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den Diener hereinkommen," sagte der Geheimrath. „Wahrscheinlich erfahren wir jetzt, woran wir mit der ganzen Sache sind."

      Der Bursche trat ein und überreichte dem die Hand danach ausstreckenden Geheimrath ein Papier - die Herrn Hobelmann nur zu gut bekannte Subscriptionsliste vom gestrigen Ball - auf der dessen Autograph unleugbar mit zehn Louisd'or verzeichnet stand.

      „Haben Sie das geschrieben?" fragte ihn der Geheimrath.

      „Allerdings," sagte Herr Hobelmann, - „aber -"

      „Erlauben Sie einmal," unterbrach ihn jedoch der Geheimrath - sich dabei an den Diener wendend, der indessen einen Bleistift aus der Tasche genommen hatte, um augenblicklich nach empfangener Zahlung das Dedit-Zeichen an die Liste zu machen - „wo war die Frau Commerzienräthin gestern Abend in Gesellschaft, mein Freund?"

      „Beim Regierungsrath Kettenbrock," sagte der Mann.

      „Es war große Gesellschaft dort?"

      „Ja - wurde auch getanzt - der junge Herr Franz, der Neffe des alten Herrn, ist vor ein paar Tagen von Amerika zurückgekommen, und da -"

      „Franz?" unterbrach ihn rasch Herr Hobelmann - „ein junger Mann mit einem leichten Schnurrbart und etwas brauner Gesichtsfarbe?"

      „Gewiß," sagte der Bediente, der mit bei Kettenbrocks aufgewartet hatte, „Sie kennen ihn ganz gut, Herr Graf - Sie sind ja gestern den ganzen Abend mit ihm im Saal herumgegangen."

      Herr Hobelmann wäre fast auf seinen Stuhl zurückgesunken, von Pottlitz aber sagte:

      „Der alte Regierungsrath ist sein Onkel - und dieses Haus gehörte früher ihm. Erst vor einem halben Jahre etwa habe ich es ihm abgekauft und bin hierher gezogen."

      „Und der Neffe ist vor zwei oder drei Tagen Morgens ganz früh eingetroffen?"

      „Ja wohl," sagte der Bediente - „er hatte den alten /67/ Herrn überraschen wollen, und war erst in ein falsches Haus gekommen. Die Frau Commerzienräthin erzählte die Geschichte."

      „Hm," sagte Herr Hobelmann, ganz in Gedanken, indem er eine Visitenkarte aus seiner Westentasche nahm und dem Bedienten vorhielt, „können Sie mir dann auch vielleicht sagen, wer der Herr ist, dessen Name darauf steht?"

      „Sehr gern," erwiderte der gesprächige Bursche - „der Herr Hauptmann von Stimbeck - sein Bruder hat eine Schwester des Herrn Regierungsraths geheirathet, und die Herrschaften leben in Berlin."

      „Danke Ihnen," sagte Herr Hobelmann, indem er die Karte wieder einsteckte und die Subscriptionsliste zusammenfaltete. „Wollen Sie einen Augenblick warten? - ich werde Ihnen ein paar Zeilen für die Frau Commerzienräthin mitgeben."

      „Was wollen Sie thun?" frug der Geheimrath erstaunt.

      „Ich bin gleich wieder bei Ihnen," sagte aber Herr Hobelmann und verließ das Zimmer. Nach einigen Minuten schon kehrte er jedoch mit einem kleinen Brief zurück, den der Bediente aber noch unschlüssig in der Hand behielt, denn er hatte den festen Auftrag bekommen, nicht ohne das unterschriebene Geld zurückzukehren.

      „Die Anweisung liegt in dem Briefe," sagte der Advocat ruhig - „meine schönste Empfehlung an die Frau Commerzienräthin."

      „Sie haben das Geld geschickt?" fragte Herr von Pottlitz, als der Bediente das Zimmer verlassen hatte, um zu seiner Herrin zurückzukehren.

      „Ist mir nicht eingefallen," erwiderte Herr Hobelmann.

      „Die Frau Commerzienräthin wird Ihnen kaum Ruhe lassen."

      „Ich will Ihnen etwas sagen, Herr Geheimrath," nahm jetzt mit fast feierlicher Stimme Herr Hobelmann das Wort. „Unsere Geschäfte find so weit abgewickelt, daß wir das Uebrige recht gut schriftlich erledigen können."

      „Sie wollen fort?"

      „In einer Stunde geht der Schnellzug nach Berlin, und /68/ den gedenke ich zu benutzen," erwiderte auf das Entschiedenste Herr Hobelmann.

