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21 in AG 4 führt als Beleg für die Katholizität („Weite“) des Glaubens, die sich im Sprachenwunder des Pfingsttages erstmals erwiesen hat und in der Vielfalt der Sprachen der doch nur einen Kirche fortsetzt, verschiedene Schriften von Augustinus, Johannes Chrysostomos, Cyrill von Alexandrien und Fulgentius an mit dem Hinweis: „Die Kirche spricht alle Sprachen und sammelt so alle in der Katholizität des Glaubens“ („Ecclesia omnes linguas loquitur, et sic omnes colligit in Fidei catholicitate“ (Fußnote 21, AG 4). Die notwendige Weite der Kirche (Vielfalt) ist immer schon gebündelt in ihrer notwendigen Einheit, so dass Vielfalt und Weite nicht Vereinzelung meinen, sondern das Zielen auf das Ganze bzw. Eine.

      In AG 6 wird dieser Zusammenhang deutlicher, wenn AG expressis verbis von der „katholischen Fülle“ („in catholicam plenitudinem“, AG 6,2) und der „katholischen Einheit“ („catholicam unitatem“, AG 6,6) spricht: Gemäß ihrer Sendung und kraft ihrer missionarischen Tätigkeit sucht die Kirche die Vielen, sprich alle Menschen, Rassen und Völker aller Orten und Zeiten in die ihr durch Christus geschenkte sakramentale Fülle aufzunehmen (vgl. AG 6,2), um so ihre wesensgemäße Einheit bzw. Ganzheit zu vervollkommnen (vgl. AG 6,6). Umfasst Kirche nach ihrem Selbstverständnis zwar schon die „Gesamtheit bzw. Fülle der Heilsmittel“ (AG 6,2), verwirklicht sie also schon in ihrem Wesen und Wirken die Anteil-Gabe der Heilsuniversalität Christi (intensive Katholizität), so muss sie diese doch im Sinne einer bleibenden Auf-Gabe immer wieder neu realisieren und in ihren Gläubigen sowie unter allen Menschen verwirklichen (extensive Katholizität), weshalb „das Ziel der Mission primär im Gegenwärtig-Setzen der ganzen institutionellen und sakramentalen Fülle der Kirche für die Völker bzw. die Menschen besteht.“349

      In AG 7 ist von der „katholischen Kirche“ („Ecclesiam Catholicam“, AG 7,1350) im konfessionellen Sinne die Rede, deren Heilsnotwendigkeit herausgestellt wird, die in der Heilsuniversalität Christi gründet.

      AG 8 betont, dass Christus und gleichermaßen die Kirche, dessen mystischer Leib sie ist, aufgrund ihrer je eigenen Universalität und Fülle (qualitative Katholizität) alles Besondere und darin Begrenzende sprengen bzw. übersteigen und somit „von niemandem und nirgendwo als fremd erachtet werden“ (AG 8) können. Das Dekret verweist in diesem Zusammenhang auf eine Aussage Benedikts XV., der von der Kirche gesagt hat: „Denn als Kirche Gottes ist sie katholisch und bei keinem Volk und keiner Nation fremd“ („Nam ut Ecclesia Dei catholica est nullamque apud gentem vel nationem extranea“) (AAS 11 (1919) 445). Das „catholica“ ist hier im Sinne von „Weite“ und damit im Sinne der extensiven Katholizität zu verstehen, die in der intensiven Katholizität gründet.

      AG 15 spricht – wie auch AG 38 – im konfessionellen Sinne von den „Katholiken“ („catholici“, AG 15,3 und 38,3) und erwähnt die „katholische Aktion“ („actio catholica“, AG 15,7), die auf ihre Weise an der missionarischen Sendung der Kirche und der Glaubensverbreitung teilhat. Fußnote 32 (AG 15,3) verweist auf das „Dekret über die katholischen Ostkirchen“ OE („Decr. de Ecclesiis Orientalibus Catholicis“).

      In AG 17 wird das Adjektiv „catholica“ im Sinne der Denominationsbezeichnung verwendet, wenn von der „katholischen Lehre“ („doctrinam catholicam“, AG 17,3) die Rede ist, genauso wie dies der Fall in AG 20 ist, wo das Dekret auf örtlich bedingte Schwierigkeiten zur Annahme des „katholischen Glaubens“ („fide catholica“, AG 20,7) zu sprechen kommt.

