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Wie es meinem Herrn beliebt.

      – O! es macht wenig aus! Ein nicht ganz directer Weg, das ist Alles. Wir fahren mit auf dem Abraham Lincoln.

      – Wie es meinem Herrn beliebt, versetzte Conseil ruhig.

      – Du weißt, lieber Freund, es handelt sich um das Ungeheuer ... den famosen Narwal ... Wir werden die Meere von demselben befreien! ... Der Verfasser eines Werkes in zwei Quartbänden über die »Geheimnisse der großen unterseeischen Tiefen« kann nicht umhin, mit dem Commandanten Farragut in See zu stechen. Ein ehrenvoller, aber auch gefahrvoller Auftrag! Man weiß nicht, wohin man sich wenden soll! Diese Thiere können sehr schlimme Laune haben! Aber trotzdem gehen wir! Unser Commandant hat den Kopf auf der rechten Stelle. ...

      – Was mein Herr thut, das thue ich auch, erwiderte Conseil.

      – Und merk' Dir wohl! – denn ich will Dir's nicht verhehlen – 's ist eine Reise, von der nicht Jeder wieder heimkommt!

      – Wie es meinem Herrn gefällt.«

      Nach einer Viertelstunde waren unsere Koffer fertig. Conseil hatte es in einem Griff gemacht, und ich war sicher, daß nichts mangelte, denn der Junge verstand die Hemden und Kleider ebenso gut zu ordnen, wie die Vögel und Säugethiere. Wir begaben uns in's Erdgeschoß, wo ich in dem geräumigen, stets umlagerten Comptoir meine Rechnung berichtigte, den Auftrag ertheilte, meine Kisten mit ausgebalgten Thieren und getrockneten Pflanzen nach Paris zu schicken, und dem Babirussa einen hinlänglichen Credit eröffnete. Darauf stieg ich in Conseil's Begleitung in einen Wagen, der uns um zwanzig Francs durch Broadway, Fourth Avenue und Katsin-Street zum vierunddreißigsten Pier fuhr, wo ein Fahrzeug uns sammt Wagen und Pferden aufnahm und nach Brooklyn brachte, dem großen Quartier von New-York am linken Ufer des östlichen Flusses, wo wir in einigen Minuten an dem Quai anlangten, bei welchem der Abraham Lincoln aus seinen zwei Rauchfängen schwarze Säulen emporwirbelte.

      Unser Gepäck wurde unverzüglich aufs Verdeck der Fregatte gebracht, ich eilte an Bord und fragte nach dem Commandanten Farragut. Ein Matrose führte mich auf's Vorderverdeck, zu einem Officier von stattlichem Aussehen, der mir die Hand reichte.

      »Herr Pierre Arronax? sprach er.

      – Der bin ich. Der Commandant Farragut?

      – In eigener Person. Seien Sie willkommen, Herr Professor. Ihre Cabine wartet schon auf Sie.«

      Ich grüßte, ließ den Commandanten bei seiner Beschäftigung und folgte einem Begleiter in die für mich bestimmte Cabine.

      Der Abraham Lincoln war für seine neue Bestimmung trefflich ausgewählt und eingerichtet. Es war eine schnellsegelnde Fregatte mit einem Heizungsapparat, welcher die Dampfkraft bis auf sieben Atmosphären zu steigern gestattete. Dadurch bekam er eine mittlere Geschwindigkeit von achtzehn und dreizehntel Meilen die Stunde; doch war diese beträchtliche Schnelligkeit nicht ausreichend für einen Kampf mit dem Riesenthier.

      Die inneren Einrichtungen der Fregatte entsprachen ihren nautischen Vorzügen. Ich war mit meiner Cabine sehr zufrieden; sie lag am hintern Schiffstheil und stieß an das Officierszimmer.

      »Wir sind hier wohl aufgehoben, sagte ich zu Conseil.

      – So gut, mit Erlaubniß meines Herrn, als der Einsiedler Bernhard in der Muschelschaale.«

      Ich überließ es Conseil, unsere Koffer gehörig zu ordnen, und begab mich wieder auf's Verdeck, um den Vorbereitungen zur Abfahrt zuzusehen.

      In diesem Augenblick ließ der Commandant Farragut die letzten Taue lösen, welche den Abraham Lincoln an das Quai fesselten. Also eine Viertelstunde Verspätung, und die Fregatte fuhr ohne mich ab, so daß ich diese außerordentliche, übernatürliche, unwahrscheinliche Expedition verfehlte, deren wahrheitsgetreue Erzählung doch vielleicht auf manche Ungläubige stoßen wird.

      Aber der Commandant Farragut wollte nicht einen Tag verlieren, nicht eine Stunde, um in das Meer zu kommen, wo das Thier verspürt worden war. Er ließ seinen Ingenieur kommen.

