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und finanzieren mussten. Großzügige Spenden und Schenkungen, Erbschaften oder auch eine Art Aufnahmegeld für Novizen und Novizinnen waren Teil der Bilanz, genauso wie Erträge aus Pacht, Zehnt und dem Verkauf von Wirtschaftsgütern.

      Während die Ordensschwestern ihren Konvent mit einer Priorin an der Spitze weitgehend selbst organisierten und führten, unterstanden sie letztlich jedoch der Aufsicht der Oberzeller Ordensbrüder. Dazu wurde von den Schwestern ein Propst (Vorsteher) gewählt, der unter anderem für die äußeren Angelegenheiten des Frauenkonvents zuständig war, den Schwestern aber auch als Beichtvater diente. Ihm zur Seite stand ein Sekretär, beide (oder zumindest der Propst) wohnten in einem abseits gelegenen Gebäude zum Frauenkonvent. Des weiteren ein Gärtner, dessen Unterbringung in den Klosterbüchern nicht näher bestimmt ist.

      Wichtig ist, dass die Schwestern Männer, bis auf den Beichtvater, entweder kaum oder nie zu Gesicht bekamen. Außerdem durfte kein Mann, den exklusiv für Frauen bestimmten Innenbereich (Konvent, Klausur) betreten, auch der Beichtvater nicht.

      Schließlich ist ein Klosterphysicus (Arzt) dokumentiert, er hat eher nicht auf dem Gelände gewohnt. Bezeichnenderweise ist für das Jahr 1749 kein Arzt verzeichnet, obwohl für 1733 eine Verbesserung der Krankenabteilung vermerkt ist als auch anderes zu dem Krankenzimmer Nöthiges wie Heilkräuter. Vermutlich wurde in Krankheitsfällen auf einen Arzt in Zell oder Würzburg zurückgegriffen. Das Juliusspital hätte sich dafür angeboten, da es dort unter anderem eine Abteilung für die sogenannten Furiosen (Rasende) gab, und wie wir noch sehen werden, erfreute sich die Abteilung großer Beliebtheit.

      Die beiden Klöster in Ober- und Unterzell teilten in den Jahrhunderten nach ihrer Trennung alle Höhen und Tiefen des Schicksals – Krieg, Zerstörung, Vertreibung und Wiederaufbau –, Mitte des 18. Jahrhunderts zeigte sich aber eine andere Situation.

      Die Brüder in Oberzell sahen sich unter Abt Oswald Loschert mit umfangreichen Renovierungsmaßnahmen ihres Klosters konfrontiert, kein Geringerer als der Baumeister der Residenz zu Würzburg, Balthasar Neumann, wurde dafür engagiert. Die Arbeiten verschlangen Unsummen, und so mancher fragte sich im Angesicht der knappen Haushaltskasse, woher das viele Geld kommen sollte.

      Ein ganz anderes Bild im Frauenkloster Unterzell, das auf stattliche Besitzungen und somit auf sprudelnde Einnahmen zurückgreifen konnte.

      Neid und Streit waren unter den beiden Klöstern nicht ungewöhnlich, jeder musste sehen, wie er zurechtkam. Ebenso kam es immer wieder zu gerichtlichen Auseinandersetzungen mit externen Vertragspartnern, unter anderem mit den örtlichen Weinhändlern, die expandieren wollten. Mitte des 18. Jahrhunderts wurden umfangreiche Baumaßnahmen in der Gemarkung durchgeführt, wofür Pacht und Zins an die Grundstückseigner, die Klöster, gezahlt werden musste.

      Der Frauenkonvent bestand überwiegend aus wohlhabenden Adels- und Bürgerfrauen, deren Familien reichlich für die Unterbringung der mitunter überschüssigen Töchter zahlten oder spendeten. Die Leitung oblag 1749 der gebrechlichen Priorin Katharina Neusesser, die die Erziehung und die Aufsicht über die Novizinnen (Neulinge, ohne abgelegtes Gelübde) vermutlich ihrer Stellvertreterin, der Subpriorin überließ. Das war die ebenfalls schon 69-jährige Maria Renata Singer von Mossau – für die Zeit ein gesegnetes Alter, als die Lebenserwartung um die 40 Jahre lag.

      Maria Renatas Gewissenhaftigkeit, aber auch ihre Strenge und ihr Geiz sollen über die Jahre für Unmut unter den Schwestern gesorgt haben. Zum einen wurden viele, wenn nicht die meisten gegen ihren Willen ins Kloster gesteckt, wo sie sich nur schwer mit der dort herrschenden, straff organisierten Klosterdisziplin anfreunden konnten. Zum anderen waren die jungen Novizinnen aus adeligem oder gutbürgerlichem Haus Kinder einer anderen Zeit, besser: einer begüterten und sicheren Welt, anders als die verarmte Offizierstochter Maria Renata, die als Kind und Jugendliche mit ihren Eltern auf den Schlachtfeldern aufwuchs und dort das persönliche wie auch wirtschaftliche Überleben erlernt hatte.

