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Vulcan, der für Jupiter arbeitet und die Donner schmiedet, er, der Flammen gewohnt, erliegt dennoch den Flammen der mächtigern Liebe. Uns selbst, obgleich Amors Mutter, ist es nicht gelungen, uns vor seinen Pfeilen zu retten, und unsere bei Adonis' Tode geweinten Tränen sind sprechende Beweise seiner Macht. Doch warum so viele Worte? genug, von allen Gottheiten des Himmels erhielt sich keine unverletzt von ihm, außer Diana allein. Diese allein, die Freundin der Wälder, hat die Liebe geflohen oder vielmehr, wie manche glauben, nicht geflohen, sondern verhehlt.

      Doch wenn du vielleicht gegen die Beispiele der Himmlischen ungläubig bist, so forsche unter den Sterblichen nach denen, welche die Macht der Liebe erfuhren, aber ihre Zahl ist so groß, daß ich nicht weiß, wo ich anfangen soll; nur das sage ich dir fürwahr, daß alle zu den vortrefflichsten und würdigsten gehörten. Betrachte vor allem Hercules, den starken Sohn Alkmenens. Er, welcher sich mit der furchtbaren Haut des ungeheuern, von ihm überwundenen Löwen bedeckte, drehte mit ebender Hand, die kurz zuvor die gewaltige Keule geführt, den großen Antäus getötet und den Höllenhund gebändigt hatte, den Faden aus der Wolle der schönen Jole und saß geduldig hinter ihrem Spinnrocken. Und die nämlichen Schultern, die den hohen Himmel getragen hatten, waren erst von Jolens Armen umschlungen und darauf, um ihr zu gefallen, mit einem zierlichen purpurnen Gewand bedeckt.

      Wer weiß nicht, was Paris und Helena, was Clytämnestra und Ägisth, von Amor bezwungen, getan? Auch von Achilles, von Silla, Ariadnen, Leander und Dido und von vielen andern schweige ich. Wer ist, der diese Heroen der Liebe nicht kennt? Glaube mir, dies Feuer ist heilig und allgewaltig. Daß im Himmel und auf Erden die Götter und Menschen von meinem Sohn bezwungen sind, weißt du nun, aber wie allumfassend muß seine Kraft sein, da auch die vernunftlosen Tiere ihren Einfluß fühlen! Von ihm bezwungen folgt die Turteltaube in den Wäldern ihrem Geliebten, und die Tauben, die meinen Wagen ziehen, fühlen sich mit zärtlichster Neigung zu ihrem Tauber gezogen. Von allem, von allem ist keines, das seinen Händen entgeht. Von seinem Pfeil getroffen, kämpft in den Gehölzen der sonst so furchtsame Hirsch, auf einmal kühn und wild geworden, für die erwählte Hirschin und zeugt von der allmächtigen Glut der Liebe. Von ihr ergriffen, wetzt der grimmige Eber schäumend seine weißen Zähne, und der Bewohner der afrikanischen Küste schüttelt seine Mähne. Wende deinen Blick von den Wäldern und sieh, wie die Pfeile meines Kindes auch in den kühlen Fluten die Götter des Meeres und die Nymphen der Flüsse zu verwunden wissen. Denn es ist dir hoffentlich nicht unbekannt, welche sprechenden Zeugnisse Neptun, Glaucus, Alphäus und andere mehr abgelegt haben, daß sie die Fackel der Liebe in ihren feuchten Wellen nicht auslöschen, ja nicht einmal mildern konnten. Und sie, die auf Erden herrscht und in den Fluten anerkannt wird, sie hat auch die Tiefe durchdrungen und selbst den König der Schatten besiegt.

      So haben denn Himmel, Erde, Meer und Tiefe ihre Allgewalt erfahren und anerkannt. Und damit ich dir in wenig Worten die Macht der Liebe aussprechen möge, so wisse, daß alle Wesen der Natur unterworfen sind, daß keine Macht von ihrer Herrschaft frei ist und daß die Natur selbst in Amor ihren Herrn erkennt. Wenn er gebeut, so geht der alte Haß zugrunde, alle verjährten feindlich gesinnten Mächte schwinden, und die neue Welt gibt seinen Gluten Raum.

