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freundlich aussehende Mann, «enorm viel, und Holzböcke!8 – Puh, ich bin einmal da drin gewesen, gleich unter der Post Arkansas9; Tschisus Etch Dobbeljuw Kreist10, was für Holzböcke! Wenn mich nicht ein Teil festhielt, hätte mich der andere aus dem Bette gezogen, und am nächsten Morgen war meine Haut wie ein Sieb, daß ich mich mit Baumharz ordentlich anstreichen mußte, um nur nicht auszulaufen. Ist aber famoses Land da drinnen.»

       «Sie sind hier bekannt?» frug Fräulein v. Seebald mit mehr Interesse, als sie sonst wohl an dem kleinen, unscheinbaren Mann genommen hätte. «Kennen das Land vielleicht auch und die Leute?»

       «Kennen?» sagte der kleine sonderbare Fremde mit einem ungemein selbstbewußten Lächeln, indem er als bildliche Darstellung seiner Antwort die rechte Rocktasche herausdrehte und gegen die Dame hielt. «Kenne ich meine Tasche? – Ich bin Charley Fischer – haben Sie noch nichts von Charley Fischer in Little Rock gehört? Wie? – Noch nicht? Bin schön zwölf Jahre hier im Land und habe Little Rock mit bauen helfen; war damals wirklich ein Little Rock11, ist aber jetzt ein hiep biggerer12 geworden.»

       Fräulein v. Seebald lächelte über die wunderliche Ausdrucksweise des Mannes. Es lag ihr aber daran, die genaue Situation der Farm kennenzulernen, die dem Grafen Olnitzki gehörte und die, da sie eine gar nicht so weite Strecke von der Hauptstadt Little Rock entfernt sein sollte, auch jedenfalls von dem Mann gekannt sein mußte.

       «Dürfte ich Sie da vielleicht um eine Auskunft über jemand bitten, der in Ihrer Nähe wohnt?» frug sie ihn, und erschrak fast, als der kleine Fremde ganz zutraulich den kleinen Steg vom Radkasten nieder und zu ihr auf die Galerie kam. Sie machte dabei eine fast unwillkürliche Bewegung zurück sah sich nach der Kajütentür um. Charley aber, der die Bewegung falsch verstand, sagte freundlich:

       «Hat nichts zu sagen, mein Fräulein; i c h darf überall hin, der Kapitän kennt mich und ist mein intimer Freund. Habe selber eine kleine Reise nach Napoleon gemacht, um dort nach Sachen zu sehen, die für mich von New Orleans heraufkamen und mit denen das Boot nahe bei Napoleon verunglückte, habe aber ziemlich alles wiederbekommen und die ganze Geschichte gleich selber mitgenommen. Und nach wem wollten Sie sich erkundigen, wenn ich fragen darf?»

       «Kennen Sie einen Graf Olnitzki13, der in der Nähe der Oakland grove eine Farm hat und dort ebenfalls schon mehrere Jahre ansässig ist?»

       «Graf Olnitzki – Graf Olnitzki?» sagte Charley Fischer, wie er sich selbst genannt hatte, sein Kinn dabei mit der rechtend Hand streichend, während er die linke tiefer und tiefer in die entsprechende Rocktasche hineinbohrte. «Graf Olnitzki – den Namen habe ich doch oft genug gehört; er muß auch schon einmal bei mir in Little Rock gewesen sein. Was hat er denn nur da gewollt – ich glaube, irgendetwas zum Verkauf gebracht?»

       «Wahrscheinlich seine Produkte – türkischen Weizen oder Baumwolle… » sagte Fräulein v. Seebald.

       «Ne, ne – es war etwas anderes», meinte Charley.

       «Oder den Ertrag seiner Jagden – Hirschhäute und Bärenschinken… »

       «Ne, ne», beharrte der kleine Deutsche, «es war ‘was ganz absonderliches, jemine noch einmal, daß ich mich jetzt nicht mehr darauf besinnen kann.»

       «Aber das hat ja auch gar nichts zu bedeuten. Sie kennen jedenfalls die Lage und können mir sagen, wo ich vom Dampfboot abgehen muß, den Platz am leichtesten zu erreichen. Der Kapitän meinte, ich würde bis Little Rock mitfahren müssen.»

       «Jedenfalls, jedenfalls», sagte Charley schnell, «können dann bei mir logieren, ich halte auch seit einiger Zeit ein Hotel. Mein Bruder hält zwar ebenfalls eins, und wir haben dadurch gewissermaßen eine Opposition gegeneinander, aber die Opposition ist ja die Seele der Gesellschaft, der Lebenstrieb, der unsere ganzen Staaten zusammenhält; was wären wir hier alle miteinander ohne Opposition?»

