Скачать книгу

fertig. Und die Presse kann auch noch ein paar Minuten auf mich warten. Und übrigens“, fügt sie an Hagen gewandt hinzu, „dein ach so allmächtiger Vater hat sich wenigstens einmal nicht durchsetzen können. Der Touri-Laden verkauft die Armreifen.“

      Sie wedelt mit meinem Handgelenk vor seinem Gesicht herum.

      „Nein, der ist nicht…“ versuche ich erneut, das Missverständnis aufzuklären, aber Hagen läuft schon rot an, schnaubt und rennt aus dem Zimmer, was nicht ganz so männlich wirkt.

      Lisa lacht. „Den wären wir los. Aber er hat schon Recht, ich muss wirklich gleich los. War nett, dich kennen zu lernen, Hilda.“ Meine letzte Chance.

      „Lisa, einen Moment noch, bitte. Was ist denn so besonders an diesem Armreif?“, frage ich schnell, um die letzte Gelegenheit nicht zu verpassen.

      „Das sind Nachbildungen von dem Armreif, den Siegfried Kriemhild geschenkt haben soll, als Zeichen seiner Liebe“, erklärt sie und zieht einen Stapel Papier von ihrem Frisiertisch.

      „Hier kannst du eine Zeichnung sehen, wie Kriemhild ausgesehen haben soll. Nach ihrem Vorbild wurden Kleidung, Schmuck und Frisur für meine Rolle ausgewählt.“ Sie hatte in ihrem Kriemhild-Outfit tatsächlich Ähnlichkeit mit der Frau auf der Zeichnung. Sie blättert weiter.

      „Hier siehst du eine Zeichnung von dem Armreif.“ Jetzt bin ich sprachlos, denn die Skizze sieht wirklich aus, als hätte man sie nach dem Vorbild meines Armreifs angefertigt. Oder meinen Armreif nach dem Vorbild der Zeichnung.

      „Woher hast du das?“, frage ich sie.

      „Vom Chef. Der ist immer ganz darauf bedacht, alles so originalgetreu wie möglich zu machen. Ein totaler Quatsch, wenn du mich fragst, diese Kriemhild hat es schließlich nie gegeben. Es ist nur ein Märchen, aber der Chef hat alle möglichen Aufzeichnungen über die Geschichte der Nibelungen durchgeackert, angefangen bei den frühesten Aufzeichnungen aus dem Mittelalter. Er hat eine riesige Bibliothek zu Hause, in der Unmengen von alten Büchern stehen. Und allein eine ganze Schrankwand ist voller Bücher nur über die Nibelungen-Sage. So, jetzt muss ich aber wirklich los, sonst spiele ich ab morgen eine Küchenmagd und nicht mehr die Hauptrolle.“

      In dem großen Raum hinter der Bühne hat sich die Menschenmenge etwas aufgelöst. Jetzt sind hauptsächlich Leute von der Presse da und die verschiedenen Schauspieler geben mehr oder weniger geduldig Interviews.

      George kommt sofort auf mich zugeeilt, als er mich entdeckt. „Darling, da bist du ja! Ich habe mir solche Sorgen gemacht! Wo hast du denn nur gesteckt? Du hättest mir doch wenigstens Bescheid sagen können, dass du gehst!“

      „Ich bin aber gar nicht gegangen“, entgegne ich, „ich war mit Kriemhild, also mit Lisa, in ihrer Umkleide.“

      Lisa ist bereits von Reportern umzingelt und winkt mir hilflos zu. Ich winke zurück und hake mich bei George unter. „Gehen wir jetzt was essen? Ich verhungere gleich!“

      Wir finden auf Anhieb eine nette kleine Pizzeria und nachdem wir bestellt haben, erzähle ich George von meiner seltsamen Unterhaltung mit Lisa.

      George ist erstaunt: „Ich dachte, der Armreif wäre ein Erbstück von deiner Oma Gerda?“

      „Ja, das ist auch so. Sie hat mir den Armreif geschenkt, als ich sechzehn Jahre alt wurde. Und sie hat mir ganz feierlich erzählt, dass ich jetzt eine Frau sei und dieses bedeutende Schmuckstück tragen dürfe. Sie sagte, es sei schon seit Generationen in unserer Familie und immer nur von Frau zu Frau weitervererbt worden. Wenn eine Frau keine Tochter hat, wie meine Oma, dann wird es der ältesten Enkelin vererbt. Naja, ich dachte mir schon, dass sie da ein bisschen übertrieben hat“, erzähle ich und knabbere dabei an einem Stück Pizzabrot.

