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geben ein Foto des Toten und eine Beschreibung in die Presse. Parallel müssen wir die Vermisstenmeldungen durchgehen“, sagte Viktoria, der die ganze Sache nicht gefiel. Warum wurde das Opfer frontal angefahren? War es wirklich Absicht, wie Fuchs vermutete? Es war mitten in der Nacht, vielleicht hatte der Fahrer den jungen Mann nicht gesehen. Aber warum hatte das Mofa kein Kennzeichen?

      Ein Mann beobachtete alles mit einem Fernglas aus sicherer Entfernung. Er hatte nicht damit gerechnet, dass die Leiche und das Mofa so schnell gefunden wurden. Scheiß Köter!

      3.

      Am frühen Nachmittag meldeten sich die Eltern des Opfers, die von Schülern auf die Suche der Kriminalpolizei, die auch online erschien und sich sehr schnell verbreitete, aufmerksam gemacht wurden. Das Ehepaar Geiger war völlig aufgebracht und stellte abwechselnd eine Frage nach der anderen.

      „Ist das Ihr Sohn?“ Leo legte mehrere Fotos auf den Tisch, die Fuchs persönlich gemacht hatte.

      „Ja, das ist unser Noah. Wer hat ihn getötet? Haben Sie den Mörder?“ Bettina Geiger war außer sich. Sie zitterte und kratzte sich ständig am Unterarm.

      „Zunächst gehen wir von einem Unfall aus“, sagte Leo, auch wenn das vielleicht nicht der Wahrheit entsprach.

      „Wer ist der Unfallverursacher? Wer hat ihn überfahren? Suchen Sie den, der meinen Jungen auf dem Gewissen hat. Hat er leiden müssen? Wo ist er? Kann ich ihn sehen?“

      „Wir sind erst am Anfang unserer Ermittlungen. Ihr Sohn wird gerade obduziert.“

      „Das dürfen Sie nicht! Alexander, sag der Polizei, dass sie nicht an unserem Sohn herumschnippeln sollen!“

      „Die Polizei macht nur ihre Arbeit, bitte beruhige dich.“

      „Ich bin doch Noahs Mutter. Können Sie nicht verstehen, dass eine Obduktion für mich unerträglich ist?“

      „Doch, das verstehe ich, aber eine Obduktion ist in diesem Falle Vorschrift. Darf ich Ihnen Fragen stellen? Sind Sie dazu in der Lage?“

      „Entschuldigen Sie bitte. Selbstverständlich können Sie Ihre Fragen stellen.“

      „Sie wohnen in Burghausen?“

      „Ja.“

      „Was wollte Ihr Sohn in Burgkirchen?“

      „Das weiß ich nicht. Weißt du, was Noah dort wollte, Alexander?“

      „Nein. Woher soll ich das wissen?“

      „Ihnen ist nicht aufgefallen, dass Ihr Sohn nicht zuhause war?“

      „Nein. Noah war oft nachts unterwegs. Er ist neunzehn und somit erwachsen. Wir haben unserem Sohn immer alle Freiheiten ermöglicht.“

      „Sie haben ihn auch heute Morgen nicht vermisst?“

      „Nein!“ Alexander Geiger schien genervt. „Ich musste früh in die Firma und meine Frau hatte einen Arzttermin. Wir haben unseren Sohn heute Morgen nicht gesehen. Das ist nicht ungewöhnlich, das kommt vor.“

      „Der Unfall geschah etwa gegen zwei Uhr nachts in einer gottverlassenen Gegend. Was denken Sie, wollte Ihr Sohn dort? Was hatte er vor? War er allein unterwegs?“

      „Das weiß ich nicht! Noah sagte gestern Abend, dass er sich mit Julian treffen wollte.“

      „Julian?“

      „Julian Brechtinger, er wohnt ebenfalls in Burghausen, in der Robert-Koch-Straße. Er und unser Sohn sind seit vielen Jahren die besten Freunde. Die beiden gehen in dieselbe Klasse und verbringen die Freizeit gemeinsam“, erklärte Frau Geiger.

      Hans machte Notizen. Von den Eltern erfuhren sie über den nächtlichen Ausflug ihres Sohnes nichts, vielleicht konnte Julian mehr dazu sagen. Hans ging nach draußen und sprach mit Viktoria, die sofort bei der Familie Brechtinger in Burghausen anrief. Dort meldete sich niemand. Werner rief in der Schule der beiden an und bekam die Auskunft, dass auch Julian Brechtinger heute nicht zum Unterricht erschienen war. Als Viktoria das hörte, wurde ihr schlecht.

