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zu, zer­schnitt ihm die Wange der Länge nach. Das Blut strömte über den nackten Oberkörper.

      »Ah, es fängt an, ein fängt an«, murmelte der Pope.

      Die Andalusier schwiegen; gierig verfolgten sie die Bewegungen des Kämpfers, auf den sie

      ihr Geld gesetzt. Und die beiden Menschen stießen zu, stießen zu –

      Die blanken Klingen zuckten wie silberne Fun­ken durch den roten Fackelschein, bissen sich fest in den wollenen Schutzbinden der linken Arme. Ein großer Tropfen siedenden Pechs flog von der Fackel dem einen auf die Brust – er merkte es nicht einmal.

      So schnell schleuderten sie die Arme in der Luft, dass man gar nicht sehn konnte, ob einer getroffen war. Nur die blutigen Rinnen, die über­all auf den Körpern sich zeigten, zeugten von immer neuen Rissen und Stichen.

      »Halt! Halt!«, schrie der Patron.

      Die Kerle stießen weiter.

      »Halt! Bombitas Klinge ist gebrochen!«, rief er wieder. »Trennt sie!«

      Zwei Andalusier sprangen auf, nahmen eine alte Tür, auf der sie saßen, und warfen sie roh zwischen die Kämpfer, richteten sie dann hoch, dass sie einander nicht mehr sehn konnten.

      »Gebt die Messer her, Tierchen!«, rief der Pa­tron. Die beiden gehorchten willig.

      Sein scharfes Auge hatte recht gesehn; Bombitas Klinge war in der Mitte gebrochen. Er hatte seinem Gegner die ganze Ohrmuschel durchsto­chen, an dem harten Schädel war die Klinge zer­sprungen.

      Man gab jedem ein Glas Branntwein, dann reichte man ihnen neue Messer und hob die Tür weg.

      Und dieses Mal fuhren sie aufeinander los wie zwei Hähne, ohne Besinnen, blindwütend, Stich um Stich –

      Die braunen Leiber färbten sich purpurn, aus Dutzenden von Wunden rann das Blut. Von der Stirn des kleinen Bombita hing ein brauner Haut­lappen herab, feuchte Strähnen des schwarzen Haares leckten in die Wunde. Sein Messer ver­fing sich in der Schutzbinde des Gegners, der­weil stieß ihm der andere zwei-, dreimal die Na­vaja tief in den Nacken.

      »Wirf die Binde weg, wenn du Mut hast!«, schrie der Kleine und riss sich selbst mit den Zähnen das Tuch vom linken Arm.

      Lagartijillo zögerte einen Augenblick, dann folgte er dem Beispiel. Unwillkürlich parierten sie nach wie vor mit den linken Armen, die in wenigen Minuten völlig zerfleischt waren.

      Wieder brach eine Klinge, wieder trennte man sie mit der morschen Tür; reichte ihnen neue Messer und Branntwein.

      »Stoß ihn, Lagartijillo, mein starkes Stierchen, stoß, ihn!«, rief einer der Männer. »Reiß ihm die Eingeweide aus, dem alten Klepper!«

      Der Angerufene gab, unerwartet, in dem Augenblick, als man die Türe wegzog, seinem

      Gegner von unten her einen furchtbaren Stoß in den Bauch und riss seitlich die Klinge hinauf. Wirklich quoll die ekelhafte Masse der Einge­weide aus der langen Wunde. Und dann, von oben her, stieß er blitzschnell wieder, traf ihn unter dem linken Schultergelenk und zerschnitt die große Ader, die den Arm ernährt.

      Bombita schrie auf, bog sich zusammen, wäh­rend ein armdicker Blutstrahl aus der Wunde spritzte, dem anderen mitten ins Gesicht. Es hatte den Anschein, als ob er ermattet umsinken wolle; doch plötzlich richtete er noch einmal die breite Brust in die Höhe, hob den Arm und stieß auf den blutgeblendeten Feind. Und er traf ihn, zwi­schen zwei Rippen durch, mitten ins Herz.

      Lagartijillo schlug mit beiden Armen in die Luft, das Messer entfiel der rechten Hand. Leb­los sank der mächtige Körper nach vorn über die Beine hin.

      Und als ob dieser Anblick dem sterbenden Bombita, dessen entsetzlicher Blutstrahl in brei­tem Bogen auf den toten Gegner spritzte, neue Kräfte verleihe, stieß er wie ein Wahnsinniger immer, immer wieder den gierigen Stahl in den blutigen Rücken.

