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Wernyhora, der Seher in der Ukraine. Michael Czaykowski
Читать онлайн.Название Wernyhora, der Seher in der Ukraine
Год выпуска 0
isbn 9783752963380
Автор произведения Michael Czaykowski
Жанр Документальная литература
Издательство Bookwire
Als er die von Trunk erglühten Gesichter gewahrte, nahm er das für die Wirkung des Zaubers seiner Beredsamkeit, was doch nur das Werk des Branntweins war. Er blickte nach dem Asawula und sein Gesicht verzog sich zu einem Lächeln, ähnlich dem teuflischen Lächeln eines falschen Zeugen, durch dessen Zeugnis die Tugend verurteilt wird und das Verbrechen frei ausgeht. Der Dudar verstand diese Herausforderung, schlug mit der Faust auf den Tisch, dass Gläser und Schüsseln in die Höhe sprangen und erklirrten, wie Fensterscheiben in einem Hause, in welches der Blitz eingeschlagen hat.
„Schweig, abscheuliche Natter!“ rief er, „Hund mit der glatten Zunge! Willst Du ein Halsband, so hebe deinen Hals hin; warum auch noch Andere mitziehen? Die Juden zwar sind meine geringste Sorge, meinetwegen haut sie in Stücke bis auf die Wurzel, dass auch nicht ein einziger zur Aussaat übrig bleibe, der Schade wird so groß nicht sein. Aber die Ljachen? Lehrt dich dein Glaube und dein Stand, den Bruder gegen den Bruder zu blutigem Kampfe aufzureizen? Du willst das Wasser recht trübe machen, und der Zarin dadurch Gelegenheit geben, uns alle in ihrem Netze zu fangen. Aber ihr, meine Brüder, werdet ihr in die Wahl der Elster willigen, dass sie den Adler zum Kampfe führe? Werdet ihr blutigen Streit beginnen mit den Eurigen, damit euch nachher der Fremdling mit Ruten streiche?“
Umsonst redete er; umsonst brausten seine Worte voll Kraft und Zorn heraus, wie das Wasser dahin braust, wenn es die Schleusen weggerissen hat; der betrunkene Kosakenhaufen lallte nur mit den Zungen, taumelte umher, und ihre Hände, die sie zu regieren nicht mehr im Stande waren, tappten in der Irre und konnten den Griff des Säbels nicht finden. Der Protopop fasste ein Messer und schleuderte es nach dem Dudar, aber es flog an seinem Ohre vorbei und fuhr in die Erde. Tamara hatte sich unter einem Tisch versteckt und zitterte vor Schrecken wie Espenlaub, der Asawula nahm die Nahajka in die Hand und drohte dem Protopopen.
„Höre, Hochwürdiger! Nicht mit dem Säbel, sondern mit diesem Kantschu sollte ich dir eigentlich den Rücken tüchtig gerben, damit du auch etwas hättest, wodurch du vor der Zarin deine Treue dartun könntest, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben“ – und nun wandte er sich zu Holowaty. Der Alte stand wie ein Wegweiser mit ausgestrecktem Arm da, gerüstet, sowohl eine gewaltsame Tat seines alten Freundes zu verhindern, als ihn gegen fremde Angriffe zu schützen.
„Lebe wohl, Gevatter Holowaty, in Kurzem werde ich dir diese Ratten aus deiner Mühle hinaus räuchern; behalte sie nur bei dir und ehe das dritte Morgenrot am Himmel erscheint, will ich ihnen hier ein Fest geben, an das sie denken sollen.“ Schnell machte er sich aus dem Garten über den Hof davon.
Der Protopop schrie: „Macht ihn nieder, schlagt ihn tot, den Ljachen!“ und der Schaum trat ihm vor den Mund. Er spuckte häufig aus, denn der Branntwein gärte und glühte in ihm. Viele Kosaken sprangen aus dem Grase auf und stürzten, in lauter Schlangenlinien zur Rechten und zur Linken, teils nach dem Zaune, teils nach dem Tore hin, das sie aber nicht öffnen konnten, da Holowaty die Vorrichtung zum Schließen des Tores zugezogen hatte.
