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müsste - die jüngste sei sie nämlich auch nicht mehr - und sie verlange nach ihrem Mann, der dort hinten bei dem Fernsehen arbeite, und zu dem wolle sie jetzt.

      Oh weia, der sieht so aus, als ob er am liebsten den nächstbesten Hubschrauber kapern würde.

      «Außerdem, der ist bei denen für die Kurierdienste zuständig, also für die schnellen Sachen und mit seiner Suzuki is der schneller als der Schall.»

      Puh, das war knapp. Sie wischte sich Schweiß von der Stirn. Aber 'Suzuki'? Gibt’s die überhaupt?, ging ihr in einer kurzen Schrecksekunde durch den Kopf.

      «Ich lauf dann fix und vielen Dank und», fiel ihr noch ein, «Sie haben doch sicher sowas mitem Stempel, dass ihre Kollegen auch so freundlich sind ...»

      «Nee, nich mit Stempel. Aber das hier.»

      Er fummelte in seinen Jackentaschen - «immer in der letzten», grummelte er, - gab ihr eine Karte vom Wachdienst, überlegte kurz, sagte: «Ach nee, gib nochmal her.» Scheiße, jetzt hat er sich's anders überlegt, fürchtete Jana. Er erkundigte sich nach ihrem Namen und schrieb auf die Karte 'Jana darf durch'.

      Jana belohnte ihn mit einem 'Du-bist-einfach-spitzenmäßig-Lächeln' und weg war sie.

      Mann o Mann, noch ein Kind und schon sone Energie, und die Verantwortung erst, Mann o Mann. Kaum zu glauben. Ob ich nich doch …? , überlegte er.

      Er sah, wie der Hubschrauber, der erst vor ein paar Minuten im Krater verschwunden war, wieder auftauchte, sich langsam aus dem Krater hochschraubte mit einem Seil unter sich, an dem irgendetwas baumelte. Er überlegte, was sie aus dem Krater geholt haben könnten, kam aber zu keinem Ergebnis.

      Komisch, für son mickriges Teil son Aufwand, wunderte er sich. Vielleicht, dass was schief gegangen ist, überlegte er, mit den Kindern, die da unten sein sollen. Eins von denen hängt da jedenfalls nich am Seil. Könnte man erkennen, auch bei der Entfernung. Höchstens ein Sack, oder so? Is der Heli nich sogar kaputt?, auf jeden Fall nicht mehr einsatzfähig? Irgendwas kam doch in der Art. Bei diesen Knatterteilen, er sah auf sein Funkgerät, versteht man ja nur die Hälfte, wenn überhaupt. Tote sind’s jedenfalls nich, auf keinen Fall. Hauptsache beim zweiten Anlauf klappt’s, und die holen da noch welche raus. Hoffentlich lebendig. In der Haut der Eltern möchte man ja nicht stecken. Wenn ich mir überlege, meiner wäre dabei. Darf man gar nich dran denken.

      Er atmete tief durch und sagte sich, dass es schon richtig gewesen wäre, dass er keine Hilfe angefordert hatte für diese Jana. Die hätten im Augenblick sicher genug zu tun, und dass der das mit seinem Motorrad schon schaffen würde, und er bat weiter die Menschen vor ihm, die ungeduldig auf irgendeine Sensation hofften, die Absperrung nicht zu beschädigen.

      Plötzlich, wie auf einen geheimnisvollen Befehl, kam Bewegung in die Menschen auf dem Gelände. Irgendetwas hatte sie wachgerüttelt. Sie rieben sich die Augen, verrenkten die Hälse und versuchten sich auf Zehenspitzen einen besseren Überblick zu verschaffen.

      Den Hubschrauber, an dem irgendetwas baumelte, hatten sie entdeckt, als die ersten schon ihr Frühstück auspacken wollten und die Thermosflaschen mit den heißen Getränken, weil: 'hier passiert erstmal sowieso nix', glaubten sie.

      Und dann das.

      Die ersten Rufe schalten über den Platz: «Der Heli» - «ein Toter am Seil» - «wenigstens zwei» - «die hat's erwischt», dazwischen eine Kinderstimme «Papa machste mich Huckepack?» und mit den Stimmen, die nun von überall her irgendwelche Laute von sich gaben, klickte es bei den Frühaufstehern, die es bis kurz vor die Absperrung geschafft hatten: 'Jetzt geht’s los, Verletzte, Tote vielleicht?, wurde aber auch Zeit, Scheiße auch'.

      Die ersten hatten das rot-weiße Absperrband 'Bis hierher und nicht weiter' erreicht.

