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der Synodenversammlung alle dazu einladen, mit Mut und Parrhesia zu sprechen, also Freiheit, Wahrheit und Liebe miteinander zu verbinden. Nur der Dialog kann uns wachsen lassen (…). Der Mut zum Sprechen und die Demut des Zuhörens gehören zusammen (…). Die erste Frucht dieses Dialogs ist, dass jeder offen ist für Neues, um die eigene Meinung aufgrund dessen zu ändern, was er von den anderen gehört hat (…). Fühlen wir uns frei, die anderen anzunehmen und zu verstehen und dann auch unsere Überzeugungen und Haltungen zu ändern: Das ist Zeichen großer menschlicher und geistlicher Reife (…). Die Synode ist ein kirchlicher Akt der Unterscheidung (…). Unterscheidung ist (…) eine innere Haltung, die in einem Glaubensakt verwurzelt ist.“

      Der Papst ist – wen wundert’s? – sehr ignatianisch: Ein Weg christlichen Miteinanders ist für ihn immer Austausch, Teilen. Nur die freimütige Rede ist wahrhaftig, geistgeleitet, weiterführend. Zum guten Zuhören gehört die Demut, nicht schon alles zu wissen, sondern offen zu sein, von anderen etwas zu lernen. Wer bereit sein will, im Hören seine Meinung zu ändern, muss sich indifferent machen, also persönliche Vorlieben, Vorurteile und Vorfestlegungen zurückstellen. Eine Synode ist Kirche in Unterscheidung: Die Geister, die sich regen und bewegen, müssen zunächst wahrgenommen werden – das geht nicht ohne Stille, Achtsamkeit und Gebet; danach müssen sie unterschieden werden, also daraufhin geprüft, ob sie vom guten oder bösen Geist herkommen; schließlich müssen sich die Akteure entscheiden, wie es ihnen der Geist eingibt; nach dem Prozess sind Entscheide umzusetzen – der Wille dazu und die Kraft sind eigens zu erbitten und zu pflegen. Einen solchen Weg als Gemeinschaft zu gehen, erfordert von allen Beteiligten Zeit und Hingabe, Respekt und gutes Kommunizieren, innere Freiheit und Offenheit für Neues, vor allem freilich Vertrauen in das Wirken des Geistes.

      Wann wäre der Weg nicht geistgeleitet? Wenn einzelne oder Gruppen vorher wissen, was wahr und was falsch ist; wenn Informationen ungleich verteilt bleiben; wenn Interessensgruppen etwas durchsetzen wollen; wenn einige, etwa wegen einer heiligen Weihe, mehr Kenntnis oder die alleinige Führung beanspruchen; wenn Juristen oder Organisationsentwickler die wesentlichen Vorgaben machen; wenn alte Männer dominieren und Frauen und Jugendliche zu kurz kommen – schon im Vorbereitungs- und im Steuerungsteam; wenn Ordnungen oder Lehren zu schnell als sakrosankt und unantastbar definiert werden; wenn wichtige geistliche Erfahrungen, auch solche der großen Geschichte und Tradition, vorschnell über Bord geworfen werden; wenn die Angst vor Verlusten oder vor dem Untergang die Herzen leitet; wenn der Prozess Vielfalt und Buntheit missachtet – oder gar unterdrückt oder manipuliert.

      Katholisch – im Wortsinn allumfassend – ist eine Synode dann, wenn sie breit alle Strömungen und Gruppen eingemeindet; das ist angesichts derzeitiger Spannungen, Verwerfungen und Machtkämpfe sehr fordernd und außerdem unendlich mühselig – mühevoll und selig zugleich. Doch am Katholischen führt kein Weg vorbei. Geistlich ist eine Synode dann, wenn sie dem Geist nicht nur im Abwägen und Sprechen und Diskutieren, sondern vor allem im Gebet Raum gibt und wenn sie auf den Geist hört und ihn wirken lässt, wie und wo er will. Auch am Geist führt kein synodales Vorangehen vorbei.

       Samuel Lutz | Bern

      geb. 1944, Dr. theol., Gemeindepfarrer im Berner Oberland, später Synodalratspräsident der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn

      [email protected]

      Zwinglis spiritueller Werdegang

       Zum 500. Jubiläum seines Amtsantritts in Zürich

      Es gab eine Zeit, da beschäftigte sich die Zwingliforschung intensiv mit der Frage nach der reformatorischen Wende bei Zwingli. Die einen gingen davon aus, dass von einer solchen nicht früher gesprochen werden könne, als ab dem Zeitpunkt, an dem Zwingli zur Lehre von der Rechtfertigung allein aus Glauben durchgedrungen sei. Dies aber könne erst erfolgt sein, nachdem Martin Luthers entscheidende reformatorische Schriften im Jahr 1520 erschienen sind: Von des christlichen Standes Besserung – Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche – Von der Freiheit eines Christenmenschen. Unter der Voraussetzung, dass Zwingli seine geistlichen und theologischen Impulse von Martin Luther empfangen habe, wird der zwinglische Durchbruch zur Reformation in die ersten Jahre seiner Tätigkeit als Leutpriester in Zürich gelegt, dies allerdings entgegen Zwinglis eigenen Beteuerungen, er sei unabhängig von Luther zu den für ihn entscheidenden und zur Erneuerung von Kirche und Gesellschaft führenden Erkenntnissen gekommen.

