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können. Dabei war es ihm fatal, dem solcher Art überlisteten Opfer lange Rede und Antwort zu stehen - er wußte, er hatte gesetzlich kein Recht ihn zu halten, denn auf dies Schiff hatte er sich nie verdungen, und er schämte sich vielleicht der Gewalt dem Schwächeren gegenüber. Der wachthabende Harpunier bekam jedoch strenge Ordre, ihn gleich durch Aufstampfen an Deck herauszurufen, sobald der Schotte sich ernstlich widersetzen sollte. In der Ausübung seiner Gewalt an Bord konnte er dann auch jedes unangenehmen Gefühls leichter Herr werden. Daß der /35/ Zimmermann auf solche Art seine Flucht versuchen könne, war ihm nicht eingefallen.

      Mr. Hobart stand indeß am Strand und trieb die Eingeborenen zur Eile an, das Holz herbeizuschaffen. Das ging nur nicht so rasch, denn erstlich war er ihrer Sprache nicht mächtig, und dann haben diese Leute auch wirklich gar keinen Begriff von Zeit, und kennen deshalb auch keine Eile. Was bei ihnen heut nicht fertig wird, bleibt eben auf morgen liegen, das ist der ganze Unterschied, und der morgende ein eben so guter Tag dafür. Daß die fremden Boote übrigens anders dachten, war ihnen schon von früher her bekannt, - die machten immer, daß sie nur so rasch wie möglich wieder fortkamen. Daher, und weil Tomo sich ja auch noch draußen an Bord befand und alles Uebrige schon abmachen würde, verstanden sie sich endlich dazu, das Holz aus dem Schatten der Waldung heraus bis auf den Sand zu werfen. Während einige dreißig Mann, von allen Frauen und Mädchen begleitet, die sich um sie her lagerten und ihnen zuschauten, lachend und mit einander schwatzend an die Arbeit gingen, bildete der Harpunier aus seinen Leuten, mit einem andern Theil der Eingeborenen, zwei Ketten, um sich die Scheite einander bis an die Boote zuzuwerfen. Die Bootssteuerer legten es dort so ein, daß es später den Rudernden nicht im Weg sein sollte.

      Scheit nach Scheit folgte solcher Art ziemlich rasch einander und wurde in beiden Booten zugleich untergebracht. Noch waren dieselben aber nicht zur Hälfte gefüllt, als der zweite Harpunier, der die eine Kette unter seiner Aufsicht hatte, die wehende Flagge an Bord bemerkte und seinen Vorgesetzten darauf aufmerksam machte.

      „Alle Teufel!" rief dieser, „da ist etwas vorgefallen! - In Eure Boote, Leute - rasch - wir müßen erst sehen, was es ist - in Eure Boote, sag' ich!"

      „Und das Holz?" fragte der zweite Harpunier.

      „Mögen die Faulenzer indessen zum Strand schaffen," rief der Erste. „Das bischen Bewegung wird ihnen überhaupt ganz heilsam sein."

      Während die Leute, dem Befehl gehorsam, auf ihre Plätze sprangen, sahen die Eingeborenen ganz erstaunt die so plötz-/36/lich aufgegebene Arbeit an. Daß ihnen der Harpunier dabei mit Zeichen bedeutete, nur ungehindert fort zu tragen, bis er zurückkomme, machte auch keinen weiteren Eindruck auf sie. Wenn er zurückkam, war es eben noch Zeit genug, und sie sammelten sich jetzt noch am Strand, um den rasch abstoßenden Booten nachzuschauen. Im Ganzen war es ihnen übrigens recht; brauchten sie doch jetzt vor der Hand nicht länger Holz zu schleppen, und wenn die Weißen das andere haben wollten, würden sie schon wiederkommen. Kamen sie aber nicht, nun so brachte Tomo die Waaren für das mitgenommene Holz zurück.

      „Wetter noch einmal!" sagte der Harpunier, der vorn auf der Bank seines kleineren Bootes stand und nach dem Schiff hinüber zu sehen versuchte, „ich möchte nur wissen, was der Alte hat. Wenn er uns noch eine Viertelstunde drüben ließ, waren wir mit Allem fertig, und nachher haben wir das verdammte Anlaufen gleich an der nächsten Insel wieder. Da soll immer Zeit gespart werden, und wird nur mehr verwüstet."

      „Am Ende ist irgend etwas mit dem „frischen Matrosen" vorgefallen," lachte der Bootssteuerer.

      „Nun, mit dem einen Mann und den paar rothen Jungen werden doch die zwölf oder dreizehn Menschen, die noch an Bord sind, wohl fertig werden," brummte der Seemann mit einem halb verbissenen Fluch durch die Zähne. „Das ist überhaupt fauler Kram, und ich wollte - aber was geht's mich an - was er thut, mag er auch verantworten."

      Die Boote hatten indessen keinen besonders schnellen Fortgang gemacht, da das Holz den Rudernden im Wege war. Nur die ausgehende Ebbe begünstigte sie, und sie näherten sich eben der Ausfahrt, als der alte Harpunier die Flüchtigen erblickte, die eben in wilder Eile an der Einfahrt vorbeiruderten.

