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ein«, sagte ich. »Wiedersehen, Lorna.«

      »Schönen Tag, Mo.«

      Ich flitzte in die Schule, kam aber trotzdem fünfzehn Minuten zu spät. Die Sekretärin schrieb gerade meinen Namen in das Buch der Zuspätkommer dot com, als ich Holman entdeckte. Er trug eine schwarze Krawatte und schwarze Schuhe, die so heftig glänzten, dass sich mein Gesicht drin spiegelte. Er hielt die Hände auf dem Rücken verschränkt und kam auf mich zu. Anscheinend wollte er was sagen, verkniff es sich aber. Er musterte mein Gesicht wie ein Schönheitschirurg das eines alternden Promis.

      »Alles klar, Maureen?«, fragte er.

      »Ja – wieso nicht?«

      »Dir ist klar, dass du erneut zu spät kommst?«

      »Natürlich ist mir das klar! Was glauben Sie wohl, warum ich es so eilig habe?«

      »Gibt’s … gibt’s was, worüber du mit mir reden möchtest?«

       Wartet der jetzt jeden Morgen am Eingang auf mich in der Hoffnung, dass ich ihm meine Probleme anvertraue? Blödmann.

      »Nein! Ich will über gar nichts reden. Schieben Sie Ihre Hochglanzschuhe beiseite und lassen Sie mich in meine Klasse gehen.«

      Ich wartete Holmans Antwort nicht ab, hatte aber ein schlechtes Gewissen. Ich wusste, dass er’s gut meinte, aber manchmal ging er mir auf den Keks.

      Ich setzte mich zu Elaine in den Geschichtsunterricht. Sie trug dicke falsche Wimpern. Als sie mich sah, klimperte sie damit. Ms Gorman fand’s nicht geil, dass ich zu spät kam – sie sagte zwar nichts, folgte mir aber mit strengen Blicken bis zu meinem Platz. Auf eine Leinwand hinter ihr war ein altes Foto in körnigem Schwarz-Weiß geworfen. Irgendwas über den Aufstieg der Nazis.

      »Wieso kommst du zu spät?«, fragte Elaine.

      »Ist eine lange Geschichte«, erwiderte ich.

      »Und was ist mit deinen Haaren passiert? Oder besser gesagt, was ist nicht damit passiert?«

      »Hör auf, ich könnte dich auch wegen deiner Wimpern blöd anmachen. Du siehst aus, als hätte dir einer die Tore von Mordor auf die Augen geklebt.«

      »Du kannst mich mal!«

      »Du mich auch, Bitch!«

      »Elaine Jackson und Maureen Baker!«, unterbrach Ms Gorman unseren Flow. »Wenn ihr euch unbedingt beschimpfen müsst, hebt euch das bis nach Unterrichtsende auf.«

      Sarkastische Kuh. Gorman hielt sich für so wahnsinnig witzig. Ich nahm mir fest vor, sie irgendwann mal auf ihre Achseln hinzuweisen und ihr zu erklären, dass sie auch trotz ihrer engen Hosen niemals bei Crongtons Top Model würde mitmachen dürfen.

      »Und? Kommst du jetzt nach der Schule mit ins Kino?«, flüsterte Elaine.

      »Ich kann nicht«, erwiderte ich.

      »Wieso nicht?«

      »Kein Budget. Ich hab nicht mal Geld für was zu essen.«

      »Schon wieder nicht? Keine Sorge. Ich hol dir was vom Chicken Coop.«

      Ich nickte. »Wings mit Fritten wären super, kosten auch bloß 1.99.«

      »Und ins Kino kriegen wir dich auch.« Elaine grinste. »Wir machen’s wie beim letzten Mal. Also hör auf, über dein Budget zu jammern, und komm mit.«

      »Elaine Jackson!«, rief Gorman erneut. »Mir ist bewusst, wie schwer dir das fällt, aber kannst du bitte die Besprechung eurer nachmittäglichen Vorhaben auf die Pause verschieben? Wäre das möglich?«

      »Aber ich hab schon alle Hausaufgaben gemacht!«, protestierte Elaine. Sie stand auf, stemmte die Hände in die Hüften und machte diese Bewegung mit dem Kopf, wie türkische Bauchtänzerinnen sie draufhaben – ich hab’s in meinem Schlafzimmer geübt, aber nie richtig hinbekommen. »Der Anführer von den Nazis war so ein hinterhältiger Bruder mit Problembart namens Hitler. Er brauchte jemanden, den er für alles verantwortlich machen konnte, was nach dem Ersten Weltkrieg in Deutschland schiefgelaufen war. Also hatte er’s auf die Juden abgesehen. Und außerdem konnte er einfach nicht genug Land kriegen, weil er wollte, dass sich alle auf diese bescheuerte Art grüßen. Er hat das Nachbarland Polen überfallen, was England nicht so richtig getickt hat, und daraufhin haben wir ihm den Krieg erklärt …«

