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Clown Grimaldi. Charles Dickens
Читать онлайн.Название Clown Grimaldi
Год выпуска 0
isbn 9783754182390
Автор произведения Charles Dickens
Жанр Документальная литература
Издательство Bookwire
Beherzt ging sie über die Hausflur, die Treppe hinunter und in die Küche, machte geschwind Licht und sah nun, daß Diebe aufs schlimmste gehaust hatten, denn dort war fast alles schon ausgeräumt und weggeschafft worden. Eben trat sie wieder zu Mrs. Lewis, als ihr Sohn mit einigen Freunden ankam. Es wurde natürlich sogleich eine genaue Hausdurchsuchung vorgenommen, denn da die Räuber bei frischer Tat ertappt worden waren, konnte es leicht der Fall sein, daß sich einer von ihnen noch im Hause versteckt hielt.
Es fanden sich auch ein paar Nachtwächter ein, – nach damaliger Sitte alte Leutchen, die solchen Platz als Versorgung für ihre letzten Jahre zugewiesen bekamen – und unter Schreien und Weinen der Damen und Wettern und Fluchen der Männer drang die »Phalanx« vor.
Im Hause war alles durcheinander geworfen, aber von einem Diebe war keine Spur mehr zu sehen. Schränke und Schiebladen waren erbrochen und geleert, und bis auf einen Schal, den Miß Hughes für ihre künftige Schwiegermutter angefangen, war kein Stück mehr vorhanden.
Grimaldi bewaffnete sich mit einem Prügel, Mr. King, ein guter Freund von ihm, mit einem Säbel und suchten den Garten hinter dem Hause ab, während die Frauen unter lautem Gejammer über den großen Verlust, der sie betroffen, bei den übrigen Männern zurückblieben.
Der Garten war durch eine drei bis vier Fuß hohe Mauer in zwei Hälften, einen Blumen- und einen Gemüsegarten, geteilt und durch eine noch um ein paar Fuß höhere Mauer von einem großen Stück Weideland geschieden.
Es war eine rabenfinstre Nacht. Eine Zeitlang tappten sie umher, ohne jemand zu finden. Grimaldi sprang auf die höhere Mauer, guckte über die niedrigere hinüber und sah einen Menschen im Begriffe, von der Mauer des anstoßenden Gartens hinüberzuspringen. Der Dieb – denn ein solcher war es ohne Zweifel – hielt Grimaldi für einen Kameraden, denn die Gegenwart einer andern Person mochte ihm nicht für wahrscheinlich gelten – rief leise: »Pst, pst! Bist du es?«
»Ja,« antwortete Grimaldi, näherte sich und versetzte ihm, als er sah, daß er über die Wand springen wollte, weil er die Stimme als eine fremde erkannt hatte, einen derben Hieb mit dem Säbel. Dem Diebe schien der Buckel gewaltig zu schmerzen, wenigstens schrie er ganz erbärmlich, brach auch zusammen, hatte sich aber doch wieder aufgerafft und war im Dunkel der Nacht verschwunden, als Grimaldi sich über die Mauer hinüber begeben hatte.
Grimaldi rief nun seinem Freunde zu, ihm durch die Hintertür zu folgen, und eilte dann mit diesem über das Stück Weideland hinweg dem flüchtigen Spitzbuben nach, stolperte aber schon nach wenigen Schritten über eine auf der Erde liegende Kuh und hätte sich bei diesem unfreiwilligen pantomimischen Koup vielleicht mit seiner eigenen Waffe schwer verwundet, wenn er nicht durch seine Fechtübungen auf der Bühne sich daran gewöhnt hätte, ein Gewehr mit Vorsicht zu tragen.
Alles fernere Suchen war vergebliche Mühe. Grimaldi ging mit seinem Freunde wieder ins Haus. Dort sahen sie, daß an dem Säbel Blut klebte.
Unterdessen war ein Polizist erschienen, der mit den beiden Nachtwächtern ausziehen wollte, die Missetäter lebendig oder tot zu fangen. Das letztere wäre ihnen das liebere gewesen. Beides aber war dadurch einigermaßen zweifelhaft gemacht worden, daß die beiden Nachtwächter, als große Vorsichtskommissarien, hellleuchtende Laternen mitbrachten, den Spitzbuben zum Zeichen, daß sie ihnen auf den Leib rücken wollten!
Grimaldi ließ es an Trostworten nicht fehlen. Er versicherte den Damen wiederholt, daß es gelingen werde, das gestohlene Gut wieder herbeizuschaffen. Was die Räuber noch in den Räumen zurückgelassen, bemühte er sich, wieder an Ort und Stelle zurückzuschaffen. Der erste Gegenstand, auf den seine Augen fielen, war der Schal, den Miß Hughes für seine Mutter in Arbeit hatte.
