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wahrhaft reife Menschen zu werden, dann müßt ihr euch den höchsten Werten entsprechend verhalten, die ihr kennt, und zwar immer. Wenn man ein reifer Mensch sein will, gehört die Anstrengung dazu, sich so zu benehmen. Wenn ihr daran glaubt, daß die Integration eurer Verwirklichung einfach von selbst geschehen oder daß sie leicht sein sollte, dann versteht ihr nicht, worum es im Leben geht und ihr verhaltet euch wie Kleinkinder. Um ein freundlicher, großzügiger, respektvoller, liebevoller und klarer Mensch zu werden, müßt ihr daran arbeiten. Es geschieht nicht einfach so. Gott wird es nicht für euch tun. Ihr müßt selbst euch dafür anstrengen, Minute für Minute, sonst werdet ihr euch nicht transformieren.

      Natürlich sagt niemand, ihr müßt das tun; niemand muß die innere Arbeit machen. Es ist eure Entscheidung. Wenn ihr sie tun wollt, dann ist dies dazu nötig. Ihr könnt sagen: „Es ist zu schwer. Ich ärgere mich darüber und ich mag das nicht.“ Es ist also schwer. Wenn ihr als Mensch reif werden wollt, dann müßt ihr euren Ärger, eure Verletztheit und eure Frustration einsehen und sie ertragen und trotz dieser Gefühle wie ein reifer Mensch leben. Wenn ihr sagt: „Es ist zu schwer, deshalb werde ich mich verstecken oder weglaufen und das Ganze vergessen,“ dann verhaltet ihr euch wie ein kleines Kind, das nach seiner Mama ruft, wenn es schwierig wird. Wenn ihr erwachsen werden wollt, dann müßt ihr euch erwachsen verhalten.

      Die verfeinerten Werte von Liebe, Mitgefühl und Wahrheit werden nicht Teil von euch werden und sich in eurem Leben manifestieren, wenn ihr nur auf eurem Hintern sitzt und meditiert oder versucht, euch selbst zu verstehen. Wenn ihr glaubt, daß es reicht, wenn ihr bloß in der Gruppe sitzt oder eine Stunde Atemarbeit macht und diese feineren Elemente von euch erfahrt, dann arbeitet ihr mit der falschen Perspektive. Ihr müßt daran arbeiten, euer Leben im Einklang mit diesen Werten zu leben, bis dies zu eurer zweiten Natur wird. Um das zu tun, müßt ihr euch selbst respektieren. Sonst verwöhnt ihr euch wie ein Kind, setzt euer wahres Potential herab und verratet so den tiefsten Teil von euch selbst. Unser Problem besteht darin, daß wir weiter verraten, wer wir sind, wenn wir auf eine Weise leben, die nicht zu unserer wirklichen Natur paßt.

      Wenn ihr euer wahres Selbst seid, dann strebt ihr nicht nach Angenehmem, dann vermeidet ihr Schmerz oder Unangenehmes nicht, dann versucht ihr nicht, Bestätigung zu bekommen, und auch nicht, jemanden dazu zu bringen, euch zu bewundern. Ihr seid nicht darauf aus, jemand anders zu kritisieren oder jemandem eine Niederlage beizubringen, und ihr seid nicht auf Ansehen oder Macht aus. Ihr lebt natürlich und spontan als echte Menschen, die für andere Menschen Respekt und Rücksicht empfinden. Ihr versucht nicht, jemanden zu lieben; ihr liebt einfach, ohne auch nur darüber nachzudenken. Wenn ihr reife Menschen seid, dann ist es eure zweite Natur, daß ihr liebt, daß ihr gebt, daß ihr respektvoll und rücksichtsvoll seid und daß ihr euch auf eine verfeinerte und reife menschliche Art verhaltet und entsprechend handelt.

      Um diese Werte und Manifestationen zur zweiten Natur zu machen, müßt ihr euch bewußt anstrengen. Ihr müßt sie zu eurer Arbeit machen. Das bedeutet nicht, daß ihr todernst, verbissen und humorlos sein müßt. Darum geht es nicht. Es geht darum, aufrichtig zu handeln und sich bewußt darum zu bemühen, eurer selbst und anderer bewußt zu sein, damit ihr euch und andere mit Respekt behandelt. Das bedeutet auch nicht, daß ihr alles Angenehme aufgeben müßt; es bedeutet, nicht nach Angenehmem zu streben. Es bedeutet nicht, Schmerz hervorzurufen; es bedeutet, Schmerz nicht zu vermeiden.

      Leben soll mit der Integrität, mit der Würde und mit der Selbstachtung eines Menschen gelebt werden, der weiß, daß es nicht darum geht, ob sich etwas gut oder schlecht anfühlt. Der Punkt ist, eure Selbstachtung nicht zu verlieren, eure wahre Wirklichkeit, die höchsten und reinsten Elemente in euch nicht aufzugeben. Ganz gleich wie wunderbar etwas ist und wie schmerzhaft etwas ist, euer Selbstrespekt ist stark genug, euer Gefühl von Integrität aufrechtzuerhalten. Diese Integrität bedeutet nicht, daß es nach eurem Willen geht oder daß ihr gewinnt oder Erfolg habt oder so etwas. Es bedeutet, aufrichtig in Bezug darauf zu sein, wer ihr seid, und auf eine Weise zu handeln, die eure essentiellen menschlichen Werte widerspiegelt.

