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      „Oh, das tu mir leid. Bist du sicher, dass sie von ihm ist?“

      „Von wem sonst sollte sie sein? Nur dieser Irre legt mir Rosen vor die Tür.“

      „Es ist gut, dass du mir das gesagt hast. Ich werde mit Michael mal bei ihm vorbeischauen und ihm ein paar Takte erzählen. So ein dämlicher Typ! Aber ausgehen lenkt doch wunderbar ab, meine Süße. Komm, sei nicht so, nur zu einem netten Winzer, ein Glas Wein und dann reden.“

      Fabienne gab nach und versprach, in einer Stunde bei Bianca zu sein. Sie lief ins Bad, zog sich danach um und ging durch die innere Tür in die Garage zu ihrem Auto. Sie setzte sich hinein, startete den Motor und fuhr mit der Fernbedienung das Rolltor nach oben, um dann rasant wegzufahren. Den schwarzen Wagen, der ihr einen Augenblick später folgte, nahm sie nicht wahr. Pünktlich klingelte sie an Biancas Tür und wurde herzlich empfangen.

      Die Frauen machten sich auf in den Rheingau und ließen sich in einer kuscheligen Winzerstube nieder. Ein Kaminfeuer strahlte eine angenehme Wärme aus und die Wirtin brachte ihnen Wein und eine Schale Salzgebäck.

      „Er hatte sich eine Weile zurückgehalten. Aber heute muss er an meiner Tür gewesen sein.“

      „Vielleicht war er im Urlaub oder auf einer Dienstreise.“

      „Na prima, er kann gerne eine Weltreise unternehmen.“

      Die Frauen lachten und Bianca wechselte geschickt das Thema. Die Sache mit Lars war lange genug Hauptgesprächsstoff gewesen, aber es war zu belastend, immer und immer wieder die Frage nach dem WARUM zu erörtern. Lars liebte Fabienne und er bildete sich ein, dass sie ihn auch lieben müsse. Punkt. Wenn man ihm diese wahnsinnige Liebe herausschneiden könnte, hätte Bianca gerne die Rechnung für die Operation bezahlt.

      Sie sprachen über Fabiennes nächste Ausstellung und über Biancas Lehrgang. Die junge Künstlerin entspannte sich sichtbar und so reagierte sie freundlich, als sie auf dem Weg zur Toilette mit einem attraktiven Mann zusammenstieß: Sie lachte ihn an und sein Herz machte einen Sprung.

      „Na so ein Zufall“, sagte er danach zu Bianca, die allein am Tisch zurückgeblieben war und auf ihrem Handy tippte.

      Sie sah auf und wusste sofort, dass es der Mann vom Parkplatz war, der sie auf das defekte Licht aufmerksam gemacht hatte.

      „Die Welt ist manchmal sehr klein“, erwiderte sie höflich.

      „Darf ich Ihnen Gesellschaft leisten?“

      „Nein danke, das ist nicht nötig, meine Freundin ist nochmal auf der Toilette und danach brechen wir auf.“

      „Schade. Dann warten wir eben auf den nächsten Zufall.“

      Er drehte sich einfach um und ging davon. Bianca blickte ihm nach und fühlte sich unbehaglich. Irgendwas an diesem Mann war falsch, obwohl er sehr gut aussah und einen netten Eindruck machte.

      „Wer war das denn?“, fragte Fabienne und starrte ihm fasziniert hinterher. „Kennst du ihn?“

      „Keine Ahnung, wer er ist, aber wir sind uns letztens nach dem Lehrgang auf dem Parkplatz begegnet, wo er mich auf eine defekte Rückleuchte aufmerksam gemacht hat.“

      „Schade“, seufzte Fabienne, „so ein schöner Mann. Aber du brauchst ja keinen anderen Mann, du hast Michael. Ich würde mich sehr gerne verlieben, aber dieser bescheuerte Lars hat mir alles verdorben.“

      „Soll ich ihn wieder an den Tisch rufen?“, fragte Bianca lachend.

      Fabienne winkte ab, dann zogen sie sich an und verließen die Weinstube. Draußen startete der schwarze Wagen und folgte ihnen bis zu Fabiennes Haus.

      „Gute Nacht, schließ alles gut ab. Oder soll ich noch mitkommen?“

      „Nein, lass mal, ich haue ihm eine rein, wenn er irgendwo herumlungert. Ich bin gerade in Stimmung. Gute Nacht.“

      5

      „Haben Sie schon Hinweise auf den Täter?“, fragte Dr. Hans-Martin Rosenschuh, der neue Staatsanwalt.