      „Aber was um Gottes willen -"

      „Erlauben Sie mir," unterbrach ihn Herr Hobelmann, „ich durchschaue die ganze Sache und bin keinesfalls gewillt, der Gesellschaft hier zum Gespött zu dienen. Diesen Herrn Franz Kettenbrock kaufe ich mir vielleicht ein ander Mal, denn er ist derselbe Bursche, der mir aus Versehen neulich Morgens früh in's Zimmer gebrochen -"

      „Sie glauben?"

      „Ich weiß es gewiß, und der aus Aerger, daß ich ihn so hart abgefertigt, mir diesen Streich gespielt hat. Das aber ganz abgerechnet, daß ich eine höchst unangenehme Rolle dort gespielt, käme ich, bliebe ich hier, nicht allein in die Verlegenheit die zehn Louisd'or zu bezahlen, sondern könnte mich auch noch zum Ueberfluß mit Herrn Hauptmann von Stimbeck schlagen, der die größte Lust zu haben scheint, mir an den Kragen zu kommen."

      „Aber was in aller Welt haben Sie mit dem gehabt?"

      „Nur eine Kleinigkeit, die ich Ihnen aber jetzt nicht mehr auseinandersetzen kann, denn ich muß meinen Koffer packen."

      „Und der Brief an die Frau Commerzienräthin?"

      „Enthielt eine Anweisung an Herrn Franz Kettenbrock vom „Grafen Hobelmann", wie er so freundlich war mich in jener Gesellschaft einzuführen, jene zehn Louisd'or für die heidnischen Unterröcke und Strümpfe auszuzahlen. Ich bin nicht solch ein Esel, mein gutes Geld an derlei Unsinn wegzuwerfen."

      „Er wird sich weigern."

      „Dann mag er es mit der Frau Commerzienräthin ausfechten. Ueberdies war die Sache ein Betrug, und ich könnte ihn dafür gerichtlich belangen."

      „Mein bester Herr Hobelmann -"

      „Fürchten Sie nicht, daß ich solch ein Thor bin," sagte aber der Advocat, „Herr Kettenbrock würde die Lacher aus seiner Seite haben. Uebrigens mag er für den Spaß jetzt zehn Louisd'or bezahlen, denn wie ich die Frau Commerzienräthin kennen gelernt habe, glaube ich nicht, daß sie nachgiebt, /69/ bis sie das Geld in Händen hat. Ich wollte nur, ich hätte zwanzig unterschrieben."

      Der Geheimrath lachte; Herr Hobelmann war aber in keiner Stimmung, sich einer gleichen Fröhlichkeit hinzugeben, sondern verließ rasch das Zimmer, um sein Gepäck in Ordnung zu bringen, und eine halbe Stunde später - zum unbegrenzten Erstaunen des Dienstmädchens über die so plötzliche Abreise, das Haus. Er war auch nicht um viel Minuten zu früh gegangen, denn gleich nachher kam der Bediente der Frau Commerzienräthin noch einmal, und am spätern Abend erschien ein fremder, militärisch aussehender Herr, der ebenfalls nach Herrn Advocat Hobelmann fragte, aber jetzt, der Anordnung nach, bedeutet werden mußte, daß der Herr - auf unbestimmte Zeit verreist sei.

      VIII.

      „Hör' einmal, Franz," sagte der Regierungsrath Kettenbrock am nächsten Tag zu seinem Neffen, als er mit ihm und seinen beiden Nichten bei Tische saß, „was ist denn das für eine Geschichte mit Deinem Grafen Hobelmann oder Herrn Hobelmann? - Ich werde aus dem Allen nicht klug, und die Frau Steuerräthin und Fräulein von Losenbrett, der Hauptmann, Dein Freund, der Doctor, und jetzt sogar auch noch die Frau Commerzienräthin laufen mir das Haus ein, um sich theils über den Menschen zu beklagen, theils sich nach ihm zu erkundigen. Die Frau Commerzienräthin war sogar vor einer Stunde hier und wollte von Dir zehn Louisd'or für ihn haben."

      „Wirklich?" lachte Franz.

      „Das scheint mir ein sonderbarer Kauz zu sein. Wo hast Du ihn denn eigentlich kennen lernen?"

      „Ich, lieber Onkel? - ich kannte ihn gar nicht."

      „Gar nicht? - Du hast ihn doch bei uns eingeführt." /70/

      Franz lachte. „Und der Doctor hat sich auch über ihn beklagt?"

      „Er war wüthend auf ihn, wollte aber nicht recht mit der Sprache heraus. Ich glaube, der Fremde hat Fränzchen mit Etwas beleidigt."

      „Mein Freund aus dem Nicht-Rauchcoupé scheint sich sehr für mein Bäschen zu interesstren, daß er ihre Partei so blindlings nimmt," bemerkte Franz, während er seiner

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