Aufs höchste erfreut hob er ihn auf, und polternd fiel eine Arzneischachtel daraus auf die Erde. Seine Mutter schlug ganz außer sich die Hände überm Kopfe zusammen, um nun noch lauter als bei der Entdeckung, daß das Haus ausgeplündert worden, zu schreien: »Ach Gott, mein Geld! mein Geld! mein Geld!«
»Geschehene Dinge lassen sich nun einmal nicht ändern,« hieß es von allen Seiten. »Denken Sie an die arme Mrs. Lewis, der es ebenso schlimm ergangen ist.«
Es verhielt sich aber ganz anders, als die Leute meinten. In der Schachtel waren siebenunddreißig Guineen, Frau Grimaldis Spargroschen. Unter dem Schal waren die Diebe nicht auf die Schachtel gekommen, und so war wenigstens das bare Geld gerettet. –
Beim Abendbrote war Frau Grimaldi zufolgedessen wieder bei ganz guter Laune und neckte sogar ihre alte Freundin, die sich aber, da ihr kein Guineenfund beschert gewesen war, gar nicht recht zu trösten wußte.
Als sich die Bekannten verabschiedet hatten, trafen die Zurückbleibenden ihre Vorkehrungen für die Nacht, die aber wunderlich genug ausfielen, so daß niemand Schlaf finden konnte. Schließlich wurde der Ausweg gefunden, daß alle zusammen in einem und demselben Zimmer übernachten sollten. Eine Matratze wurde nun in das größte Wohnzimmer getragen: Die beiden Damen streckten sich in Kleidern darauf hin. Lewis setzte sich in einen Sessel, und Grimaldi postierte sich als »sauve-Garde« an der Tür, nachdem er zwei Pistolen geladen, den Säbel von Blut gereinigt und Pistolen und Säbel neben sich gelegt hatte...
Eine Zeitlang blieb alles still. Einer nach dem andern schlief ein, aber sie hatten noch nicht lange geschlummert, als sie durch langes und lautes Klopfen an der in den Garten führenden Hintertür aufgeschreckt wurden. Erschreckt fuhr einer nach dem andern auf, und alle gafften einander an. Hätte den Frauen nicht der Schreck die Zunge gelähmt, so hätten sie gewiß Zetermordio geschrien, die Männer dagegen hätten vielleicht recht laut darüber gelacht, aber die gleiche Ursache lähmte ihre Lachmuskeln. Männlein und Weiblein hatten Bange, daß die Spitzbuben wieder zurückgekehrt sein möchten.
Der erste, der sich ermannte, war Grimaldi. Mit einem Gesicht, wie er es wunderlicher auf keiner Bühne hätte schneiden können, wandte er sich zu Mr. Lewis.
»Aber sehen Sie doch mal zu, wer an der hintern Gartentür solch gräßlichen Spektakel macht!« sagte er zu dem Freunde. Mr. Lewis schien gar keine Lust zu dem Gange zu haben. Er stand und stand, guckte seine Frau verzagt an und sagte, Mr. Grimaldi sei ja sehr nett, sich seiner auch, in diesem Falle so freundlich zu erinnern, aber er hätte doch seiner Meinung nach kein sonderliches Recht, ihm selbst vorzugreifen.
In dieser Verlegenheit wurde endlich das Übereinkommen getroffen, daß Lewis sich auf die Hausflur begeben, Grimaldi aber leise hinaufgehen und aus dem Fenster hinaus rekognoszieren solle. Diese Vereinbarung wurde sogleich zur Ausführung gebracht.
Unterdessen hatte das Klopfen ununterbrochen angedauert; Grimaldi erinnerte in seiner »Armatur« an den mit Freitag wider die Wilden ausziehenden Robinson Crusoe, nur seine Stimme zerstörte die Einbildung, denn sie verriet eine große Unruhe, das lebhafte Verlangen, alle Nachbarn zu der bevorstehenden »tätlichen Auseinandersetzung« zu invitieren; auch erinnerte sie mit einiger Lebhaftigkeit an die Art und Weise, wie er sein so oft zitiertes und altbeliebtes: »So, nun sind wir da!« zu sprechen pflegte, wenn er die Bühne betrat. Es war inzwischen zwei und drei Uhr morgens. Der Tag fing an zu grauen. Im Zwielichte unterschied Grimaldi zwei Männer, die eine schwere Last zu tragen schienen; er konnte aber nicht unterscheiden, was getragen wurde. Nur einen Trost meinte er schöpfen zu dürfen: Feuergewehre waren es nicht, die getragen wurden, und das war immerhin ein Trost.«
»Holla!« schrie er hinunter, mit dem Säbel rasselnd, daß jedem Menschen angst und bange werden mußte: »was ist denn mit euch los?« »Sapperment, Herr,« rief einer von den Männern, »wir haben wirklich schon gedacht, daß Sie tot seien – wie lange klopfen wir schon, ohne daß Sie was hören ließen.«
»Weshalb wollten Sie mich denn munter haben?«
»Na, Sie sehen doch die Säcke, die wir schleppen! Das gestohlene Gut ist drin!«
»Was ist drin?«
»Ei, was die Spitzbuben Ihnen geraubt haben! Wir haben das Feld abgesucht und die beiden Säcke gefunden.«
Die Tür wurde aufgemacht. Die Nachtwächter brachten zwei große Säcke hereingeschleppt, die von den Frauen unverzüglich ausgepackt wurden.