb einer Stunde eine Nachricht zukommen lassen", sagte Herr Roggers freundlich, "er wird Sie dann sicherlich anrufen oder aufsuchen."

      "Ja, bitte sagen Sie ihm, es handele sich um meinen Vater, Ralf Boring."

      Herr Roggers versprach, Verbindung mit Herrn Mundt aufzunehmen. Entweder werde er sie selbst anrufen, oder Herrn Mundt werde sich melden, versicherte Herr Roggers nochmals. Helene sagte noch, sie sei zu Hause und erwarte die Nachricht.

      Tatsächlich dauerte es keine Viertelstunde, da meldete sich Onkel Otto. Helene sagte ihm, was sie mit dem Arzt besprochen habe, der deutlich gesagt habe, dass es mit Ralf zu Ende gehe. Onkel Otto hörte sich das ruhig an, dann versprach er, noch an diesem Abend zu kommen. Im Augenblick sei er in Verhandlungen und er könne nicht so ohne weiteres wegrennen.

      Onkel Otto kam gegen acht Uhr abends. Gerlinde hatte das Haus bereits verlassen, Helene hatte Heinrich und Charlotte mit zwei Kinderliedern zu Bett gebracht. Ja, sie hatte angefangen, beiden Kindern einige der Lieder zu singen, an die sie sich erinnerte. Ihre Mutter hatte sie oft in den Schlaf gesungen, und diese Lieder hatte sie behalten. Charlotte wusste mit den Liedern, die sie sang, nichts anzufangen, sie war einfach zu klein dazu. Aber Heinrich schien nicht nur die Melodien aufzufangen, sondern auch die Texte, und er schaute seine Mutter mit großen Augen an, wobei er gelegentlich den Mund zu einem Lächeln verzog, dann aber wieder ernst wurde - und schließlich einschlief.

      Helene und Onkel Otto saßen in Ralfs Arbeitszimmer. Sie wiederholte, was sie vom Arzt gehört hatte. Ja, Onkel Otto hatte befürchtet, dass sein Freund Ralf sehr schwer erkrankt sei. Was könne man tun?

      "Sollte Ralf nicht nach Hause kommen?", fragte Helene, "sollte er nicht in familiärer Atmosphäre sterben anstelle im nüchternen Krankenhaus? Der Arzt sagte, er sei dagegen."

      Onkel Otto schien zu überlegen. Dann sagte er nachdenklich:

      "Lass mich mit dem Arzt reden - vielleicht kann man etwas tun."

      "An was denkst du?", fragte Helene. "Ich hatte bereits mit dem Arzt geredet, und der war dagegen."

      Onkel Otto grinste, und er entgegnete: "Was kann das Krankenhaus besser tun als wir hier zu Hause, vielleicht mit einem Pfleger oder einer Pflegerin? Hat ein Krankenhaus mehr Möglichkeiten als wir hier? In Wahrheit ist das eine Frage des Geldes - auch ein Krankenhaus will verdienen. Also reden wir mal mit den Leuten."

      Onkel Otto tat das auch am nächsten Tag, und wie er am darauffolgenden Abend sagte, habe auch der Chefarzt einer Verlegung nach Hause zugestimmt, und die Verlegung werde bereits am nächsten Mittag stattfinden. Onkel Otto hatte auch einen ausgebildeten Pfleger aus dem Krankenhaus "ausgeliehen", der für die kommenden Wochen jeden Tag im Hause sein solle, und er hatte auch eine Krankenschwester für die Nächte engagiert.

      "Onkel

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