      „Nein“, erklärte Michael und zuckte mit den Schultern.

      „Und wann gedenken Sie mir ein paar Hinweise zu präsentieren?“

      „Wenn ich welche habe“, knurrte der Kommissar.

      Er mochte den Staatsanwalt nicht, denn der benahm sich eher wie ein Beamter vom Ordnungsamt. Ständig zitierte er Paragraphen oder Verordnungen. Anscheinend kannte er sie alle auswendig.

      „Herr Verskoff, ich bitte mir ein bisschen mehr Ernsthaftigkeit aus! Eine junge Frau ist tot und Sie brummen hier nur herum. Was wissen wir denn schon?“

      Michael fasste das Wenige zusammen, was sie ermittelt hatten und beobachtete, wie das Gesicht seines Gegenübers immer düsterer wurde.

      „Hatte sie nun einen Freund oder nicht?“, fragte Hans-Martin Rosenschuh aufgebracht.

      „Benedikt hat die Eltern ausgefragt und ja, sie hatte vor über einem Jahr einen Freund, aber anscheinend war das eine ganz geheime Sache. Vielleicht war er verheiratet und die Tote wollte ihn nicht in Schwierigkeiten bringen.“

      „Na gut, nein, natürlich nicht gut. Es ist bereits eine Woche her und Sie haben nichts, aber auch gar nichts. Der Chef hätte Sie vielleicht doch besser versetzen sollen.“

      Mit einem süffisanten Lächeln drehte er sich um und verließ das Büro. Michael nahm die Akte und warf sie ihm hinterher. Der blaue Ordner klatschte gegen die Tür und fiel wie ein Stein zu Boden. Der Inhalt ergoss sich über den grauen Teppich. Michael seufzte, erhob sich und sammelte die Unterlagen wieder ein. Dann rief er Bianca an und erzählte ihr vom Auftritt des Staatsanwaltes.

      „Mein armer Schatz, das tut mir leid. Es ist Mittag, komm, wir fahren irgendwo essen und überlegen, wer die junge Dame getötet haben könnte.“

      Michael lächelte nun wieder, griff nach seiner Jacke und traf sich am Auto mit Bianca. Er schaute sich um, fühlte sich unbeobachtet und küsste sie liebevoll.

      „So ein Arsch. Ich will Nele zurückhaben. Was bildet der sich ein? Denkt der, wir sitzen nur rum und drehen Däumchen?“

      „Ja, genau das denkt er und im Falle von Benedikt hat er vielleicht recht? Wo ist der Typ schon wieder?“

      „Ich habe keine Ahnung. Aber wenn er sich mal wieder blicken lässt, frage ich ihn.“

      Lachend stiegen sie ein, fuhren an den Rhein und bestellten sich ein üppiges Mittagessen. Danach küsste Michael Bianca abermals und sie liefen ein Stück an Rheinufer entlang. Auf einer Bank setzten sie sich und unterhielten sich über den Fall. Gerade schaute die Sonne zwischen den Wolken hervor. Bianca sehnte sich nach dem Frühling und schmiegte sich an Michael.

      „Dorothee hat gesagt, dass sie manchmal ein sehr attraktiver Mann abgeholt hat. Ob das der war, mit dem sie zusammen war? Wir vermuten, dass er verheiratet war.“

      „Hm“, sagte Bianca, „wenn ich einen verheirateten Liebhaber hätte, würde ich ihm nicht erlauben, mich auf der Arbeit zu besuchen. Und dieser Mann würde sich mit mir auch nicht in der Öffentlichkeit zeigen. Vielleicht gibt es einen zweiten Mann. Oder sie hat ihn aus einem anderen Grund nicht den Eltern und der Freundin vorgestellt. Gibt es eine Beschreibung?“

      „Dunkle kurze Haare, braune oder blaue Augen, gepflegter Dreitagebart, sportlich und schlank, gut gekleidet. Aber so sehen viele Männer aus. Dorothee hat ihn nur aus der Ferne gesehen.“

      Bianca lachte jetzt und sagte: „Deine Dorothee muss ich mir bei Gelegenheit mal ansehen. Sie scheint dich ja mächtig beeindruckt zu haben.“

      „Süße, du bist doch nicht etwa eifersüchtig? Dorothee hat mir unaufgefordert einen Kaffee gemacht und dann versuchte sie mich zum Lesen zu bewegen, obwohl ihr Laden kein Buchladen ist. Sie liebt Bücher und flüchtet mit ihnen in ferne Welten. Ich glaube, ich wäre ihr als Mann viel zu real. Du musst keine

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