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und ihre Gemeinschaft mit anderen Ortsgemeinden kommt insbesondere in der gemeinsamen Eucharistiefeier zum Ausdruck. Die rasche Zunahme der Christen, ihre Präsenz in allen Gesellschaftsschichten, in allen Provinzen des Reichs, in der Stadt und auf dem Land, ruft den Gemeinden jedoch ihre Pluralität ins Bewusstsein. Aufgrund der wachsenden Kontakte unter den Gemeinden macht sich diese Pluralität noch deutlicher bemerkbar; denn im 2. und 3. Jahrhundert nimmt der briefliche und sonstige Austausch zwischen den Gemeinden erheblich zu. Man zeigt sich gegenseitig die Wahl eines neuen Bischofs an, berichtet einander über Krisenerscheinungen, tauscht sich zu theologischen Fragen aus und lässt sich zu bestimmtenTerminen Grußschreiben zugehen. Diese wachsende Kommunikation, die manchmal auch die Wahrnehmung von befremdlicher Pluralität mit sich bringt, verstärkt unter den Christen die Tendenz, ihre Einheit in Glauben und kirchlicher Gemeinschaft deutlicher zu erfassen. Es geht ihnen darum, nicht nur eine Vielzahl von nebeneinander existierenden Ortskirchen zu bilden, sondern anhand von zuverlässigen Kriterien zu erkennen, dass sie an der einen, alle Ortskirchen umfassenden Kirche Jesu Christi partizipieren. Zur Bezeichnung dieser Art von Teilhabe übernimmt man aus 1 Kor 1,9 den Begrif f κοινωνία (communio) im Sinne von Gemeinschaft oder Einheit. Anhand welcher Kriterien vergewissern sich nun die Ortskirchen ihrer κοινωνία, ihrer Teilhabe am rechten Glauben und an der rechten Praxis der Kirche? Seit der Mitte des 2. Jahrhunderts, als die Ära der Apostel immer mehr in die Ferne rückt, stellen sie das Vorhandensein wahrer Communio (κοινωνία) mit der Kirche Jesu Christi fest, indem sie ihre Einheit mit dem Ursprung und untereinander überprüfen. Es geht also

      1. um die Ermittlung der vertikalen Einheit mit dem Ursprung und

      2. um die Ermittlung der horizontalen Einheit mit der Kirche.

       3.1 Die Ermittlung der vertikalen Einheit mit dem Ursprung durch Feststellung von apostolischer Tradition und Sukzession

      Mit dem modernen Terminus der vertikalen Einheit bezeichnet man die Rückbindung einer Ortskirche an ihren Ursprung. Mit Hilfe einer senkrechten, von oben nach unten verlaufenden Linie lässt sich das folgendermaßen darstellen: Gott, der Ursprung allen Seins, sendet seinen Sohn Jesus Christus in die Welt; dieser sendet die Apostel mit dem Auftrag, das Evangelium allen Völkern zu verkünden und dazu Ortskirchen zu gründen. Das Gleiche geben die von den Aposteln autorisierten Apostelschüler an ihre Nachfolger, die Bischöfe, weiter, indem sie ihnen die reine apostolische Lehre und das kirchliche Amt anvertrauen (vgl. Abb. 14). In diesem Rahmen kommt allmählich die Überzeugung auf, dass der Inhaber des so überkommenen kirchlichen Amtes die Weitergabe der apostolischen Lehre gewährleistet. Denn man stellt sich nun eine lückenlose Kette von Amtsinhabern vor, die von den Aposteln über die Apostelschüler bis zu den Bischöfen reicht. Sie alle zeichnet die apostolische Nachfolge oder Sukzession aus. Als Glieder einer apostolischen Sukzessionskette garantieren sie dafür, dass die apostolische Überlieferung oder Tradition von Generation zu Generation unversehrt weitergegeben wird.

      Abb. 14 Das Mitte des zweiten Jahrhunderts entwickelte Prinzip der vertikalen Einheit mit dem Ursprung.

