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auch vor einem kranken Menschen. Die Geistlosigkeit einer Zeit manifestiert sich in ihrer Blindheit für die Würde der Person. Das Wissen um die unzerstörbare Geistigkeit der Person setzt der Überheblichkeit und dem Missbrauch Grenzen und kann zu einem kleinen subjektiven Abschnitt der objektiven und unbegreiflichen Wahrheit werden.30

      Daraus folgt für die kirchliche Praxis, sich in all ihren Bereichen für die unantastbare Würde eines jeden Menschen einzusetzen. Vor allen im Umgang mit Kranken, mit Menschen, die mit Behinderungen leben, ist diese Einstellung gefragt. Darüber hinaus ist die Kirche gefordert, ebenso in den gesellschaftlichen Diskursen etwa zu Altern in Würde, Euthanasie, Schutz für geflüchtete Menschen … einen Beitrag zu leisten.

      (5) Die Person ist existenziell und nicht faktisch. Der Mensch als Person ist kein faktisches, sondern ein fakultatives Wesen; er existiert je als seine eigene Möglichkeit, für oder gegen die er sich entscheiden kann.

      Daraus folgt für die kirchliche Praxis, den Menschen adäquat mit seiner Freiheit und der daraus resultierenden Verantwortlichkeit zu konfrontieren, ihn zu fordern, sich für diese Freiheit einzusetzen. Darüber hinaus kann dies heißen, für eine verantwortbare Lebensgestaltung zu plädieren, anstatt für eine provisorische Daseinshaltung oder für eine fatalistische Lebenseinstellung. Ebenso ist die Kirche gefragt, gegen ein kollektivistisches Denken, sowohl gesellschaftlich, aber auch kirchlich aufzutreten, das sich heutzutage vor allem in rassistischen oder ausgrenzenden Haltungen zeigt. Schöpfungsverantwortung, Solidarität, Subsidiarität und Personalität werden in dieser Hinsicht aktueller denn je. Predigten, Erwachsenbildung, Katechese, Seelsorgegespräche oder Jugendarbeit zeigen sich als geeignet, den Spannungsbogen zwischen Freiheit und Verantwortlichkeit aufrechtzuerhalten.

      3 Anmerkungen zum Schluss

      Freilich wäre die Kirche gut beraten, die hier ausgewählten und dargestellten Thesen zur Person nach Frankl nicht nur in der seelsorglichen Praxis zu beherzigen, sondern diese sinngemäß auch in die Kirchenentwicklung zu übertragen. Papst Franziskus spricht nämlich immer wieder auch von der Krankheit der Kirche. Die Botschaft für die Kirche – ähnlich wie jene für den Menschen – heißt, aus sich selbst heraustreten, um gesund, wohlauf zu bleiben, trotz aller Fragmentaritäten und Schattenseiten des Lebens:

      Sowohl der Mensch als auch die Kirche werden in jedem Moment angefragt, das Leben frei und verantwortungsvoll zum Wohle anderer zu gestalten. Ob jemand oder die Kirche also wohlauf ist, hängt entscheidend von seiner/ihrer geistigen Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens ab.

      Die Autorin: Klara-A. Csiszar, geb. 1981, Studien der katholischen Theologie und Germanistik in Cluj Napoca (Klausenburg), Konstanz und Wien, seit 2019 Professorin für Pastoraltheologie an der Katholischen Privat-Universität Linz; Publikationen: Megújult lendülettel. A szatmári jezsuiták története, Budapest 2015 (Mit erneuertem Schwung. Die Geschichte der Gesellschaft Jesu in Satu Mare. Die Geschichte der Jesuiten in Satu Mare); zus. mit Martin Hochholzer u. a. (Hg,), Mission 21. Das Evangelium in neuen Räumen erschließen, Regensburg 2017; Kirche in Liebesdynamik. Integrales Missionsverständnis mit praktischen Konsequenzen. Skizze einer existenzanalytischen Pastoraltheologie, in: Studia UBB Theologica Catholica Latina LXIII (2018), H. 2, 52–64; Das Angesicht der Erde erneuern. Die kirchliche Entwicklung in Rumänien nach dem Kommunismus, Ostfildern 2018; zusammen mit Johann Pock und Ioan Vik, Pastoraltheologie in Mitteleuropa. Bestandsaufnahme und Entwicklungsmöglichkeiten, Ostfildern 2021; Missio-Logos: Beiträge über ein integrales Missionskonzept einer Kirche bei den Menschen, Regensburg 2021; GND 1125745835.

