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wur­de hef­tig und per­sön­lich, und die dar­aus ent­sprin­gen­den Unan­nehm­lich­kei­ten ver­an­lag­ten den Ver­fas­ser, die Stel­le ei­nes Prä­si­den­ten zu Lin­gen an­zu­neh­men, die ihm Fried­rich der Zwei­te an­bot, der in ihm einen auf­ge­gär­ten und den Neue­run­gen, die in Frank­reich schon viel wei­ter ge­die­hen wa­ren, nicht ab­ge­neig­ten vor­ur­teils­frei­en Mann zu er­ken­nen glaub­te. Sei­ne ehe­ma­li­gen Lands­leu­te, die er mit ei­ni­gem Ver­druss ver­las­sen, be­haup­te­ten, dass er dort nicht zu­frie­den sei, ja nicht zu­frie­den sein kön­ne, weil sich ein Ort wie Lin­gen mit Frank­furt kei­nes­wegs mes­sen dür­fe. Mein Va­ter zwei­fel­te auch an dem Be­ha­gen des Prä­si­den­ten und ver­si­cher­te, der gute Oheim hät­te bes­ser ge­tan, sich mit dem Kö­ni­ge nicht ein­zu­las­sen, weil es über­haupt ge­fähr­lich sei, sich dem­sel­ben zu nä­hern, so ein au­ßer­or­dent­li­cher Herr er auch üb­ri­gens sein möge. Denn man habe ja ge­se­hen, wie schmäh­lich der be­rühm­te Vol­taire, auf Re­qui­si­ti­on des preu­ßi­schen Re­si­den­ten Frei­tag, in Frank­furt sei ver­haf­tet wor­den, da er doch vor­her so hoch in Guns­ten ge­stan­den und als des Kö­nigs Lehr­meis­ter in der fran­zö­si­schen Poe­sie an­zu­se­hen ge­we­sen. Es man­gel­te bei sol­chen Ge­le­gen­hei­ten nicht an Be­trach­tun­gen und Bei­spie­len, um vor Hö­fen und Her­ren­dienst zu war­nen, wo­von sich über­haupt ein ge­bor­ner Frank­fur­ter kaum einen Be­griff ma­chen konn­te.

      Ei­nes vor­treff­li­chen Man­nes, Dok­tor Orth, will ich hier nur dem Na­men nach ge­den­ken, in­dem ich ver­dien­ten Frank­fur­tern hier nicht so­wohl ein Denk­mal zu er­rich­ten habe, viel­mehr der­sel­ben nur in­so­fern er­wäh­ne, als ihr Ruf oder ihre Per­sön­lich­keit auf mich in den frühs­ten Jah­ren ei­ni­gen Ein­fluss ge­habt. Dok­tor Orth war ein rei­cher Mann und ge­hör­te auch un­ter die, wel­che nie­mals teil am Re­gi­men­te ge­nom­men, ob ihn gleich sei­ne Kennt­nis­se und Ein­sich­ten wohl dazu be­rech­tigt hät­ten. Die deut­schen und be­son­ders die Frank­fur­ti­schen Al­ter­tü­mer sind ihm sehr viel schul­dig ge­wor­den; er gab die »An­mer­kun­gen« zu der so­ge­nann­ten »Frank­fur­ter Re­for­ma­ti­on« her­aus, ein Werk, in wel­chem die Sta­tu­ten der Reichs­stadt ge­sam­melt sind. Die his­to­ri­schen Ka­pi­tel des­sel­ben habe ich in mei­nen Jüng­lings­jah­ren flei­ßig stu­diert.

      Von Och­sen­stein, der äl­te­re je­ner drei Brü­der, de­ren ich oben als un­se­rer Nach­barn ge­dacht, war, bei sei­ner ein­ge­zo­ge­nen Art zu sein, wäh­rend sei­nes Le­bens nicht merk­wür­dig ge­wor­den, de­sto merk­wür­di­ger aber nach sei­nem Tode, in­dem er eine Ver­ord­nung hin­ter­ließ, dass er mor­gens früh, ganz im Stil­len und ohne Beglei­tung und Ge­folg, von Hand­werks­leu­ten zu Gra­be ge­bracht sein wol­le. Es ge­sch­ah, und die­se Hand­lung er­reg­te in der Stadt, wo man an prunk­haf­te Lei­chen­be­gäng­nis­se ge­wöhnt war, großes Auf­sehn. Alle die­je­ni­gen, die bei sol­chen Ge­le­gen­hei­ten einen her­kömm­li­chen Ver­dienst hat­ten, er­hu­ben sich ge­gen die Neue­rung. Al­lein der wack­re Pa­tri­zi­er fand Nach­fol­ger in al­len Stän­den, und ob man schon der­glei­chen Be­gäng­nis­se spott­wei­se Och­sen­lei­chen nann­te, so nah­men sie doch zum Bes­ten man­cher we­nig be­mit­tel­ten Fa­mi­li­en über­hand, und die Prunk­be­gäng­nis­se ver­lo­ren sich im­mer mehr. Ich füh­re die­sen Um­stand an, weil er eins der frü­hern Sym­pto­me je­ner Ge­sin­nun­gen von De­mut und Gleich­stel­lung dar­bie­tet, die sich in der zwei­ten Hälf­te des vo­ri­gen Jahr­hun­derts von oben her­ein auf so man­che Wei­se ge­zeigt ha­ben und in so un­er­war­te­te Wir­kun­gen aus­ge­schla­gen sind.