      »Hör auf, Bombita, tapferer Kleiner, du hast gesiegt!«, sagte ruhig der Patron.

      Da geschah das Schrecklichste.

      Bombita Chico, dessen letzter Lebenssaft den Besiegten in ein feuchtes, rotes Leichentuch hüllte, stützte sich mit beiden Händen fest auf den Boden und hob sich hoch, so hoch, dass aus dem handbreiten Riss an seinem Leibe die Fülle der gelben Eingeweide wie eine Brut ekelhafter Schlangen weit hinaus­kroch.

      Er reckte den Hals, reckte den Kopf, und durch das tiefe Schweigen der Nacht erscholl sein triumphierendes »Kikeri-kiii!«

      Dann sank er zusammen: Das war sein letzter Gruß an das Leben –

      ***

      Es war, als ob sich plötzlich ein roter Blut­nebel um meine Sinne legte; ich sah, hörte nichts mehr; ich versank in ein purpurnes, unergründ­lich tiefes Meer. Blut drang mir in Ohren und Nase, ich wollte schreien, aber wie ich den Mund öffnete, füllte er sich mit dickem warmen Blute. Ich erstickte fast – aber schlimmer, viel schlim­mer war dieser süße, gräuliche Blutgeschmack auf meiner Zunge. Dann fühlte ich irgendwo einen stechenden Schmerz – doch dauerte es eine un­endliche Zeit, bis ich wusste, wo es mich schmerzte. Ich biss auf etwas, und das, worauf ich biss, das schmerzte so. Mit einer ungeheuren Anstrengung riss ich die Zähne voneinander.

      Wie ich den Finger aus dem Munde zog, er­wachte ich. Bis zur Wurzel hatte ich während des Kampfes den Nagel abgenagt und nun in das unbeschützte Fleisch gebissen.

      Der Andalusier fasste mich am Knie.

      »Wollen Sie Ihre Wetten erledigen, Caballero?«, fragte er.

      Ich nickte; dann rechnete er mir mit vielen Wor­ten vor, was ich verloren und gewonnen hätte. Alle die Männer umdrängten uns – keiner be­kümmerte sich um die Leichen.

      Erst das Geld! Das Geld!

      Ich gab dem Manne eine Handvoll und bat ihn, die Sache zu ordnen. Er rechnete und setzte sich unter heiserem Schreien mit jedem Einzelnen aus­einander.

      »Nicht genug, Caballero!«, sagte er endlich. Ich fühlte, dass er mich betrog, aber ich fragte ihn, wie viel ich noch zu zahlen habe, und gab ihm das Geld.

      Als er sah, dass ich noch mehr in der Tasche hatte, fragte er: »Caballero, wollen Sie nicht das Messerchen des kleinen Bombita kaufen? Das bringt Glück, viel Glück!«

      Ich erstand die Navaja für einen lächerlichen Preis. Der Andalusier schob sie mir in die Tasche.

      Nun achtete niemand mehr auf mich. Ich stand auf und ging taumelnd in die Nacht hinaus. Mein Zeigefinger schmerzte, ich wand fest das Ta­schentuch herum. In langen, tiefen Zügen trank ich die frische Nachtluft.

      »Caballero!« rief jemand, »Caballero!«

      Ich wandte mich um. Einer der Männer kam auf mich zu.

      »Der Patron schickt mich, Caballero«, sagte er, »wollen Sie nicht Ihren Freund mit nach Hause nehmen?«

      Ach ja – der Pope! Der Pope! – Während all der Zeit hatte ich ihn nicht gesehen, nicht

      gedacht an ihn!

      Ich ging wieder zurück, bog durch die Kaktushecken.

      Noch immer lagen die blutigen Massen angefesselt am Boden. Und darüber bog sich der Pope, streichelte mit schmeichelnden Händen die jämmerlich zerfetzten Leiber. – Aber ich sah wohl, dass er das Blut nicht berührte – o nein! Nur in der Luft bewegten sich hin und her seine Hände.

      Und ich sah, dass es zarte, feine Frauenhände waren –

      Seine Lippen zitterten: »Schöne Salsa«, flüsterte er, »schöne rote Tomatensauce!«

      Man musste ihn mit Gewalt fortziehen, er wollte den Anblick nicht missen. Er lallte und tappte unsicher auf den dürren Beinen.

      »Zuviel Branntwein!«, lachte einer der Männer.

      Aber ich wusste: Er hatte keinen Tropfen getrunken.

      Der Patron zog seinen Hut und die

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