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Cabiai vertheidigte sich nicht sonderlich gegen den Hund, und rollte nur seine, hinter dicken Fettringen halb versteckten Augen hin und her. Menschen sah er vielleicht überhaupt zum ersten Male.

      Als Nab aber seinen Stock eben fester packte und dem Nager zu Leibe gehen wollte, entriß sich dieser Top's Zähnen, in welchen nur die Spitze eines Ohres zurück blieb, grunzte heftig, stürzte auf Harbert los, rannte diesen halb um und verschwand im Gebüsche.

      »Ah, der Schurke!« rief Pencroff.

      Alle folgten eiligst Top's Spuren, und als sie diesen eben einholten, sahen sie jenes Thier unter das Wasser eines ausgedehnten, von hundertjährigen Fichten umstandenen Sumpfes tauchen.

      Verwundert blieben Nab, Harbert und Pencroff stehen. Top war in das Wasser nachgesprungen, aber der auf dem Grunde desselben versteckte Cabiai ließ sich nicht erblicken.

      »Warten wir ein wenig, sagte der junge Mann, er muß bald einmal emportauchen, um Athem zu schöpfen.

      – Wird er nicht ersaufen? fragte Nab.

      – O nein, antwortete Harbert, er hat ja Schwimmfüße und fast die Natur einer Amphibie. Wir wollen ihm aber aufpassen.

      Top schwamm noch immer im Wasser. Pencroff und seine Gefährten besetzten an geeigneten Stellen das Ufer, um dem Cabiai den Rückzug abzuschneiden.

      Harbert täuschte sich nicht. Nach einigen Minuten kam das Thier wieder auf die Oberfläche. Top stürzte, so schnell er konnte, auf dasselbe zu und hinderte es, wieder unterzutauchen. Einen Augenblick nachher hatte er dasselbe zum Ufer geschleppt, wo es einem Stockschlage Nab's erlag.

      »Hurrah! rief Pencroff, der gern ein Triumphgeschrei erhob. Nun blos noch eine glimmende Kohle, und der Nager soll bald selbst bis auf die Knochen abgenagt sein!«

      Pencroff lud den Cabiai auf die Schulter, und da er dem Sonnenstande nach glaubte, daß es gegen zwei Uhr sei, veranlaßte er die Heimkehr.

      Top's Instinct kam den Jägern trefflich zu statten, die, von jenem geführt, leicht ihren Weg wieder fanden. Eine halbe Stunde nachher erreichten sie schon die Biegung des Flusses.

      Ebenso wie das erste Mal machte Pencroff eine Holzladung zurecht, eine Arbeit, die ihm trotz des noch mangelnden Feuers geboten erschien, und so gelangte man, das Floß auf dem Wasser hinleitend, nach den Kaminen zurück.

      Noch fünfzig Schritte davor blieb der Seemann stehen, und mit erneutem Triumphgeschrei wies er nach der Ecke, an der sich ihre Wohnung befand.

      »Harbert! Nab! Da seht einmal!« rief er.

      Ein lustig wirbelnder Rauch stieg über die Felsen empor!

      Zehntes Capitel

      Eine Erfindung des Ingenieurs. – Was Cyrus Smith vor Allem beschäftigt. – Aufbruch nach dem Berge. – Der Wald. – Vulkanischer Boden. – Die Tragopans. – Die wilden Schafe. – Die erste Hochebene. – Das Nachtlager. – Der Gipfel des Kegels.

      Einige Minuten nachher standen die drei Jäger vor einem prasselnden Feuer. Cyrus Smith und der Reporter waren anwesend. Seinen Cabiai in der Hand sah Pencroff Einen nach dem Anderen staunend an.

      »Nun ja, mein wackerer Freund, sagte endlich der Reporter, das ist Feuer, wirkliches, leibhaftiges Feuer, über dem das schöne Stück Wild da zu unserer Erquickung bald genug braten soll.

      – Wer in aller Welt hat das angezündet? fragte Pencroff.

      – Ei nun, die Sonne!«

      Gedeon Spilett's Antwort war vollkommen richtig. Die Sonne hatte die Hitze geliefert, über welche Pencroff sich so sehr verwunderte. Der Seemann wollte kaum seinen Augen trauen, und kam vor Erstaunen gar nicht dazu, den Ingenieur darüber zu befragen.

      »Sie besaßen also eine Brennlinse, Mr. Smith? fragte Harbert.

      – Nein, mein Sohn, erwiderte dieser, ich habe mir aber eine gemacht.«

      Dabei wies er den Apparat vor, der ihm als Linse gedient hatte.

