Скачать книгу

(Kaplan et al. 1974). »Die Forscher fanden außerdem heraus, dass die DMT-Konzentration im Blut innerhalb von 10 bis 15 Minuten nach der Verabreichung ihren Höhepunkt findet und sich dann innerhalb einer Stunde abbaut. Während der gesamten Zeit sind gerade mal 1,8 % der injizierten Dosis im Blut nachweisbar.« (Barker et al. 1981) Eine Studie von J. Christian Gillin vom US-amerikanischen National Institute of Mental Health (NIMH) und seiner Forschergruppe bestätigte die Ergebnisse Kaplans und ergänzte, dass die DMT-Konzentration im Blut nach 45 bis 120 Minuten rapide abfällt, bis sie schließlich nicht mehr messbar ist. (Gillin et al. 1976)

      In den Siebzigerjahren beschrieben Forscher auch die Verstoffwechselungswege, als Erstes bei Ratten. Demnach wird DMT bei den Nagern rasch von der Bauchhöhle absorbiert und über Plasma, Leber und Gehirn freigesetzt. Es wurde eine schnelle Verstoffwechselung festgestellt, die innerhalb von 30 Minuten abgeschlossen war. Der Höhepunkt der DMT-Verteilung war nach fünf Minuten erreicht, hielt sich weitere fünf Minuten auf dem Plateau, um dann rapide bis zur Unmessbarkeit abzufallen. (Cohen und Vogel 1972) Die Forscher wiesen bei der Ratte ein Gehirn-zu-Plasma-Verhältnis an DMT von 4 zu 5, woraus sie folgerten, dass das DMT in der Ratte aktiv zum Gehirn transportiert wird. (Ebd.) Eine andere Untersuchung, die ein Jahr später publiziert wurde, ergab ein Gehirn-zu-Plasma-Verhältnis an DMT von 4 zu 1. (Shah und Hedden 1978)

      Melissa M. Gomes vom Department of Clinical Chemistry and Toxicology an der Universität São Paulo (Brasilien) untersuchte mit einer Forschergruppe die Biosynthese von DMT in der menschlichen Melanom-Zelllinie60 SK-Mel-147 und dessen Stoffwechsel vermittels Peroxidasen. Peroxidasen sind bestimmte Enzyme, die in allen Lebensformen vorkommen und z. B. für die Immunabwehr wichtig sind und auch bei der körpereigenen Herstellung des Schilddrüsenhormons Thyroxin eine Rolle spielen. Im Menschen wurden bisher 17 verschiedene Peroxidase-Typen nachgewiesen. In der Forschung wird u. a. eine pflanzliche Peroxidase als Markerenzym verwendet, nämlich die Meerrettichperoxidase CA 1 (Armoracia rusticana), um beispielsweise spezifische Stoffwechselreaktionen zu untersuchen. In diesem Fall galt die Aufmerksamkeit dem DMT. Die Forscher um Melissa Gomes entdeckten eine metabolische Wechselwirkung zwischen DMT und einer SK-Mel-147-Zellkultur, die darüber hinaus Peroxidase-Aktivität aufwies. Beimpften die Forscher die Zellkultur mit DMT, ergaben sich Hydroxy-DMT und Indol-Essigsäure. Ferner fanden Gomes und Kollegen heraus, dass die Oxidation von DMT in Zellen durch Peroxidasen gefördert wird. Die Studie hat gezeigt, dass es einen möglichen alternativen Weg der Verstoffwechselung von DMT mittels Peroxidasen im Menschen gibt. Außerdem fanden die Forscher DMT und dessen Stoffwechselprodukte in Hautkrebszellen. »Die Ausweitung dieser Entdeckungen auf andere Zelltypen und die Hinterfragung des biologischen Einflusses von DMT und seiner Metaboliten auf die Bildung und Funktion von Zellen sind Schlüsselfragen für künftige Untersuchungen.« (Gomes et al. 2014)

      Bei allem, was bisher erforscht wurde, und das ist beileibe nicht wenig, ist dennoch der derzeitige Status quo, dass – wie Steven Barker es ausdrückt – die Forschung bisher nicht das Gesamtbild der Entstehung (Synthese), Verstoffwechselung (Metabolismus), Wirkung und Ausscheidung von körpereigenen psychedelischen Tryptaminen betrachten kann. Immerhin hat Steven Barker 2013 die Anwesenheit von DMT in der Zirbeldrüse von Ratten nachweisen können (siehe Seite 113), was ein immenser Fortschritt ist und Anlass zur Hoffnung gibt, dass diese Entdeckung die Wissenschaft auch hinter das Geheimnis der menschlichen Zirbeldrüse im Zusammenhang mit DMT kommen lässt. Die Forschung schreitet mit kleinen Schritten voran.

