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Bennet hatte gleichmütig von seinem Buch aufgeschaut, als seine Frau eintrat, und ließ sich auch durch ihre Aufregung keineswegs aus der Ruhe bringen.

      »Zu meinem Kummer verstehe ich kein Wort von dem, was du da sagst«, entgegnete er, als sie Atem schöpfte. »Wovon redest du?«

      »Von Mr. Collins und Lizzy! Lizzy erklärt, sie will Mr. Collins nicht, und Mr. Collins sagt auch schon, er wolle Lizzy nicht mehr!«

      »Und was soll ich dazu tun? Die Sache scheint mir doch ziemlich hoffnungslos zu sein.«

      »Du musst mit Lizzy sprechen. Sprich du mit Lizzy! Sag ihr, dass du darauf bestehst, sie solle ihn heiraten!«

      »Lass sie rufen. Ich will ihr meine Meinung sagen.«

      Mrs. Bennet läutete, und Elisabeth wurde in die Bibliothek zitiert.

      »Komm her, mein Kind«, rief Mr. Bennet ihr entgegen. »Ich habe dich in einer wichtigen Angelegenheit zu mir bitten lassen. Ich höre, Mr. Collins hat dir einen Antrag gemacht. Stimmt das?«

      »Ja, das stimmt.«

      »Schön, und du hast diesen Antrag abgelehnt?«

      »Das stimmt auch.«

      »So, so, damit kommen wir jetzt zum Kern der Sache. Deine Mutter wünscht auf das bestimmteste, dass du Mr. Collins nehmen sollst. Nicht wahr, Mrs. Bennet?«

      »Jawohl, ich werde sie sonst nie wieder ansehen!«

      »Dann stehst du vor einer schweren Entscheidung, Elisabeth. Vom heutigen Tage an wird ein Elternteil dich wie eine Fremde behandeln müssen, deine Mutter will dich nie wieder ansehen, wenn du Mr. Collins nicht heiratest, und, was mich anbelangt, mir dürftest du nie wieder vor Augen kommen, wenn du es tust.«

      Elisabeth lachte befreit und belustigt auf; sie hatte einen anderen Ausgang befürchtet. Aber Mrs. Bennet, die sich fest eingebildet hatte, ihr Mann betrachte die Angelegenheit mit ihren Augen, fühlte sich schwer gekränkt.

      »Was denkst du dir nur, Bennet, so zu reden? Du hast mir doch versprochen, sie zu zwingen!«

      »Meine Liebe«, erwiderte ihr Mann, »ich möchte dich um zwei kleine Gefallen bitten. Erstens, dass du es mir erlaubst, mir meine eigene Meinung über diese Sache zu bilden; und zweitens um Ruhe in meiner Bibliothek. Ich darf wohl darum bitten, mich wieder allein zu lassen.«

      Aber Mrs. Bennet gab die Schlacht noch nicht verloren, trotz der Schlappe, die sie soeben durch ihren Mann erlitten hatte. Wieder und wieder sprach sie mit Elisabeth, bat und schalt, drohte und schmeichelte durcheinander. Sie versuchte auch, Jane auf ihre Seite zu ziehen; aber Jane lehnte es ebenso hartnäckig wie freundlich ab, sich einzumischen. Und Elisabeth begegnete allen Angriffen teils mit wirklichem Ernst, meist aber mit übermütigen Scherzen. In ihrem Entschluss wankte sie jedoch nicht einen Augenblick.

      Mr. Collins überdachte mittlerweile für sich allein das Geschehene. Er hielt von sich selbst allzuviel, als dass ihm irgendein Grund eingefallen wäre, weswegen seine Cousine ihn nicht haben wollte. Sein Stolz hatte einen leichten Schlag bekommen, aber sonst war er unverletzt geblieben. Seine Zuneigung zu Elisabeth bestand ja nur in seiner Phantasie; und die Möglichkeit, dass ihre Mutter recht hatte mit ihrem Urteil über den Charakter ihrer Tochter, enthob ihn der Mühe, Bedauern über diesen Ausgang zu empfinden.

      Mitten in diese Aufregung kam Charlotte Lucas zu Besuch. Lydia stürzte ihr schon im Vorzimmer entgegen.

      »Gut, dass du gekommen bist; hier ist nämlich mächtig viel los! Was glaubst du wohl, was heute morgen geschehen ist? Mr. Collins hat Lizzy einen Antrag gemacht, und sie will ihn nicht!«

      Ehe Charlotte etwas erwidern konnte, eilte auch Kitty aufgeregt herbei, um ihr dieselbe Neuigkeit mitzuteilen; und kaum hatten sie das Frühstückszimmer betreten, in dem sie Mrs. Bennet allein vorfanden, da fing diese auch davon an und beschwor sie, ihre Freundin Lizzy zu überreden, sich den Wünschen der Familie zu fügen.

      »Ich bitte Sie, Miss Lucas, versuchen Sie es«, fügte sie in weinerlichem Ton hinzu. »Niemand ist sonst auf meiner Seite, niemand unterstützt mich; alle behandeln mich geradezu schändlich, niemand kümmert sich um meine armen Nerven!«

      Charlotte wurde der Antwort durch das Hinzukommen von Jane und Elisabeth enthoben.

