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und dann aus dem Gebüsch hinaus. Wir folgten ihnen. Da sah Intschu tschuna die Messpfähle stecken, blieb stehen, wendete sich zu mir zurück und fragte:

      »Was wird hier getrieben? Wollen die Bleichgesichter etwa dieses Land vermessen?«

      »Ja.«

      »Wozu?«

      »Um einen Weg für das Feuerroß zu bauen.«

      Sein Auge verlor den ruhigen, sinnenden Blick; es leuchtete zornig auf, und fast hastig erkundigte er sich:

      »Du gehörst zu diesen Leuten?«

      »Ja.«

      »Und hast mit vermessen?«

      »Ja.«

      »Du wirst bezahlt dafür?«

      »Ja.«

      Da war es ein verächtlicher Blick, den er über mich hinweggleiten ließ, und ebenso verächtlich klang sein Ton, als er zu Klekih-petra sagte:

      »Deine Lehren klingen sehr schön, aber sie treffen nicht oft zu. Da hat man endlich einmal ein junges Bleichgesicht gesehen mit einem tapferen Herzen, offenem Gesicht und ehrlichen Augen, und kaum hat man gefragt, was es hier tut, so ist es gekommen, um uns gegen Bezahlung unser Land zu stehlen. Die Gesichter der Weißen mögen gut sein oder bös, im Innern ist doch Einer wie der Andere!«

      Wenn ich ehrlich sein will, so muß ich sagen, daß ich keine Worte zu meiner Verteidigung hätte finden können; ich fühlte mich innerlich beschämt. Der Häuptling hatte recht; es war so, wie er sagte. Konnte ich etwa stolz auf meinen Beruf sein, ich streng moralischer, christlicher Landesvermesser?

      Der Oberingenieur hatte sich mit den drei Surveyors in das Zelt versteckt. Sie blickten durch ein Loch desselben nach dem gefürchteten Bären aus. Als sie uns kommen sahen, wagten sie sich hervor, nicht wenig erstaunt oder vielleicht auch betroffen darüber, daß sie die Indianer bei uns sahen. Sie empfingen uns natürlich mit der Frage, wie wir uns des Bären erwehrt hätten. Da antwortete Rattler schnell:

      »Wir haben ihn erschossen, und zu Mittag wird es Bärentatzen, heut Abend aber Bärenschinken zu essen geben.«

      Unsere drei Gäste sahen mich an, ob ich mir dies gefallen lassen würde; darum machte ich die Bemerkung:

      »Und ich behaupte, daß ich ihn erstochen habe. Hier stehen drei Sachverständige, welche mir recht gegeben haben; das soll aber gar nicht entscheidend sein. Wenn nachher Hawkens, Stone und Parker kommen, mögen sie ihre Urteile abgeben, nach denen wir uns richten werden. Bis dahin bleibt der Bär unangerührt liegen.«

      »Den Teufel werde ich mich nach diesen dreien richten!« murrte Rattler. »Ich gehe mit meinen Leuten hin, um den Bären aufzubrechen, und wer uns da hindern will, dem jagen wir ein halbes Dutzend Kugeln in den Leib!«

      »Tut nicht so dick, sonst mache ich Euch dünn, Mr. Rattler! Vor Euren Kugeln fürchte ich mich nicht so, wie Ihr Euch vor dem Bären gefürchtet habt. Ihr jagt mich auf keinen Baum; das laßt Euch nur gesagt sein! Daß Ihr hingeht, dagegen habe ich nichts, erwarte aber, daß Ihr es nur Eures toten Kameraden wegen tut, den Ihr begraben mögt. So liegen lassen dürft Ihr ihn doch nicht.«

      »Es ist einer tot?« fragte Bancroft erschrocken.

      »Ja, Rollins,« antwortete Rattler. »Dieser arme Teufel hat auch nur wegen der Dummheit eines Andern sein Leben lassen müssen, sonst hätte er sich retten können.«

      »Wieso? Wessen Dummheit?«

      »Nun, er machte es grad so wie wir und sprang nach einem Baum; er wäre ganz gut hinaufgekommen, aber da kam dieses Greenhorn alberner Weise gerannt und reizte den Bären, welcher sich dann wütend auf Rollins stürzte und ihn zerfleischte.«

      Das war die Schlechtigkeit denn doch zu weit getrieben; ich stand beinahe sprachlos vor Erstaunen. Die Sache in dieser Weise darzustellen, und noch dazu in meiner Gegenwart, das durfte ich denn doch nicht dulden! Darum wandte ich mich schnell mit der Frage an ihn:

      »Das ist Eure Überzeugung, Mr. Rattler?«

      »Yes,« nickte er entschlossen. Er zog seinen Revolver heraus, denn er erwartete eine Tätlichkeit von mir.