      50 Film »DMT – The Spirit Molecule« von Mitch Schultz.

      51 Das eröffnet auch eine Querverbindung zu Stanislav und Christina Grofs transpersonaler psychotherapeutischer Methode des Holotropen Atmens, bei der die Probanden gezielt und unter Anleitung hyperventilieren (also sehr schnell und sehr tief atmen), um in veränderte Bewusstseinszustände zu gelangen und z. B. die eigene Geburt noch einmal wiederzuerleben. Die Hyperventilation korreliert nach heutigen Erkenntnissen unter anderem mit einem veränderten Verhältnis von Sauerstoff und Kohlendioxid im Blut, es könnte aber zudem sein, dass an diesen durch die veränderte Respiration hervorgerufenen psychedelischen Erfahrungen auch endogenes DMT beteiligt ist. Die Erfahrungsinhalte, die mit Atemarbeit und den anderen Techniken erfahren werden können, sprächen aufgrund ihrer möglichen Analogie zur DMT-Erfahrung jedenfalls dafür. Bis dato können die Wissenschaftler sich in summa allerdings nur auf Spekulationen stützen: »Wir haben bisher keine belastbaren Daten, die sich auf das wahre Verhältnis von DMT zu den diversen physiologischen Zuständen beziehen«, sagt Steven Barker. (Film »DMT – The Spirit Molecule«)

      52 in vitro = im Reagenzglas

      53 in vivo = im lebenden Organismus

      54 Anxiolytikum = angstlösendes Mittel

      55 IAA = Englisch: indole-3-acetic acid

      56 Ins Deutsche übertragenes, für den Druck leicht modifiziertes Zitat aus dem Film »DMT – The Spirit Molecule«, Regie: Mitch Schultz.

      57 András Sai-Halasz hatte übrigens Anfang der Sechzigerjahre entdeckt, dass der MAO-Hemmer Iproniazid die DMT-Wirkungen im Menschen deutlich abschwächt (Sai-Halasz 1962), was bemerkenswert ist. Normalerweise verstärken MAO-Hemmer die Wirkung von Tryptaminen eigentlich.

      58 Diese Studie führte zu der Hypothese, »dass die 6-Hydroxylierung des Indolrings eine wichtige Rolle für die Synthese eines aktiven Metaboliten spielt, der wiederum für die halluzinogenen Effekte des DMT verantwortlich sein könnte«. (Barker et al. 1981)

      59 Desaminierung = vereinfacht gesagt: die chemische Abspaltung von Aminogruppen.

      60 Melanom-Zelllinien sind für die Forschung gesammelte Proben von Hautkrebszellen, mit denen wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt werden.

      Endogene Dimethyltryptamine und Psychosen

       »Die erste Welle von Forschungen mit DMT wurde von dem Grundsatz geleitet, DMT und schizophrene Zustände miteinander vergleichen zu wollen.«

      Rick Strassman (2004: 106)

      Die Geschichte der Erforschung endogener Dimethyltryptamine ist in weiten Teilen die Geschichte der Forschung an psychotischen Erkrankungen, insbesondere der Schizophrenie. Schon in den frühen Fünfzigerjahren publizierten die britischen Psychiater Humphry Fortescue Osmond61 und John Smythies die Theorie, dass endogene »Schizotoxine« für die Symptomatik von halluzinatorischen Psychosen verantwortlich sein könnten (Osmond und Smythies 1952). Man glaubte damals noch gemeinhin, dass Psychedelika eine kurzzeitige Modellpsychose induzieren, anhand derer man psychotische Erkrankungen wie Schizophrenie untersuchen könne. Die Wissenschaft kam zu dem Schluss, dass Psychedelika eine Psychose imitieren könnten – daher die Bezeichnung Psychotomimetika (= eine Psychose nachahmend) –, weil einige der von LSD, Psilocybin, Meskalin usw. hervorgerufenen Wirkungen den Symptomen von psychotischen Erkrankungen ähneln. Mit der Entdeckung von Bufotenin, DMT und 5-MeO-DMT als körpereigene Substanzen vermuteten Forscher schließlich, dass diese endogenen Moleküle bei Psychotikern für die Symptomatik verantwortlich sein oder zumindest eine Rolle spielen könnten. Man hatte gehofft, dass man auf diesem Weg eine Art Gegenmittel finden würde, Rick Strassman nennt es ein Anti-DMT, das als Antipsychotikum die psychotischen Zustände heilen würde. »Die Theorie über einen Zusammenhang zwischen DMT und Psychosen wurde durch Studien untersucht, die allgemein auf zweierlei Weise vorgingen. Bei der einen Art von Studien wurden die Blutwerte von DMT bei kranken Patienten mit denen von normalen Freiwilligen verglichen; bei den anderen Studien verglich man die subjektiven Wirkungen psychedelischer Drogen mit denen natürlich auftretender psychotischer Zustände.« (Strassman 2004: 78f.)

      Osmond und Smythies stellten darüber hinaus ihre »Transmethylierungshypothese bei Schizophrenie« auf (s. o.). Immerhin handelt es sich bei den körpereigenen psychedelischen Verbindungen generell um O- oder N-methylierte Analoge von biogenen Aminen oder nah verwandte endogene Substanzen (Rosengarten und Friedhoff 1976). Weil die Dimethyltryptamine in der Tat aus Vorstufen methyliert werden, gingen einige Forscher der Frage nach, ob die Aktivität des N-methylierenden Enzyms im Organismus, der Indolethylamin-N-methyltransferase (INMT), die an der Biosynthese von Tryptophan-Metaboliten wie den Dimethyltryptaminen beteiligt ist, bei Patienten mit psychischen Erkrankungen abnorm oder eventuell auch erhöht ist. (Benington et al. 1965; Brune und Himwich 1962;

Скачать книгу