      Er bestand einfach aus zwei Gläsern, die er seiner Uhr und der des Reporters entnommen hatte. Nach Anfüllung derselben mit Wasser und Verdichtung ihrer Ränder mittels Thonerde erhielt er eine vollständige Linse, welche durch Concentration der Sonnenstrahlen trockenes Moos zu entzünden im Stande war.

      Der Seemann betrachtete erst den Apparat und sah dann den Ingenieur sprachlos, aber mit vielsagendem Blicke an. Wenn Cyrus Smith für ihn nicht geradezu ein Gott war, so erschien er ihm doch sicher mehr als ein gewöhnlicher Mensch. Endlich löste sich seine Zunge und rief er:

      »Schreiben Sie das auf, Mr. Spilett; bringen Sie es zu Papier!

      – Ist schon notirt«, erwiderte der Reporter.

      Mit Nab's Hilfe machte der Seemann hierauf den Bratspieß zurecht, und bald röstete der ausgeweidete Cabiai wie ein gewöhnliches Milchschwein über dem hellen, prasselnden Feuer.

      Inzwischen waren auch die Kamine wieder wohnlicher geworden, nicht allein weil die Innenräume sich behaglicher durchwärmten, sondern weil man auch die Lücken durch Sand und Steine auf's Neue verschlossen hatte.

      Der Ingenieur und sein Genosse mußten ihre Zeit gut ausgenutzt haben. Cyrus Smith hatte seine Kräfte fast vollkommen wieder erlangt, und versuchte sie durch eine Besteigung der Hochebene. Lange verweilte sein an die Abschätzung von Höhen und Entfernungen gewöhntes Auge auf dem Kegelberge, der am folgenden Tage erstiegen werden sollte. Der etwa sechs Meilen im Nordwesten liegende Berg schien ihm gegen 3500 Fuß über das Meer empor zu ragen, folglich hätte sich einem auf seiner Spitze befindlichen Beobachter ein Gesichtskreis von mindestens fünfzig Meilen geboten. Ein solches Sehfeld versprach aber die Lösung der Frage, »ob Insel oder Festland«, der Cyrus Smith nun einmal die hervorragendste Wichtigkeit beimaß.

      Das Abendbrod wurde eingenommen, und das Cabiaisleisch für ganz vortrefflich erklärt. Seetang und Pinienzapfen vervollständigten die Mahlzeit, während der Ingenieur nur wenig sprach, da ihn sein morgendes Vorhaben beschäftigte.

      Einige Male meldete sich Pencroff mit dem oder jenem Vorschlage; Cyrus Smith aber, eine viel zu streng methodische Natur, begnügte sich, den Kopf zu schütteln, und sagte:

      »Morgen werden wir wissen, woran wir sind, und darnach die geeigneten Maßregeln ergreifen.«

      Nach beendetem Mahle warf man noch reichliches Holz auf den Herd, und bald fielen die Bewohner der Kamine, Top mit ihnen, in tiefen Schlummer.

      Nichts störte die friedliche Nacht, und am anderen Tage, dem 29. März, erwachten sie munter und frisch, bereit zu dem Ausfluge, der zunächst wenigstens ihr Schicksal entscheiden sollte.

      Alles war zum Aufbruche bereit. Die Reste des Cabiai versprachen Allen noch für vierundzwanzig Stunden hinreichende Nahrung, doch rechnete man darauf, sich unterwegs noch mit neuem Vorrath zu versorgen. Da die Uhrgläser des Reporters und des Ingenieurs ihren ursprünglichen Platz wieder gefunden hatten, so sengte Pencroff auf's Neue etwas Leinen an, um als Zunder zu dienen. Feuerstein konnte ja in diesen Gegenden plutonischen Ursprungs nicht fehlen.

      Es war sieben und ein halb Uhr Morgens, als die mit Stöcken bewaffneten Wanderer aus den Kaminen aufbrachen. Pencroff rieth, den schon einmal im Walde betretenen Weg einzuschlagen, wenn man etwa auch auf einem anderen zurückkehrte; jener bildete scheinbar auch den directesten Weg nach dem Berge. Man ging demnach um die südliche Felsenecke herum, folgte dem linken Ufer des Flusses und verließ diesen an der Stelle, wo er sich nach Südwest wendete. Der durch die angebrochenen Zweige erkenntliche Fußpfad wurde leicht wieder gefunden, und um neun Uhr schon erreichten Cyrus Smith und seine Begleiter die nördliche Grenze des Waldes.

      Der bis hierher wenig unebene, erst sumpfige, dann trockene und sandige Boden zeigte nun eine sanfte Steigung nach dem Inneren des Landes. Unter dem Hochwalde gewahrte man einige sehr flüchtige Thiere. Top jagte diese

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