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Zweite kam mit den Papieren für die Pakete. Die Reederei hatte prompt reagiert, und der Zweite staunte Bauklötze, was da alles möglich war. „Das hätte sich Ihr Vorgänger nicht getraut. Aber der war ja auch nicht von der Süd“, meinte er. Dass er sich nicht traute, das war das Übel, dachte Flarrow.

      Der spanische Trawler machte an Backbord fest, und dann tauchte noch ein weiterer Trawler auf, der sich an die Steuerbordseite legte.

Grafik 61

      KMS „HILDEGARD“ in Kapstadt

      „Wie bei einem flotten Dreier“, ließ sich ein fröhlicher Dritter Ingenieur hören.

      Flarrow fragte nach dem Schiffshändler, der Rohrleitungen und Armaturen, die für den Umbau der Schwerölvorwärmung benötigt wurden, sowie eine Menge anderer Dinge, die zum täglichen Bedarf des Betriebs zählten, liefern sollte.

      Die Behörden, vertreten durch einen Hafenpolizisten, arbeiteten unauffällig und schnell mit dem Kapitän zusammen. „No wireless Operator?“, fragte der Südafrikaner, und der Alte zeigte ihm sein Großes Funksprechzeugnis. Damit war der Punkt abgehakt.

      Sie würden mindestens fünf Tage zum Laden benötigen, und damit stand für Flarrow fest, dass sie einige Kolben der Hauptmaschine ziehen würden. Dann kehrte Ruhe ein, Agent und Polizist gingen an Land, die wachfreie Besatzung auch, und der Obersteward deckte im Salon den Tisch. Nach dem Abendessen las Flarrow die Reedereipost. Sie lobten seinen Bericht, weil er so schnell und tatkräftig gehandelt hatte, versicherten ihm ihre volle Unterstützung und wünschten weiterhin gute Reise. Es machte ihn stolz, weil sie von ihm beeindruckt waren, aber auch, weil er das richtige Schiff gewählt hatte. Ein Neubauprogramm von sechs Kühlschiffen war aufgelegt worden. Da wollte er dabei sein, und der Erfolg auf der „HILDEGARD“ würde bestimmt dazu beitragen. Die bittere Pille stand in einem Absatz über die Versicherung des Schiffes. KMS „HILDEGARD“ war maschinentechnisch nur gegen Fehlbedienung versichert. „Bei Ihren Entscheidungen sollten Sie deshalb vorher die Ursachen ergründen und, natürlich nur gegebenenfalls, Fehlbedienung feststellen. Für diesen Fall benötigen wir dann einen Bericht und entsprechende Unterlagen, die wir der Versicherung einreichen können.“ Zwischen den Zeilen hieß das, die Schadensursachen möglichst oft auf Fehlbedienung zu schieben. Was verlangten sie da von ihm? Und wie würde sich das auswirken, wenn die Versicherung ihn als Chief wegen zahlreicher Fehlbedienungen ablehnte?

      Dann fiel sein Blick auf einen privaten Brief, der nur von zu Hause sein konnte. Ach ja, zu Hause das gab es ja auch noch! Er riss den Brief auf und las, was die Eltern von Kassel und den Ereignissen aus ihrer Welt zu berichten hatten.

      Am nächsten Morgen fehlte der Schmierer Jan van Thaden und trat deshalb seine Hafenwache von acht bis sechzehn Uhr nicht an. Der Elektriker tauchte ziemlich betrunken gegen neun Uhr auf und bekam sofort einen freien Tag. Unter diesen Bedingungen hatte es keinen Zweck, mit dem Kolbenziehen zu beginnen. Es waren einfach zu wenige Leute da.

      Die Zulus von der Stauerei erschienen in dicker Winterkleidung. Sie mussten eine halbe Stunde stauen und hatten dann eine halbe Stunde Aufwärmzeit an Deck, und alles war sehr neu für diese Leute. Die Räume waren auf minus zwanzig Grad vorgekühlt. Das war bestimmt schwer für die Zulus, in solcher ungewohnten Kälte zu arbeiten. Deshalb ging es auch so langsam. Umgeschlagen wurde mit den Ladewinden der „HILDEGARD“, die von qualifizierten Farbigen bedient wurden. Sie kannten sich mit der Arbeit aus und waren eingearbeitet.

      Als abends die Kühlung angesetzt wurde, lief der Kompressor I nicht. Es war der Elektromotor, der wieder irgendwoher Wasser geschluckt hatte. Also wurde Kompressor II angesetzt. Der Fisch war mit minus zwanzig Grad gut gekühlt, da brauchte es nicht viel Kälteleistung vom Schiff.

      Der Elektriker saß am Achterdeck und trank mit ein paar Matrosen. Er hatte gehört, dass der Kompressor nicht in Ordnung war und verkündete nun jedem, der es hören wollte, dass er leider einen freien Tag hätte und da müsste eben der schlaue Chief sehen, wie er klar käme. Der Zweite hatte Bordwache, und der Dritte war an Land gegangen. Von Jan noch immer keine Spur. Der Schiffshändler hatte die bestellten Materialien bereits geliefert, so dass am nächsten Morgen mit dem Umbau der Schwerölvorwärmung begonnen werden konnte.