      Warum also zagen? was zweifelst du? wovor fliehst du törichterweise? warum den fliehen, welchem Götter, Menschen und Tiere unterworfen sind! Schämst du dich, von ihm besiegt zu sein, so weißt du nicht, was du tust. Fürchtest du aber vielleicht den Tadel, der dich treffen möchte, wenn du dich ihm unterwirfst, so darf dich dies nicht kümmern. Tausend größere Fehltritte und das Beispiel weit vortrefflicherer Menschen als du werden das leichte Vergehen, das, minder stark als jene, du dir vorzuwerfen hast, sehr verzeihlich machen. Können dich aber meine Worte nicht bewegen und willst du bei deinem Widerstand beharren, so bedenke, daß es nicht möglich ist, Jupiter an Größe, Phöbus an Genie, Juno an Reichtum und mir selbst an Schönheit gleich zu sein. Und wenn wir alle überwunden sind, hoffst du allein zu überwinden? Du bist betrogen und wirst doch am Ende verlieren. Begnüge dich mit dem, womit die ganze Welt sich vor dir zufriedengegeben hat. Suche dich nicht abzukühlen, indem du dir vorsagst, ich habe meinen Gatten, und die heiligen Gesetze und die versprochene Treue verbieten mir alle andern Wünsche. Dergleichen nichtige, eitle Gründe sind gegen die Tugend der Liebe. Amor, als der Stärkere, kümmert sich um keine anderen Gesetze, er vernichtet sie und gibt seine eigenen. Hatte nicht Pasiphae einen Gemahl, als sie liebte, nicht Phädra und wir selbst? Auch die Männer werden sehr oft für andre Weiber als die ihrigen mit Liebe entflammt. Was tat Jason, Theseus, der gewaltige Hercules und der erfindungsreiche Odysseus? – Es ist also kein Unrecht, wenn Männer nach denselben Gesetzen behandelt werden, nach denen sie selbst handeln. Kein Vorrecht ist in diesem Fall den Männern vor den Frauen zugestanden. Deshalb laß die törichten Grillen und liebe unbekümmert fort, wie du begonnen hast. Du siehst es selbst, wenn du dem mächtigen Liebesgott dich nicht unterwerfen willst, so mußt du fliehen. Und wohin kannst du fliehen, wohin er dir nicht folge, dich nicht erreiche? Er hat an allen Orten gleiche Gewalt. Wohin du gehst, du bleibst in seinen Reichen; kein Wesen kann sich vor ihm verbergen, wenn er es verletzen will. Wie zufrieden kannst du sein, daß er dich mit keinem verderblichen Feuer entzündet hat, gleich der Myrrha, Semiramis, Byblis, Canace und Cleopatra! Glaube nicht, daß unser Kind gegen dich etwas Neues unternehmen wird. Auch er hat Gesetze, gleich allen andern Göttern. Und wähne nicht, die erste zu sein, welche sie befolgt, so wie du hoffentlich nicht die letzte sein wirst. Auch irrst du, wenn du vielleicht jetzt die einzige zu sein meinst. Laß die übrige Welt, die von Liebenden wimmelt, und blicke nur unter deinen Mitbürgerinnen umher; die zahllose Menge von Gesellinnen, die du finden wirst, kann dir zeigen und dich belehren: was von so vielen mit vollem Recht ausgeübt wird, kann nie schimpflich sein. So werde denn eine von den Unsern und preise unsre lang betrachtete Schönheit und unsere Gottheit von ganzem Herzen.

      Denn diese haben dich aus der Zahl der Einfältigen erwählt, das Entzücken unserer Gaben kennenzulernen.«

      Sagt, o ihr Gefühlvollen meines Geschlechts! wenn Liebe jemals eure Sehnsucht glücklicherweise stillen wollte, was könntet oder was wolltet ihr auf solche Worte und einer solchen Göttin wohl erwidern, wenn es nicht dies wäre: ›Es sei, wie es dir gefällt!‹

      Schon schwieg die Göttin, indes ich in meiner Seele ihren Worten nachsann, und da ich in ihnen unendliche Entschuldigungen für mich fand, mit denen ich schon im geheimen bekannt war, so war mein Entschluß gefaßt.

      Schnell erhob ich mich jetzt vom Lager, und indem ich mit demutsvollem Herzen die Knie zur Erde beugte, hob ich schüchtern an: »O wunderbare, ewige Schönheit! O himmlische Gottheit! o einzige Herrin meiner Seele! Nur stärker zeigt und verherrlicht sich deine Macht, je mehr wir widerstehen! Vergib meiner einfältigen Widersetzlichkeit gegen die Waffen deines Kindes, das ich nicht kannte, und herrsche über mich, wie es dir gefällt; belohne, deiner Verheißung gemäß, meine Treue, damit ich deine Gaben bei andern preise und dadurch die Zahl deiner Untertanen bis ins Unendliche wachse.«

      Kaum hatte ich diese Rede vollendet, als die Göttin die Stelle, wo sie bis dahin gestanden hatte, verließ und auf mich zukam. Ein brünstiges Verlangen erschien in ihrem Antlitz, während sie mich umarmte. Sie küßte mich zuerst auf die Stirn und dann auf den Mund, und so wie einst der falsche Ascanius verborgene Flammen in Didos Brust entzündete, so fühlte auch ich, sobald ich den Atem ihres Mundes eingesogen hatte, alle meine ersten Wünsche weit brennender als zuvor. Hierauf schlug sie ihr purpurnes Gewand ein wenig auseinander; auf ihrer Brust erblickte ich das Bild des geliebten Jünglings, halb in ihrem leichten Purpurmantel verhüllt, und sie sagte: »Betrachte diese Gestalt, zarte Frau! sieh, wir haben keinen Unwürdigen zu deinem Liebling erwählt. Dieser Jüngling, der unbegrenzten Liebe einer Göttin würdig, liebt und wird dich – so haben wir es gewollt – mehr als sich selbst lieben. Und so verlasse ich dich, leicht, freudig und seiner Liebe gewiß. Deine Gebete sind würdig und haben unser Ohr gerührt. Hoffe, daß dem Verdienst gemäß unfehlbar auch der Lohn erfolgen wird.« Hierauf entzog sie sich, ohne etwas weiter zu sagen, schnell meinen Blicken.

      Weh mir Unglückseligen! Denke ich jetzt an alles, was hernach erfolgt ist, so zweifle ich keinen Augenblick, daß es nicht Venus, sondern Tisiphone war, die mir damals erschien. Und wie einst Juno den Glanz ihrer Gottheit verhüllte und die Gestalt einer alten Frau annahm, so hatte diese hingegen ihr furchtbares Schlangenhaar abgelegt und sich mir in so herrlicher

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