      Weiterführende Literatur:

      – Vikor Frankl, Grundkonzepte der Logotherapie, Wien 2015.

      – Elissabeth Lukas, Freiheit und Geborgenheit. Süchten entrinnen – Urvertrauen gewinnen, München 2011.

      – Elissabeth Lukas: Lebensstil und Wohlbefinden Logotherapie bei psychosomatischen Störungen, München 2010.

      1 Franz Kreuzer / Viktor Frankl, Im Anfang war der Sinn. Von der Psychoanalyse zur Logotherapie. Ein Gespräch, München 1986, 31.

      2 Johanna Schechner / Heidemarie Zürner, Krisen bewältigen. Viktor E. Frankls 10 Thesen in der Praxis, Wien 42018, 22.

      3 Viktor Frankl, Trotzdem ja zum Leben sagen. Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager, München 112009, 125.

      4 Vgl. Viktor Frankl, Die Psychotherapie in der Praxis. Eine kasuistische Einführung für Ärzte, in: Alexander Batthyany / Karlheinz Biller / Eugenio Fizzotti (Hg.), Viktor E. Frankl. Gesammelte Werke. Band 3: Die Psychotherapie in der Praxis und ausgewählte Texte über angewandte Psychotherapie, Wien–Köln–Weimar 2008, 334.

      5 Viktor Frankl, Das Leiden am sinnlosen Leben. Psychotherapie für heute, Freiburg i. Br.–Basel–Wien 1997, 28.

      6 Vgl. Viktor Frankl, Logotherapie und Existenzanalyse. Texte aus sechs Jahrzehnten, Berlin 1994, 64. Frankl betont, dass diese Einheit von Leib, Seele und Geist notwendig ist, um reduktionistische bzw. deduktionistische Tendenzen zu vermeiden, die eine einzige Dimension im Menschen bevorzugen und dadurch einen menschenwürdigen Anthropologie-Diskurs gefährden.

      7 Ebd., 61.

      8 Vgl. Viktor Frankl, Die Psychotherapie in der Praxis (s. Anm. 4), 87. Nikolai Hartmanns Ontologie bereitet den Weg für Frankls Dimensionalontologie vor. Hartmann und Max Scheler entwickelten die „Neue Wege der Ontologie“ bzw. „Neue Lehre der Ethik“ und wandten sich von einer reinen Sollensethik ab, die eine Entfaltung des Menschenlebens im Spannungsfeld eines reinen Objektivismus und eines extremen Subjektivismus der Werte hindert. Ausgehend von der Ontologie eines personalen Seins und dessen Wertewelt plädieren sie (aufgrund einer materialen Wertethik) für eine Wertsensibilität, die sich in Offenheit für Sinn und Werte zeigt und das Leben in Erfüllung bringt. Zum Thema mehr vgl. Ioan Vik, Gottes Heil im Glück des Menschen. Die Vermittelbarkeit immanenter und transzendenter Vollendungsvorstellungen unter Berücksichtigung der menschlichen Sinnorientierung in der Logotherapie Viktor E. Frankls (Beiträge zur Fundamentaltheologie und Religionsphilosophie, 12), Neuried 2008, 247.

      9 Vgl. Ottó Zsók, Der Arztphilosoph Viktor E. Frank, St. Ottilien, 2005, 61.

      10 Viktor Frankl, Logotherapie und Existenzanalyse (s. Anm. 6), 77.

      11 Elisabeth Lukas, Sehnsucht nach Sinn. Logotherapeutische Antworten auf existentielle Fragen, München–Wien 32003.

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