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durch dieses Vermittlungsgeschehen die Einfühlung der Eltern gefördert und mit dem Erleben des Kindes verbunden werden. Und ich sende immer wieder die Botschaft an das Kind, dass ich es verstehe und unterstütze.

      Die Interaktion im Vordergrund

      Eine Schlüsselfunktion nimmt hier die Awareness ein. Ich bringe meine gestalttherapeutisch geschulte Achtsamkeit ein, um vorerst eine Orientierung bezüglich des Kontakt- und Kommunikationsverhaltens zwischen Mutter und Kind zu erhalten.

      Das bedeutet im Laufe einer therapeutischen Sitzung, z. B. während der Interaktionen bei Wickeln, Füttern, Stillen oder Spielen, dass ich sensibilisiert bin, zu achten:

      • Auf die allgemeine Interaktionsbereitschaft, auf den Blickkontakt bzw. Blickvermeidung, die Vokalisation (Stimmlage, Sprechtempo, Lautstärke)

      • Kommen negative Äußerungen in Inhalt und Ton vor, kommt es zu stimmlicher und mimischer Nachahmung?

      • Findet ein interaktives Spielen statt (Berührungsspiele, Zeigen von Spielzeug, Vormachen der Mimik/Vokalisation)

      • Auf welche Art und wie häufig wird das Baby stimuliert? Wie wird der Körperkontakt (Berührungen, Bewegungen, Position) gestaltet, wird z.B. das eigene Gesicht im zentralen Blickfeld gezeigt und wo sieht das Baby hin?

      • Habe ich den Eindruck von Echtheit, werden Gefühle, positive, wie negative, eindeutig gezeigt oder drückt es sich in »Pseudoverhalten« aus (pseudogeduldig z.B., foppend/hänselnd/drangsalierendes Verhalten oder Benennung mit unfreundlichen Kosenamen wie »so ein Depperl«, »Hosenscheißer«, »mein Angsthase«)?

      • Zu welcher Resonanz kommt es bei dem Zusammenspiel von Inhalt, Ton und Ausdruck?

      • u. v. m.

      Bei all diesem Erleben meinerseits auf phänomenologischer, emotionaler, sensomotorischer Ebene und Beziehungsebene geht es um die auf Klientenseite nicht bewusst gesteuerte Synchronie, Responsivität, Reziprozität (Fähigkeit zur Ursache-Wirkungsinteraktion), Kontingenz und den wechselseitigen Einfluss aff ektiven Ausdrucks.

      Ziel ist daher, ein neues Gewahrsein auf Seiten der Mutter zu erreichen. Denn sind die Mechanismen der Kontaktunterbrechung oder einer Kontaktprozess-Schwächung in ihr Bewusstsein gelangt, so reguliert sich das Miteinander in der Folge von selbst (diese Aussage beziehe ich wiederum auf den Hauptanteil meiner Eltern-Kleinkindtherapie-Klienten, die nur leichte Störungen ihrer Ich-, Es- und Persönlichkeitsfunktionen6 zeigen). Babys reagieren immer darauf, wenn sich das Kontaktfeld der Mutter verändert. Eine energetische und emotionale Öffnung wird dann möglich und sein Organismus kann zu einer bioenergetischen Selbstregulation zurückkehren (vgl. Reich 1999).

      Durch ein Baby-Awareness-Training (Schulung der Aufmerksamkeit auf die individuellen Signale des Kindes) und die Feedback-Erfahrung (richtige Interpretation der wahrgenommenen Signale) im Hier und Jetzt der Therapie wird das elterliche Sicherheitsgefühl bestärkt, durch ein neu entwickeltes Gewahrsein wird adäquate elterliche Responsivität7, die für die Selbstentwicklung des Kindes so wichtig ist, möglich bzw. gefördert.

      Fallvignette

      Es folgt zur Verdeutlichung ein beispielhaft zusammengefasster Therapiebericht von Aylin8, einem damals 16 Monate alten Mädchen aus dem türkischen Kulturkreis.

      Laut Auskunft Ihrer Mutter, Frau D., die über die Empfehlung ihrer Kinderärztin zu mir findet, äße Aylin viel zu wenig. Sie könne das Kind nur füttern, wenn es durch Fernsehen oder Spielsachen abgelenkt sei. Die Mutter (19 Jahre alt), der Vater (21 Jahre alt), beide in Wien geboren, seien sehr beunruhigt, weil die Tochter »so wenig esse« und machten sich Sorgen um ihre physische und psychische Gesundheit.

      Beide Herkunftsfamilien nehmen regen Anteil an der Erziehung und Pflege des Kindes. Das zeigt sich auch an den wechselnden Familienmitgliedern, die Fr. D. zu unseren Terminen begleiten.

