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ich Sie jetzt auf die Spur bringen“, sagte Georg. „Wolf vom Berge hat ihn in Cincinnati gesprochen, und er soll Friedensrichter in Covington, Cincinnati gegenüber, sein.“

       „Dann suche ich ihn auch nächstens dort auf, denn in einigen Tagen muss ich ja doch nach Cincinnati, um von dort verschiedene Maschinenstücke zu holen und andere zu bestellen. Aber da haben wir Musik – wahrhaftig, Ihr Freund und unser Käthchen. Alle Wetter, der Herr hat eine prachtvolle Stimme, hören sie nur:

       ,Von der Straße her ein Posthorn klingt,

       Was hat es, dass es so hoch aufspringt, mein Herz?’“42

       Wolf sang das Lied so seelenvoll und doch dabei mit solchem Feuer und einer so herrlichen Tenorstimme, dass er bald alle um sich her versammelte und Katharine ihn immer leiser und leiser begleitete, damit sie nur ja nicht die Stimme übertönte, und lauter Jubel brach aus, als er geendet. Er konnte aber nicht bewogen werden, für heute noch ein zweites zu singen. Er war angegriffen von der Reise, sagte er, und dann hatte das Lied auch so alte, teure Erinnerungen in ihm wachgerufen, dass er diese nicht gern durch eine andere Melodie stören mochte. Aber das junge Volk hatte auch kaum die ersten Töne gehört, als sie schon spekulierten, ob sich die einmal begonnene Musik nicht auch zum Tanz verwerten ließe, und kaum war der Wunsch laut geworden, als sie förmlich Sturm liefen, um ihn erfüllt zu sehen. Das junge Volk setzt auch bei solchen Gelegenheiten alles durch, und es dauerte nicht lange, so drehten sich die Paare, alte und junge gemischt, im fröhlichen Kreis.

      SECHSTES KAPITEL

      In Donnersville.

       Da Wolf an diesem Abend seinen festen Entschluss ausgesprochen hatte, mit seiner jungen Frau wieder nach Amerika zurückzukehren, so sollte er, ehe er diese Gegend verließ, jedenfalls das kleine Städtchen Donnersville besuchen, um sich den Platz einmal anzusehen. Hatte er sich doch noch keineswegs über seinen künftigen Wohnsitz fest bestimmt, und man kam deshalb überein, dass Georg ihn begleiten wollte. Nach einer solchen Feierlichkeit, wie sie der gestrige Tag geboten, konnte man von den Leuten doch nicht viel Arbeit verlangen. Sie hielten gewissermaßen einen blauen Montag, um sich wieder zu neuer Tätigkeit zu stärken, und Georg Donner gestattete ihnen den auch gern.

       Übrigens waren ihm frische Einwanderer angemeldet worden, die Abgeordnete nach Donnersville geschickt hatten, um sich die Gegend einmal anzusehen, und es lag ihm daran, sie selber zu sprechen und ihnen die Bedingungen mitzuteilen, unter denen sie hier in der Nachbarschaft das Land, das er zum größten Teil selber angekauft, bekommen könnten. Fielen sie Zwischenhändlern in die Hände, so wurden sie gewöhnlich um eine Menge Geld geprellt.

       Die beiden jungen Leute trabten munter auf ein paar vortrefflichen Rappen in die Stadt hinein, stiegen vor der Mermaid ab und ließen ihre Pferde dort einstellen.

       Ezra Ludkins, der Pennsylvanier, mit seiner wunderlichen, halb deutschen, halb englischen Sprache, stand mit den Händen in den Hosentaschen – seiner Lieblingsstellung – in der Tür.

       „Hallo, Mr. Donner!“ rief er seinem alten Bekannten und Gönner schon von Weitem entgegen. „Nun, wie tut’s? Walk nur herein und nimm Deinen Bittern, denn der Morgen ist ein bisschen kalt.“

       „Hallo, Ludkins!“, rief Georg, aus dem Sattel springend und ihm die Hand reichend. „Immer munter?“

       „Nau well“, sagte der Pennsylvanier mit den Achseln zuckend, „viel Druvel43 in dem Nest jetzt. In Grahamstown hett’ ich easiere Zeit.“

       „Das glaub’ ich“, lachte Georg, „da stand das Wirtshaus zuletzt allein und keine Wohnung weiter in fünf Miles davon.“

       „Oho“, bemerkte Ludkins, „der Reverend Mr. Snodgraß...“

       „Der zum Mäßigkeitsverein gehörte“, lachte Georg.