      »Haben wir gehörig Dampf? fragte er ihn.

      – Ja, mein Herr, erwiderte der Ingenieur.

      – Go head,« rief der Commandant Farragut. Auf diesen Befehl, welcher vermittelst eines Apparates mit verdichteter Luft zur Maschine befördert wurde, setzten die Maschinenleute das Rad in Bewegung. Der Dampf zischte, indem er in die Behälter drang. Die langen horizontalen Stempel dröhnten und trieben die Stangen der Welle.

      Mit zunehmender Schnelligkeit wurden die Wellen von der Schraube geschlagen und der Abraham Lincoln bewegte sich majestätisch inmitten von hundert Fährten und Tenders voll Zuschauer, die ihm das Geleite gaben.

      Die Quais zu Brooklyn und der ganze Theil von New-York, welcher an's östliche Ufer stößt, waren mit Neugierigen bedeckt. Drei Hurrah's nach einander hörte man aus der Brust von einer halben Million erschallen. Tausende von Taschentüchern über der dichten Volksmasse geschwenkt, begrüßten den Abraham Lincoln, bis er in die Gewässer des Hudson, an der Spitze der langen Halbinsel, welche New-York bildet, gelangte.

      Darauf fuhr die Fregatte in der Richtung von New-Jersey an dem wunderschönen rechten, ganz mit Landhäusern bedeckten Ufer des Flusses zwischen den Forts durch, welche sie mit ihren größten Kanonen begrüßten.

      Der Abraham Lincoln erwiderte den Gruß durch dreimaliges Aufziehen der amerikanischen Flagge mit ihren neunundreißig an der Spitze des Hintermastes glänzenden Sternen; hierauf änderte er seinen Lauf, um das mit Baken versehene Fahrwasser in der innern durch die Spitze Sandy-Hook gebildeten Bai zu gewinnen, und fuhr längs dieser sandigen Erdzunge, wo Tausende von Zuschauern ihn nochmals begrüßten.

      Das Geleite der Boote und Tenders verließ die Fregatte erst auf der Höhe des Leucht-Bootes, dessen zwei Feuer die Einfahrt in das Seegatt von New-York bezeichnen.

      Schlag drei stieg der Lootse in sein Boot und fuhr zu der kleinen Goelette, die ihn unter'm Wind erwartete. Die Feuer wurden geschürt, die Schraube schlug rascher die Wellen; die Fregatte strich längs der gelben niedrigen Küste von Long-Island, und um acht Uhr Abends, nachdem sie die Feuer von Fire-Island nordwestlich aus dem Gesicht verloren, lief sie mit voller Dampfkraft in die dunkeln Wasser des Atlantischen Oceans.

      Viertes Capitel

      Ned-Land

      Der Commandant Farragut war ein tüchtiger Seemann, seiner Fregatte würdig. Er fühlte sich eins mit seinem Schiff; war die Seele desselben. Ueber das Seeungeheuer hegte er nicht den mindesten Zweifel, und er gestattete gar nicht, daß an Bord seines Schiffes über die Existenz des Thieres disputirt wurde. Er glaubte daran, wie manche gute Frauen an Leviathan – nicht aus Vernunftgründen, sondern als an einen Glaubensartikel. Das Ungeheuer existirte, und er hatte geschworen, die Meere von demselben zu befreien. Entweder der Commandant Farragut würde den Narwal tödten, oder der Narwal den Commandanten. Ein Drittes gab's nicht.

      Die Officiere an Bord theilten die Ansicht Ihres Chefs. Man mußte sie reden hören, disputiren, discutiren, die verschiedenen möglichen Fälle bei einem Zusammentreffen in Berechnung ziehen, das weite Meer beobachten. Mancher, der sonst einen solchen Dienst verwünscht hätte, übernahm freiwillig eine Wache auf dem Mastgebälk. So lange die Sonne am Himmel stand, waren die Masten voll Matrosen, denen auf dem Verdeck die Fußsohlen brannten und die sich nicht an ihrem Platze halten konnten! Und doch befand sich der Abraham Lincoln noch nicht in den verdächtigen Gewässern des Stillen Meeres.

      Die Mannschaft war eifrigst gespannt, mit dem Einhorn zusammenzutreffen, die Harpune zu werfen, es an Bord zu ziehen und es zu zerhauen. Sie beobachtete mit sorglichster Achtsamkeit die Meeresfläche. Uebrigens sprach der Commandant Farragut von einer Summe von zweitausend Dollars, die er aussetzte – Schiffsjunge, Matrose oder Officier – der das Thier signalisirte. Da kann man sich denken, wie an Bord des Abraham Lincoln sich die Augen abmühten!

      Ich meines Theils blieb hinter den Anderen nicht zurück, und überließ Niemand meinen Theil an der täglichen Beobachtung. Die Fregatte

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