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als mächtiges, aber nicht als allwissendes Instrument.

      Achten Sie auf Ihre Körpersignale. Wenn ich Sie nun frage: »Wie fühlen Sie sich gerade?«, antworten Sie vielleicht gewohnheitsmäßig mit »gut« oder »schlecht«. Doch spüren Sie einmal genauer in sich hinein. Sind Ihre Muskeln eher entspannt, oder gibt es An- oder gar Verspannungen? Wie fühlt sich Ihr Bauch an? Und Ihr Kopf? Wie schlägt Ihr Herz? Nehmen Sie das alles erst einmal urteilsfrei wahr. Achten Sie auch auf Ihre emotionale Gefühlslage, ohne zu schnell nach Gründen dafür zu suchen.

      Unser bewusster Verstand liebt es, mit logischen Verknüpfungen zu arbeiten. Das ist aber auch gleichzeitig seine Schwäche. Aus den beiden Informationen »Ich bin traurig« und »Mein Partner hatte heute Morgen keine Zeit für mich« bastelt der Verstand gern: »Mein Partner hatte keine Zeit für mich, deshalb bin ich traurig.« Durch das Benennen der vermeintlichen Kausalität kann der Fall abgehakt werden. So kann sich unser Bewusstsein schnell wieder in den Energiesparmodus begeben.

      Dabei könnte es auch anders sein. Vielleicht ist der Grund für Ihre Traurigkeit, dass sich Ihr Leben momentan unerfüllt anfühlt. Und Ihr Partner hatte heute Morgen einfach keine Zeit. Diese beiden Dinge müssen nicht unbedingt miteinander verknüpft sein. Schon gar nicht ursächlich. Dass Ihr Verstand möglicherweise etwas vorschnell war, merken Sie spätestens dann, wenn Ihr Partner am nächsten Tag Zeit für Sie hat und Sie sich immer noch traurig fühlen. Es sei denn, Sie finden dann schnell etwas anderes, das Ihnen an seinem Verhalten nicht passt. So müssen Sie den wahren Grund für Ihre Trauer nie anschauen. Dann brauchen Sie auch nie etwas zu ändern. Ist das nicht herrlich bequem, so einen Sündenbock zu haben?

      Stolpersteine für unser tägliches Denken und Verhalten sind innere Konflikte, die nicht ausreichend verarbeitet, sondern verdrängt wurden. So nach dem Motto: »Deckel drauf und weg damit!« Sie haben sich quasi nicht in die Einzelteile der Erfahrung assimiliert, sondern behindern als Brocken unser Denken und unser Verhalten. Mit solchen Brocken können wir nur noch wie ferngesteuert reagieren, wie ein programmierter Roboter. Aber wenn wir diese Konflikte auflösen, können wir wirklich frei sein. Wir verdrängen Erfahrungen, wenn wir uns nicht dazu in der Lage fühlen, sie zu verarbeiten. Vielleicht waren wir damit überfordert, weil wir zum Zeitpunkt des Geschehens noch Kinder waren. Oder ein Trauma im späteren Lebensalter war so intensiv, dass wir damit nicht umzugehen wussten.

      Check-in bei sich selbst

      Unser Unterbewusstsein redet zwar mit uns, aber es schreit nicht. Deshalb sollten wir das Zuhören üben und uns dafür ausreichend Zeit nehmen.

      ➤ Schlafen Sie sich mal aus! Wir müssen wenigstens halbwegs ausgeruht sein, wenn wir unsere innere Stimme zu komplexeren Themen befragen wollen.

      ➤ Machen Sie Sport! Ausdauersport baut Stresshormone ab, die sonst bewusste Denkprozesse blockieren und den Zugang zum Unter- bzw. Vorbewussten regelrecht verstopfen können. Ein bisschen anstrengend sollte das Training schon sein – das macht es leichter wirklich abzuschalten. Und lassen Sie unbedingt währenddessen Ihr Handy ausgeschaltet. Sie müssen nicht immer und überall für jeden erreichbar sein und zur Verfügung stehen.

      ➤ Machen Sie einen festen Termin mit sich selbst, an dem Sie sich Zeit und Ruhe gönnen, um Ihre Gefühlslage und Körpersignale wahrzunehmen.

      ➤ Reflektieren Sie abends: Welche Entscheidungen haben Sie im Lauf des Tages intuitiv getroffen? Auf welche Signale aus Ihrem Inneren haben Sie dabei reagiert? Wie war das Ergebnis? Wann haben Sie sich lieber auf die bewusste Analyse der Fakten verlassen? Wie war da das Ergebnis?

      Unsere erste emotionale Reaktion auf etwas oder jemanden ist immer das Resultat unterbewusster Einschätzungsprozesse. Auf Psychologen-Deutsch heißt das »emotional-evaluative Erstreaktion«. Die hängt maßgeblich vom emotionalen Erfahrungsgedächtnis ab. Welche Wünsche und Pläne wir für unser Leben hegen, ja sogar Gedanken und Ideen, nehmen ihre Gestalt so an, wie es unserem Erfahrungsgedächtnis entspricht.