      Selbstrespekt, Selbstbeachtung und Selbstliebe haben bedeutet alles zu tun und zu lernen, um diese Integrität und diesen Selbstrespekt aufrechtzuerhalten. Es heißt, wenn ihr etwas lernen müßt, dann macht ihr euch an die Arbeit und lernt es; und wenn etwas gesagt werden muß, dann geht ihr es an und sagt es. Selbstrespekt und Integrität zu haben bedeutet, sich nicht darüber zu beschweren, wie etwas ist. Es bedeutet, anderen gegenüber mit Respekt und Rücksicht zu handeln, unabhängig davon, was ihr fühlt. Selbstrespekt haben bedeutet, daß ihr, sogar wenn es ans Sterben geht, weiter rücksichtsvoll und respektvoll zu euch selbst und anderen Menschen seid, weil viel wichtiger ist, wer ihr seid, als ob ihr sterben werdet. Es ist viel wichtiger als die Möglichkeit, daß ihr eure Firma oder euren Freund oder eure Freundin verliert. Menschliche Würde ist viel kostbarer als alle diese Dinge.

      Das ist der Grund, weshalb wir manchmal den Nichtausdruck von automatischen Emotionen üben. Wenn ihr das tut, dann seid ihr nicht nur aufmerksam auf euch selbst, indem ihr euch ständig spürt, sondern ihr seid auch aufmerksam, damit ihr nicht irgendeine automatische Emotion ausdrückt, die ihr empfindet. Haltet sie bei euch selbst, fühlt sie, versteht sie und benutzt sie als Nahrung für eure Präsenz und euer Verstehen. Ihr seid vielleicht nicht dauernd dazu in der Lage. Wichtig ist, daß ihr euch selbst nicht beschuldigt, wenn ihr es nicht perfekt könnt; der Punkt ist, soviel bewußte Anstrengung und Entschlossenheit wie möglich einzusetzen.

      Das bedeutet, wenn ihr aus irgendeinem unbewußten Grund wütend seid, dann schreit ihr nicht einfach jemanden an, ihr behaltet es bei euch selbst, für euer Verstehen. Wenn ihr verletzt seid, weil jemand euch ablehnt, dann behaltet ihr das bei euch. Ihr sagt nicht zu dem anderen: „Du lehnst mich ab und ich finde dich abscheulich.“ Ihr laßt zu, daß ihr euch abgelehnt fühlt, ihr arbeitet daran, es allein oder mit eurem Lehrer zu verstehen, wenn ihr mit einem Lehrer arbeitet. Ihr benutzt die Energie, den Brennstoff, die Hitze, die aus dieser inneren Arbeit entsteht, in der Absicht, sie bei euch zu behalten, für eure Präsenz, für euer Verstehen, für die Transformation eurer Persönlichkeit.

      Alle möglichen Emotionen können automatisch sein – zum Beispiel Hoffnungslosigkeit oder Verzweiflung. Auf diese Gefühle hin nicht zu handeln bedeutet, auch wenn ihr vielleicht morgens aufwacht und das Gefühl habt, daß euer Leben sinnlos und hoffnungslos ist, daß ihr aufsteht und trotzdem zut Arbeit geht. Nicht auf automatische Emotionen hin zu agieren bedeutet, wenn ein Freund vorbeikommt und ihr euch einsam und bedürftig fühlt und eine Umarmung wollt, daß ihr dann nicht auf diesen Wunsch hin handelt – ihr fühlt einfach nur, weil ihr wißt, daß dieser Wunsch ein automatisches und elementares Bedürfnis befriedigen soll.

      Es kann vielleicht eine Weile dauern, bis ihr versteht, was das Nichtausdrücken von automatischen Emotionen mit sich bringt, und das ist in Ordnung. Wenn man den automatischen Emotionen nicht freien Lauf läßt, erreicht man, daß man dauernd bewußt ist. Wir sprechen nicht über Unterdrücken der Emotionen, wir sprechen darüber, sie nicht auszudrücken. Sie auszudrücken bedeutet, sie zu entladen, und das hält euch davon ab, wirklich zu verstehen und tiefer zu gehen. Emotionen auszudrücken hält den Prozeß der Transformation an, weil ein wahrhaft reifer Mensch nicht auf diese Emotionen hin handelt. Diese Übung ist äußerst wichtig; wenn wir sie machen, lernen wir eine Menge. Es ist vielleicht schwer zu verstehen, was das mit sich bringt, aber ihr müßt ohnehin ausdauernd sein. Wenn ihr zu dem heranwachsen wollt, der ihr in Wahrheit seid, dann müßt ihr diese Dinge lernen. Schonung hilft euch nicht weiter. Schonung nährt einfach die elementaren Bedürfnisse und Werte und perpetuiert sie.

      Um diese Übung zu machen, müssen wir alles an Bewußtheit und an Willen aufbieten, was wir entwickelt haben. Wir müssen unsere Transformation bewußt in unsere eigenen Hände nehmen. Ein Mensch, der wahren Selbstrespekt hat, verkündet nicht seine Erleuchtung, noch möchte er gesehen werden. Je echter ihr seid, um so unsichtbarer seid ihr, weil ihr eure Verwirklichung für euch behaltet. Wünsche, sie zu zeigen oder zur Schau zu stellen oder andere zu beeindrucken, sind Wünsche nach Befriedigung, elementarer oder kindischer Bedürfnisse. Der wahre Mensch handelt nicht auf diese Bedürfnisse hin und hat sie mit der Zeit nicht mehr. Ein reifer, erwachsener Mensch geht einfach seinen Geschäften nach und versucht nicht, irgendjemandem zu gefallen.

      Bei dieser Übung geht es nicht darum, die Emotionen anzuhalten.

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