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umhergetobt hatte. Bambi war so verblüfft, daß er einen Satz nach rückwärts machte, als wollte er entfliehen. Dadurch wurde die Mutter aufmerksam und hob das Haupt.

      »Was ist dir denn?« rief sie.

      Aber Bambi war sprachlos, er fand keine Worte und stammelte nur: »Dort … dort …«

      Die Mutter schaute hinüber. »Ach so«, sagte sie, »das ist meine Base, und, richtig, auch sie hat jetzt ein Kindchen … nein, sie hat zwei.« Die Mutter hatte voll Heiterkeit gesprochen, nun wurde sie ernst: »Nein … daß Ena zwei Kinder hat … wirklich zwei …«

      Bambi stand und gaffte. Dort drüben sah er jetzt eine Gestalt, die genau seiner Mutter glich. Er hatte sie früher gar nicht bemerkt. Er sah, wie es dort drüben weiter in Doppelkreisen durchs Gras dahinfuhr, aber nur die roten Rücken waren sichtbar, dünne rote Streifen.

      »Komm«, sagte die Mutter, »wir wollen hingehen, da ist einmal Gesellschaft für dich.«

      Bambi wollte laufen, weil aber die Mutter ganz langsam ging und bei jedem Schritt nach allen Seiten umherspähte, hielt auch er sich zurück. Doch er war in der heftigsten Aufregung und sehr ungeduldig.

      Die Mutter redete weiter. »Ich habe mir schon gedacht, daß wir Ena doch einmal treffen müßten. Wo steckt sie nur? habe ich mir gedacht. Ich wußte doch, daß sie auch ein Kind hat. Nun, das war leicht zu erraten. Aber daß es zwei Kinder sind …«

      Sie waren längst bemerkt worden, und die anderen kamen ihnen entgegen. Bambi mußte die Tante begrüßen, aber er hatte nur Augen für ihre Kinder.

      Die Tante war sehr freundlich. »Ja«, sprach sie zu ihm, »das ist nun Gobo, und das ist Faline. Ihr könnt immer miteinander spielen.«

      Die Kinder standen steif und still und starrten sich an. Gobo eng bei Faline, Bambi ihnen gegenüber. Keines rührte sich. Sie standen und gafften.

      »Laß nur«, sagte die Mutter, »sie werden sich schon befreunden.«

      »Was für ein hübsches Kind«, erwiderte Tante Ena, »wahrhaftig, ganz besonders hübsch. So kräftig und so gut in der Haltung …«

      »Nun, es geht«, meinte die Mutter bescheiden. »Man muß zufrieden sein. Aber daß du zwei Kinder hast, Ena …«

      »Ja, das ist mal so, mal so«, erklärte Ena. »Du weißt ja, meine Liebe, ich habe schon öfters Kinder gehabt …«

      Die Mutter sagte: »Bambi ist mein erstes …«

      »Siehst du«, tröstete Ena, »vielleicht kommt es nächstens auch bei dir einmal anders …«

      Die Kinder standen noch immer und betrachteten einander. Keines sagte ein Wort. Plötzlich machte Faline einen Sprung und fegte davon. Die Sache war ihr zu langweilig geworden.

      Augenblicklich stürzte sich Bambi hinter ihr her. Gobo folgte sogleich. Sie flogen in halben Kreisen, sie machten blitzschnell kehrt, purzelten übereinander, jagten kreuz und quer. Es ging prächtig. Als sie dann unvermittelt und ein wenig atemlos stehen blieben, waren sie schon ganz vertraut miteinander. Sie begannen zu schwatzen.

      Bambi erzählte, daß er mit dem guten Heupferdchen und mit dem Weißling gesprochen habe.

      »Hast du auch mit dem Goldkäfer geredet?« fragte Faline.

      Nein, mit dem Goldkäfer hatte Bambi nicht gesprochen. Er kannte ihn gar nicht, wußte nicht, wer das sei.

      »Ich rede oft mit ihm«, erklärte Faline ein wenig patzig.

      »Mich hat der Häher geschimpft«, sagte Bambi.

      »Wirklich?« staunte Gobo. »Ist der Häher so frech zu dir gewesen?« Gobo war sehr leicht verwundert, und er war außerordentlich bescheiden.

      »Nun«, bemerkte er, »mich hat der Igel in die Nase gestochen.« Aber er erwähnte das gleichsam nur nebenbei.

      »Wer ist der Igel?« erkundigte sich Bambi glücklich. Es schien ihm wunderbar, so dazustehen, Freunde zu haben und so viele spannende Dinge zu hören.