      George nickt nachdenklich. „Aber trotzdem, mal angenommen, sie hat übertrieben. Du hast den Armreif schon seit mehr als zehn Jahren. Und Kriemhild hat dir erzählt, dass der Armreif erst diesen Sommer im Laden verkauft werden sollte.“

      „Sie heißt Lisa“, antworte ich kauend, „und das stimmt. Sie sagt, der Ladenbesitzer und dieser Wiesenthal hätten sich lange darüber gestritten, und letztendlich habe ihrer Meinung nach der Ladenbesitzer einen Rückzieher gemacht. Deshalb war sie so überrascht, den Armreif an mir zu sehen.“

      „Also kann dein Armreif nicht hier aus diesem Laden sein“, stellt George fest und nimmt einen Schluck Wein. „Aber er scheint tatsächlich eine Nachbildung von Kriemhilds Schmuckstück zu sein. Es würde mich schon interessieren, wo deine Großmutter ihn her hat.“

      Er streicht nachdenklich mit dem Finger über den großen grünen Stein in der Mitte des Armreifs.

      „Dass dein Armreif wirklich gut gearbeitet ist, sieht selbst ein Blinder mit Krückstock. Hochwertiges Material und eine spitzenmäßige Verarbeitung“, murmelt er.

      „Sag das mal Agnes. Die sagt immer, der sieht aus wie hässlicher Modeschmuck!“ Noch während ich die Worte ausspreche, bemerke ich erstaunt, dass es mir doch ernsthaft nahezugehen scheint, was diese Ziege gemeckert hat.

      George schüttelt den Kopf. „Die hat doch keine Ahnung, was Qualität ist. Wenn ihr Vater ihr nicht immer die besten Sachen aussuchen würde, dann hätte sie auch nichts Hochwertiges. Die kann doch eine echte Gucci-Tasche nicht von einem Fake unterscheiden“, meint er verächtlich und hat damit wohl gar nicht mal so Unrecht.

      „Wie auch immer. Ich werde jedenfalls versuchen, Oma nach dem Armreif zu fragen, wenn ich wieder zu Hause bin. Vielleicht hat sie einen klaren Tag und kann sich an etwas Brauchbares erinnern.“

      Der Kellner kommt mit meiner Pizza und Georges Salat an Essig und Öl und unterbricht damit unser Gespräch. George sieht mir zu, wie ich die Pizza so hungrig in mich hinein stopfe, als hätte ich seit Tagen nichts Gescheites mehr gegessen.

      „Wo du das immer hinsteckst! Ich sehe dir nur beim Essen zu und habe morgen sicher drei Pfund mehr auf der Waage, und du isst, was du willst, und es macht dir nichts aus.“ Er pickt bekümmert zwei Salatblätter auf, schielt dabei neidisch auf meine Pizza.

      „Ach Georgilein“, versuche ich ihn aufzumuntern, „du siehst super aus! Wo sind denn eigentlich deine kleinen Streberlein abgeblieben?“ Ich meine natürlich seine übereifrigen Studenten.

      „Die habe ich vorhin, als ich dich gesucht habe, für heute entlassen und ihnen einen freien Abend gestattet. Oder das, was noch vom Abend übrig ist. Ich glaube, sie wollten eine Bar suchen und ordentlich einen trinken gehen.“

      Nach dem Essen werde ich mit einem Schlag hundemüde. Es war ein langer Tag und ich habe eine emotionale Achterbahnfahrt hinter mir, also gehen George und ich ohne Umwege ins Hotel. George sagt, er brauche seinen Schönheitsschlaf und könne sich keine durchzechten Nächte mehr leisten. Mir ist es nur Recht so. Nach einer schnellen Dusche falle ich ins Bett und bin schon eingeschlafen, noch bevor George das Licht ausgemacht hat.

      Конец ознакомительного фрагмента.

      Текст предоставлен ООО «ЛитРес».

      Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.

      Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.

/9j/4AAQSkZJRgABAgAAAQABAAD/2wBDAAgGBgcGBQgHBwcJCQgKDBQNDAsLDBkSEw8UHRofHh0a HBwgJC4nIC

Скачать книгу