       «Aber ich gedenke mich gar nicht in Little Rock aufzuhalten», sagte Fräulein v. Seebald ausweichend.

       «Es wird aber wohl Abend werden, bis wir hinkommen», meinte Charley, «doch das können Sie sich noch überlegen; hier haben Sie jedenfalls meine Adresse.»

       «Und welchen Weg schlage ich von Little Rock ein?» frug die junge Dame, mit einer leicht dankenden Verbeugung die Karte nehmend. «Der Platz liegt, so viel ich weiß, auf der anderen Seite des Stromes… »

       «Oakland Grove? – Jawohl, aber an der Straße. Prächtige Straße dorthin – ein bißchen naß, wenn’s geregnet hat, aber sonst breit und famos durch den Wald ausgeschlagen.»

       «Und wann geht die Post dorthin ab?» frug Fräulein v. Seebald.

       «Die Post?» sagte Charley, sie rasch und erstaunt dabei ansehend, setzte aber, sich besinnend hinzu : «Die B r i e f post meinen Sie? – Der Mailrider14 geht die Woche zweimal nach Batesville hinauf und kommt zweimal wieder.»

       «Und die Fahrpost?»

       «Fahrpost, hahaha!» lachte Charley. «Die Bären und Panther würden ungemein erstaunt sein, wenn sie einmal eine Fahrpost zwischen sich durchrasseln hörten. Segne Ihre Seele, mein Fräulein, dahinein geht keine Fahrpost. Nichts wie ein berittener Bote, und wenn Sie nach Oakland Grove wollen, so müssen Sie entweder zu Fuß gehen oder reiten. Ihr Gepäck können Sie indessen zu mir ins Haus stellen.»

       «Das wäre ja schrecklich!» rief Fräulein v. Seebald.

       «Oh, es steht dort ganz sicher!» sagte Charley.

       «Nein, ich meine den Weg zu Fuß oder zu Pferde machen; ich habe noch nie auf einem Pferde gesessen.»

       «Das ist ganz leicht», sagte Charley, «der linke Fuß kommt in den Steigbügel, und das rechte Knie nehmen Sie, sehen Sie, s o – über die Knuppe hinauf, die an dem Damensattel sitzt, dann können Sie gar nicht herunterfallen und hängen oben wie eine Klette.»

       «Und wie weit ist der Platz von Little Rock?»

       «Oakland Grove?»

       «Nein, wo Graf Olnitzki wohnt?»

       «Ja, das weiß ich wahrhaftig nicht genau», sagte Charley achselzuckend, «ich bin nach der Richtung hin noch gar nicht gekommen; aber dahin müssen Sie doch einen Führer mit Pferden nehmen, und Ihr Herr Gemahl – Sie sind doch verheiratet, wenn ich fragen darf?»

       Die Frage kam so plötzlich, daß Amalie v. Seebald unwillkürlich darüber errötete, aber lächelnd antwortete:

       «Nein, ich bin n i c h t verheiratet.»

       «Aber Sie haben doch jedenfalls Begleitung», sagte Charley.

       «Ich bin g a n z allein», erwiderte die Dame.

       « G a n z allein? – Und wollen ganz allein in den Wald hinein?»

       «Und warum nicht?»

       «Nu, hören Sie, das nehmen Sie mir nicht übel», sagte Charley, freundlich lächelnd, «das ist denn nun doch wohl bloß Ihr Spaß?»

       «Aber weshalb um Gotteswillen?» frug Fräulein Seebald wirklich beunruhigt über das ganze Wesen des Mannes. «Was kann mir denn im Walde geschehen? Sind noch Indianer dort?»

       «Indianer? – Nein, am Fluß lagern vielleicht welche, aber die stehen unter Aufsicht und sind harmlos.»

       «Oder wilde Tiere?»

       «Nun ja, es gibt wohl Bären und Panther da, aber man hört doch selten davon, daß sie jemanden angefallen haben.»

       «Was sollte mich also sonst hindern?»

       «Ih nun ja», sagte Herr Fischer, «es ist wahr, es g i n g e schon, aber – ich weiß doch nicht, i c h möchte nicht allein und ohne Gewehr nach Oakland Grove und von da noch weiter in den Wald hineingehen, und ich bin doch nun schon zwölf Jahre in Arkansas. Überhaupt, es ist nirgends besser wie in Little Rock, das ist ein kapitaler Fleck und sollte mich gar nicht wundern, wenn es einmal die erste Stadt in der Union

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