      »Das reicht an Show, Elaine«, unterbrach Gorman sie. »Du kannst dich wieder setzen. Ich bitte dich nur, die anderen nicht in ihrer Konzentration zu stören.«

      Elaine setzte sich, drehte sich zu mir um und stellte den Theaterton wieder ab. »Also kommst du mit?«

      »Was wollt ihr euch denn ansehen?«

      »Weißt nicht – keine Ahnung, was läuft.«

      »Mir egal«, sagte ich, »Hauptsache, ich muss nicht nach Hause in die Wohnung.«

      Elaine versuchte erneut, was aus mir rauszukriegen. »Was geht denn bei euch ab, Mo?«

      »Nichts«, log ich.

      Wir schafften es bis zur Pause, ohne dass Gorman uns erneut anmeckerte. Elaine ging zu Ms Crawford, der Theaterlehrerin, und ich suchte Sam – normalerweise spielte er in der ersten Pause immer Tischtennis auf dem Hof, aber da war er nicht. Ich versuchte es in der Bibliothek und da stand sie rum mit ihren Schwimmerinnenbeinen und ihrer Hollyoaks-Visage: Shevray Clarke, Sams neue Freundin. Sie stand mit zwei anderen aus ihrer Crew vor dem Eingang, blockierte den Weg und guckte mich so finster an, als hätte ich gerade eben ihre Katze gefressen und aufs Kissen gekotzt. Als ich durchs Fenster schaute, sah ich Sam auf einen Computerbildschirm starren. Ich beschloss, es auf die höfliche Tour bei Shevray zu versuchen.

      »Würdest du mir bitte aus dem Weg gehen?«

      Shevray sah erst ihre beiden Freundinnen an, dann bedachte sie mich erneut mit einem bösen Blick. »Kannst du ihn nicht endlich in Ruhe lassen?«, fauchte sie. »Wir wissen alle, dass du was von ihm willst. Aber die Stelle ist besetzt, also hör auf, ihm hinterherzulaufen.«

      »Genau!« Eins der anderen Mädchen funkelte mich jetzt ebenfalls an. »Zieh Leine!«

      »Shevray, glaub mir«, warnte ich sie. »Ich hab keine gute Woche gehabt, also lad deine Komplexe nicht vor meinen wunden Füßen ab. Ich hab keine Zeit für deinen Scheiß. Sam und ich sind nur Freunde – immer gewesen –, also schieb deinen dürren Arsch aus dem Weg, bevor ich dir die Fresse quadratisch schlage.«

      Shevray war nicht dürr. Sie hatte Beine zum Anbeißen. Was mich endlos anpisste.

      Sie verschränkte die Arme und versuchte mich niederzustarren. Blöde Bitch. Als ob mir so was Angst machen würde. Ich erwiderte ihren Blick, schob mein Gesicht ganz dicht vor ihres. Sie wich einen Schritt zurück.

      »Die ist es nicht wert«, sagte sie zu ihren Schwestern. »Los, wir ziehen ab.«

      Shevray und ihre Crew schoben davon. Eine schaute über die Schulter und schenkte mir noch einen Bitch-Blick. An einem anderen Tag hätte ich sie mitsamt ihrem blöden Getue direkt ins Bio-Labor geboxt, aber in diesem Moment konnte ich mich nicht dazu aufraffen. Ich wollte einfach nur zu Sam.

      Ich fand ihn drinnen bei den Computern. Auf einer Hälfte seines Kopfes trug er einen Afro und auf der anderen Cornrows. Süß. Als er merkte, dass ich da war, stand er auf und umarmte mich herzlich. War ein gutes Gefühl, seine Arme zu spüren, seine Wange an meiner. Machte mich ganz kribbelig. Versetzte mich zurück in die Zeit, als wir was miteinander hatten. Ich schloss die Augen. Drei Wochen in den Sommerferien hatte es gedauert. Weder seine noch meine Freunde hatten was davon gewusst. Deshalb war’s auch so schön gewesen. Niemand hatte uns in unserem Flow gestört. Verstohlene Küsse in seinem Zimmer, wenn seine Mum arbeiten war. Ständig musste ich ihm sagen, dass er die Finger von meinem Hintern und meiner Brust lassen soll – ich war noch nicht so weit.

      Dann musste er mit seiner Mum nach Jamaika, um seine Großmutter zu beerdigen. Vier Wochen lang war er weg. Als er wiederkam, war’s einfach … komisch. Er wollte, dass wir

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