      „Jetzt mal‘ den Teufel nicht an die Wand“, sagte Werner, der immer positiv dachte und selten mit dem Schlimmsten rechnete.

      Derweil ging die zähe Befragung mit dem Ehepaar Geiger weiter.

      „Was ist mit dem Mofa? Warum hat es kein Versicherungskennzeichen?“

      „Unser Sohn hatte kein Mofa, wie kommen Sie auf diese Idee? Hast du je davon gehört, Alexander?“

      „Nein.“

      Leo schob ihnen Fotos zu, auf denen das Mofa deutlich zu erkennen war.

      „Dieses alte Ding soll unserem Sohn gehört haben? Niemals! Was sollte er damit? Wir haben Noah zu seinem achtzehnten Geburtstag ein Auto geschenkt, damit fährt er täglich. Was soll er mit einem uralten, demolierten Mofa? Damit fahren doch nur Proleten, die sich einen Wagen nicht leisten können“, sagte Alexander Geiger eine Spur zu überheblich.

      Die Unterhaltung mit dem Ehepaar Geiger brachte nicht viel. Nach ihrer Aussage war ihr Sohn ein fleißiger und überall beliebter junger Mann, der keine Feinde hatte und mit dem es niemals Ärger gab.

      Die Kriminalbeamten sahen dem Ehepaar Geiger hinterher, wie sie davonfuhren.

      „Es ist immer besonders schlimm, wenn Eltern Kinder verlieren. Ich möchte nicht in deren Haut stecken.“

      Leo und Hans übernahmen die Befragung von Julian Brechtingers Eltern. Die beiden fuhren zuerst zu der Firma des Vaters, Markus Brechtinger, bei dem sie sich telefonisch angemeldet hatten. Brechtinger leitete ein mittelständisches Baugeschäft mit zwölf Angestellten, zu denen seine Frau nicht zählte. Sie hatte sich vor einigen Jahren mit einem Maklerbüro selbstständig gemacht, das - wie das Baugeschäft ihres Mannes - sehr gut lief.

      Leo und Hans waren überrascht, dass Roswitha Brechtinger im Büro ihres Mannes anwesend war. Sie stand mit verschränkten Armen direkt neben ihrem Mann. Auch gut, dann konnten sie sie gemeinsam befragen. Das Ehepaar Brechtinger schien sehr gespannt darauf, was die Kriminalpolizei von ihnen wollte. Die schlechte Stimmung konnte man spüren. Es schien, als hätten sich die beiden gerade gestritten.

      „Wir suchen Ihren Sohn Julian“, begann Leo vorsichtig.

      „Warum? Was wollen Sie von ihm“, sagte Roswitha Brechtinger viel zu laut. Die Frau war auf Krawall gebürstet.

      „Was hat er angestellt?“, lachte Markus Brechtinger. „Ich hoffe nichts Schlimmes. Soll ich unseren Anwalt anrufen?“

      „Wo finden wir Ihren Sohn?“

      „Er war heute Nacht nicht zuhause, was ab und zu vorkommt. Julian wird in drei Wochen neunzehn. In dem Alter ist es nicht ungewöhnlich, dass man seine eigenen Wege geht. Julian ist um diese Zeit längst in der Schule. Worum geht es? Warum sind Sie hier? Was werfen Sie unserem Sohn vor?“ Roswitha Brechtingers Ton wurde schärfer.

      „Sie wissen, was mit Noah Geiger geschehen ist?“

      „Mit Noah? Was ist mit ihm?“

      „Er ist tot. Er wurde heute Nacht überfahren.“

      „Noah ist tot?“, rief Frau Brechtinger und sah ihren Mann erschrocken an.

      „Leider ja.“ Leo vermied es, von Mord zu sprechen.

      Für einen kurzen Moment war es still.

      „Wo ist mein Sohn? Was ist mit ihm?“, rief Frau Brechtinger. Nach dieser Schreckensnachricht machte sie sich große Sorgen.

      „Bitte beruhige dich.“ Markus Brechtinger war aufgesprungen und nahm seine Frau in die Arme. Der riesige, korpulente Mann strahlte eine angenehme Ruhe aus, die sich jedoch nicht auf seine Frau übertrug. Sie stieß ihn rüde von sich.

      „Julian und Noah sind schon seit vielen Jahren die besten Freunde. Noah war wie

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