      »Der Igel ist ein fürchterliches Geschöpf«, rief Faline. »Voll großer Stacheln am ganzen Körper … und dazu noch sehr böse!«

      »Glaubst du wirklich, daß er böse ist?« fragte Gobo. »Er tut doch niemandem etwas zuleide.«

      »So?« erwiderte Faline schnell, »hat er dich vielleicht nicht gestochen?«

      »Ach, das war nur, weil ich mit ihm reden wollte«, wendete Gobo ein, »und nur ein kleines bißchen. Es hat nicht sehr weh getan.«

      Bambi wandte sich an Gobo: »Warum wollte er denn nicht, daß du mit ihm redest?«

      »Er will mit niemandem reden«, mengte sich Faline ein. »Sowie man nur in seine Nähe kommt, rollt er sich zusammen, und dann siehst du von allen Seiten nur seine Stacheln. Unsere Mutter sagt, er ist so einer, der mit der Welt nichts zu tun haben will.«

      Gobo meinte: »Vielleicht fürchtet er sich nur.«

      Aber Faline verstand das besser: »Die Mutter sagt, mit so jemandem soll man sich gar nicht einlassen.«

      Bambi begann auf einmal leise zu Gobo: »Weißt du, was das ist … die Gefahr?«

      Jetzt wurden auch die beiden andern ernst, und alle drei steckten die Köpfe zusammen.

      Gobo dachte nach. Er gab sich aufrichtig Mühe, es zu wissen, denn er sah wohl, wie neugierig Bambi auf die Antwort wartete. »Die Gefahr …« flüsterte er, »die Gefahr …das ist etwas sehr Schlimmes …«

      »Ja«, drängte Bambi erregt, »etwas sehr Schlimmes … aber was?«

      Sie bebten alle drei vor Grauen.

      Plötzlich rief Faline laut und fröhlich: »Die Gefahr ist … wenn man davonlaufen muß …« Sie sprang fort; sie mochte nicht dastehen und Angst haben. Bambi und Gobo sprangen ihr sogleich nach. Sie fingen wieder an zu spielen, tummelten sich in der grünen, rauschenden Seide der Wiese und hatten die ernste Frage im Nu vergessen. Nach einer Weile hielten sie inne und standen wie vorhin beisammen, um zu plaudern. Sie blickten zu ihren Müttern hinüber. Die waren ebenso nett beieinander, aßen ein wenig und unterhielten sich in einem ruhigen Gespräch.

      Tante Ena hob das Haupt und rief zu ihren Kindern her: »Gobo! Faline! Nun müssen wir bald gehen …«

      Auch die Mutter mahnte Bambi: »Komm jetzt …es ist Zeit.«

      »Noch eine Weile«, bat Faline stürmisch, »noch eine kleine Weile.«

      Bambi flehte: »Bleiben wir noch! Bitte! Es ist so schön!«

      Und Gobo wiederholte bescheiden: »Es ist so schön … noch eine Weile.«

      Sie sprachen alle drei zugleich.

      Ena sah die Mutter an: »Nun, hab' ich's nicht gesagt? Jetzt wollen sie sich nicht voneinander trennen.«

      Da geschah noch etwas, und es war viel größer als all das viele andere, das Bambi heute schon erlebt hatte.

      Vom Walde her drang klopfendes Stampfen den Erdboden entlang. Äste knackten, Zweige rauschten, und bevor man noch die Ohren spitzen konnte, brach es aus dem Dickicht hervor. Der eine in Rauschen und Prasseln, der andere im Saus hintendrein. Wie der Sturmwind rasten sie hervor, vollführten einen weiten Bogen auf der Wiese, tauchten in den Wald zurück, wo man sie galoppieren hörte, kamen noch einmal aus dem Dickicht gebraust und standen plötzlich still, an zwanzig Schritte voneinander entfernt.

      Bambi schaute sie an und regte sich nicht. Sie sahen wohl aus wie Mutter und Tante Ena. Doch auf ihren Häuptern blitzte die Krone des Gehörns, in braunen Perlen und hellen weißen Zinken. Bambi war ganz betäubt; er blickte von einem zum andern. Der eine war kleiner, und auch seine Krone war geringer. Aber der andere war gebieterisch schön. Er trug das Haupt hoch, und hoch ragte darauf die Krone. Die funkelte vom Dunkeln ins Helle, war verziert mit der Pracht vieler schwarzer und brauner Perlen und mit weitgestreckten, schimmernd weißen Enden.

      »Oh!«

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