       „Aber powerful viel Brandy zum E i n r e i b e n juhste“44, bemerkte Ezra mit einem drolligen Zug um den Mund, „er brauchte eine Kur.“

       „Na, Ludkins“, lachte Georg, „solche Kurgäste haben wir hier in Donnersville auch, aber kommen Sie hinein, Wolf – und was ich sagen wollte, Ludkins, es sollen Einwanderer heute Morgen angekommen sein. Sind sie zu Hause?“

       „Ein paar, yes“, nickte der Wirt, „die übrigen hat sich der Yankee schon gelangt und gibt sich viele Mühe, sie hinunter nach dem Süden zu schicken. Dort werden sie’s ihnen schon fixen, denn da sie keine Niggers mehr kiepen dürfen, brauchen sie Dutchmen, die ihnen die Felder worken.“

       „Welcher Yankee, Ludkins?“, rief Georg, aufmerksam werdend.

       „Well, der Mr. Sherard glaub’ ich, heißt er, der bei mir hier vierzehn Tage gelodgt und sich jetzt bei dem deutschen Schneider einquartiert hat und alle Menschen in die Süd-Staaten directen möchte. Ein Copperhead45, wie er nur je unsere Staates zertreten hat, und wenn es von dem dependete, so hätten wir morgen schon Niggerauktionen bis an die Lakes46 hinauf.“

       „Und warum schicktet Ihr die Leute nicht zu mir hinaus?“

       „Dass ich ein Narr wäre“, lachte der Wirt, „so lange jemand bei mir Durst hat und seine Drinks bezahlen kann, schicke ihn wahrhaftig nicht selber aus dem Haus. Übrigens sind die Leute ihre eigenen Herren und alt genug, um zu wissen, was ihnen gut ist.“

       „Alt genug, ja“, sagte Georg, langsam dazu mit dem Kopf nickend, „da habt Ihr Recht, Ludkins, aber trotzdem noch in vielen Stücken kleine Kinder. Der deutsche Bauer hat überhaupt einen ganz eigentümlichen und merkwürdigen Charakter, und man muss wissen, wie er bei uns daheim erzogen ist und seine eigenen Kinder erziehen lässt, um ihn zu begreifen.“

       „Es sind manchmal artliche Kerle“, nickte der Pennsylvanier, still vor sich hinlachend, „und dickschädlig wie ein Buffalo.“

       „Das sind sie“, bestätigte Georg, „und außerdem misstrauisch gegen jeden, der einen besseren Rock trägt wie sie, oder es nicht versteht, ihnen nach dem Munde zu schwatzen, dass es einen manchmal zur Verzweiflung treiben könnte. Wer es aber versteht und einen bestimmten Zweck dabei verfolgt, der kann sie um den Finger wickeln und zu den größten Dummheiten verleiten. Mit welchen albernen Vorspiegelungen werden sie manchmal daheim schon zur Auswanderung getrieben, und trotz aller Warnungen von Leuten, die es wirklich gut mit ihnen meinen, lassen sie sich von dem dümmsten Länderschacherer betrügen und kaufen daheim in Deutschland noch für ihr gutes bares Geld Grundstücke und Äcker, die entweder gar nicht existieren oder im günstigen Fall an Stellen liegen, die ein vernünftiger Mensch nicht umsonst haben möchte, in keinem Falle aber selber beziehen könnte.“

       „Aber wie kommt das“, sagte Ludkins, „dass sich gerade Deine Landsleute so schrecklich imposen lassen? Die Irischen sind viel dümmer und außerdem ein rohes, rauflustiges Volk, das nichts im Kopfe hat, als Fighting und Whiskey; aber anführen lassen sie sich nicht leicht, und selbst die Franzosen wollen immer erst sehen, w a s sie kaufen, ehe sie mit dem Tschenz47 herausrücken.“

       „Woher das kommt?“, sagte Georg finster. „Nur allein aus Knauserei, denn der deutsche Bauer zahlt nur das, was er muss und wozu er von dem Amtmann oder Gerichtsdiener gezwungen werden kann. An allem anderen spart er, und wenn es das Wichtigste für ihn wäre, besonders aber an der Schule, die er nicht für das Notwendigste im ganzen Leben, sondern nur für ein notwendiges Ü b e l hält und sich so leicht wie möglich damit abfindet. Seine Schullehrer, die er hegen und pflegen sollte, weil sie allein im Stande wären, aus seinen Kindern einmal Menschen zu machen, lässt er halb verhungern und auf eine Art zwar, die man in Amerika für undenkbar halten würde – er zwingt sie sogar noch sehr häufig, selbst ein niederes Gewerbe dabei zu treiben, nur um das Notwendigste für sich und die Familie anzuschaffen, und wo er auf einer Kirmes zwanzig und dreißig Taler an einem Tag hinauswirft, ist es ihm zuviel, wenn er vier oder fünf Taler das ganze Jahr für den Unterricht seiner Kinder zahlen soll. Dass ein solcher armer Teufel von Schullehrer dann für eine Summe jährlich mit seiner Familie leben soll, die der einzelne Bauer vielleicht zu Taschengeld verbraucht, kann keinen Eifer

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