      Auch fehl­te es nicht an Lieb­ha­bern des Al­ter­tums. Es fan­den sich Ge­mäl­de­ka­bi­net­te, Kup­fer­stich­samm­lun­gen, be­son­ders aber wur­den va­ter­län­di­sche Merk­wür­dig­kei­ten mit Ei­fer ge­sucht und auf­ge­ho­ben. Die äl­te­ren Ver­ord­nun­gen und Man­da­te der Reichs­stadt, von de­nen kei­ne Samm­lung ver­an­stal­tet war, wur­den in Druck und Schrift sorg­fäl­tig auf­ge­sucht, nach der Zeit­fol­ge ge­ord­net und als ein Schatz va­ter­län­di­scher Rech­te und Her­kom­men mit Ehr­furcht ver­wahrt. Auch die Bild­nis­se von Frank­fur­tern, die in großer An­zahl exis­tier­ten, wur­den zu­sam­men­ge­bracht und mach­ten eine be­sond­re Ab­tei­lung der Ka­bi­net­te.

      Sol­che Män­ner scheint mein Va­ter sich über­haupt zum Mus­ter ge­nom­men zu ha­ben. Ihm fehl­te kei­ne der Ei­gen­schaf­ten, die zu ei­nem recht­li­chen und an­ge­seh­nen Bür­ger ge­hö­ren. Auch brach­te er, nach­dem er sein Haus er­baut, sei­ne Be­sit­zun­gen von je­der Art in Ord­nung. Eine vor­treff­li­che Land­kar­ten­samm­lung der Schen­ki­schen und an­de­rer da­mals vor­züg­li­cher geo­gra­fi­schen Blät­ter, jene ober­wähn­ten Ver­ord­nun­gen und Man­da­te, jene Bild­nis­se, ein Schrank al­ter Ge­weh­re, ein Schrank merk­wür­di­ger ve­ne­zia­ni­scher Glä­ser, Be­cher und Po­ka­le, Na­tu­ra­li­en, El­fen­bein­ar­bei­ten, Bron­zen und hun­dert an­de­re Din­ge wur­den ge­son­dert und auf­ge­stellt, und ich ver­fehl­te nicht, bei vor­fal­len­den Auk­tio­nen mir je­der­zeit ei­ni­ge Auf­trä­ge zu Ver­meh­rung des Vor­han­de­nen zu er­bit­ten.

      Noch ei­ner be­deu­ten­den Fa­mi­lie muss ich ge­den­ken, von der ich seit mei­ner frühs­ten Ju­gend viel Son­der­ba­res ver­nahm und von ei­ni­gen ih­rer Glie­der selbst noch man­ches Wun­der­ba­re er­leb­te; es war die Sen­cken­ber­gi­sche. Der Va­ter, von dem ich we­nig zu sa­gen weiß, war ein wohl­ha­ben­der Mann. Er hat­te drei Söh­ne, die sich in ih­rer Ju­gend schon durch­gän­gig als Son­der­lin­ge aus­zeich­ne­ten. Der­glei­chen wird in ei­ner be­schränk­ten Stadt, wo sich nie­mand we­der im Gu­ten noch im Bö­sen her­vor­tun soll, nicht zum Bes­ten auf­ge­nom­men. Spott­na­men und selt­sa­me, sich lang’ im Ge­dächt­nis er­hal­ten­de Mär­chen sind meis­tens die Frucht ei­ner sol­chen Son­der­bar­keit. Der Va­ter wohn­te an der Ecke der Ha­sen­gas­se, die von dem Zei­chen des Hau­ses, das einen, wo nicht gar drei Ha­sen vor­stellt, den Na­men führ­te. Man nann­te da­her die­se drei Brü­der nur die drei Ha­sen, wel­chen Spitz­na­men sie lan­ge Zeit nicht los­wur­den. Al­lein, wie große Vor­zü­ge sich oft in der Ju­gend durch et­was Wun­der­li­ches und An­schick­li­ches an­kün­di­gen, so ge­sch­ah es auch hier. Der äl­tes­te war der nach­her so rühm­lich be­kann­te Reichs­ho­frat von Sen­cken­berg. Der zwei­te ward in den Ma­gis­trat auf­ge­nom­men und zeig­te vor­züg­li­che Ta­len­te, die er aber auf eine ra­bu­lis­ti­sche, ja ver­ruch­te Wei­se, wo nicht zum Scha­den sei­ner Va­ter­stadt, doch we­nigs­tens sei­ner Kol­le­gen in der Fol­ge miss­brauch­te. Der drit­te Bru­der, ein Arzt und ein Mann von großer Recht­schaf­fen­heit, der aber we­nig und nur in vor­neh­men Häu­sern prak­ti­zier­te, be­hielt bis in sein höchs­tes Al­ter im­mer ein et­was wun­der­li­ches Äu­ße­re. Er war im­mer sehr nett ge­klei­det, und man sah ihn nie an­ders auf der Stra­ße als in Schuh und St­rümp­fen und ei­ner wohl­ge­pu­der­ten Lo­cken­pe­rücke, den Hut un­term Arm. Er ging schnell, doch mit ei­nem selt­sa­men Schwan­ken vor sich hin, so­dass er bald auf die­ser, bald auf je­ner Sei­te der Stra­ße sich be­fand und im Ge­hen ein Zick­zack bil­de­te. Spott­vö­gel sag­ten: er su­che durch die­sen ab­wei­chen­den Schritt den ab­ge­schie­de­nen See­len aus dem Wege zu ge­hen, die ihn in gra­der Li­nie wohl ver­fol­gen möch­ten, und ahme die­je­ni­gen nach, die sich vor ei­nem Kro­ko­dil fürch­ten. Doch al­ler die­ser Scherz und man­che lus­ti­ge Nach­re­de ver­wan­del­te sich zu­letzt in Ehr­furcht ge­gen ihn, als er sei­ne an­sehn­li­che Woh­nung mit Hof, Gar­ten und

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