      „Verdamm' mich -" rief er, „da geht das Canoe! - Legt Euch in die Riemen, Jungen, daß wir nachkommen! Weshalb, zum Teufel, setzen sie denn da nicht mit ihrem Boote nach?" /37/

      „Vielleicht sind sie hinterher - wir können sie nur von hier aus noch nicht sehen," warf der Bootssteuerer ein.

      „Hol' der Henker das verdammte Holz!" fluchte der Harpunier wieder; „die Leute können sich nicht rühren - werft den Bettel über Bord - doch nein - laßt uns erst draußen sein, daß wir den Platz übersehen können." -

      Das wäre auch leichter gesagt als ausgeführt gewesen, denn wenn sie das Holz über Bord werfen sollten, mußten sie indessen die Ruder ruhen lassen. Schärfer griffen sie aus, und es dauerte nicht lange, so erreichten sie die Einfahrt in die Riffe, an denen hin sie jetzt das Canoe flüchtig hinabgehen sahen. Der Harpunier, der sein kleines Fernrohr bei sich hatte, erkannte aber damit den Schotten, und wenn er auch noch nicht begriff, wie das Alles gekommen sein konnte, so wußte er doch, was der Capitain von ihm wollte, und folgte seiner Pflicht.

      Der in der Richtung nach dem Canoe hin ausgestreckten Hand, das Zeichen für den Steuernden, gehorchte dieser augenblicklich, der Bug des Bootes flog herum, und während die Leute ihr Möglichstes thaten, rascher vorwärts zu kommen, sprang der Harpunier mitten in's Boot hinein und schleuderte selber alle Stücke Holz, die nur irgend den Ruderern im Wege lagen, über Bord. Ein Blick auf das Schiff zeigte dabei, daß er die Absicht des Capitains erfüllte, denn die Flagge war wieder eingezogen worden, und die Lucy Evans wendete sich sogar und setzte die oberen Segel, um der Jagd so nahe wie möglich zu bleiben.

      Je mehr Holz der Seemann hinauswarf, desto leichter wurde das Boot, desto rascher schoß es vorwärts, und es war schon augenscheinlich, daß sie sich dem verfolgten Canoe näherten. Eine andere Einfahrt in die Riffe, der dasselbe jedenfalls zustrebte, war auch noch nicht zu sehen, oder lag wenigstens von der Brandung verdeckt, und Tom erkannte bald zu seinem Entsetzen, daß die Gefahr, wieder genommen zu werden, mit Riesenschritten über ihn hereinbreche. - Aber die Einfahrt lag gar nicht mehr so fern, und so schmal war diese, daß ihm das Boot kaum wagen durfte, dahinein zu folgen, noch dazu, da es an dieser selben Stelle nie hätte /38/ wieder ausfahren können. Die offene See wieder zu erreichen, mußte es einen weiten Umweg machen, und zwar im Binnenwasser hin, an der volkreichsten Stelle der Insel vorbei, von wo aus ihm Tom's jetzige Landsleute doch vielleicht Hindernisse in den Weg legen könnten. Nur jene Einfahrt vor dem Boot zu erreichen, war jetzt die Aufgabe, und das schien nur möglich, wenn sie den hindernden Luvbaum abwarfen.

      Ein paar rasch mit Alohi gewechselte Worte erhielten dessen Zustimmung, und Tom riß das Messer, das er noch vom früheren Seeleben an der Seite trug, heraus, um den Bast zu durchschneiden, mit dem die Querstücke daran befestigt waren. Das war im Nu, wenigstens dort, wo er saß, geschehen, der Luvbaum war indeß hinten sowohl als vorn befestigt. Während er aber das Querstück mit der Hand hielt, um sein Messer Alohi zurückzureichen, fuhr ihm das glatte Holz, gegen das die Fluth jetzt preßte, unter der Hand weg. Das Canoe, noch von den beiden anderen Ruderern fast mit derselben Schnelle vorwärts getrieben, bekam durch das gegen das Wasser stemmende Querholz eine andere Richtung und schoß, aus seinem Cours abdrehend, gerade gegen die Brandungswellen zu.

      Alohi beseitigte allerdings mit zwei kräftig geführten Schnitten das Hinderniß, aber das schmale Fahrzeug kam dadurch in's Schwanken, und die Indianer sowohl wie besonders Tom, die das Balanciren in so leicht beweglichem Kahn nicht gewohnt waren, brauchten mehrere Minuten, ehe sie nur wieder fest genug saßen, um den Bug desselben der vorigen Richtung zuzudrehen und von den drohenden Brandungswellen abzuwenden.

      Das Walfischboot war in dieser versäumten Zeit auf kaum zweihundert Schritt herangekommen, und so nah klang das regelmäßige Ruderausheben in den Dollen desselben, daß Tom wieder und wieder scheu den Kopf danach zurückwarf. Einen Augenblick, als sich das Canoe so plötzlich wandte, hatte der Harpunier allerdings schon geglaubt, das verfolgte Boot hätte irgend eine Einfahrt zwischen den Brandungswellen erreicht und wolle dieselbe benutzen, bald erkannte er aber die wahre Ursache, und ein triumphirendes Lächeln zuckte über

      seine

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