      Sie standen nun Auge in Auge dem Aufseher mit dem 'Ich-schlachte-dich-Gesicht' gegenüber. Auf Tuchfühlung sozusagen. Der fuhr mit seiner linken Hand an dem Schlagstock, der an seiner linken Hüfte baumelte, auf und ab und auf und ab, wie Streichen sah es aus. Gleichzeitig schaltete er seinen Gesichtsausdruck von 'Einzel-' auf 'Massenschlachtung' um, brüllte: «Männer, jetzt wird’s ernst. Keiner kommt hier durch, keiner! Alles klar? Und an die Stöcke und hoch damit!»

      «Wenn das nur gut geht», stöhnte Janas Verhandlungspartner und hob zögernd seinen Schlagstock.

      Dass der immer den Chef raushängen lassen muss, und dann noch auf die Brutale, ärgerte er sich. Immer dasselbe bei dem und, was will er noch? Ach so, die 'Tüte' (Megafon).

      «Die 'Tüte' verdammt noch mal», brüllte er wieder, «aber schnell.»

      «Kannst dir ja eine falten, am besten aus der 'Bild', haste doch immer griffbereit», lästerte 'Janas Wachmann' vor sich hin. Aber wo die die Toten sehen? Man glaubt’s nich. Höchstens ein Sack, allerhöchstens.

      2. Kapilel

      Edel und Finn hörten, dass irgendjemand irgendetwas zu ihnen runterrief, in dem auf jeden Fall 'Heli' vorkam.

      «Ganz deutlich 'Heli', haste doch auch gehört Finn, oder?»

      «Auf jeden Fall 'Heli'. Achtundneunzig Pro.»

      «Man Finn, wir haben’s geschafft, wir haben’s wirklich geschafft.»

      Dann ließ sie sich fallen, verbarg ihr Gesicht hinter den Händen, und Finn sah, dass sie am ganzen Körper zitterte.

      «He Edel, ich bin auch fix und alle.»

      Er setzte sich neben sie, und er merkte erst, dass auch er weinte, als es auf dem Umweg über sein Kinn auf seine Hand tropfte.

      Wie bei unserer Regenrinne, wenn se überläuft, dachte Edel, als sie ihre Hände wieder runtergenommen hatte.

      «Warte mal», sie stand auf, ging zur Bretterwand, hämmerte 'Lang-Kurz-Kurz-Lang' gegen die Bohlen, hörte den gleichen Rhythmus von innen und rief: «Dauert noch ein bisschen Klotz, die holen einen Heli, okay?»

      «Klotz hat verstanden», rief sie zu Finn, «hat geantwortet.»

      «Hoffentlich. Dass wir das geschafft haben», sagte er vor sich hin, wischte sich Tränen aus dem Gesicht, nickte zu Edel rüber, machte das 'Victory-Zeichen' und dachte, jetzt nur nichts sagen, sonst fange ich wieder an zu flennen.

      Edel kam zurück und setzte sich wieder neben ihn.

      «Hör mal Finn, wenn die gleich kommen und uns rausholen und immer nur einen mitnehmen können, hab ich mal irgendwo gesehen, glaub ich, dann bleib ich solange unten, also mehr so hier und du...»

      «Nee, nee Edel, geht nich, geht gar nich, achtundneunzig ...»

      «Und warum nich», unterbrach Edel.

      'Weil du ein Mädchen …' Nee, lieber nich, kommt nich so gut, schätz ich mal. Oder: 'Wie sieht das denn aus, wenn ich als Junge als erster …' - Das ist jetzt aber so richtig scheiße - hörte er seine altbekannte innere Stimme.

      'Frauen und Kinder zuerst' vielleicht? - genau so dämlich -

      «Also weil … weil …, weiß auch nich, is eben so», stotterte er weiter, «weil ich dich» - oha, durchfuhr es Edel, jetzt kommt’s, das 'L-Wort' mit dem langen 'ie' in der Mitte. Komm Finn, los trau dich, die Gelegenheit kommt so schnell nicht wieder.

      «Weil ich dich eben …», bröckelte es weiter aus seinem Mund, «weil ich dich eben gern habe.»

      Jetzt noch ein Küsschen und wir machen es uns hier unten so richtig gemütlich, dachte Edel. Hat er’s endlich geschafft. Das 'L-Wort' war’s gerade nich, aber sehr sehr nahe dran, für seine Verhältnisse, und wenn er sich nicht traut, dann eben ich, und sie gab ihm einen Kuss - vielleicht

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