Da erwachte Sawatchka und schrie mit erst halb geöffneten Augen, welche durch den Trunk ein ganz verglastes Aussehen bekommen und sich zwischen dem feisten Antlitze tief in die Augenhöhlen zurückgezogen hatten, – „Tod und Verderben den Ljachen und Juden! Schnaps her! Met her!“ Und wie sich eine ausgehungerte Schar gefräßiger Vögel bei dem Anblicke eines Stückes Aas mit lautem Gekrächze aus den Wolken herabstürzt, so fielen die Trinkbrüder bei jenem Rufe über die Überbleibsel der Getränke her, laut schreiend: „Schnaps her! Met her! Tod und Verderben den Ljachen und Juden!“
Holowaty hatte sich entfernt, um seinem Freunde nachzusehen und erst als er sich überzeugte, dass der Falbe schon weit weg im Felde dahin sprengte, dass man die Gestalt des Kosaken und des Pferdes nicht mehr deutlich unterscheiden konnte, kehrte er zurück und sah mit unbeweglichem Gesicht und scheinbarer Ruhe seinen Gästen zu, von denen die größere Hälfte in tiefem Schlaf begraben auf dem Rasen schnarchte. Der Blahoczynny zog mit der einen Hand Tamara unter dem Tisch hervor, mit der anderen stützte er den Protopopen, der halb zur Erde hingesunken mit den Füßen stampfte, mit beiden Händen in der Luft focht und schrie: „Bist du da, verfluchter Ljache! Schlagt zu, stecht nieder!“
Noch stammelte und lallte er etwas; ob er fluchte oder segnete, bleibt ungewiss, denn das menschliche Ohr war nicht im Stande, aus diesem Geheul heraus einen deutlichen Ton zu erhaschen. Basilius ließ ihn unter dem Traubenkirschbaum nieder, dann führte er Tamara auf die Seite und sprach zu ihm: „Edler Jüngling! Stets ehre ich sie mit diesem Namen, denn ihre Beschützerin ist auch unsere Beschützerin; man hat ihnen schlimm geraten, indem man sie hierher sandte, um den Oberbefehl zu übernehmen. Nicht durch ein süßes Wörtchen, nicht durch ein lockendes Lächeln, nicht durch ein zierlich gekräuseltes Haare kann man hier Vertrauen gewinnen. Wer der Anführer dieser Leute sein will, muss im Kriege kühner und grimmiger, muss bei Gelagen ausgelassener sein, als sie selbst. Oder er muss die Gabe jener Beredsamkeit besitzen, welche die Leidenschaften kitzelt, packt und mit sich fortzureißen vermag, wohin es dem Redner gefällt. – Die Gefahr ist vorüber. Ich verstand es, den Getränken genug Zeit zu lassen, damit sie ihre volle Wirkung tun und den Verstand in diesen harten Schädeln betäuben konnten. Denn es wäre übel geworden, wenn sie an der Rede des Asawula Geschmack bekommen hätten. Unsere Mühen, unsere schweren Arbeiten, die Schätze, welche die Zarin mit vollen Händen austeilte, die Reden und Ermunterungen der Priester der rechtgläubigen Kirche: alles wäre vergebens gewesen. Eine einzige abweichende Ansicht in der Beratung – wenn man dies je mit diesem Namen benennen kann – hätte eine Verzögerung herbeigeführt, und wer weiß, was diese nach sich gezogen haben würde. Denn obgleich der Ataman aller Saporoger diesen verdammten Brausekopf Nekrasa zehn Tage lang in der Sitsch festzuhalten versprach, so weiß Gott allein, ob er auch Wort hält. Auf Kalnyszewsky kann man wenig rechnen – er ist ein schwacher Mensch – heute hält er zu dieser, morgen zu jener Partei. Aber nun ist alles entschieden. Mag der Asawula seinem Pferde auch die Seele aus dem Leibe jagen, vor anderthalb Tagen kann er nicht in der Sitsch anlangen. Und nach menschlicher Berechnung kann auch Nekrasa mit seinem Kuren in nicht weniger als vier Tagen hierher kommen und ich hoffe, bis dahin lassen wir es uns schon wohl sein im Gebiete Uman. Jetzt handelt es sich darum, dass sie Anführer dieser Unternehmung werden. Erheitern sie ihre Stirne, verscheuchen sie die Spuren des Schreckens und alles wird gut gehen. Sonst aber stehe ich für nichts.“
Kaum hatte er ausgeredet, so erschallte vor dem Hoftore der Hufschlag vieler Pferde. Tamara hielt sich am Priesterrock des Basilius fest, und stand bleich und mit stierem Blick neben ihm, wie der Verbrecher auf dem Blutgerüste neben dem Beichtvater steht und sich an dessen Priestergewand festklammern möchte, um nicht so schnell aus dem Leben zu scheiden.
Was jetzt in dem Blahoczynny vorging, konnte man nicht wahrnehmen, äußerlich wenigstens verriet auch nicht die mindeste Bewegung das Geheimnis seiner Brust. Die Zecher erwachten und rissen die Augenlider zum Teil mit Hilfe ihrer Finger auf. Holowaty war hinausgegangen und kehrte mit einer ziemlichen Anzahl rüstiger Jünglinge zurück. An ihrer Spitze ging ein Mann, der über 40 Jahre haben mochte, von mittlerer Größe und stämmig. Sein dunkelroter Schnurrbart starrte unter seiner Nase spitzig hervor, wie Borsten, und in den grauen Augen glühte die Wut eines Tigers. Sawatchka erkannte ihn und rief: „Guten Abend Salisnjak. Tod den Ljachen und Juden!“
Salisnjak