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Читать онлайн.Reik atmete tief durch, nickte den zuletzt angekommenen Männern beiläufig zu und begab sich zu seinem Platz an der Stirnseite des Tisches. „Guten Morgen“, begann er und räusperte sich. „Heutiges Thema ist der Bericht Hauptmann Davians, der zurückkam, während ich noch außer Landes war.“
„Verzeiht, Hoheit, aber was ist mit Eurer Reise in den Süden?“ meldete sich Hauptmann Hiron zu Wort, der ihm gegenüber saß. „Werden wir darüber gar nichts erfahren?“
„Bros Aufzeichnungen enthalten alle wissenswerten Informationen“, erwiderte Reik. „Wenn Ihr darüber hinaus noch Fragen habt, wendet Euch an ihn.“
„Kein Wort über … die Frau, diese angebliche Zauberin?“
Reik unterdrückte ein Grinsen. „Die ‚angebliche‘ Zauberin ist ein siebzehnjähriges Mädchen, verwaist, unverheiratet und lebt fürs erste im Tempelbezirk. Genügen Euch diese Informationen oder wollt Ihr noch mehr wissen?“
„Einzelheiten vielleicht“, murmelte Hauptmann Alek zu seiner Linken, aber so leise, dass Reik die Bemerkung übergehen konnte.
Hiron schüttelte nachdenklich den Kopf. „Wenn ich nicht mehr wissen muss …“
„Dann …“ Hauptmann Davian, neben Hiron sitzend, erhob sich. „werde ich die wichtigsten Ergebnisse meines Besuchs in Kalimatan kurz zusammenfassen. Den genauen Bericht kann jeder, den es angeht, nachlesen.
Für mich steht außer Frage, dass sich Kalimatan auf einen Krieg vorbereitet. In einem befestigten Lager nahe Kuramai, vormals fünftausend Mann stark, stehen inzwischen fünfzehntausend Soldaten. Ähnliche, bestätigte Berichte kommen aus anderen Landesteilen, dort sind die Truppenstärken allerdings geringer, und aus Dessum.“
„Mit fünfzehntausend Mann wird Marok doch wohl keinen Krieg beginnen“, gab Hauptmann Cord zweifelnd zu bedenken.
„Mit den fünfzehntausend allein sicher nicht“, antwortete Davian. „Aber wie gesagt: er hat deutlich mehr Männer unter Waffen. Noch hat Marok keinen Anlass, einen Krieg vom Zaun zu brechen. Doch er heizt die Stimmung im Land mächtig an. Für Manduraner ist es dort momentan reichlich ungemütlich.“
Die Frage kam zu früh, doch Reik wusste, worauf das hinauslief. „Also was … ist Euer Rat?“
Kalt sah Davian ihn an, zuckte die Achseln. „Den kennt Ihr, Hoheit. Wartet nicht ab, bis Marok einen Grund findet. Ergreift selbst die Initiative, und zwar jetzt! Stellt ein Heer auf, bildet Soldaten aus, viele Soldaten, denn Marok hat mehr.“
„Ihr ratet mir zum Krieg?“
„Nein.“ Davians Miene war ernst. „Aber bereitet Euch, bereitet Mandura auf einen Krieg vor. Denn der wird kommen.“
„Ja. Und ich fürchte, den Grund dazu haben wir ihm unlängst geliefert.“ Reik unterdrückte den Impuls, laut zu fluchen oder einen Gegenstand zu zerschlagen … Aber Bro traf keine Schuld, niemand traf eine Schuld.
Zu seinem Erstaunen grinste Davian. „Den oder einen anderen. Ist wenigstens ein hübscher Grund.“
(um den 65. Tag herum)
Kapitel 3 – Freundschaften
Seit zweimal zehn Tage weilte Mara bereits im Tempel von Samala Elis, und sie fühlte sich so wohl wie schon lange nicht … Doch, auf dem Ritt, als sie an dem Waldsee Halt gemacht hatten. Und sie die Fische nicht fing. Jula war plötzlich vor ihr aufgetaucht, sein nasser, nackter Körper wie von tausenden Edelsteinen geschmückt, die in der tiefstehenden Sonne blitzten und funkelten. Reik hatte … er hatte ihr aus dem Wasser geholfen. Sie nicht geküsst.