      AG 22 bringt – wie schon AG 6,6 – die „katholische Einheit“ („unitatem catholicam“, AG 22,2) im extensiven Sinne als Ziel und bleibenden Auftrag der Kirche und ihrer Sendung ins Wort. Im Fokus steht dabei die Frage nach der notwendigen Inkulturation des christlichen Glaubens, wie also „die Gebräuche, die Empfindungen des Lebens und die gesellschaftliche Ordnung [einzelner Völker und Kulturen] mit den durch die göttliche Offenbarung bezeichneten Sitten in Einklang gebracht werden können“ (AG 22,2). Ziel einer kontextuellen Theologie und Pastoral dürfe nicht eine Gleichmacherei im Sinne von Uniformität sein; genauso schädlich wären jeglicher „Synkretismus und falsche[…][r] Partikularismus“ (AG 22,2). Mit dieser Feststellung stellt das Dekret die anspruchsvolle und herausfordernde Aufgabe jeder Glaubensverkündigung heraus, „in einer originären und authentischen Weise die Gestalten des Glaubenslebens und Glaubensverständnisses aus dem Glauben selbst in eine kulturell, sozial, religiös spezifisch geprägte Welt zu gebären.“351 Das Missionsdekret weist der bisherigen missionarischen Praxis darin einen neuen Weg, dass „das christliche Leben […] dem Charakter und der Eigenart jeder Kultur angepasst […][und] die besonderen Traditionen […] mit ihren je eigenen, im Licht des Evangeliums erhellten Gaben jeder Völkerfamilie in die katholische Einheit aufgenommen“ (AG 22,2) werden sollen. Die „neuen Teilkirchen, mit ihren Traditionen ausgestattet, [sollen] ihren Platz in der kirchlichen Gemeinschaft haben […], wobei der Primat der Kathedra Petri unangetastet bleibt, die den Vorsitz über die gesamte Gemeinschaft der Liebe führt“ (AG 22,2) und als Wächteramt die katholische Einheit repräsentiert und garantiert. Mit dem Hinweis auf das Dienstamt des Papstes zielt das Dekret auf die spannungsreiche Verhältnisbestimmung von Universal- und Ortskirche, die das der Katholizität der Kirche eigene Verhältnis von Einheit und Vielfalt zum Ausdruck bringt. Es lässt erahnen, dass mit dem in Ad gentes zugrunde liegenden „Programm von pluriformer Weltkirche eine neue Interpretation des Primates einhergehen muss, um der Eigenständigkeit und Eigenprägung der Teilkirchen das nötige Gewicht im Verbund der Gesamtkirche zukommen zu lassen“352, ohne die notwendige Einheit der Kirche dabei zu gefährden.

      AG 36 und AG 40 sprechen vom „wahrhaft katholischen Geist“ („spiritum vere catholicum“ in LG 36,2 und LG 40,1, wobei in LG 40,1 vom „spiritum et laborem vere catholicum“, also dem „wahrhaft katholischen Geist und Wirken“ die Rede ist). In beiden Belegstellen dürfte das „catholica“ weniger im Sinne der Denominationsbezeichnung zu lesen sein, als vielmehr im Sinne der quantitativen Katholizität, also im Sinne von „Weite“ und „Offenheit“, zu der alle Glieder der Kirche aufgrund ihrer Teilhabe an der missionarischen Sendung der Kirche gegenüber Anders- und Nichtgläubigen – letztlich gegenüber allen Menschen – aufgefordert sind:

      „Die missionarische Mitarbeit […] ist eine Grundpflicht und Kernaufgabe, die aus dem Selbstverständnis der Kirche resultiert, die als Heilsvermittlerin in die Menschheit gesandt ist. Dieser Sendung darf sich kein Glied ‚des lebendigen Christus’ […] entziehen, ganz unabhängig von seiner Stellung und Funktion innerhalb der Kirche. Aus der Einheit mit Christus durch Taufe, Firmung und Eucharistie folgt die Teilnahme und Mitwirkung an seiner Sendung zur vollen Ausgestaltung seines mystischen Leibes. […] Es gilt also, den Geist aufzuschließen zu wahrhaft katholischer Weite, in universalen Dimensionen zu denken und nach Kräften sich für die Verbreitung der Botschaft Christi einzusetzen. […] Durch das gemeinsame Zeugnis [i.e. zusammen mit den nichtkatholischen Christen im ökumenischen Geist] wird das Christentum zum ‚Licht der Welt’ und zum ‚Salz der Erde’ und die Kirche zum ‚hocherhobenen Zeichen unter den Völkern’.“353

      Die von der Kirche zuvor geforderte Vielfalt, die sie im Sinne ihrer Katholizität unter Wahrung ihrer Einheit ermöglichen, fördern und bewahren muss, wenn sie das Prädikat „katholisch“ zu Recht tragen will, soll nicht nur in der Vielzahl ihrer je unterschiedlichen Ortskirchen konkret werden, die unter dem Haupt des Bischofs von Rom in der Gesamtkirche geeint sind und aus dieser hervorgehen, sondern auch und vor allem in der Weite und einem wahrlich „katholischen“, d.h. offenen Geist einer jeden Katholikin, eines jeden Katholiken und allen Menschen gegenüber. Es geht um eine innere, wahrlich katholische, d.h offene und einladende Haltung, mit der all jenen gegenübergetreten werden soll, die nicht oder noch nicht zur Gemeinschaft der Kirche zählen, um ihnen von Christus und seiner befreienden Botschaft zu künden. Dieser „katholische Geist“ meint also die Fähigkeit und Bereitschaft, mit Menschen anderer Kulturen, Weltanschauungen, Religionen und Meinungen in einen offenen Dialog zu treten, sie gewissermaßen in die Communio eines Diskurses über den christlichen Glauben zu integrieren, so wie Paulus es auf dem Areopag tut (vgl. Apg 17,16–34), ohne sie dabei gleich vereinnahmen, bevormunden, belehren oder gar vorverurteilen zu wollen. Dabei, und dies gehört gleichermaßen zu einem wahrhaft „katholischen Geist“, gilt es, die eigene Integrität zu wahren, sprich das Stehen im katholischen Glauben und

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