      Für die Befürworter einer früheren, unabhängig von Luther erfolgten reformatorischen Wende stand die Frage nach dem Übergang Zwinglis vom Humanismus zur Reformation und damit der Weg Zwinglis in die theologische Eigenständigkeit im Vordergrund. Von Interesse war dabei sein Verhältnis zu Erasmus von Rotterdam, dem er den Zugang zum griechischen Neuen Testament und wesentliche Elemente seiner späteren Christologie zu verdanken hatte, von dem er sich dann aber allmählich zu distanzieren begann. Beide Seiten gingen davon aus, dass es im Werdegang Zwinglis zum Reformator irgendwann einmal, ob früher oder später, zu einem befreienden Durchbruch gekommen sei.

      Betrachtet man indessen die Anfänge von Zwinglis Theologie weniger unter den Gesichtspunkten von äußerem Einfluss und innerer Loslösung, sondern spürt Zwinglis spirituellen Erfahrungen nach, so zeigt sich das Entscheidende seines Werdegangs der frühen Jahre nicht als Wende, sondern als Weg einer kontinuierlichen inneren Entfaltung. Diesem spirituellen Werdegang des frühen Zwingli bis zu seinem Amtsantritt vor 500 Jahren als Leutpriester am Großmünster in Zürich soll im Folgenden nachgegangen werden. Es geschieht dies auf Grund von drei auf seine früheren Jahre zurückblickenden Selbstzeugnissen. Das eine bezieht sich auf Zwinglis Amtsjahre als Gemeindepfarrer von Glarus, die beiden andern blicken zurück auf die kurzen drei Jahre, in denen er Leutpriester war im Kloster Maria Einsiedeln. Freilich gilt es dabei zu bedenken, dass Selbstzeugnisse als biographische Quellen mit Vorbehalt zu betrachten sind. Immerhin aber lassen sie Einblick gewinnen in Zwinglis subjektive Sicht, wie er sich selber und seinen spirituellen Werdegang verstanden wissen wollte.

      Herkunft und Studium

      Zwingli, getauft auf den Namen Ulrich, stammt aus dem oberen Toggenburg, damals Untertanengebiet des Klosters St. Gallen. In Wildhaus auf 1100 Metern über dem Meeresspiegel wird er am 1. Januar 1484 geboren als dritter Sohn des Johann Zwingli und der Margaretha Meili, geborene Bruggmann. Die Zwinglis waren eine wohlhabende und einflussreiche Familie, ein Milieu von Bauernstand, Politik und Gelehrsamkeit in gut kirchlich-katholischer Spiritualität, aber nicht streng-konservativer Tradition.

      Als noch nicht ganz sechsjähriger Knabe kommt Ulrich zu seinem Onkel Bartholomäus nach Weesen an den Walensee, Pfarrer und Dekan daselbst. Dieser bringt seinem Neffen Lesen und Schreiben bei und auch schon die ersten Brocken Latein. Ulrich sollte, wie drei seiner Brüder auch, ein Gelehrter werden. Nach fünf Jahren im Pfarrhaus von Weesen wird Zwingli Lateinschüler in Basel. Schon nach zwei Jahren aber schickt sein Lehrer, Gregor Bünzli, den Elfjährigen wieder nach Hause und ermuntert den Vater, er solle seinen Sohn entsprechend seiner Begabung anderweitig unterrichten lassen. Dies geschieht zunächst in Bern, wo Zwingli erstmals mit den lateinischen Klassikern bekannt wird. Wie schon in Basel fällt auch in Bern Zwinglis Musikalität sofort auf. Die Dominikaner wollen ihn als Novizen ins Kloster aufnehmen seiner schönen Stimme wegen. Von einem Klostereintritt jedoch will Zwinglis Vater nichts wissen. Er ruft seinen Sohn aus Bern zurück und entsendet ihn an die damals als Hochburg des Humanismus berühmte Universität Wien zum Studium der Philosophie.

      Der Humanismus bedeutete für die akademische Jugend nördlich der Alpen nicht weniger als die Renaissance in Italien: Eine Bewegung mit einem ganz neuen Menschenbild und Selbstbewusstsein. Das klassische Altertum war im Mittelalter zwar nie in Vergessenheit geraten. Man begann nun aber, die griechischen und römischen Klassiker mit neuen Augen zu lesen, indem man sich mit der griechischen Philosophie und der römischen Geschichtsschreibung und Rhetorik identifizierte. Das gab der Generation, die in diesem Humanismus aufwuchs, ein ganz neues Lebensgefühl, emanzipiert von bisherigen Autoritäten, wie es ein Pico della Mirandola zum Ausdruck gebracht hatte in seiner berühmten Rede

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