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Kindersoldaten. Sanela Egli
Читать онлайн.Название Kindersoldaten
Год выпуска 0
isbn 9783847633020
Автор произведения Sanela Egli
Жанр Документальная литература
Издательство Bookwire
Selbst Drohungen sind ein effektives Mittel, um Schulen in Regionen zu schließen, in denen Gewalt weit verbreitet ist und die Täter nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Eine Lehrerin aus der ländlichen Laghman-Provinz in Afghanistan erzählte Human Rights Watch, dass ein Drittel ihrer Schüler die Schule abbrachen, nachdem ein so genannter »Nachtbrief« in einer Moschee deponiert wurde. Er drohte der Gemeinde: »Wir raten euch, eure Mädchen nicht mehr in diesen Unterricht zu schicken. Andernfalls könnt ihr euch die Konsequenzen nicht ausmalen. Die Schule wird in die Luft fliegen, und wenn eine eurer Töchter vergewaltigt wird, solltet ihr euch nicht wundern.«
Nutzung von Schulen für militärische Zwecke
Eng verbunden mit zielgerichteten Angriffen auf Schulen ist die Nutzung von Schulgebäuden durch nationale Streitkräfte oder andere bewaffnete Gruppen. Auf Grund ihrer zentralen Lage, ihrer soliden baulichen Anlage und ihren elektrischen und sanitären Einrichtungen besetzen manche Sicherheitskräfte Schulen wochen-, monate- oder sogar jahrelang. So nutzen Regierungstruppen Dutzende Schulen in den indischen Bundesstaaten Bihar und Jharkhand als Außenposten in dem Konflikt mit maoistischen Rebellen. Von diesen Schulbesetzungen dauerten alle, die Human Rights Watch in den Jahren 2009 und 2010 untersuchte, zwischen sechs Monaten und drei Jahren. Die militärische Nutzung von Schulen unterbricht nicht nur die Ausbildung der Schülerinnen und Schüler, sondern provoziert mitunter auch Angriffe durch oppositionelle Kräfte.
Selbst wenn kein Unterricht in Schulen stattfindet, ist ihre militärische Nutzung problematisch. Angriffe durch oppositionelle Gruppen können die schulische Infrastruktur zerstören und die Grenze zwischen zivilen und militärischen Einrichtungen verwischen, so dass Schulen auch dann potentielle Angriffsziele bleiben, wenn der Unterricht fortgesetzt wird. Wenn Sicherheitskräfte eine Schule besetzen, werden deren Gebäude und Außenanlagen häufig befestigt und militarisiert, zum Beispiel, indem befestigte Wachhäuser gebaut, Schützengräben ausgehoben oder Schutzwälle aus Stacheldraht und Sandsäcken errichtet werden. Wenn die Truppen die Schulen wieder verlassen, bleiben diese Befestigungsanlagen häufig zurück. Dadurch werden die Schulen dauerhaft gefährdet, weil sie weiterhin den Anschein militärischer Präsenz erwecken.
Manchmal verdrängen Sicherheitskräfte die Schülerinnen und Schüler vollständig. In keinem der Fälle, die Human Rights Watch untersucht hat, hat die Regierung Anstrengungen unternommen, durch militärische Besetzung vertriebenen Schülerinnen und Schülern alternative Bildungseinrichtungen von vergleichbarer Qualität zur Verfügung zu stellen.
In anderen Fällen besetzt das Militär nur bestimmte Bereiche von Schulen, so dass der Unterricht in den unbesetzten Räumen fortgeführt werden kann. Auch eine solche partielle Besetzung von Schulen ist problematisch. In teilweise besetzten Schulen in Indien und Süd-Thailand, die Human Rights Watch besuchte, beklagten Schüler, Lehrer und Eltern vielfältige Probleme, von überfüllten Klassenräumen über den Verlust von Küchen, die zuvor Mittagessen anboten, bis zur Unmöglichkeit, die Schultoiletten zu benutzen (fehlender Zugang zu Toiletten ist ein weltweit anerkannter Faktor, der zu einer geringeren Schulbesuchsquote von Mädchen beiträgt).
Schülerinnen und Schüler versuchen, ihre Ausbildung trotz der Anwesenheit bewaffneter Männer fortzusetzen. Deren oftmaliges Fehlverhalten - zum Beispiel das Schlagen von Verdächtigen vor den Augen von Schülern, Glücksspielen, Alkohol- und Drogenkonsum - steht einem sicheren und positiven Lernumfeld für Kinder diametral entgegen.