      Sie sehen also, dass es vollkommen sinnlos ist, sich mittels Positiven Denkens und Affirmationen etwas einreden zu wollen, wenn das Unterbewusstsein der festen Überzeugung ist, dass etwas schon immer doof war und es deshalb auch doof bleibt. Dennoch können wir unser Leben umgestalten und aus negativen Gedankenschleifen ausbrechen.

      Wenn wir in einem Leben gefangen sind, das nicht zu uns passt, befinden wir uns in einem chronischen Stresszustand. Je nachdem, wie schlimm dieser ist, handelt es sich nur um einen kleinen Schwelbrand in unserem Inneren oder aber um größere, vernichtend um sich greifende Flammen, die uns innerlich aushöhlen, wenn wir nichts dagegen unternehmen. Das Problem ist dabei der Teufelskreis, in dem wir uns befinden.

      Denn chronischer Stress lässt einen wichtigen Teil vom Gehirn schrumpfen: den präfrontalen Cortex.6 Das ist ausgerechnet der Teil, der dafür zuständig ist, wie wir Entscheidungen treffen. Sicher, innerhalb unserer täglichen Anforderungen kriegen wir das schon noch hin, auch wenn wir unter Strom stehen. Aber große, lebensverändernde Entscheidungen – die bekommt ein dauergestresster präfrontaler Cortex kaum noch auf die Reihe. So kommt es, dass sich Betroffene nicht angemessen in anhaltend belastenden Situationen verhalten. Das kann zum Beispiel eine Beziehung sein, die nur noch aus Zank und Streit besteht. Oder ein Arbeitsverhältnis, das den eigenen Fähigkeiten in gar keiner Weise gerecht wird. Situationsangemessen wäre es, eine solche Situation aus eigener Kraft zu verändern. Dazu fehlen den Betroffenen aber tatsächlich unter Umständen die neurologischen Ressourcen.

      Auch das Gedächtnis verändert sich durch Stress. Ein fortlaufendes Bombardement mit Stresshormonen führte bei jungen Ratten im Versuch dazu, dass der präfrontale Cortex unempfindlicher für Hirnbotenstoffe wurde. Das schildern Forscher von der State University of New York in Buffalo. Wichtig zu wissen: Der präfrontale Cortex ist ebenfalls wesentlicher Sitz des Kurzzeitgedächtnisses. Die Zahl der Andockstellen für einen bestimmten Botenstoff, das sogenannte Glutamat, nahm unter chronischem Stress ab, die Ratten wurden dadurch gleichsam »stumpf«.7 Erinnert Sie das an den Eindruck, den Sie von manchen Menschen morgens in der Bahn haben?

      Chronischer Stress führt außerdem dazu, dass wir geistig weniger flexibel sind – und dazu, dass wir weniger Informationen von der Außenwelt aufnehmen und abspeichern, sofern sie uns nicht gerade lebenswichtig erscheinen. Das führt dazu, dass wir in einem solchen Zustand viele Möglichkeiten übersehen, die sich uns eigentlich bieten würden. Das reicht vom interessierten Blick eines attraktiven Menschen bis hin zu einem Jobangebot, das eigentlich wie für uns gemacht wäre.

      Chronisch gestresste Menschen laufen weniger aufmerksam durch die Welt. Vielleicht erklärt das auch die ein oder andere Situation beim Autofahren, bei der man sich fragt, wie der Fahrer vor einem eigentlich an seinen Führerschein gekommen ist. Weil chronisch gestresste Menschen aber auch ihr Kurzzeitgedächtnis nur eingeschränkt nutzen können, neigen sie darüber hinaus dazu, Gesprächsinhalte gleich wieder zu vergessen. Was nämlich nicht im Kurzzeitgedächtnis abgespeichert und verarbeitet wird, hat erst gar keine Chance, im Langzeitgedächtnis zu landen.

      Dramatisch in diesem Zusammenhang: Das Gehirn von Jugendlichen ist für diesen Effekt besonders anfällig. Das bedeutet, dass nicht nur ihre aktuellen schulischen Leistungen leiden, wenn sie innerlich anhaltend gestresst sind, prägende Erfahrungen in dieser Phase können sich zudem bis weit ins Erwachsenenalter hinein auswirken. Störungen der Glutamat-Übertragung können dann anfälliger machen für psychische Erkrankungen wie Depression, aber auch für die Entwicklung von Demenz in späteren Jahren. Zwangsstörungen, wie zum Beispiel endloses Händewaschen, können ebenso mit einer gestörten Glutamat-Übertragung zusammenhängen.8

      Übrigens: Kurzzeitiger Stress hat diesen Effekt nicht. Beim Lernen für eine Prüfung mal Gas zu geben, ist vollkommen okay! Solange sich der Stress dabei moderat anfühlt und eher wie eine Herausforderung, die man mit gebührender Anstrengung bewältigen kann, fördert er sogar die Gedächtnisleistung. Der Unterschied ist folgender: Wenn man denkt: »Oha, ich muss jetzt vier Stunden richtig konzentriert lernen, dann habe ich den ganzen Stoff durch«, dann beflügelt der Stress die eigene Leistung. Wenn man aber denkt: »Mensch, das schaffe ich nie, ich bin ein Versager«, dann erreicht der Stress ein

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