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nicht mitzugehen. Erstaunt blickte er ihn an, der Hackelnberg aber, der die Bewegung ebenfalls bemerkt haben mußte, warf ihm einen zornigen Blick zu und rrcf: „Na, jetzt laß die albernen alten Geschichten; ich werd' ihn nicht beißen, und wenn er Furcht hat, kann er ja ruhig da bleiben.“

      „Furcht?" lachte Raischbach, „wovor soll ich Furcht haben? Ich will Niemanden hier schädigen und hoffe, eben so freundlich behandelt zu werden." /134/

      „Es ist eine alte Gewohnheit von ihm," lachte der Hackelnberg, „daß er immer mit dem Kopf schüttelt und ein bedenkliches Gesicht schneidet. Kommt, es wird sonst zu spät - und wenn der Hans Jagenteufel noch eintreffen sollte, so laßt mich's wissen, Eckardt."

      „Ach, heute giebt's doch keine Partie mehr," brummte der Ebersberger, - „ich gehe auch mit! Vorwärts marsch!"

      Der Hackelnberg, von dem Ebersberger dicht gefolgt, verließ das Zimmer, und Raischbach schloß sich ihnen an. Unten im Vorsaal aber, ehe sie die Thür verließen, sah er Marie stehen, die ihm verstohlen, aber ängstlich mit der Hand winkte, nicht zu gehen. Raischbach zögerte setzt wirklich unschlüssig einen Moment, aber der wilde Jäger mußte das auch bemerkt haben, denn rasch und zornig wandte er sich gegen das junge Mädchen, das sich scheu vor den funkelnden Augen des Wilden in eine Kammer zurückzog und nicht wieder zum Vorschein kam.

      Im nächsten Moment befanden sic sich draußen auf der Straße und sahen sich auch schon dem mit Geweihen und Jagdschmuck gezierten Hause Hackelnberg's gegenüber.

      Raischbach blickte allerdings erstaunt umher, denn vorher war es ihm so vorgekommen, als ob das Haus viel weiter abseits gelegen habe, aber lange Zeit zum Ueberlegen blieb ihm doch nicht. Graf Hackelnberg schritt rasch über die Straße hinüber und stieß einen kleinen Gartenzaun auf, der von kläffenden, heulenden Rüden wimmelte. Das war ein Springen und Bellen und Winseln, als sie ihren Herrn kommen sahen, und nur gegen den Fremden wollten sie anknurren und ihn nicht vorüberlassen; aber ein Pfiff des wilden Jägers trieb sie alle scheu zurück, und jetzt öffnete sich ihnen die niedere Thür des kleinen Gebäudes, und der junge Forstgehülfe betrat hier eine vollkommen neue Welt.

      Schon die Hausstur zeigte die Jägerwohnung. Da hingen Seite an Seite die riesigsten, herrlichsten Geweihe von Hirschen, wie sie Raischbach bis jetzt kaum für möglich gehalten hatte, dann ausgestopfte Eber- und Bärenköpfe, und die ganze in den oberen Stock hinaufführende Treppe war mit Wolfs- und Luchspelzen statt Teppichen dicht belegt. Und oben erst die abnormen Geweihe und Gehörne, eine Sammlung, von denen /135/ jedes einzelne Stück an der Oberwelt mit Gold ausgewogen worden wäre.

      „Heh, Raischbach!" rief der Hackelnberger, indem er sich nach seinem Begleiter umwandte und auf die eine Wand deutete, an der nur Rehbocksgehörne hingen, „das sind andere Kerle gewesen, als Euer Bock oben im Wald, wie? – Seht Euch einmal die drei da an!"

      „Aber das sind doch keine Rehbocksgehörne!" rief der Jäger fast erschreckt aus, als er die riesigen Stangen sah.

      „Waren es nicht?" lachte Hackelnberg - „ich habe sie aber alle zu meiner Zeit selber geschossen. Nehmt Euch eins zum Andenken mit."

      „Von den Gehörnen?"

      „Gewiß; damit könnt Ihr Staat machen, und ein besseres hat Niemand bei Euch da droben; kommt auch nicht mehr vor. Da drinnen hängen noch die Armbrüste, die wir damals geführt, denn da waren noch nicht die Knallgewehre erfunden, mit denen man jetzt einen Lärm im Walde macht, daß man es Meilen weit hören kann. Nehmt Euch nur das Gehörn, wenn's Euch Spaß macht, zum Andenken an den Hackelnberg."

      „Tausend Dank denn!" rief Raischbach erfreut, und es wurde ihm die Wahl zwischen den drei prachtvollen Geweihen schwer. Aber er zögerte doch nicht lange, nahm das ihm nächste von der Wand und folgte dem Grafen dann in das Nachbarzimmer, in seine „Gewehrkammer", wie er es nannte, wo malerisch geordnet Unmassen von Armbrüsten, Saufedern, Hirschfängern, Bärenspießen und allen möglichen anderen alten Waffen an den Wänden geordnet waren.