Und abgesehen davon, dass sie den halben Nachmittag erfolglos damit zugebracht hatte, Berit … Hauptmann Berit Remassey einen Brief zu schreiben; sie wusste einfach nicht, wie sie beginnen sollte. Verbissen starrte sie auf das leere Blatt Papier, kaute wütend am Nagel ihres rechten Daumens und murmelte ein zerstreutes ‚Herein‘ vor sich hin, als es an der Tür klopfte. „Ich bin beschäftigt!“
Sina trat mit einem breiten Grinsen ins Zimmer, Milla folgte ihr auf den Fuß. „Wann bist Du schon einmal nicht beschäftigt, Süße? Auf, zieh dir was Nettes an, wir gehen in die Stadt hinunter.“
Mara zögerte keinen Augenblick und sprang begeistert auf. Den verflixten Brief konnte sie auch später noch schreiben. „Ich bin angezogen, wir können sofort gehen.“
„Unter ‚etwas Nettes‘ verstehe ich was anderes“, Sina schob sie ins Schlafzimmer und zog der protestierenden Mara Rock und Hemd aus. In der Zwischenzeit suchte Milla in Maras Kleidern herum und hielt ihr schließlich eine kurzärmlige Bluse und den schwarzen Rock mit dem Miederoberteil entgegen. „Hier, das ist besser.“
„Dazu ist es viel zu kalt“, widersprach Mara, „ich werde ...“
„Unsinn, die Sonne scheint, es ist ein wunderschöner, warmer Frühlingstag. Nimm einfach deine Jacke mit. Und wenn du dich freundlicherweise hinsetzen würdest, mache ich dir sogar die Haare“, bot Milla an.
„Also gut, einverstanden.“
Seufzend setzte Mara sich in den Sessel, während ihr Milla die Haare flocht und Sina ihr die Stiefel anzog; sie verstand nicht, warum die beiden so versessen darauf waren, ihr irgendwelche Sachen an- und auszuziehen, ihr die Haare zu kämmen, sie zu frisieren. Manchmal kam sie sich vor wie ihre Puppe.
Nicht nur Sina und Milla machte das ganz offensichtlich Freude, auch vielen anderen Frauen im Tempel, sogar Réa. Ständig kamen sie mit einem Schal, einem Tuch oder bunten Bändern für die Haare zu ihr, mit Dingen, die sie rein zufällig in einer Kleiderkiste oder einem Schrank entdeckt hatten und bei denen sie sofort an Mara denken mussten. Nur seltsam, dass alle diese Dinge neu waren. Mara konnte die Geschenke nicht ablehnen, ohne die Frauen zu kränken. Außerdem musste sie zugeben, dass sie die Sachen gut gebrauchen konnte. Und natürlich freute sie sich ganz schrecklich darüber, beschenkt zu werden, aber sie wurde jedes Mal verlegen wie ein Kind.
Die drei Frauen schlugen den Weg zum Marktplatz ein, der sich im Zentrum von Samala Elis befand, etwa auf halber Strecke zwischen Tempel und Palast. Mara war fasziniert von dem bunten Treiben auf dem weiten, vor Leben überschäumenden Platz, es schien an den unzähligen Buden und Ständen alles zu geben, was man sich nur wünschen konnte: Kurzwaren, Gewürze und Leckereien, Haushaltswaren und Lebensmittel wie Obst und Gemüse, Korn, Getreide und Mehl, sogar lebende Tiere.
Männer und Frauen aus allen Teilen Manduras und womöglich aus anderen Ländern drängten sich zu Fuß durch die engen Marktgassen, feilschten, was das Zeug hielt, kauften und boten lauthals ihre Waren feil. Der Lärm und das Stimmengewirr waren ohrenbetäubend. Zwischen den Erwachsenen rannten zahllose Kinder und Halbwüchsige umher, jagten einander und balgten sich kreischend. Einige Bettler hatten ihre Plätze nahe der Straße hoch zum Tempel eingenommen.
In den umliegenden Straßen und Gassen hatten sich Dutzende Handwerker niedergelassen, betrieben Händler ihre Geschäfte und Läden. Die besten Schneider und Schuster von Samala Elis fanden sich in den zwei Straßen nördlich des Platzes, wie Milla erzählt hatte, als sie Mara vor fünf Tagen in ein dort gelegenes Lädchen dirigiert hatte, um ein Paar guter Schuhe für Mara machen zu lassen. Mara war froh, dass sie nicht dafür bezahlen musste. Die sieben Silbermünzen waren, wie der Schuster ihr mit einem breiten Lächeln erklärte, vom Tempel bereits beglichen worden. Heute holten sie bei demselben Schuster die fertigen Schuhe ab.