      Aylin ist, von der Kinderärztin abgeklärt, in gutem Gesundheitszustand. Sie ist ein blasses, zartes, sehr schlankes Kleinkind, liegt mit ihrem Körpergewicht jedoch im Normbereich (15. Perzentile). Sie hat schöne große dunkle Augen, die wenig Blickkontakt halten; im Raum und mit Spielsachen exploriert sie wenig, zeigt sich aber auch nicht schüchtern oder ängstlich. Der immer wieder gesuchte Körperkontakt zur Mutter ist altersentsprechend. Mein erster Eindruck ist, dass sie wenig Selbstkontakt hat, genau wie die hübsche, ebenso zarte Mutter. Auf beiden scheint ein enormer Druck zu lasten. Die Großeltern väterlicherseits, deren Meinung absolut zu respektieren ist, sind überzeugt, dass Aylin zu mager und die junge Mutter zu nachlässig sei. Frau D. tue ihr Möglichstes, um Aylin »zu stopfen« und ist dabei kaum mehr im Kontakt mit ihrer Tochter und mit sich selbst. Weder Aylin noch ihre Mutter haben die Möglichkeit, ihre Bedürfnisse ausreichend wahrzunehmen. Der junge Vater vertritt die Meinung seiner Eltern und konzentriert sich nur mehr auf die Essmengen seiner Tochter. Frau D. erzählt exemplarisch: »Kaum kommt er von der Arbeit heim, fragt er mich sofort, ohne Begrüßung, wie viel sie gegessen hat.«

      Auch hier sind anfangs Körper- und Zentrierungsübungen der Schlüssel zu einem neuen Zugang. Durch die einfache Strukturiertheit der Kindesmutter ist Reflexion nur bedingt möglich und durch die strikten ethnischfamilialen Regeln, denen sie unterliegt, ist Wachstum erschwert/begrenzt. Aber die Zugewandtheit, der Kontakt zwischen Mutter und Tochter, verändert sich durch ganz basale Übungen. Auch schon dadurch, dass ich begleitende Familienmitglieder bitte, im Vorraum zu warten, ist das Signal für alle deutlich, dass es hier um die Mutter-Kind-Einheit geht, um deren Autonomie. Beide können dadurch ihre Kontaktgrenzen unter neuen Voraussetzungen spüren/erfahren.

      Meine Frage, was die Mutter von ihrer Kindheit im gleichen Alter um die 16 Monate noch weiß, führt zu Parallelen zwischen Mutter und Tochter und der Erkenntnis, dass es sehr zarte Kleinkinder gibt, die trotzdem gesund und glücklich sind und gut gedeihen – die Mutter selbst ist der lebende Beweis. Das Wissen also, das sie in sich trägt, tritt deutlich in ihr Bewusstsein und stärkt ihre Intuition, wie sie als Hauptzuständige mit dem Essverhalten ihrer Tochter umgehen will.

      In der zweiten Stunde nehmen wir uns Zeit für Essen und Spielen, wobei ich für Frau D. den Fokus weg von der Nahrungsmenge hin zum Wie der Nahrungsaufnahme lenke: Was macht Aylin mit dem Brei, mit den Apfelstückchen, mit dem Stück Brot? Was glaubt die Mutter, was ihr Kind jetzt und hier damit machen will? Was darf Aylin mit dem Essen zu Hause oder bei den Schwiegereltern sonst noch machen? Ist eine spielerische Herangehensweise an die Speisen möglich, erlaubt oder verboten? Wo und wie werden kindliche Explorationsbedürfnisse unterbrochen und frustriert? Ich habe den Eindruck, die Mutter kann hier den beratenden Teil (Kinder in Aylins Alter machen das so, brauchen das so, zeigen ihr Interesse so …) gut annehmen und die vielen kleinen Kontaktunterbrechungen (zwischen Mutter und Kind und Kind und Nahrung) während einer Füttersequenz wahrnehmen.

      Nach der vierten Stunde kommt es zu einer Therapiepause durch den Aufenthalt bei Aylins Urgroßmutter in der Türkei, nur Mutter und Kind, ohne Vater und dessen Familie, und dies bringt große Veränderung: Aylin isst selbstständig und interessiert und Mengen, die die Mutter beruhigen. Der Teufelskreis scheint durchbrochen.

      Nach der Rückkehr nach Wien erhalte ich zuerst ein freudiges Mail, ein paar Tage später eines mit dem Titel »Hilfe, meine Tochter macht mich verrückt«. Ein weiterer Termin bei mir soll bald stattfinden, es sei alles wieder beim alten. Wir beginnen von neuem, wobei Gewahrseins-Übungen jetzt Vergleiche einbeziehen können: Wie ist es hier, wie war es in der Türkei bei ihrer »Anneanne« (Oma)? Wie hat sich unter welchen Umständen die Mutter gefühlt, wie die Tochter? Wie hat Aylin agiert/reagiert? Frau D. wird immer klarer, was die Meinung und der Druck des familiären Umfeldes ausmachen. Und sie kommt zu ihrem Gefühl, wie sehr sie die Zweisamkeit mit ihrem Mann vermisst. In der Folge sprechen wir Support-Möglichkeiten durch: Wie ist Schritt für Schritt Autonomie zu erreichen, einerseits als Paar und andererseits als Eltern?

      Die Stunden, die wir gemeinsam arbeiten, verbessern Gewahrsein, Bewusstheit und Handlungsfähigkeit, auch wenn Frau D. immer wieder berichtet, dass sie sich gegen die Vorstellungen der väterlichen Familie nicht endgültig

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