      Der Propst von Unterzell, Richard Traub, war ebenfalls nicht gut auf sie zu sprechen, da sie einen anderen Beichtvater bevorzugte und offenbar mit der Bevorzugung der Traubschen Verwandtschaft beim Klosterbesuch nicht einverstanden war, wie wir später noch sehen werden.

      Und doch kam es in den knapp fünfzig Jahren ihres Ordenslebens nicht zu einem ernsthaften, nachhaltigen und vor allem dokumentierten Zerwürfnis zwischen Maria Renata, den Schwestern und den Klosterbrüdern aus Unter- und Oberzell.

      Was eine Hexe ist und ob es sie überhaupt gibt, darüber wird seit vorchristlicher Zeit gestritten.

      Der Begriff Hexe leitet sich etymologisch vom westgermanischen hag (Zaun, Hecke) ab, im 16. Jahrhundert findet sich im Deutschen die Beschreibung Zaunreiterin.

      Laut dem Historiker Wolfgang Behringer stehe die Hexe zwischen Wildnis und Zivilisation, zwischen Natur und Kultur, zwischen Teufel und Gott. Sie sei zwar Mensch, besitze aber übernatürliche Kräfte und könne die Gesetzte der Natur transzendieren – was volkstümlich so viel heißt wie: Die Hexe kann zaubern.

      Tut oder kann sie es nachweislich nicht, ist sie keine Hexe, sondern nur ein närrisches, großsprecherisches Weib, das mit Ruten ausgestrichen werden soll. Ein Todesurteil hätte das Großmaul nicht zu fürchten gehabt.

      Somit steht der Nachweis für die tatsächliche Zauberkunst im Raum. Bloße Gerüchte und Denunziationen, wie sie noch im 16. Jahrhundert genügten, um ein Verfahren auf Hexerei in die Wege zu leiten und zum erhofften Erfolg zu bringen, hätten eigentlich Mitte des 18. Jahrhunderts im fränkischen Würzburg nicht mehr ausreichen dürfen, wenn man sich die Geschichte der fränkischen Hexenverfolgung kurz betrachtet.

      Die in deutschen Landen mitunter größten und grausamsten Hexenprozesse fanden zu Beginn des 17. Jahrhunderts auf Würzburger Herrschaftsgebiet statt. Anfänglich waren es mittellose, alte Frauen, dann auch Männer und Kinder, die den Hexenriechern zum Opfer fielen. Kurz vor Einfall der Schweden und ihren protestantischen Alliierten, die dem Wahnsinn ein Ende bereiteten und, nebenbei bemerkt, den geistigen Brandstiftern von Teufels- und Hexenglaube – den Jesuiten – nachstellten, sahen sich auch Kleriker mit dem Vorwurf auf Hexerei und Teufelspakt konfrontiert. Ein gutes Dutzend verlor in Würzburg das Leben. Der beispiellose Vorgang ist als Klerikerprozesse in die Geschichte eingegangen.

      Rund 120 Jahre später wurde nun erneut gegen eine Geistliche, die Ordensschwester Maria Renata in Sachen Hexerei ermittelt, und das war besonders heikel, da sie eine Adelige war und keine unbedeutende Person aus dem Volk. Sie genoss das Privilegium fori, das Rechtsprivileg der Kleriker, wonach sie nicht vor ein weltliches Gericht zitiert werden konnte. Zudem stand sie unter dem Schutz ihrer einflussreichen Ordensbrüder aus Kloster Oberzell, ihr oberster örtlicher Schutzherr war der Fürstbischof von Würzburg.

      Einige wichtige Gründe sprachen also gegen ein erfolgreiches Verfahren … wenn es da nicht eine Ausnahmeregelung gegeben hätte, die als Ausnahmeverbrechen (crimen exceptum) definiert wurde. Diese setzte nahezu alle Rechtsvorschriften außer Kraft und war von Juristen und Theologen wissenschaftlich hergeleitet und begründet worden.

      Das Sonderverbrechen fußte auf mehreren Tatbeständen:

      – Die bereits angesprochene Zauberei

      – Gotteslästerung

      – Sodomie

      – und Ehebruch, sofern der/die Angeklagte verheiratet war.

      Dazu sollte man wissen, dass derartige Verfahren nicht auf Basis der Peinlichen Halsgerichtsordnung Karls V. (Carolina) geführt, sondern nur danach gestraft werden konnten (peinlich vom Lateinischen poena: Strafe). Das Strafmaß richtete sich nach Umfang des angerichteten Schadens.

      Um zu einem belastbaren Urteil zu kommen, strebte man das Geständnis des Angeklagten an. War er nicht willig, drohte ihm die Folter. Außerdem sollte er Reue zeigen sowie Komplizen benennen. Die Halsgerichtsordnung versuchte die Folter zu reglementieren und auf Gottesurteile (unter anderem Wasser- und Nadelprobe) zu verzichten. Der Beweis der Schuld war erst bei einem Geständnis erbracht, es musste später ohne Gewaltandrohung wiederholt werden.

      So

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