Sobald Sicherheitskräfte einziehen, kommt es typischerweise zu einem sofortigen Abwandern von Schülern. Und Langzeitbesetzung verhindert Neuanmeldungen. Mädchen scheinen Schulen häufiger abzubrechen und seltener in ihnen angemeldet zu werden, teilweise aus Angst vor Belästigung durch die Besatzungssoldaten oder Polizisten. Beispielsweise beklagten Schüler und Lehrer in Jharkhand und Bihar in Indien, dass Angehörige der Sicherheitskräfte vor den Augen von Mädchen nur mit Unterwäsche bekleidet badeten. Derartiges Verhalten gehört offensichtlich nicht in Bildungseinrichtungen.
Internationale Standards zum Schutz der Bildung
Internationale Menschenrechtsnormen - namentlich das von zahlreichen Staaten ratifizierte Übereinkommen über die Rechte des Kindes und der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte - verpflichten Staaten dazu, eine verpflichtende, für alle frei zugängliche und kostenlose Grundschulbildung sowie das Angebot und die Zugänglichkeit von weiterführender Bildung zu gewährleisten. Die Vertragsstaaten sollen die regelmäßige Anwesenheit im Unterricht stufenweise verbessern und die Abbrecherquoten von Jungen und Mädchen verringern. Um das Recht auf Bildung zu gewährleisten, müssen die Staaten Angriffen durch nichtstaatliche, bewaffnete Gruppen vorbeugen und auf sie reagieren, so dass Schulen funktionieren und Kinder Zugang zu Bildung erhalten. Angriffe auf Schüler, Lehrer und Schulen verletzen darüber hinaus verschiedene nationale Rechtsvorschriften.
In Situationen, die als bewaffnete Konflikte klassifiziert werden können, ist weiterhin das humanitäre Völkerrecht - das Recht im Krieg - anwendbar. Das humanitäre Völkerrecht bindet alle Konfliktparteien, sowohl auf Seiten der Regierung als auch auf Seiten oppositioneller bewaffneter Gruppen. Das anwendbare Recht umfasst die Genfer Konvention von 1949 und ihre zwei Zusatzprotokolle sowie Völkergewohnheitsrecht. Im humanitären Völkerrecht sind Schulen und andere Bildungsinstitutionen zivile Einrichtungen, die vor willkürlichen Angriffen geschützt sind, solange sie nicht zum Angriffszeitpunkt von den Kriegsteilnehmern für militärische Zwecke genutzt werden. Entsprechend ist eine Schule, die als Hauptquartier oder Waffenlager dient, ein Militärobjekt und damit ein legitimes Angriffsziel.
Das humanitäre Völkerrecht verbietet darüber hinaus Gewaltakte oder die Androhung von Gewalt, wenn sie nur zu dem Zweck erfolgen, die Zivilbevölkerung zu terrorisieren.
Wenn Regierungstruppen oder nicht-staatliche bewaffnete Gruppen Schulen in einem bewaffneten Konflikt besetzen, sind sie dazu verpflichtet, alle möglichen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, um Zivilisten vor Angriffen zu schützen und notfalls zu evakuieren.
Es ist rechtswidrig, Schulen gleichzeitig als bewaffneten Stützpunkt und als Bildungseinrichtung zu nutzen. Je länger eine Schule nicht zu Bildungszwecken genutzt werden kann, desto größer ist die Verpflichtung der Regierung, das Recht auf Bildung der betroffenen Schüler mit anderen Mitteln zu gewährleisten. Wenn eine Anlage nicht mehr als Schule dient, müssen die Behörden die Lehrer und Schüler an einem sicheren Ort unterbringen, an dem der Unterricht fortgesetzt werden kann. Andernfalls verweigern sie den Kindern ihr Recht auf Bildung, das ihnen unter internationalen Menschenrechtsstandards zusteht.
Nationale und internationale Maßnahmen sind in drei Bereichen erforderlich, um Angriffe auf Schulen, Lehrer und Schüler zu beenden:
• stärkere Überwachungssysteme;
• zielgerichtete präventive Maßnahmen und entschiedenere, schnellere Reaktionen auf Vorfälle; und
• effektive Rechtsmechanismen, um Verletzungen von nationalem und internationalem Recht zu ahnden.
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