      Die so definierte vertikale Einheit mit dem Ursprung kommt Mitte des 2. Jahrhunderts erstmals in den Blick. Damals behaupten die Gnostiker, ihnen seien auf die Apostel zurückgehende, allerdings nicht mit der „üblichen“ Tradition der Kirche übereinstimmende Lehren übermittelt worden, weshalb sie gezwungen seien, Sonderkirchen mit Sonderlehren zu gründen. Für ihre Sonderlehren berufen sie sich auf geheime Überlieferungen, die Jesus einzelnen Aposteln mitgeteilt habe und die durch Mittelsmänner, die lückenlos aufgezählt werden, auf sie gekommen seien. Um diese Sonderlehren zu entlarven und als nicht apostolisch zu erweisen, greift man kirchlicherseits das Traditions- und Sukzessionsprinzip auf. In Abwehr gnostischer, angeblich apostolischer Schriften müssen die Bischöfe mit ihren Gemeinden zunächst entscheiden, welche Schriften in ihren gottesdienstlichen Versammlungen gelesen werden können und daher zum Kanon, zur kirchlich anerkannten Sammlung der neutestamentlichen Schriften, zu zählen sind. Zu diesem Zweck berufen sich kirchliche Theologen gegen die Gnostiker auf das Prinzip der apostolischen Überlieferung oder Tradition. Damit legen sie sich fest, dass nur solche Schriften kanonisch, d.h. für die Kirche verbindlich, sind, die in die apostolische Zeit zurückreichen und in den apostolisch begründeten Ortskirchen geschätzt und öffentlich vorgelesen werden.

      Garanten für die Echtheit und Zuverlässigkeit solcher Schriften sind insbesondere die Vorsteher dieser Ortskirchen, da sie sich in einer ununterbrochenen Sukzessionskette bis auf die Apostel zurückführen lassen. Um das zu beweisen, stellt man für diese Ortskirchen Bischofslisten auf, die in lückenloser Reihenfolge bis zu den Aposteln zurückreichen. Mit diesem Prinzip der apostolischen Nachfolge oder Sukzession wird die Tradition als wesentliches Element des kirchlichen Glaubens gesichert und gleichzeitig die Flut der apokryphen gnostischen Schriften ihrer Autorität entkleidet und aus der Kirche ausgeschieden. Denn durch dieses Verfahren wird klargestellt, dass nur solche Schriften den Anspruch apostolischer Autorität erheben können, die von den Bischöfen der auf die Apostel zurückgehenden Kirchen, den Zeugen und Hütern der apostolischen Tradition, anerkannt werden.

      Eine Ortskirche, die nicht von einem Apostel oder Apostelschüler gegründet wurde, kann ihre Verbindung mit dem Ursprung ebenfalls verifizieren. Wenn nämlich feststeht, dass sie denselben Glaubenslehren folgt wie eine apostolische Kirche, steht ihre Verbindung mit dem Ursprung ebenfalls fest. So muss z.B. die nicht von den Aposteln gegründete Ortskirche von Karthago lediglich ihren Glauben mit dem Glauben der apostolischen Kirche von Rom vergleichen und prüfen, ob ihr Glaubensgut mit dem Glaubensgut Roms übereinstimmt. Ist das der Fall, dann bezeugt auch Karthago den apostolischen Glauben, weil sie denselben Glauben wie Rom besitzt. Wer also in der vertikalen Linie auf dem durch die apostolische Tradition und Sukzession gesicherten Glaubensfundament steht, der lebt in Einheit mit der gesamten Kirche, der besitzt die κοινωνία (communio) der weltweiten, der katholischen Kirche. Maßgebliche altkirchliche Theologen, die das Prinzip der apostolischen Tradition und Sukzession ausführlich darlegen, sind vor allem der palästinische Christ Hegesipp (um 180), Bischof Irenäus von Lyon († um 200) und der Nordafrikaner Tertullian († nach 220).

      Neben dem beschriebenen Aspekt der vertikalen Einheit mit dem apostolischen Ursprung gibt es aber auch den Aspekt der horizontalen kirchlichen Einheit im Sinne der Gemeinschaft, κοινωνία, oder Communio der einzelnen Ortskirchen untereinander.

       3.2 Die Feststellung der horizontalen kirchlichen Einheit (κοινωνία, communio) durch Kommunionbriefe und Communio-Listen

      Der moderne Terminus der horizontalen kirchlichen Einheit charakterisiert die in der Alten Kirche fassbare Überzeugung, dass die einzelne Ortskirche dann im Glauben und in der kirchlichen Lebenspraxis auf dem rechten Weg ist, wenn sie nicht ein isoliertes Einzeldasein führt, sondern mit allen Kirchen auf dem ganzen Erdkreis übereinstimmt und so in eine weltweite kirchliche Gemeinschaft (κοινωνία, communio) eingebunden ist. Unter welchen Bedingungen kommt diese Überzeugung zustande?

      Bekanntlich nimmt der Briefverkehr zwischen den Ortskirchen im 2. und 3. Jahrhundert erheblich zu, zumal feststehende Anlässe den Briefaustausch notwendig machen. So wird die Wahl eines neuen Bischofs den Nachbargemeinden angezeigt. Ein neuer Hauptkirchenbischof versäumt es in der Regel auch nicht, sich insbesondere den Bischöfen anderer Hauptkirchen mit einem Kommunionbrief (γράμματα κοινωνικά, litterae communicatoriae) vorzustellen, um sich so ihrer Gemeinschaft zu versichern.58 Reisende Kleriker und Laien führen

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