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Knallhart aufs Kreuz gelegt: Zwei Kriminalromane. Cedric Balmore
Читать онлайн.Название Knallhart aufs Kreuz gelegt: Zwei Kriminalromane
Год выпуска 0
isbn 9783742794697
Автор произведения Cedric Balmore
Жанр Языкознание
Серия Extra Spannung
Издательство Bookwire
Schieß jetzt, während er dir seinen Rücken zukehrt!, befahl sie sich.
Irgendwie brachte sie es nicht fertig, dem Impuls zu gehorchen. Meuchelmord war nicht ihr Stil, das würde auch Rocco nicht billigen.
Nick Zolman wandte sich um, er hielt in jeder Hand ein Glas, kam auf sie zu und fragte: „Warum stehst du so im Zimmer herum? Setz dich doch, verdammt noch mal! Ich lebe zwar in keiner Nobelherberge, aber die Sessel sind sauber, genau wie das Bett.“ Das Mädchen setzte sich. Sie nahm das Glas entgegen, das er ihr gab. Sie schnupperte daran. Jack Daniels? Pustekuchen, das war billigster Bourbon aus dem Supermarkt, dieser Kerl hatte ihn lediglich in eine Flasche umgefüllt, mit der er protzen konnte.
„Auf eine heiße Nacht“, sagte er grinsend.
„Prost“, meinte sie und trank.
Eine heiße Nacht. Genau das würde es werden, aber ihr würde für Nick Zolman die große Kälte folgen. Die Kälte des Todes.
„Kein schlechter Stoff, was?“, fragte er und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund.
„Ich versteh nicht viel davon“, behauptete sie ausweichend.
„Macht nichts“, sagte er grinsend. „Hauptsache du bist im Bett so gut, wie du aussiehst. Wie heißt du eigentlich?“
„Gloria“, sagte sie.
„Gloria ist gut, finde ich. Der Name passt zu dir, er hat so was Strahlendes. Beantworte mir nur eine Frage bitte, warum bestehst du beim Zusammentreffen mit deinen Kunden auf einem Codewort? Das mit dem ,L 17‘ ist doch perfekter Quatsch!“
Sie lächelte. „Nicht ganz. Jeder hat seine Verkaufstricks, seine psychologisch fundierten Gags. Das Codewort gibt einem Rendezvous den Reiz des Geheimnisvollen und Besonderen. Ich habe herausgefunden, das Männer so etwas mögen. In jedem von euch steckt doch ein kleiner Agent, eben der Junge, der am liebsten wieder Räuber und Gendarm spielen möchte...“
Er schaute sie an, ziemlich verdattert. „Woran du so denkst“, murmelte er.
Er kannte viele Callgirls, hübsche und weniger attraktive, sein Notizbuch war voll mit ihren Telefonnummern, aber es gab nur wenige, die er mehr als zwei oder dreimal zu sich bat. Nicht eine dieser cleveren, harten Mädchen konnte es mit Gloria aufnehmen, weder im Aussehen, noch in der Fähigkeit, sich zu artikulieren.
Er war überzeugt davon, dass sie ihr Geld voll wert sein würde und fragte sich, warum er nicht endlich begann, das Amüsement zu fordern, für das er bereits gezahlt hatte. Irgend etwas lag in der Luft, er spürte es, und diese atmosphärische Verunsicherung bedrückte ihn, sie erzeugte in ihm Hemmungen, von denen er sonst frei zu sein pflegte.
Er nahm einen weiteren Schluck aus seinem Glas, setzte sich auf die Armlehne des Sessels, in dem seine Besucherin Platz genommen hatte, und betrachtete gleichsam aus der Vogelperspektive die betörenden Kurven ihrer Oberweite. Er sah, dass Gloria keinen BH trug. Ihre vollen, üppigen Brüste atmeten unter einer Bluse aus Seidenjersey.
Er legte eine Hand um ihre runde Schulter und genoss die knisternde Anschmiegsamkeit des Materials auf ihrer glatten, jungen Haut.
Das Mädchen hob den Kopf und schaute ihn an. Nick Zolman sah, wie groß und schön ihre graugrünen Augen waren, etwas kalt vielleicht, aber das war nun mal so bei Callgirls, sie waren berechnend, ohne dieses Talent hätten sie sich in diesem Beruf nicht halten können.
„Sind die Wimpern echt?“, fragte er.
„Ja“, meinte sie, „aber untersteh dich, daran zu ziehen. He, du hast ja 'ne Kanone umgebunden!“
Er verzog den Mund. „Was dagegen? Wir leben in unruhigen Zeiten. Da ist es ratsam, gegen alle Eventualitäten gewappnet zu sein.“
„Bist du ein Gangster?“
Er grinste eitel. „Das würde dir schmecken, was? Alle Puppen haben einen Tick für Gangster. Du bildest keine Ausnahme, Mädchen.“
„Nimm das Ding ab, es stört mich“, bat sie.