      »Ja, da kommt sie«, fuhr Mrs. Bennet fort, »tut so unbeteiligt wie nur möglich und kümmert sich den Kuckuck um uns! Hauptsache, alles geht nach ihrem Kopf! Aber lass dir das gesagt sein, mein Fräulein Lizzy, wenn du die Absicht haben solltest, jeden Antrag abzulehnen, dann wirst du nie zu einem Mann kommen; und wer nach dem Tode deines Vaters für dich sorgen soll, das weiß ich wahrhaftig nicht! Ich kann es bestimmt nicht. Also du bist gewarnt! Von heute an bin ich fertig mir dir! Ich habe dir in Vaters Zimmer gesagt, ich würde nie mehr mit dir sprechen, und du sollst sehen, ich halte Wort! Mir macht es keinen Spass, mit ungezogenen Kindern zu reden. Mir macht es überhaupt keinen Spass, mit irgend jemandem zu sprechen! Wer so wie ich unter seinen Nerven zu leiden hat, kann unmöglich zu vielem Reden aufgelegt sein. Wenn ihr wüsstet, was ich ausstehen muss! Aber so ist es ja immer: wer schweigt und leidet, darf nicht auf Mitleid hoffen!«

      Ihre Töchter ließen den Wortschwall über sich ergehen; denn sie wussten, dass jeder Versuch, ihre Mutter zu unterbrechen, sie nur noch mehr reizen würde. Sie sprach also ohne Unterlass weiter, bis Mr. Collins eintrat, womöglich noch würdevoller als sonst. Als Mrs. Bennet seiner gewahr wurde, unterbrach sie sich selbst mit einer Ermahnung an die Mädchen.

      »Ich möchte euch alle jetzt dringend, ganz dringend bitten, einmal ganz ruhig zu sein. Mr. Collins und ich haben miteinander zu sprechen!«

      Elisabeth verließ schweigend das Zimmer, Jane und Kitty folgten ihr, aber Lydia blieb sitzen, fest entschlossen, sich nichts entgehen zu lassen. Charlotte, die zunächst durch die höflichen Fragen von Mr. Collins nach ihrem Befinden zurückgehalten wurde und dann auch durch ein wenig Neugierde, fand die befriedigende Lösung, aus dem Fenster zu blicken und zu tun, als höre sie nicht zu.

      Mrs. Bennet eröffnete die Unterhaltung mit einem gramerfüllten: »Oh! Mr. Collins!«

      »Meine verehrteste gnädige Frau«, begann er sogleich, »lassen Sie uns diesen Vorfall für alle Zeiten mit Schweigen bedecken. Ferne sei es mir«, fuhr er dann nach einer geziemenden Pause mit deutlicher Gereiztheit fort, »mich über das Verhalten Ihrer Tochter zu ärgern. Sich unvermeidlichen Übeln fügen ist unser aller Pflicht; ganz besonders die Pflicht eines jungen Menschen, der wie ich so frühzeitig alle mögliche Bevorzugung erfahren durfte. Seien Sie versichert, gnädige Frau, ich habe mich jetzt bereits damit abgefunden, zu verzichten; nicht zum mindesten wohl auch deshalb, weil mich schon Zweifel zu befallen begannen, ob es mein wahres Glück gewesen wäre, hätte meine schöne Cousine mich ihrer Hand für würdig erachtet. Oft schon habe ich Gelegenheit gehabt, feststellen zu können, dass ein Mensch erst dann zur Einsicht kommt und Verzicht leistet, wenn das Versagte im Rückblick an Vollkommenheit einzubüßen beginnt. Sie werden daher, verehrte Mrs. Bennet, mich nicht der Missachtung Ihrer verehrlichen Familie zeihen, wenn ich meine Ansprüche auf die Gunst Ihrer Tochter schon jetzt zurückziehe, ohne Sie und Mr. Bennet um die Geltendmachung Ihrer elterlichen Autorität gebeten zu haben. Ich gebe zu, mein Verhalten kann Anlass zu gerechtem Tadel bieten, da ich die Ablehnung von den Lippen Ihrer Tochter statt von den Ihrigen angenommen habe. Aber wir sind sämtlich schwache Geschöpfe. Ich habe nur das Beste für alle im Auge gehabt; ich beabsichtigte, eine liebenswerte Lebensgefährtin an meine Seite zu holen und gleichzeitig im Sinne Ihrer ganzen Familie zu handeln. Wenn aber mein Benehmen zu Missfallen Anlass geboten haben sollte, so gestatten Sie mir, gleich jetzt und hier um Verzeihung bitten zu dürfen.«

      Einundzwanzigstes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Mr. Collins’ Antrag erwies sich als ein ergiebiger Gesprächsstoff, aber allmählich war auch darüber alles gesagt, was gesagt werden konnte; zurück blieben nur das unangenehme Gefühl, das Elisabeth erklärlicherweise darüber empfand,

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