      »Rollins hätte sich retten können und wurde nur durch mich verhindert?«

      »Yes.«

      »Ich meine aber, daß der Bär ihn schon gefaßt hatte, ehe ich kam!«

      »Das ist eine Lüge!«

      »Well, so sollt Ihr jetzt die Wahrheit hören oder fühlen.«

      Bei diesen Worten riß ich ihm mit der Linken den Revolver aus der Hand und gab ihm mit der Rechten eine so gewaltige Ohrfeige, daß er wohl sechs bis acht Schritte weit fort und da zur Erde flog. Er sprang auf, riß sein Messer heraus und kam, wie ein wütendes Tier brüllend, auf mich zugerannt. Ich parierte den Messerstich mit der linken Hand und schlug ihn mit der rechten Faust nieder, daß er zu meinen Füßen ohne Besinnung liegen blieb.

      »Uff, uff!« rief Intschu tschuna erstaunt, indem er vor Bewunderung dieses Jagdhiebes die gebotene indianische Zurückhaltung vergaß. Im nächsten Augenblicke jedoch sah man ihm schon an, daß er diese Anerkennung bereute.

      »Das war wieder Shatterhand,« sagte der Surveyor Wheeler.

      Ich achtete nicht auf diese Worte, sondern hielt mein Auge auf Rattlers Kameraden gerichtet. Sie waren sichtlich wütend, aber es wagte keiner, mit mir anzubinden. Sie murrten und fluchten unter sich; aber das war auch alles, was sie taten.

      »Nehmt Rattler doch einmal ernstlich vor, Mr. Bancroft,« forderte ich den Oberingenieur auf. »Ich habe ihm nichts getan, und doch sucht er sich stets an mir zu reiben. Ich fürchte, es kommt noch Mord und Totschlag hier im Lager vor. Lohnt ihn ab, und wenn Euch das nicht beliebt, nun, so kann ich ja gehen.«

      »Oho, Sir, so schlimm ist die Sache denn doch wohl nicht!«

      »Ja, so schlimm ist sie. Hier habt Ihr sein Messer und seinen Revolver. Gebt ihm diese Waffen nicht eher, als bis er sich beruhigt hat, nachdem er wieder zu sich gekommen ist. Denn ich sage Euch, ich wehre mich meiner Haut, und wenn er mir noch einmal mit einer Waffe kommt, so schieße ich ihn nieder. Ihr nennt mich ein Greenhorn, aber ich kenne doch die Gesetze der Prairie. Wer mir mit dem Messer oder der Kugel droht, den darf ich augenblicklich erschießen.«

      Dies galt natürlich nicht nur Rattlern, sondern auch seinen ›Westmännern‹, von denen keiner ein Wort dazu sagte. Jetzt wendete sich der Häuptling Intschu tschuna an den Oberingenieur:

      »Mein Ohr hat jetzt vernommen, daß du unter den hiesigen Bleichgesichtern derjenige bist, welcher den Befehl führt. Ist dies so?«

      »Ja,« antwortete der Gefragte.

      »So habe ich mit dir zu reden.«

      »Was?«

      »Das sollst du hören. Du stehst auf deinen Füßen; aber Männer sollen sitzen, wenn sie sich beraten.«

      »Willst du unser Gast sein?«

      »Nein, das ist unmöglich. Wie kann ich dein Gast sein, wenn du dich bei mir auf meinem Boden, in meinem Walde, meinem Tale, meiner Prairie befindest? Die weißen Männer mögen sich setzen. Was sind das für Bleichgesichter, welche da noch kommen?«

      »Sie gehören zu uns.«

      »So mögen sie sich auch mit zu uns setzen.«

      Sam, Dick und Will kamen nämlich jetzt von ihrem Ritte zurück. Sie als erfahrene Westleute wunderten sich nicht über die Anwesenheit der Indianer, wurden aber besorgt, als sie hörten, wer die beiden seien.

      »Und wer ist der dritte?« fragte mich Sam.

      »Er heißt Klekih-petra, und Rattler hat ihn Schulmeister genannt.«

      »Klekih-petrah, der Schulmeister? Ach, von dem habe ich gehört, wenn ich nicht irre. Das ist ein sehr geheimnisvoller

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