      Da plötzlich schlug eine Glocke an - zwölf dumpfe, schauerliche Schläge, und der Ebersbcrger griff seinen Hut auf und stürmte die Treppe hinunter.

      „Hallo!" rief der Hackelnberg, „ist's schon Zeit? Also bis nachher, Raischbach - aber kommt lieber mit, daß Euch die Hunde kein Leides thun, denn wenn ich nicht bei ihnen bin, sind die Bestien rein des Teufels. - Macht schnell, wir haben keinen Augenblick mehr zu verlieren, und nehmt das Gehörn in Acht."

      Mit langen Sätzen flog er die Treppe hinab und aus dem /136/ Haus, und Raischbach ließ sich die Warnung nicht umsonst gesagt sein, sondern blieb ihm dicht auf den Hacken.

      Unten umtobten die Hunde aber schon ein paar gesattelte Pferde, auf die sich der Hackelnberg und der Ebersberger warfen. Fräulein Berchta kam ebenfalls in voller Carriere die Straße herunter, und fort ging die Hetze, daß die Funken aus den Steinen herausschlugen.

      Raischbach sah ihnen noch verwundert nach, als plötzlich Jemand seine Hand ergriff und unverhofft wieder Marie neben ihm stand und ängstlich rief: „Fort! fort! es ist die höchste Zeit - komm mit mir - oh ich bat Dich doch, nicht mit dem wilden Jäger zu gehen."

      „Aber, Schatz!" sagte Raischbach - „er hat mir ja nichts zu Leide gethan."

      „Komm nur mit!" bat die Maid; „mir darfst Du folgen, ich meine es gut mit Dir."

      „Und wohin?"

      „Wieder hinaus zu den Deinen - wenn sie zurückkehren, bist Du verloren."

      „Aber er war so freundlich und hat mir auch -"

      „Du kennst sie nicht," drängte aber das Mädchen, indem sie ihn die Straße entlang zog, daß er ihr kaum folgen konnte - „wenn sie dazu aufgelegt sind, ist ihnen Alles Wild, was vorkommt. Aber ich denke, wir erreichen die Grotte noch, ehe sie zurückkehren können."

      „Wo will der hin?" fragte plötzlich eine rauhe Stimme, und eine wilde Gestalt, auch in altem Jagdcostüm, aber einen Bärenspieß in der Hand und zu Fuß stand vor ihnen, und zwar gerade an der Stelle, wo der Weg wieder in den schmalen Gang hineinführte.

      „Nun, wieder nach Haus, Kamerad!" erwiderte diesmal Raischbach selber, während Marie ihn ängstlich am Rock zupfte - „ich war zum Besuch hier unten."

      „So, mein Bursche!" sagte der wilde Gesell, indem er sich seinen etwas schief sitzenden Kopf wieder zurecht rückte, „und darfst Du denn das?"

      „Ja, Herr von Jagenteufel!" erwiderte da Marie - „er darf; er nimmt ja nichts mit fort." /137/ „Wirklich?" rief der fremde Jäger, „und wo hat er das Rehbocksgehörn her? Hol' mich der Teufel, das ist ja aus der Sammlung des Hackelnbergers!"

      „Und von dem habe ich es auch geschenkt bekommen," sagte Raischbach trotzig.

      „Oh, wirf es fort, wirf es fort!" flüsterte ihm das Mädchen bittend zu - „Du darfst nichts mitnehmen."

      „Das wollen wir doch bald erfahren, ob er es Dir wirklich geschenkt hat, mein Bursche!" lachte da der Fremde, indem er ein kleines Horn an die Lippen setzte und einen schrillen Ton darauf blies.

      „Fort! fort!" rief aber das Mädchen, indem sie Bernhard am Arm faßte und mit sich in den Gang hineinriß. „Das ist das Signal für die wilde Jagd - wenn sie uns einholen, sind wir Beide verloren!"

      Im nächsten Moment flohen sie durch den jetzt vollkommen dunkeln Gang, und Raischbach schien es, als ob er gar kein Ende nehmen wollte. Da hörte er plötzlich ein fernes wunderliches Geräusch.

      „Horch!" rief das junge Mädchen in Todesangst, „sie kommen! - oh, kannst Du denn nicht schneller laufen?"

      „Ich weiß nicht!" erwiderte der junge Forstgehülfe, „sonst bin ich flüchtig wie ein Reh, aber jetzt ist es mir, als ob ich die Füße gar nicht vom Boden bringen könnte - sie sind mir so schwer wie Blei."

      „Oh wirf das Gehörn fort! Du darfst nichts mitnehmen."

      „Bah, der Hackelnberg hat mir's geschenkt - haben wir denn noch weit?"

      „Da kommen sie! Da kommen sie!" rief das Mädchen, und

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