      Der Alte kam noch auf einen Schluck Whisky und begann irgendwann von früher zu erzählen. Er war mit vierzehn zur See gegangen, zuerst auf einem Kümo und später auf Großer Fahrt. Als der Krieg ausbrach, war er Zweiter Steuermann auf einem großen Frachter, der von der Kriegsmarine gechartert worden war. Ab Mai 1940 war er überwiegend mit der Versorgung der deutschen Truppen in Norwegen beschäftigt. Anfang 1941 wurde sein Schiff torpediert und sank. Er bekam ein neues Schiff und wurde zum Ersten Offizier befördert. Die zweite Versenkung fand im Sommer 1943 statt, und er überlebte wiederum. Im Anschluss an einen Erholungsurlaub sollte er sein erstes Kommando bekommen. Das Schiff, auf dem er den Kapitän ablösen sollte, wurde aber vorher versenkt. Er bekam nun einen Erzfrachter als Erster Offizier, mit der Aussicht, später dort als Kapitän zu fahren. Der Erzfrachter lief aber auf dem Weg zum Ladehafen Lulea auf eine deutsche Mine und sank. Alle Besatzungsmitglieder überlebten. Nun wurde er auf einen Trockenfrachter versetzt, der in der Ostsee als Versorger der Ostfront fuhr. Das Kriegsende erlebte er auf diesem Schiff als Erster Offizier. Seine Reederei hatte kein Schiff mehr. Mit einer Landstellung tat er sich schwer. Er wartete, bis Deutschland wieder eine Handelsmarine haben durfte und begann nach dem Krieg als Dritter Offizier. Mittlerweile war er dreißig Jahre alt geworden und noch immer Dritter Steuermann. Dann bekam er bei H. C. Horn eine Chance als Erster Offizier, nach einem Jahr wurde er Kapitän. Als H. C. Horn von der Hamburg-Süd-Gruppe übernommen wurde, versuchte er, auf ein Südschiff zu kommen. Er bekam das Kommando auf einem Frachter, der im Columbus Line Service fuhr; ein Service, der gerade im Aufbau war. Da wurde jede Ladung angenommen. In New York luden sie unter Anderem gefährliche Ladung, Chemikalien in Stahlfässern, die wegen der Brandgefahr nur an Deck gefahren werden durften. Andererseits bestand bei der Berührung mit Wasser Explosionsgefahr. Es war September und Hurrikanzeit in der Karibik. Dort traf der Alte mit einem zusammen. Als der Wirbelsturm anfing, die Aufbauten und die Decksladung zu beschädigen, ließ er die Fässer über Bord werfen. Obwohl er weisungsgemäß handelte, wurde er nach dieser Reise abgelöst. Ohne Angabe von Gründen schickten sie ihn zurück zu den Hörnchen. Die Kaufleute der Hamburg-Süd wollten ihn nicht mehr. „Nun werde ich wohl hier alt werden, mit siebenundvierzig sind doch fast alle Züge abgefahren“, sagte der Alte.

      Gerade, als Flarrow noch einmal einschenken wollte, gab es Getöse. Der Dritte war von Land gekommen, den völlig betrunkenen Jan unter dem Arm, der sich heftig wehrte. Auch der Dritte war betrunken. Trotzdem schaffte der es, Jan in die Koje zu packen. Dem wachhabenden Matrosen gab er Anweisung, ihn auf keinen Fall wieder an Land zu lassen. So ging der zweite Tag im Victoria Basin in Kapstadt zu Ende.

      Am nächsten Morgen meldete sich Jan zum Wachdienst und bat um Entschuldigung für das Wachvergehen. Flarrow drohte ihm bei Wiederholung den Sack an und machte ihm klar, dass dies völlig ernst gemeint wäre. Der Elektriker, immer noch nicht ganz nüchtern, meldete sich zum Tagesdienst und teilte mit, dass er für andere Arbeiten als die seines Fachgebietes nicht mehr zur Verfügung stünde. Flarrow ließ sich nicht provozieren und schickte ihn zum Motor von Kompressor I. Der Elektriker war zum Problem geworden. Weil ihm der Chief nicht passte, stellte er sich stur und versuchte möglichst viele Schwierigkeiten zu machen.

      Mit dem Umbau der Schwerölvorwärmung kamen sie vor allem deshalb so gut voran, weil der Dritte ein ausgezeichneter Schweißer war. Am Abend begann der Probelauf, und alles funktionierte tadellos. Der Zweite staunte, er hatte bezweifelt, dass das etwas werden würde. Auf Flarrows Frage, warum sie diesen Umbau nicht schon längst erledigt hätten, gab er aber keine Antwort. Das genau war es, was Flarrow niemals begreifen konnte. Kaum einer der Schiffsingenieure, die alle auch gute Handwerker waren, war bereit, an der Anlage etwas zu ändern. Das wäre doch in der Verantwortung der Reederei, sagten sie immer, und dabei blieb es dann. Am Abend des dritten Tages wurde nach Löschende noch eine Schicht von den Besatzungen der Trawler und der Matrosen der „HILDEGARD“ gefahren. Die schafften fast das Dreifache der Tagesschicht. Die Fischer waren nervös geworden, weil sie bereits fünf Tage verloren hatten, als sie auf „HILDEGARD“

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