Er erhob sich, zog das Jackett aus und löste das Schulterholster. Plötzlich hielt er in seinen Bewegungen inne und fragte: „Wer sagt mir, dass du kein Spitzel bist? Oder jemand, der mich ausplündern will? So was gibt’s in dieser Scheißstadt nur allzu häufig. Oh, Chicago! Ich kenne diesen verlausten Steinhaufen, ich weiß, was darin gespielt wird. Du hast gesehen, was ich in meiner Brieftasche spazieren trage. Du weißt, dass es sich lohnen würde...“
„Spinnst du?“
Er hielt ihren Blick flüchtig fest, dann lächelte er und legte das Schulterholster mit dem schweren Revolver ab. Er hängte das Ganze über eine Stuhllehne, außerhalb von Glorias Reichweite. Das Mädchen begriff, dass er den Revolver nicht aus den Augen lassen würde.
Rocco hatte sie gewarnt. Nick war kein Anfänger. Seine spöttischen Worte waren ernster gemeint, als er es zugeben mochte. Und er wäre nicht Nick Zolman gewesen, wenn nicht dieses beständige Misstrauen in ihm gelebt hätte, eine konstante Menschenverachtung, von der er nur ein Wesen ausnahm: sich selbst.
„Schließ die Tür ab“, bat er.
„Wieso ich?“
Er schaute sie an. Sein Blick war hart geworden, kalt und fordernd. „Ich bezahle dich. In den nächsten zwei Stunden wirst du tun, was ich verlange. Also los. Troll dich!“
Sie stand auf. Sie hatte noch keine drei Schritte getan, als Zolman plötzlich hinter und bei ihr war. Er packte sie am Unterarm und riss sie herum. Gloria stieß einen leisen Schrei aus. „Du tust mir weh! Was soll das?“
„Ich wüsste gern, warum du deine Handtasche ständig mit dir herumschleppst“, sagte er und riss ihr die Tasche aus der Hand. Er öffnete sie, schaute hinein, stieß einen dünnen Pfiff aus und holte die Pistole aus dem Durcheinander von Lippenstift, Puderdose, Schlüsselbund und Pillenschachtel.
„Was ist das?“, fragte er. Seine Augen waren schmal geworden. In den zu Schlitzen verengten Öffnungen glitzerte es wie Laternenlicht auf Eiskristallen.
„Hast du Sand im Getriebe?“, schimpfte sie und wunderte sich, wie überzeugend wütend sie in diesem Moment aufzutreten vermochte. „Du siehst doch, was das ist! Glaubst du, es sei ein Privileg von dir, mit ’ner Kanone herumzulaufen? Mir sind schon die tollsten Dinge passiert, in meinem Beruf geht man nicht unbewaffnet zu fremden Männern.“
Das kalte Glitzern in seinen Augen löste sich auf, er entspannte sich, grinste matt und gab ihr die Handtasche mitsamt Inhalt zurück. „Du hast ja recht“, sagte er. „Wer in dieser Miststadt nicht auf die verrücktesten Dinge vorbereitet ist, darf sich nicht wundern, wenn er an ’ner Bleivergiftung stirbt. Es wird zwar behauptet, das sei ein schöner Tod, aber ich für meinen Teil hätte ihn lieber etwas konventioneller, am liebsten im Bett, weißt du. Apropos Bett wird es nicht Zeit, dass wir die Matratze prüfen?“
„Gibt’s keine Musik in diesem Laden?“, fragte Gloria, der einfiel, dass sie ohne Schalldämpfer schießen musste und es deshalb für notwendig hielt, für eine entsprechende Geräuschkulisse zu sorgen.
„Das Radio ist kaputt“, sagte er, „und Fernsehen wäre wohl für unser trautes Zusammensein schwerlich die geeignete Unterhaltung. Ich zeig dir was besseres, Baby.“
Er fing an, sich auszuziehen. Plötzlich wusste Gloria, dass sie nicht mit ihm schlafen konnte. Auf einmal hatte sie den Wunsch, das Ganze hinter sich zu bringen, möglichst rasch und schmerzlos. Sie nahm die Pistole aus der Tasche und spürte, wie der scharfe Geruch des Waffenöls in ihre sich blähende Nase stieg.
Nick Zolman stand etwa vier Schritte von ihr entfernt, noch in Reichweite des am Stuhl baumelnden Schulterholsters. Er spürte, dass etwas nicht stimmte, wandte den Kopf und bekam große Augen, als er die Waffe in der Hand seiner Besucherin sah. Sein Kinn klappte